»Wer braucht eigentlich noch die Linke?«

Rede zur Kandidatur

Wolfgang Albers

[Manuskript – es gilt das gesprochene Wort.]

Genossinnen und Genossen,
mit unserem Wahlprogramm haben wir deutlich gemacht: Die Welt immer nur als schlecht zu beschreiben, macht sie nicht besser und Kopfschütteln, Genossinnen und Genossen, ist keine politische Strategie.
Wir haben in Berlin 10 Jahre Oppositionserfahrung.
Wir haben da einiges gelernt.
Wir haben jetzt auch 10 Jahre Regierungserfahrung
Und wir haben noch einiges dazu lernen müssen.

Glaube niemand, dass wir das, was wir in Regierungsverantwortung bisher nicht noch nicht erreichen konnten, aus der Opposition heraus leichter durchzusetzen wäre. Neulich hat ein Genosse auf einer Versammlung kritisiert, wie kann man denn als Linker den Aufsichtsratsvorsitz bei den privatisierten Wasserbetrieben machen.
Ich sage es, anders herum wir ein Schuh draus: Soweit sind wir ihnen in dieser Stadt mittlerweile auf den Pelz gerückt. Sie hocken mit ihrem Klüngel nicht mehr allein in ihren klandestinen Etagen. Auch das ist ein Ausdruck der sicher nur allmählichen, aber eben doch stattfindenden Veränderung des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses, an der wir kontinuierlich arbeiten. Es sind Etappenziele, die wir erreichen und die wir jetzt sichern müssen.
Darum geht es.

Harald hat es gesagt: Wenn das der »Zeitgeist« war, der die Grünen bei Hartz IV getrieben hat, sage ich: Die haben aus tiefster Überzeugung gehandelt.
Und die Berliner Grünen sind die typischen Repräsentanten dieses »Zeitgeistes«.
Lautstark aber prinzipienlos. Und sie haben sich keinen Deut geändert, wie ihre Häme zum ÖBS beweist. Wir werden ihnen den Platz nicht räumen.

Genossinnen und Genossen,
unter dem Titel »Links und einsam« fragt die »Zeit« in ihrer letzten Ausgabe:
»Wer braucht eigentlich noch die Linke?« Der Redakteurin könnten wir bei der Beantwortung dieser Frage mit unserer Berliner Bilanz gerne weiterhelfen.

Diese Stadt braucht die LINKE
Ein Blick in unser Wahlprogramm, würde ihr zeigen, dass wir darüber hinaus noch eine ganze Menge weiterer Ideen haben, die umzusetzen, sich für die Menschen dieser Stadt lohnen würde.
Und ein Blick in diese Vertreterversammlung würde ihr zeigen dass wir auch eine ganze Reihe von Kandidatinnen und Kandidaten haben, die zwar alle links, aber keineswegs einsam sind, die wie Katrin Möller und ich zum Beispiel als aktive Betriebsräte mit beiden Beinen in der Arbeitswelt stehen und sicher über manches klagen mögen, aber ganz bestimmt nicht über Einsamkeit.

Genossinnen und Genossen,
ich bin ja auch der gesundheitspolitische Sprecher unserer Fraktion. Lasst mich deshalb noch kurz etwas zu unserer Gesundheitspolitik sagen, weil uns diese Stadt auch hier braucht.
Die Gesundheitssenatorin hat in der letzten Woche den Investitionsbedarf der Berliner Krankenhäuser zum Unmut der SPD öffentlich gemacht. Das bleibt eine große Baustelle, die wir, ja wir, in der nächsten Legislaturperiode in der Regierung unbedingt angehen müssen.
Es wird sonst niemand tun.
Die SPD wird's nicht tun.
Und die Grünen erst recht nicht.
Die wollen die Ausgaben für die Krankenhausinvestitionen, die zurzeit bei 93 Mio. € liegen,  auf nur noch 50 Mio. € im Jahr deckeln, weil sie eine »infrastrukturelle  Überversorgung« mit Krankenhausbetten in der Stadt sehen und daraus ableiten, die Bettenauslastung in den Häusern müsse weiter gesteigert werden.

Wer schreibt denen eigentlich die Kompetenz in solchen Fragen zu, die wir angeblich nicht haben?
Ein Krankenhaus gilt als ausgelastet, wenn es zu 80 Prozent belegt ist. Entsprechend sind die personellen und räumlichen Kapazitäten kalkuliert.
In den letzten 15 Jahren wurden in Berlin 17.000 Betten abgebaut. Mit 50,1 Betten pro 10.000 Einwohner liegen wir im bundesrepublikanischen Vergleich ganz unten in der Skala.
Die Auslastung bei Vivantes liegt im Schnitt bei über 89 Prozent. Im Wenckebach-Krankenhaus bei 93%. In mancher psychiatrischen Abteilung bei weit über 100%. Die Auslastung  der Charite liegt bei über 85 Prozent. Die Verweildauer ist aktuell im Schnitt auf rund 6 Tage gesunken. Dazu muss man wissen: In zwei von drei Betten liegen heute Patienten die älter sind als 60 Jahre. An vier von fünf Tagen sind die Berliner Krankenhäuser voll belegt. Eine Pflegekraft versorgt heute 19 Patienten, im Jahr 1998 waren es noch 13 Patienten.
Und die Antwort der Grünen darauf: Bettenschließung und Personalabbau und die Arbeit in unseren Krankenhäusern noch weiter verdichten. Zu Lasten der Patienten und auf Kosten der Beschäftigten.

Genossinnen und Genossen, noch einmal: Besser vorher gewusst, als falsch gewählt.
Meine fünf Minuten sind um: Bleibt mir nur mehr, euch um eure Unterstützung zu bitten, um in diesem Sinne die Auseinandersetzungen auf der parlamentarischen Ebene unserer Arbeit weiterführen zu können.
Danke.

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