Flächenfreihaltung für den Güterumschlag in Johannisthal und Köpenick

IG Nahverkehr

Grundsätzliches zum Ortsgüterverkehr

Im Abschnitt Wirtschaftsverkehr (Seite 72) der Koalitionsvereinbarung für 2016 bis 2021 heißt es:

Die Koalition wird ein neues Konzept für den Wirtschaftsverkehr (Citylogistikkonzept) erarbeiten. Innerstädtische Transporte sollen nach Möglichkeit gebündelt und auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagert werden. Dazu gehört die Entwicklung von »Urban Hubs« – ins Deutsche übersetzt: städtische Mittelpunkte – …, die schienenseitige Erschließung geeigneter Gewerbe- und innerstädtischer Logistikstandorte…

Das »Leitbild Mobilität in Berlin« der LINKEN vom Mai 2015 enthält (im Abschn. 5) noch weitergehende Vorstellungen zur Entwicklung des Ortsgüterverkehrs in Berlin, unter anderem:

  • Anschlussgleise erhalten, wieder nutzbar machen und neue bauen, neues Gewerbe vorrangig dort ansiedeln.
  • Die Flächen ehemaliger Rangier- oder Ortsgüterbahnhöfe zunächst freihalten, dann dort Umschlagstellen errichten und den lokalen Güterumschlag Schiene / Straße und Eisenbahn / Straßenbahn organisieren.
  • Die Eisenbahnstrecken in Berlin und in Richtung Berlin soweit ausbauen, dass die Anschlussgleise und Umschlagstellen bedient werden können, ohne den Schienenpersonenverkehr zu behindern.
  • Container und Wechselaufbauten mit der Eisenbahn zu den Umschlagstellen fahren und dort ohne Kran auf Lastkraftwagen (Lkw) umladen, also mit Umladevorrichtungen, die am Lkw angebracht sind. Jeder Umschlagstelle ein entsprechendes straßenseitiges Einzugsgebiet für den Weitertransport zum Kunden zuordnen.
  • Einzelsendungen für oder aus Lkw, Containern und Wechselaufbauten über Verteilknoten sammeln und verteilen. Als Verteilknoten eignen sich … ehemalige Güterbahnhöfe ... (Ende des Zitats)

In Berlin gibt es nur noch wenige Flächen, auf denen der lokale Güterumschlag zwischen Schiene und Straße organisiert werden kann. Zwei dieser Flächen sind das Entwicklungsgebiet Johannisthal / Adlershof auf dem ehemaligen Rangierbahnhof Schöneweide (bisher als Gleislinse bezeichnet) und der ehemalige Güterbahnhof Köpenick.
 

Anschlussgleise

Es sollte selbstverständlich sein, dass Gewerbeansiedlungen in unmittelbarer Eisenbahnnähe ein Anschlussgleis zum Warenempfang und -versand erhalten, um die innerstädtischen Straßen vom Lkw-Verkehr zu entlasten.

Die Teilfläche GE 6 des Gewerbegebiets Johannisthal / Adlershof ist unmittelbar neben und parallel zur Eisenbahnstrecke 815 m lang und 120 m breit. Bisher heißt es in den Veröffentlichungen: »Bei Bedarf eigener Gleisanschluss ans DB-Güterbahnnetz.«, Die Firmen, die sich dort ansiedeln wollen, sind aber nicht verpflichtet, einen Gleisanschluss einzurichten, denn an anderer Stelle heißt es auch nur: »Nutzung produzierendes Gewerbe … Gleisanschluss MÖGLICH.«

Für das Gelände des Güterbahnhofs Köpenick hat das Land Berlin das Vorkaufsrecht erworben. Das ist eine gute Voraussetzung dafür, bei den beginnenden Bebauungs-planungen für sich ansiedelndes Gewerbe von vornherein Gleisanschlüsse verbindlich vorzuschreiben.
 

Containerumschlag

Ein großer Teil des Güterverkehrs der Zukunft wird mittels Container und Wechselaufbauten abgewickelt. Diese sollen im Hauptlauf mit der Eisenbahn gefahren, mit fahrzeug-gebundenen Umladevorrichtungen auf Lkw umgeladen und örtlich über die Straße verteilt werden.

Benötigt werden dazu keine ortsfesten Krananlagen, sondern drei Gleise, je 800 m lang, und zwar außen zwei Ladegleise und in der Mitte ein Umfahrgleis, sowie ein Zuführungs- und Ausziehgleis mit entsprechenden Weichen. Außerdem werden zwei Ladestraßen mit je einer Ladespur und einer Überholspur und ein Abstellplatz für Straßenfahrzeuge gebraucht. Das ergibt im Idealfall eine Fläche von etwa 1000 m x 40 m. Der größere Teil der Gesamtfläche der Entwicklungsgebiete verbleibt also für Wohnungsbau oder Gewerbestätten.

Derzeit sind solche Umschlagplätze nicht vorgesehen, aber die Notwendigkeit wird sich in den nächsten Jahren ergeben. Heute steht die Aufgabe, für den späteren Bau Teilflächen freizuhalten, die zwischenzeitlich als Grünflächen gestaltet und genutzt werden sollen.

An anderen Stellen, zum Beispiel am Rangierbahnhof Pankow, wurde versäumt, die vorhanden gewesenen Voraussetzungen für solchen zukunftsorientierten Ortsgüterverkehr zu sichern. Bei einer Ortsbegehung mit starker Öffentlichkeitsbeteiligung im Sommer 2016 hat der Investor auf unsere Anfrage das Herstellen von Anschlussgleisen kategorisch abgelehnt, von einem Güterumschlagplatz ganz zu schweigen.

Solch ein Versäumnis darf in Johannisthal / Adlershof und Köpenick nicht wiederholt werden. Das dürfte in Köpenick auf der Südseite des Bebauungsgebietes, für das Berlin das Vorkaufsrecht besitzt und die Planungen erst am Anfang stehen, überhaupt kein Problem sein.

Für Johannisthal / Adlershof hatten wir bereits im März 2013 im Bebauungsplanverfahren der »Gleislinse Schöneweide« gefordert, die Flächen für einen öffentlichen Umschlagplatz freizuhalten. Auch jetzt sollte es noch möglich sein, die Planungen entsprechend zu beeinflussen oder zu korrigieren. Die schon als verkauft ausgewiesenen in Richtung Adlershof angrenzenden Grundstücke müssten hier einbezogen werden, um möglichst die erforderliche Länge von 1000 m zu erreichen.
 

Beschreibung der Entwicklungsgebiete

Das Entwicklungsgebiet Johannisthal / Adlershof setzt sich zusammen aus

  • dem südöstlichen Teil des ehemaligen Rangierbahnhofs Schöneweide (bisher als Gleislinse bezeichnet), ohne das ehemalige Bahnbetriebswerk, südwestlich der Eisenbahnstrecke Berlin – Görlitz (dieser Teil gehört überwiegend zum Ortsteil Niederschöneweide, der südöstliche Zipfel zu Adlershof) und
  • dem angrenzenden locker bebauten Gewerbegebiet und Brachland bis zum Groß-Berliner Damm (dieser Teil gehört zum Ortsteil Johannisthal).

Gebündelt mit der zweigleisigen S-Bahn-Strecke verläuft am Nordostrand des Gebietes die zweigleisige Fernbahnstrecke. Anschlussgleise müssten hiervon abzweigen. Die Freifläche für einen künftigen lokalen Güterumschlagplatz müsste parallel zur Eisenbahnstrecke unmittelbar neben ihr liegen.

Das Entwicklungsgebiet Köpenick setzt sich zusammen aus

  • dem ehemaligen Güterbahnhof Köpenick südlich der Eisenbahnstrecke Berlin – Frankfurt (Oder) und südlich angrenzenden Gewerbeflächen bis zur Gelnitzstraße und Seelenbinderstraße,
  • dem locker bebauten Gebiet nördlich der Eisenbahnstrecke bis zum Stellingdamm und Waldburgweg und
  • einem Viereck, das von Stellingdamm, Hirtestraße, Janitzkystraße und Wolfsgartenstraße gebildet wird.

Die zweigleisige Fernbahnstrecke verläuft gebündelt mit der zweigleisigen S-Bahn-Strecke mitten durch das Entwicklungsgebiet. Die Freifläche für einen künftigen lokalen Güterumschlagplatz müsste parallel zur Eisenbahnstrecke südlich unmittelbar neben ihr liegen. Falls Gewerbe vorgesehen wird, müssten die Anschlussgleise in Nähe des S-Bahn-Haltepunkts Hirschgarten aus der Fernbahnstrecke abzweigen.