Mindeststandards für ein neues Berliner Versammlungsgesetz

1. Tagung3. Landesparteitag

Beschluss 5 / 1 / 3

 

 

Mindeststandards für ein neues Berliner Versammlungsgesetz

Der Landesparteitag beauftragt den Landesvorstand mit der Erarbeitung von Mindeststandards für ein neues Berliner Versammlungsgesetz und andere gesetzgeberische Initiativen auf Landesebene, um

  • eine umfassende Versammlungsfreiheit für alle in Berlin lebenden oder hier politisch aktiven Menschen zu garantieren,
  • die staatliche Kontrolle der Demonstrationsformen und -inhalte weitestgehend zu begrenzen,
  • staatliche/polizeiliche Übergriffe bei Versammlungen und im Alltag weitestmöglich einzuschränken,
  • unabhängige Kontrollmechanismen gegen solche Übergriffe zu etablieren, die auch für einzelne an Übergriffen beteiligte Amtsträger_innen relevante Konsequenzen zeitigen können und die strukturelle Probleme aufzeigen können,

und Wege darzustellen, wie diese Mindeststandards in rechtlich bindende Form übertragen werden können.

Dabei werden federführend die Landesarbeitsgemeinschaft »Bürgerrechte und Demokratie«, die zuständigen Politikerinnen und Politiker der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus und der Landesarbeitskreis »DemoGrund – Demokratie und Grundrechte« der Linksjugend ['solid] um ihre Mitarbeit gebeten.

Diese Mindeststandards und Umsetzungsideen sollen auch gemeinsam mit externen Experten aus der Bürgerrechts- und Demokratiebewegung entwickelt werden und im Zuge der Wahlprogrammentwicklung offen diskutiert werden.

Folgende Punkte sollen berücksichtigt werden:

  • Verbot der Videodokumentation von Versammlungen ohne zuvor dokumentierten tatsächlichen Anhalt für Straftaten,
  • maximale Einschränkung der weitgehenden Befugnisse der polizeilichen Versammlungsbehörde zur Beauflagung von Demonstrationen,
  • Freiheit der Form politischer Versammlungen (z.B. Musik, Länge der Transparente, Beeinträchtigung der Außenwirkung durch »Wanderkessel« etc.)
  • Verbot, Polizeikräfte ohne Kennzeichnung als solche (Zivilbeamte) in Demonstrationen und Kundgebungen – auch spontane – zu entsenden,
  • Verbot der Vermummung von Personen bei Versammlungen, die dort das staatliche Gewaltmonopol ausüben,
  • Einrichtung einer unabhängigen Kontrollstelle, die Vorwürfe von Polizeigewalt untersucht und disziplinarische/strafrechtliche Konsequenzen herbeiführen kann und strukturelle Probleme benennt,
  • Festschreibung einer individualisierten Kennzeichnung aller in Berlin eingesetzten Polizei- und Ordnungskräfte, gerade auch für Einsatzhundertschaften im Demonstrationsgeschehen, inklusive disziplinarischer Maßnahmen bei Nichtbeachtung (z.B. Durchtauschen v. Helm-u. Rückennrn.),
  • Gebot, jede Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Vollzugsbeamte und die Abwägung der Verhältnismäßigkeit unverzüglich und umfassend zu dokumentieren,
  • Möglichkeit, sich zum eigenen Schutz (z.B. vor Nazifotograf_innen) anonym an einer Versammlung zu beteiligen und dazu auch das Gesicht zu verbergen,
  • Möglichkeit, sich vor langfristigen Gesundheitsschäden durch exzessive staatliche Gewalt durch Polster etc. zu schützen,
  • Verbot des Gebrauchs von Schusswaffen gegen eine Menschenmenge, ohne dass von ihr eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben von Personen ausgeht, oder gegen unbewaffnet Flüchtende,
  • Möglichkeit zum Verbot von Versammlungen, die die Würde der Opfer des Naziregimes beeinträchtigen, oder die den zur »Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus« erlassenen Rechtsvorschriften (alliierte Beschlüsse, GGArt.139) zuwiderlaufen,
  • ausdrückliche Ermöglichung auch von Versammlungen, die sich gegen andere gleichzeitig stattfindende Versammlungen richten.