Humboldt-Forum statt Museumsschloss – für eine gesellschaftliche Mitte aller Bürgerinnen und Bürger

1. Landesparteitag1. Tagung

Beschluss 11/1/1

  1. DIE LINKE. Landesverband Berlin unterstützt das Projekt eines Kultur- und Wissenschaftsforums des 21. Jahrhunderts auf der Spreeinsel in der Mitte Berlins, das allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich ist. Dies entspricht unserer langjährigen Forderung, dass die Mitte der deutschen Hauptstadt ein Ort der Bürgerinnen und Bürger und mehr als Museum sein muss. Hauptnutzer des Humboldt-Forums wird die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit ihren Museen der außereuropäischen Kulturen sein. Berlin engagiert sich – abweichend vom Koalitionsvertrag über die Einbringung der Grundstücke hinaus – für das Projekt, weil insbesondere mit der Integration der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) ein realer Gebrauchswertzuwachs für den Alltag der Berlinerinnen und Berliner erreicht werden kann. Das Humboldt-Forum braucht sowohl die alltägliche Präsenz von Kulturtouristen als auch auch der Berlinerinnen und Berliner. Im Zuge der weiteren Konkretisierung des Projektes wird die Nutzungsverteilung im zukünftigen Humboldt-Forum weiter zu debattieren und insbesondere eine Ausweitung des Flächenanteils der Zentral- und Landesbibliothek zu prüfen sein.
     
  2. Weltweit entwickeln sich große öffentliche multimediale Bibliotheken zu zentralen innerstädtischen kulturellen und kommunikativen Einrichtungen. Der ungehinderte Zugang zu Informationen und Wissen sind zunehmend wesentliche Voraussetzungen für demokratische Teilhabe. Mit dem  zusätzlichen Standort und Flächenangebot auf dem Schlossplatz wird allerdings das strukturelle Problem der ZLB – die aus der Teilung der Stadt herrührende Standortsituation und der Sanierungsbedarf – nicht grundlegend gelöst. Wir setzen uns daher dafür ein, dass begleitend zur Etablierung im Humboldt-Forum unter Einbeziehung der Standorte Breite Straße und Blücherplatz ein Investitionsprogramm für die Weiterentwicklung der ZLB zu einer nutzerfreundlichen und modernen Stadtbibliothek aufgestellt wird.
     
  3. DIE LINKE. Berlin lehnt die Finanzierung der Schlossfassade aus öffentlichen Mitteln ab. Wir fordern weiterhin die Bundesregierung auf, den vorgesehenen Architekturwettbewerb für eine Untersuchung zeitgenössischer baulicher Lösungen zu öffnen und von der zwingenden Vorgabe nach der Rekonstruktion der Fassaden, der Höfe und der Kuppel Abstand zu nehmen. Der breit begrüßte Entwurf von David Chipperfield für das neue Eingangsgebäude der Museumsinsel zeigt, zu welchen herausragenden gestalterischen Leistungen eine sensible zeitgenössische Architektur in der Lage ist. 
     
  4. DIE LINKE. Berlin wendet sich gegen das Vorhaben, den Neptunbrunnen von Reinhold Begas auf seinen früheren Standort auf dem Schlossplatz zu versetzen und damit dem öffentlichen Platz vor dem Roten Rathaus seine Mitte zu nehmen. Die städtebauliche Gestaltung der historischen Mitte Berlins muss dem baulichen Erbe aus allen Entwicklungsetappen unserer Stadt gerecht werden und vorhandene Qualitäten bewahren und weiter ausprägen. Wir fordern die Erhaltung und Weitergestaltung des großen Freiraums zwischen Fernsehturm und Spree und schlagen vor, beim Bau des Humboldt-Forums eine Fußgängerbrücke zwischen Liebknecht- und Rathausbrücke vorzusehen und damit die fußläufige Verbindung zum Alexanderplatz zu stärken.
    Wir wenden uns ebenso gegen Überlegungen, die in die Neugestaltung des Nikolai-Viertels einbezogene Figur des Hl. Georgs zu entfernen, die Löwen des ehemaligen Nationaldenkmals, die heute im Tierpark aufgestellt sind, zu restituieren oder die Originalteile aus der Fassade des Staatsratsgebäudes zu entnehmen und durch Kopien zu ersetzen. 
     
  5. DIE LINKE. Berlin hat die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 stets als zu teuer und für die Nahverkehrsentwicklung in Berlin nachrangig kritisiert. Nach den vertraglichen Regelungen zwischen Bund und Berlin besteht jedoch die Verpflichtung zum Weiterbau. Andernfalls kann der Bund von Berlin erhebliche Rückzahlungen für das bereits gebaute Teilstück zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor verlangen.
    DIE LINKE. Berlin spricht sich für eine Prüfung der alternativen U-Bahn-Anbindung vom Pariser Platz zur bestehenden U 6 aus, die schneller und weitaus kostengünstiger zu realisieren ist. Andernfalls müssen Technologie und Logistik des U-Bahn-Bauvorhabens so stadtverträglich gestaltet werden, dass die Denkmalanlagen, die Grün- und Freiflächen sowie der Baumbestand im Trassenbereich (insbesondere Marx-Engels-Forum) auch während der Bauphase nutzbar bleiben und geschützt werden.