Wir beschließen hier immer wieder dasselbe

4. Parteitag, 1. Tagung

Rede Marianna Schauzu


[Manuskript – es gilt das gesprochene Wort.]

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

wir haben heute wieder ein umfangreiches Aufgabenpaket vorliegen, mit vielen richtigen und wichtigen Zielsetzungen und guten Absichten.

Was aber ist die Bilanz der Beschlüsse des letzten Parteitags? Dazu liegt uns dankenswerterweise ein Papier zum „Umsetzungsstand“ vor. Daraus hier ein Beispiel für einen der auf dem letzten Parteitag gefassten Beschlüsse. Darin heißt es, ich zitiere:
 »Der Landesparteitag fordert den Landesvorstand auf, eine stadtbildprägende Kampagne zu konzipieren und unter Einbeziehung der Bezirksverbände zu realisieren, die die vollständige Rekommunalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge für

  • die Wasser- und Abwasserwirtschaft
  • die bedarfsgerechte und ökologisch sinnvolle Versorgung der Berlinerinnen und Berliner mit Energie sowie
  • alle Bereiche des öffentlichen Nahverkehrs

einfordert«, gefolgt von fünf Punkten zur Konkretisierung.

Wie sieht es mit der Umsetzung dieses überaus wichtigen, konstruktiven und zielorientierten Beschlusses aus? Im Berichtspapier des Vorstands heißt es dazu, ich zitiere: »Bislang Teilumsetzung durch den eigenen Beitrag der LINKEN zur Kampagne für das Energie- und das S-Bahn-Volksbegehren«.

Ist das die beschlossene »stadtbildprägende Kampagne« der LINKEN? Wenn das alles gewesen ist, dann ist es ärmlich.

Nun ist die Rekommunalisierung der Güter der Daseinsvorsorge einer der drei Schwerpunkte im Leitantrag. Das ist gut so! Aber einen Bezug zum zitierten Beschluss des letzten Parteitags gibt es nicht. Stattdessen gibt es erneut einen Auftrag an den Landesvorstand, ich zitiere: »Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge gehören in öffentliche Hand. Die Rekommunalisierung wichtiger Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Energie, Teile des Verkehrsnetzes und Wasser gehören deshalb zum Schwerpunkt der LINKEN Berlin im Jahr 2013. Der Landesparteitag beauftragt den Landesvorstand in Zusammenarbeit mit den Bezirksverbänden, den zuständigen Zusammenschlüssen und der Abgeordnetenhausfraktion, dazu Umsetzungskonzepte zu entwickeln, die sich an folgenden Eckpunkten orientieren.« Es folgt eine Reihe von Absichtserklärungen.

Das bedeutet doch: Wir beschließen hier immer wieder dasselbe, die notwendige Umsetzung aber findet nicht statt. Und es zeigt uns, dass die Ergebnisse der Parteitage – und damit der große Einsatz der Mitglieder und Delegierten bei der Erarbeitung und Diskussion der Anträge - überhaupt nicht ernst genommen werden.

Ich meine, wir haben als Partei – vor allem im bevorstehenden Wahlkampf – Wichtigeres zu tun, als immer wieder weitgehend identische Anträge zu beschließen, wenn daraus nichts für die praktische Arbeit folgt.

Ich bitte deshalb vor allem die erneut für den Landesvorstand Kandidierenden, sich dazu und über ihre Vorstellungen einer konsequenten Oppositionsarbeit zu äußern.