Direkte Demokratie und Kampf um kommunales Eigentum

3. Parteitag, 2. Tagung
Parteitag

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Marianna Schauzu

[Manuskript – es gilt das gesprochene Wort.]

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

im Entwurf des heute zu beschließenden Wahlprogramms lesen wir: »Die Mittel der direkten Demokratie sind mittlerweile aus Berlin nicht mehr wegzudenken.«

Tatsächlich ist die direkte Demokratie – Klaus Ernst hat darauf hingewiesen – eines der Markenzeichen unserer Partei: In mehreren Bundesländern hat DIE LINKE Volksbegehren initiiert oder unterstützt, so in Thüringen für eine bessere Familienpolitik und in Sachsen-Anhalt für eine Gemeindegebietsreform. Und in Bayern fordern wir jetzt eine Volksabstimmung über den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie.

Ein weiteres Markenzeichen der LINKEN ist der Erhalt und die Rekommunalisierung von Unternehmen der Daseinsvorsorge. Dafür setzt sich DIE LINKE in Kommunen, in den Ländern und auf Bundesebene ein.

Wir können also stolz sein: Bei direkter Demokratie und bei Rekommunalisierung – da denkt man zuerst und vor allem an DIE LINKE.

Doch wie sieht es in unserem Berliner Landesverband aus?

Mit dem Wasser-Volksentscheid kam beides zusammen: Direkte Demokratie und Kampf um kommunales Eigentum! Welch eine günstige Konstellation für die Berliner LINKE!

Aber, liebe Genossinnen und Genossen, was hat unsere Parteiführung daraus gemacht?

Sie hat die außerparlamentarische Bewegung, die für unser ureigenstes Anliegen gekämpft hat, nicht nur nicht unterstützt. Sie hat sich gegen sie – und damit sich selbst ein Bein gestellt!

Diese Chance – diese große Chance – wurde nicht genutzt, um für unsere Positionen zu werben. Das ist wahrlich keine gute Ausgangsposition für die im Herbst in Berlin anstehenden Wahlen.

Jetzt ist zumindest Schadensbegrenzung notwendig!

Das nach dem Volksentscheid am 12. März in Kraft getretene Gesetz sieht die Offenlegung aller bestehenden und zukünftigen Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe vor. Und es sieht die öffentliche Prüfung dieser Dokumente unter Hinzuziehung unabhängiger Sachverständiger vor.

Die Berliner Bürgerinitiative »Wassertisch« hat dazu ihre Expertise angeboten. Bis jetzt hat der Senat darauf nicht reagiert. Der Wassertisch hat deshalb an den Regierenden Bürgermeister appelliert, »das Problem der Teilprivatisierung und der Wasserpreise endlich zur Chefsache zu machen«. Wowereit reagiert darauf, indem er in aller Öffentlichkeit unseren Wirtschaftssenator Harald Wolf für die hohen Wasserpreise verantwortlich macht.

Grund genug, jetzt die Initiative zu ergreifen! Es genügt nicht, im Programm die Skandalisierung der Wasserverträge zu fordern. Von einer linken Partei wird entsprechendes Handeln erwartet.

Die Berliner LINKE ist – noch – Regierungspartei. Und sie ist eine parlamentarische Kraft und damit auch nicht – wie es im Programmentwurf heißt – auf »andere außerparlamentarische Verbündete« angewiesen. Noch stellt sie sogar den verantwortlichen Senator. Seine Aufgabe sollte es jetzt sein, für die schleunige Umsetzung des Gesetzes zu werben.

Die Voraussetzungen dafür sind günstig: Mit dem Wassertisch haben wir eine starke – und wie der Volksentscheid gezeigt hat – erfolgreiche außerparlamentarische Kraft. Sie wird von großen Teilen unserer Parteibasis unterstützt.

Klaus Ernst hat es schon gesagt: Es ist an der Zeit, dass unsere Parteiführung den Wassertisch endlich als Verbündeten wahrnimmt, und dass sie dafür sorgt, dass dessen angebotene Unterstützung bei der juristischen Prüfung der Verträge akzeptiert und finanziert wird.

Notwendig ist auch, die Rückkaufverhandlungen mit RWE und Veolia auszusetzen bis geklärt ist, ob die Teilprivatisierungsverträge juristisch anfechtbar sind.

Nur so sind eine Rückabwicklung und eine kostengünstige Rekommunalisierung möglich.

Nur so können wir unsere  Markenzeichen – direkte Demokratie und Kampf für den Erhalt kommunalen Eigentums – verteidigen.

Und nur so haben wir eine Chance, unsere Glaubwürdigkeit und unsere Wähler zurück zu gewinnen.

Das ist Anliegen der Änderungsanträge 1.30 und 1.42, um dessen Unterstützung ich euch bitte.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.