Soziale Medien verantwortungsvoll nutzen!

Ausgehend von einem Antrag an den Landesparteitag, hat der Landesvorstand einen Beschluss zur verantwortungsvollen Nutzung sozialer Medien gefasst. Diesen begrüßen wir ausdrücklich!

Die Begründung des Beschlusses aus Sicht der LAG Netzpolitik lautet:

Facebook und dessen Ableger wie Instagram haben sich innerhalb weniger Jahre zu einem Kernbestandteil des öffentlichen Lebens emporgeschwungen. Damit ist die Nutzung von Facebook geradezu selbstverständlich, und für prominente Personen und Institutionen beinahe zur Bedingung für gute öffentliche Wahrnehmbarkeit geworden. Dabei ist es möglich und aus sozialistischer Sicht dringend geboten, sich wieder stärker von Facebook unabhängig zu machen, was mit den oben genannten Maßgaben möglich ist, ohne die Außenwirkung einzubüßen.

Facebook lebt primär von dem Geschäft, optimal abgestimmte Werbung zu platzieren und somit die Nutzer*innen in ihrem Entscheidungsvermögen zu manipulieren. Was umso besser möglich ist, je mehr Daten über die Nutzer*innen gesammelt und ausgewertet werden – das ist Facebooks Erfolgsgeheimnis. Wer Facebook nutzt, verkauft sich selbst, ohne danach gefragt oder am Gewinn beteiligt zu werden. Nutzer*innen nehmen billigend in Kauf, die Kontrolle über ihre Daten abzugeben, selbst zur Ware und kategorisierbar zu werden. Andere können mittels dieser Daten darüber entscheiden, welche Informationen sichtbar sind, woran Nutzer*innen wahrscheinlich teilnehmen werden und woran nicht bzw. welche Chancen sie bekommen. Werbefirmen, Parteien und staatliche Stellen können ungefragt die individuellen Persönlichkeiten einschätzen und nach ihren Kriterien deren Wert für sich bestimmen.

Die vielen aufgedeckten Fälle wie der Cambridge Analytica – Skandal zeigen auch, dass die Daten von Nutzer*innen völlig unzureichend gegen Missbrauch geschützt werden. Weiterhin zahlt Facebook, insbesondere in armen Ländern, die Verbindungskosten zu seinen Diensten. So wird für viele Facebook ein Synonym für >das< Internet und enthebelt umso mehr den selbstbestimmten, neutralen Zugang zum Netz.

Letztendlich liefern Nutzer*innen sich selbst an multinationale Konzerne in unangreifbaren Monopolstellungen aus. Diese Konzerne sind kaum mehr durch die Gesellschaft kontrollierbar, sondern agieren ausschließlich für ihren Profit ohne Rücksichtnahme auf die Folgen für den Einzelnen. Ein börsennotiertes Unternehmen bekommt den unzügelbaren Zwang zur Gewinnerzielung umso stärker zu spüren. So vorteilhaft digitale soziale Vernetzung auch sein kann – denken wir zurück an Facebooks Rolle im arabischen Frühling – so entschuldigt dies nicht das nutzerdatengetriebene Geschäftsmodell, das stets primär die Interessen der Werbekunden durchsetzt. 

Wir denken, auf dieser Basis kann ein Netzwerk niemals funktionieren, wenn es den Anspruch hat, einen Raum für soziale Interaktion zu schaffen, in dem Nutzer*innen  selbstbestimmt entscheiden und sich selbstbestimmt informieren können. Die Basis von Facebook hingegen, hat nichts mehr mit einem Rechtsstaat und Demokratie gemein, die immer auf der Gleichheit Aller beruht. Im Gegenteil, sie kann in letzter Konsequenz zur Etablierung antidemokratischer Verhältnisse führen. Von der "Norm" abweichende Ansichten, Lebensstile, Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen werden stigmatisierbar. Hinzu kommt die Anwendung fragwürdiger psychologischer Tricks, um die Verweildauer der Nutzer*innen auf der Plattform zu erhöhen: Die Verbreitung von empörenden oder hass-schürenden Inhalten wird gezielt gefördert, weil sie die Verweildauer der Nutzer*innen stärker erhöhen als friedfertige Informationen, die keinen Aufreger wert sind. Personen mit Anfälligkeit für rassistische, antifeministische oder andere diskriminierende Narrative werden bevorzugt mit Informationen bedient, die diese Narrative nur noch bestätigen. Es lebe die „Like“-Kultur! Ist es Zufall, dass die AfD von allen Parteien die mit Abstand größte Facebook-Community hat?

Wir brauchen ein neutrales Netz, das nicht durch kommerzielle oder andere dominante Einzelinteressen den Zugang zu Information und anderen Angeboten verstellt.

Für die Grundlagen und Infrastruktur unserer Kommunikation gilt das Gleiche wie für andere Güter der existentiellen Daseinsfürsorge: Sie müssen statt durch wirtschaftliche Monopole von der Gesellschaft bereitgestellt und kontrolliert werden. Nicht umsonst wurden im 19. und 20 Jahrhundert Wasserversorgung, Stromnetze, Eisenbahn und Kommunikation per Post und Telefon kommunalisiert oder so stark reglementiert, dass sie nicht dazu dienen können, die Grundlagen der Demokratie zu zerstören.

Facebook wächst und wird weiter versuchen, in immer neue Lebensbereiche der digitalen oder auch offline-Welt einzudringen, um diese in das Geschäftsmodell einzubeziehen. Diese Entwicklung muss gestoppt werden. Das ist keine Vision, nein, es geht auch anders, bereits im Hier und Jetzt. Etwa in Barcelona, wo Verkehrsdaten nur über eigene, öffentliche Apps zu Verfügung gestellt werden, anstatt diese den Daten- Verwertungsgesellschaften zu schenken. Dann finden wir sie auch woanders als bei Google, Facebook und Co.

Zu wünschen wäre eine ähnliche Entwicklung bei Daten und Informationen über das Parteileben und Personen der LINKEN. Bei Berücksichtigung der vorliegenden Forderungen wird das Ziel ein ganzes Stück näherkommen.