Gute Arbeit in Berlin – Prekäre Beschäftigung zurückdrängen

1. Landesparteitag2. Tagung

Beschluss 2/2/1

Gute Arbeit in Berlin
Prekäre Beschäftigung zurückdrängen

I.

Wir haben es gegenwärtig mit massiven Veränderungen der Arbeitswelt zu tun. Sie sind  Ergebnis einer grundlegenden gesellschaftlichen Umstrukturierung, die von einer kapitalmarktgetriebenen Ökonomie initiiert und von den herrschenden politischen Eliten im vergangenen Vierteljahrhundert massiv vorangetrieben wurde. 
Der Kapitalverkehr macht an den Staatsgrenzen nicht halt, die betriebswirtschaftlichen Vergleichsmaßstäbe wurden internationalisiert. Effektivität orientiert sich allein am Shareholdervalue. Das hat einen internationalen Wettlauf um die Senkung der Arbeitskosten und der sozialen Standards eingeleitet. Bezahlt haben diesen Wandel insbesondere die Beschäftigten der entwickelten Industriestaaten, indem ihr Anteil am Volkseinkommen und die soziale Absicherung ihrer Existenz zurückgehen und unstete, prekäre Beschäftigung erheblich zunehmen.
 
Unsere gesellschaftliche Wirklichkeit ist – trotz zunehmender Unzufriedenheit und abnehmender Akzeptanz der neoliberalen Modernisierung – nach wie vor von der Fortsetzung dieser Abwärtsspirale geprägt. Dies umso mehr, je größer die gegenwärtigen Verluste auf den Finanzmärkten werden und die globale Finanzkrise auf die Realwirtschaft sowie auf die öffentlichen Haushalte durchzuschlagen droht.

Die Antwort der herrschenden Politik ist einfach: Mit dem Verweis auf die Standortkonkurrenz und die Verwertungsprobleme des Kapitals werden die Renditeerwartungen der großen Vermögen zum alleinigen Maßstab für die Entgelt-, und Arbeitsbedingungen sowie die Sozialleistungen erklärt. Aus dieser Motivation heraus wurde die  Agenda 2010 entwickelt und durchgesetzt, wurden immer größere Teile der Gesellschaft von öffentlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes abhängig und in eine Demütigungsposition gegenüber staatlichen Verwaltungen gebracht. Eine Chance auf existenzsichernde Arbeit mit guten sozialen Standards ist damit nicht verbunden. Aber auch diejenigen, die Erwerbsarbeit nachgehen,  bezahlen die steigenden Gewinne der großen Unternehmen und Konzerne mit wachsender Unsicherheit in ihren Beschäftigungsverhältnissen und der abnehmenden Sicherung vor wesentlichen Lebensrisiken. Diese Situation trägt dazu bei, dass Belegschaften gespalten, Mitbestimmung ausgehebelt und Tarifverträge ausgehöhlt werden.

Wir sind davon überzeugt, dass diese Entwicklung abgebremst und letztlich überwunden werden kann, weil sie nicht durch die »blinde Hand des Marktes« erzwungen, sondern durch bewusstes politisches Handeln vorangetrieben wurde.

In diesem Sinne machen wir uns in Berlin für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von über acht Euro stark, 7,50 Euro sind ein erster Schritt. Als Einstieg in den Mindestlohn hat die rot-rote Koalition das Berliner Vergabegesetz geändert. Öffentliche Aufträge dürfen danach in Berlin nur noch an Unternehmen gehen, die nach Tarif, mindestens aber 7,50 Euro die Stunde bezahlen. Ein Anfang April veröffentlichtes, politisch skandalöses Urteil des Europäischen Gerichtshofs stellt die Anwendung des Gesetzes jetzt in Berlin wie in anderen Bundesländern mit Vergabegesetz in Frage. Wir werden bis zur Klärung aller rechtlichen Konsequenzen sowie den notwendigen Gesetzesänderungen auf Bundesebene alle Möglichkeiten ausloten, wie die Tariftreue von Unternehmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge gefördert werden kann. Die meisten der notwendigen politischen Entscheidungen für einen Politikwechsel werden auf Bundes- und auf der Ebene der Europäischen Union gefällt. Aber auch auf Länder- und z.T. auch kommunaler Ebene gibt es Spielräume, die wir in Berlin konsequent nutzen, wie es der Umgang mit den von uns abgelehnten Hartz-Gesetzen zeigt.

Auch in unserem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor liegt der Stundenlohn nicht unter 7,50 Euro. Damit haben wir für Langzeitarbeitslose eine Chance auf existenzsichernde Beschäftigung geschaffen.
Wir setzen uns für gute Arbeitsbedingungen und für die Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung bei der Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen ein.
Unser besonderes Augenmerk liegt bei denjenigen, die auf dem Arbeitsmarkt strukturell diskriminiert sind, in erster Linie Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund – hier haben wir eine Vielzahl von besonderen Förderungsmöglichkeiten, Projekten und Programmen geschaffen. Denn Erwerbsarbeit und Bildung sind die wesentlichen Integrationsmotoren für all diejenigen, die gesellschaftlich ausgegrenzt sind, sei es aufgrund ihres Migrationshintergrundes, ihres Gesundheitszustands oder langer Arbeitslosigkeit.

In Berlin haben rund 40 Prozent aller jungen Menschen unter 18 Jahren einen Migrationshintergrund – Tendenz steigend. Schon deswegen ist es für die Zukunft der Stadtgesellschaft und ihren sozialen Zusammenhalt von entscheidender Bedeutung, dass alle jungen Menschen unabhängig von der Herkunft ihrer Eltern die Möglichkeit auf eine qualifizierte berufliche Ausbildung  und danach einen Arbeitsplatz erhalten, der ihnen eine ökonomische Unabhängigkeit und Existenzsicherung garantiert.

Wir wollen Perspektiven für diejenigen eröffnen, die durch Lohnarbeit und zunehmend prekäre Arbeitsbedingungen ihren Lebensunterhalt nicht mehr sichern können. Deshalb wird DIE LINKE. Berlin engagiert nach weiteren Ansätzen suchen, um der Prekarisierung in einer sich zunehmend ausdifferenzierenden Arbeitswelt entgegenzuwirken. Wir setzen auf Selbstbestimmung und Demokratie in allen gesellschaftlichen Angelegenheiten. Das Arbeitsleben ist dabei ein zentrales Element. Die Umsetzung beginnt für uns in der Berliner Stadtpolitik und bei unseren Möglichkeiten der Einflussnahme auf das bundespolitische Geschehen.


II.

Berlin erlebt derzeit wie ganz Deutschland einen konjunkturellen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Arbeitslosenrate sinkt, die Zahl der Erwerbstätigen steigt. Ein genauerer Blick zeigt aber auch: Der größere Teil der neuen Arbeitsplätze sind atypische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse, insbesondere im Sektor der so genannten Leiharbeit. Auch wächst die Zahl der Fälle, in denen bestehende Beschäftigungsverhältnisse aufgesplittet und durch Leiharbeitsverhältnisse, Mini- und Midi-Jobs sowie andere Formen geringfügiger Beschäftigung ersetzt werden. Gerade von geringfügiger Beschäftigung und nichtexistenzsichernder Teilzeitarbeit sind Frauen besonders stark betroffen.

Darunter fällt auch die Vielzahl von Praktika, die vor allem für Studienabgänger angeboten werden. Die stellen für sie oftmals die einzige Chance auf einen Arbeitsplatz bzw. für den Einstieg ins Erwerbsleben dar. Für diese Formen der Beschäftigung sind neben keiner oder geringer Entlohnung schlechtere arbeitsrechtliche Regelungen und in der Regel die fehlende Sozialversicherung kennzeichnend.
Gerade gut Ausgebildete und Hochschulabsolventen/innen versuchen, durch den Weg in die Selbständigkeit ihren Lebensunterhalt zu sichern, allzu oft erhalten sie dazu aber nicht ausreichend  Aufträge und sind schon gar nicht in der Lage, Vorsorge für Krankheit und Alter zu erwirtschaften. Zugleich haben sie kaum eine Chance, sich zu organisieren und damit für die Verbesserung ihrer Situation einzutreten. Hier wollen wir neue Wege suchen, um den Gedanken von Stadtteilgenossenschaften oder Branchengenossenschaften zu propagieren, und dafür Konzepte und Fördermaßnahmen entwickeln.

Die Deregulierung am Arbeitsmarkt hat diese Abwärtsspirale möglich gemacht und die Hartz - Gesetze haben die Entwicklung nach unten rasant beschleunigt.
Hartz IV ist darüber hinaus ein großes Kombilohn-Programm. Die Zahl der so genannten „Aufstocker/innen“ – Beschäftigte, die zusätzlich zu ihrem Lohn ergänzendes Arbeitslosengeld II erhalten – ist sehr hoch. Damit subventioniert der Staat  geringfügige Beschäftigung und Niedriglöhne. Über 1,3 Millionen Menschen bundesweit können von ihrem Einkommen nicht leben, in Berlin sind es über 80.000. Zudem wurde der Druck auf Arbeitssuchende, solche  Beschäftigungsverhältnisse einzugehen, enorm erhöht, indem Transferleistungen abgesenkt und Zumutbarkeitsregelungen sowie die Anrechnung des Einkommens des/der Partners/in  verschärft wurden. Im Ergebnis dieser Entwicklung verzeichnen wir eine dramatische Ausweitung des Niedriglohnsektors und weiterer Formen prekärer Beschäftigung.

Auch in Berlin lässt sich diese Entwicklung einer verschärften sozialen Polarisierung beobachten. So stieg die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2007 zwar gegenüber dem Vorjahr um über 2 Prozent und damit im Vergleich mit anderen Bundesländern überdurchschnittlich an. Jedoch war nahezu jedes zweite neue Beschäftigungsverhältnis ein Leiharbeitsverhältnis.

Hinzu kommt, dass in Berlin nach wie vor die Folgen des dramatischen Strukturwandel in der Wirtschaft nach der Vereinigung  zu spüren sind. Der massenhafte Verlust industrieller Arbeitsplätze ging mit der Ausweitung des Dienstleistungssektors einher. Die Dienstleistungsökonomie ist jedoch extrem polarisiert: Hochbezahlte Jobs im Bereich der Finanzdienstleistungen, Beratung, IT-Service, Marketing etc. stehen schlecht bezahlten, oft prekären Beschäftigungsverhältnissen im Bereich des Wachschutzes, des Reinigungsgewerbes, des Einzelhandels, der Medien, der Kultur- und Freizeitwirtschaft, der Gastronomie, der Call-Center sowie der haushalts- und personenbezogenen Dienstleistungen gegenüber.

Berlin ist  durch diese kombinierte Entwicklung (leider) Spitzenreiter in Sachen prekärer Beschäftigung.


III.

DIE LINKE wird ihre Handlungsmöglichkeiten nutzen, um auf Bundesebene eine Trendwende einzuleiten und  auch die landespolitischen Spielräume auszuschöpfen.

  1. Wir treten zusammen mit der Bundespartei weiterhin für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ein. Das Land Berlin hat eine entsprechende Initiative in den Bundesrat eingebracht und wird auch in der Zukunft alle Initiativen in diese Richtung unterstützen.
    • Auf Landesebene hat die rot-rote Koalition mit einem Gesetz, das die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Zahlung von Löhnen von mindestens 7,50 € pro Stunde bindet, bundesweit Maßstäbe gesetzt.
    • In den Umsetzungsvorschriften wollen wir zudem durchsetzen, dass die ILO-Arbeitsnormen eingehalten, ökologische Standards gesichert, die  Vorgaben der Frauenförderverordnung weiter eingehalten und  Ausbildungsbetriebe bevorzugt werden. Die Beschaffung soll mit den grundlegenden Zielen sozialen und fairen Handels im Einklang stehen, Verstöße gegen das Vergabegesetz sollen scharfe Sanktionen nach sich ziehen können. Als Konsequenz aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum niedersächsischen Vergabegesetz fordern wir die Bundesregierung auf, endlich den Weg zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns frei zu machen. Der rot-rote Senat wird mit Bundesratsinitiativen aktiv werden, um die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen und die Aufnahme von Branchen ins Entsendegesetz zu erleichtern und damit den Geltungsbereich von Tariflöhnen auszuweiten.
    Auf der europäischen Ebene setzen wir auf eine starke Linke im Europäischen Parlament auch nach den nächsten Europawahlen 2009, um die notwendigen EU-rechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung von Vergabegesetzen, wie dem des Landes Berlin zu schaffen.
     
  2. Niedriglohnbeschäftigung und prekäre Beschäftigung ist ganz wesentlich Frauenbeschäftigung. 70 Prozent der im Niedriglohnsektor Beschäftigten sind Frauen, davon überproportional viele mit Migrationshintergrund. Sie sind in vielen Segmenten – Mini-Jobs, Teilzeitarbeit – überproportional vertreten. Die bestehende geschlechtsspezifische Spaltung des Arbeitsmarktes wird so weiter vorangetrieben. Hinzu kommt, dass Frauen im Durchschnitt nach wie vor geringer entlohnt werden als ihre männlichen Kollegen.
    Die Forderung nach einem Mindestlohn und die Überwindung prekärer Beschäftigungsverhältnisse ist deshalb eine zentrale gleichstellungspolitische Forderung.
    Gleichzeitig tritt die Linke für die Abschaffung von Regelungen im Steuer- und Sozialrecht (wie z.B. dem Ehegattensplitting) ein, die Frauen in die Rolle der Zuverdienerin abdrängen und damit nichtexistenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse begünstigen.
    DIE LINKE. Berlin tritt für eine geschlechtergerechte Bewertung der Tätigkeiten ein, hier sind insbesondere die Gewerkschaften in ihrer Tarifpolitik gefordert. Die nach wie vor übliche  Abwertung von »typischen Frauenberufen/-tätigkeiten« muss beendet, Mindestarbeitsbedingungen müssen festgelegt werden.
     
  3. Wir treten auch in Berlin konsequent für die Überwindung von Hartz IV ein. Denn Hartz IV bedeutet Armut, Repression für die Leistungsbezieher/innen. Durch die niedrigen Regelsätze, die verkürzte Bezugsdauer von ALG I und den Zwang, jede Arbeit anzunehmen wird Druck auf alle Beschäftigten ausgeübt, immer schlechtere
    Arbeits- und Einkommensbedingungen zu akzeptieren. Deshalb strebt der DIE LINKE. Landesverband Berlin die Abschaffung von 1-Euro-Jobs und deren Ersatz durch Tätigkeiten im Rahmen des ÖBS an, wobei der Zugang zu den Tätigkeiten repressionsfrei erfolgen soll.
    Mit dem ÖBS schaffen wir existenzsichernde sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Damit wird gesellschaftlich sinnvolle und notwendige Arbeit erledigt, die den Beschäftigten neue Perspektiven eröffnet und gleichzeitig den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt stärkt.
    Wir nehmen auch hier bundesweit eine Vorreiterrolle ein und zeigen, dass der ÖBS eine Alternative zu den massenhaften 1-Euro-Jobs ist.
    Im Jahr 2009 wird sich DIE LINKE. Berlin mit einer ersten Zwischenbilanz der Umsetzung dieses Projekts befassen.
    Dabei ist uns bewusst, dass die heutige Umsetzung des ÖBS ein Kompromiss ist und noch nicht unseren Vorstellungen entspricht, wonach ein eigenständiger, selbstorganisierter, regelfinanzierter Sektor zwischen Staat und Privatwirtschaft entstehen soll, in dem gesellschaftlich notwendige Arbeit jenseits privatwirtschaftlichen Profitstrebens verrichtet wird.
    Wir setzen uns auch weiterhin für unseren, von der Bundesregierung bisher aber abgelehnten Vorschlag ein, aktive und passive Leistungen für Langzeiterwerbslose zusammenzufassen und damit sozialversicherungspflichtige existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse aufzubauen. 
     
  4. DIE LINKE. Berlin tritt für eine Abschaffung der Mini- und Midi-Job-Regelungen ein. Zeitliche Flexibilität im Sinne der Beschäftigten, aber auch entsprechend den betrieblichen Anforderungen lässt sich durch vielfältige Arbeitszeitmodelle herstellen. Dabei muss gewährleistet sein, dass die darüber erbrachten Arbeitsvolumina in der Summe mindestens die gleiche Bezahlung wie eine vergleichbare Vollzeitstelle ergeben. DIE LINKE. Berlin wird prüfen, ob eine entsprechende Regelung als Kriterium in das Berliner Vergabegesetz aufgenommen werden kann.
     
  5. Nach der Reform der Arbeitnehmerüberlassung verzeichnen Leiharbeitsverhältnisse einen gravierenden Anstieg. Dabei geht es schon lange nicht mehr um die Abdeckung von Auftragsspitzen. Teilweise beträgt der Anteil von Leiharbeit in einzelnen Unternehmen über 30 Prozent. Das macht deutlich: Es geht hier vor allem um flexible Arbeitskräfte, die jederzeit von der Lohnliste genommen werden können und außerdem nicht in die betriebliche Mitbestimmung einbezogen sind.
    DIE LINKE fordert daher: Leiharbeitskräfte müssen den Festangestellten gleich gestellt werden, d.h., dass sie für die  gleichen Arbeiten auch den gleichen Lohn erhalten und unter die betriebliche Mitbestimmung fallen. Wir wollen eine zeitliche Befristung des Einsatzes von Leiharbeitern/innen und die Festlegung einer Höchstquote in Bezug auf die Zahl der insgesamt im Unternehmen Beschäftigten. DIE LINKE. Berlin unterstützt die gewerkschaftliche Kampagne zur Leiharbeit.
     
  6. Wir wollen, dass alle Jugendlichen, die können und wollen, eine qualifizierte Ausbildung absolvieren können. Seit Jahren nehmen die Arbeitgeber ihre Verantwortung für die Ausbildung nicht wahr, die dadurch entstandene Ausbildungslücke wird  mit öffentlichen Geldern geschlossen, indem außerbetriebliche Ausbildungsplätze  und kurzzeitige Maßnahmen finanziert werden. Um die Ausbildungsmisere zu beenden, brauchen wir eine Ausbildungsplatzumlage, an der alle Arbeitgeber beteiligt werden müssen.
    Darüber hinaus wollen wir im öffentlichen Dienst in Berlin die Ausbildung verbessern. Es wird geprüft, welche Schritte notwendig sind, um die vorhandenen Ausbildungsmittel zu verausgaben, welche zukunftsträchtigen Ausbildungsberufe auch in diesem Bereich angeboten und wie in Form von Einstellungskorridoren Anschlussbeschäftigungen gesichert werden können.
    Praktika bieten die Chance, sich früh beruflich zu orientieren. Sie geben Studierenden die Möglichkeit, erste Berufserfahrung zu sammeln und die erworbene Theorie in der Praxis anzuwenden. Jedoch werden dabei zunehmend Praktikantinnen und Praktikanten als billige oder kostenlose Arbeitskräfte ausgebeutet. Arbeitsrechtliche Vereinbarungen werden durch diese Beschäftigungsform außer Kraft gesetzt und sie werden zur Verdrängung regulärer Arbeitsverhältnisse missbraucht. Praktika, bei denen Studierende oder Auszubildende die Möglichkeit erhalten, praktische Erfahrungen zu sammeln, wollen wir erhalten, aber auch sie bedürfen des gesetzlichen Schutzes als Lernarbeitsverhältnis sowie einer angemessenen Vergütung. Scheinpraktika, bei denen die Beschäftigten nichts lernen und als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden, müssen verboten werden. Hier wird DIE LINKE. Berlin entsprechende bundespolitische Initiativen unterstützen. 
     
  7. DIE LINKE. Berlin setzt sich für faire und verlässliche Arbeitsbedingungen in öffentlichen Unternehmen und in Unternehmen, an denen das Land Berlin Beteiligungen hält, ein. DIE LINKE unterstützt alle Kämpfe und Bestrebungen, die 
    • sich gegen die Umwandlung von regulären Arbeitsplätzen dieser Unternehmen in Leiharbeitsverhältnisse, Mini-, Midi- oder 1-Euro-Jobs richten,
    • die Schaffung von Tochter- oder Beschäftigungsgesellschaften allein zum  Zweck, Einstiegsgehälter zu senken, verhindern wollen sowie
    • sich gegen die Ausdehnung von Arbeitszeiten und andere Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen wenden.
    Wir wollen gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit. Bis Ende des Jahres werden wir einen konkreten Vorschlag für die Schaffung guter Arbeit im Öffentlichen Dienst und in den Landesunternehmen vorlegen.
     
  8. Die Linke hat zur Sicherung der Reallohneinkommen vorgeschlagen, Gehaltsverbesserungen für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes in Berlin schon vor dem Auslaufen des Anwendungstarifvertrages von 2003 im Jahr 2010 zu gewähren und schnellstmöglich über einen Stufenplan zu verhandeln mit dem Ziel der Rückkehr des Landes Berlin in die Arbeitgeberverbände KAV und TdL. DIE LINKE. Berlin wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass das Land Berlin den Anschluss an das bundesweite Tarifniveau wiedergewinnt.
    Gleichzeitig lehnt DIE LINKE. Berlin den Versuch von Senator Sarrazin (SPD) strikt ab, landeseigene Unternehmen zum Austritt aus dem kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) zu drängen.
     
  9. Die Übertragung von öffentlichen Aufgaben an anerkannte und gemeinnützige freie Träger muss mit dem Ziel der Diversifizierung des Leistungsangebots und damit unter der Prämisse der Qualitätssteigerung erfolgen. In allen Formen der sozialen Dienstleistungen, speziell in Bereichen wie der Bildungs-, der Kinder- und Jugendarbeit und der Seniorenbetreuung, können Qualität und Kontinuität in der Arbeit nur durch fachlich adäquate personelle Besetzung, gute Arbeitsbedingungen und entsprechende Qualität sichernde Maßnahmen gewährleistet werden. Dazu sollte die Finanzierung freier Träger von Zuwendungen auf mehrjährige Leistungsverträge umgestellt werden. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die Vergütung bei freien Trägern ausschließlich gemäß eines geeigneten Tarifsystems, in welchem die erforderliche Fachlichkeit berücksichtigt ist (BAT, TVöD, AVR, KMT o.ä.), erfolgt. Dafür müssen die kommunalen Aufgaben entsprechend ausfinanziert werden. DIE LINKE. arbeitet an einem neuen Zuweisungsmodell für die Berliner Bezirke und kämpft gemeinsam mit Kommunalpolitiker/innen anderer Parteien für die Ausfinanzierung der kommunalen Aufgaben.
     
  10. DIE LINKE will eine zukunftsfähige Personalpolitik im Wissenschaftsbereich, die die Erneuerung der wissenschaftlichen Ansätze, gute Arbeitsbedingungen und die Gleichstellung der Geschlechter ermöglicht. Unsere vordringlichen Ziele bei der Erneuerung des Hochschulgesetzes und der Hochschulverträge sind die Ermöglichung von »Wissenschaft als Beruf« auch neben der Professur – durch Dauerstellen und mit eigenständiger Forschungsmöglichkeit – sowie die deutliche Verbesserung der Situation der Lehrbeauftragten. Der massiven Ausweitung von Lehraufträgen als Ersatz für ordentlich beschäftigte Wissenschaftler/innen werden wir entgegentreten.
    Die Zersplitterung der Tarifstruktur schadet dem Wissenschaftsstandort Berlin und muss überwunden werden. Der Berliner Tarifvertrag für die studentischen Beschäftigten, der einzigartig in Deutschland ist, soll erhalten bleiben.