Unser Plan für ein soziales und ökologisches Berlin

4. Tagung5. Landesparteitag

Beschluss 2 / 4 / 5

 

 

Unser Plan für ein soziales und ökologisches Berlin

(vor endgültiger Korrektur)

 

Präambel

Liebe Berlinerinnen und Berliner,

Berlin ist spannend und schön, ist alte und neue Heimat, eine großartige Metropole und gleichzeitig eine Stadt, die es nicht einmal schafft, einen Flughafen fertig zu bauen. Wer hier lebt, weiß: Manches läuft schief. Während sich die Berlinerinnen und Berliner um ihre Stadt kümmern und für Berlin engagieren, werden im Senat die Probleme nicht angepackt und erst recht nicht gelöst.

Berlin braucht Veränderungen, denn die Stadt steht vor großen Herausforderungen: Es geht um die Bereitstellung bezahlbaren und energieeffizienten Wohnraums, was nur gelingt, wenn sich die Wohnungspolitik grundlegend ändert. Es geht um Bekämpfung der Armut und der Ausgrenzung. Es geht um die Energieversorgung der Zukunft, den Umbau hin zu einer weitgehenden Versorgung mit erneuerbaren Energien. Es geht um eine Verkehrswende, die Mobilität auch ohne Auto ermöglicht. Und es geht darum, die Potentiale der wissenschaftlichen- und Forschungseinrichtungen und der starken kommunalen Unternehmen, wie der BVG, der BSR und der Wasserbetriebe zu nutzen, damit sich die Lebensqualität der Menschen in unserer Stadt weiter verbessert. Wir wollen, dass Berlin Vorbild und Vorreiter für notwendige gesellschaftliche Veränderungen wird. Dafür muss der Stillstand der SPD-CDU-Politik beendet werden.

Fünf Jahre Rot-Schwarz haben Lücken gerissen:

Öffentliche Gebäude verfallen. Preiswerte Wohnungen sind knapp und Mieten explodieren. Der Flughafen BER ist ein Milliardengrab. Die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst hält dem Bevölkerungswachstum nicht Stand, in Bürgerämtern, Kitas und Schulen herrscht große Personalnot. Tausende Geflüchtete müssen unter unwürdigen Bedingungen in Massenunterkünften leben und können nur durch die Hilfe ehrenamtlicher Berlinerinnen und Berlinern versorgt werden. Berlin ist immer noch Hartz-IV-Hauptstadt. Leiharbeit und das Aufstocken der prekären Einkommen durch Sozialleistungen sind für viele Alltag. Bahnen und Busse werden immer teurer, Angebote für die steigende Zahl älterer Menschen fehlen, die öffentliche Daseinsvorsorge bei Energie, Gesundheit oder Bildung leidet und die von den Menschen eingeforderte und praktizierte direkte Demokratie ist dem Senat nur lästig.

In fast allen Bereichen wird die Stadt auf Verschleiß gefahren. Dem Senat aus SPD und CDU fehlte von Anfang an eine gemeinsame Idee für Berlin. Es fehlte eine Antwort auf die Frage, wie die Stadt eine soziale Metropole werden kann, in der es Menschen mit unterschiedlichen Lebenswegen, Einkommen und kulturellen Prägungen, Menschen mit und ohne Behinderungen, alte und junge Menschen, allein oder in vielfältigen Familienformen lebend, gut miteinander geht.

Es fehlt die Antwort, wie wir die Gleichstellung der Geschlechter und der unterschiedlichen Lebensweisen erreichen - vom Senat waren nur Streit und Stückwerk zu hören.

Berlin hat lange davon gelebt und profitiert, dass die einen und die anderen im gleichen Kiez, im gleichen Quartier, im gleichen Bezirk zu Hause waren. Inzwischen gefährdet die Verdrängung von immer mehr Menschen aus ihren Kiezen diese Vielfalt, zerstören steigende Mieten gewachsene Nachbarschaften, sind Wohnungen ein Synonym für Rendite geworden.

Fünf Jahre hat die schwarz-rote Regierung verschenkt. Fünf Jahre, in denen der Senat kaum etwas angepackt und die Probleme nicht gelöst hat. Das soll sich ändern.

Wir wollen, dass Berlin wieder funktioniert. Öffentliche Schwimmbäder, gute Schulen und ein funktionierendes Gesundheitswesen sind genauso wie ein bezahlbarer öffentlicher Nahverkehr unverzichtbar für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt. Die Menschen brauchen bezahlbare Wohnungen, Kitas in bester Qualität mit ausreichenden Plätzen, Strom und Gas zu fairen Preisen, Freizeit- und Kultureinrichtungen zu günstigen Konditionen und eine Verwaltung, die für die Bürgerinnen und Bürger da ist. Berlin braucht eine soziale Infrastruktur von Nachbarschaftszentren und Begegnungsstätten, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht.

Wir sagen: Niemand darf ausgeschlossen sein. Die Berlinerinnen und Berliner sollen selbst darüber entscheiden, wie Energie produziert wird und wieviel sie kosten soll. Wichtige Infrastrukturen wie Strom- und Gasnetz gehören in öffentliches Eigentum. Die Bürgerinnen und Bürger haben zu entscheiden, wie das Verkehrswesen aussehen soll - ob die Zukunft in verstopften Straßen mit hoher Abgasbelastung oder in einem starken Bus-, Bahn- und Radfahrnetz und einer gesunden Umwelt liegt.

Die Berliner Bevölkerung wächst. Viele jungen Menschen ziehen nach Berlin, gleichzeitig wächst die Zahl alter und sehr alter Menschen, was die Stadt vor ganz neue Herausforderungen stellt. Flüchtlinge haben in Berlin Aufnahme gefunden und verdanken den herzlichen Teil des Willkommens vor allem der hilfsbereiten Bevölkerung, die weitaus kreativer beim Suchen und Finden von Lösungen ist als der Senat. Aber eine Stadt, die wächst, und das nicht erst seit der Aufnahme der vielen Geflüchteten, braucht einen politischen Plan dafür, dass alles mitwächst, was zum Leben notwendig ist.

Wir haben in unserer Regierungszeit von 2001 bis 2011 gemeinsam mit der SPD den Landeshaushalt stabilisiert und die massive Verschuldungspolitik der neunziger Jahre beendet.

Heute erwirtschaftet das Land Haushaltsüberschüsse, die wir für die Menschen in unserer Stadt einsetzen wollen. Wir schlagen eine Investitionsoffensive für Berlin vor, die den wachsenden Anforderungen und Wünschen der Menschen in unserer Stadt gerecht wird. Berlin schiebt einen milliardenschweren Berg dringend notwendiger Investitionen vor sich her. Dieser verdeckte Schuldenberg wächst von Jahr zu Jahr. Wir wollen diesen Zustand beenden.

Wir wollen die unhaltbaren Zustände im öffentlichen Dienst beseitigen. Denn vielerorts und trotz widriger Bedingungen wird in den Verwaltungen gute Arbeit geleistet. Wenn es jedoch keinen Termin beim Bürgeramt gibt oder auf die Bearbeitung eines Anliegens wochenlang gewartet werden muss, bekommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes den berechtigten Zorn der Menschen zu spüren.

Deshalb wollen wir nicht nur in die bauliche Infrastruktur, sondern in einen deutlichen Ausbau des öffentlichen Dienstes investieren. Eine Stadt die immer größer wird, lässt sich immer weniger zentralistisch verwalten. Wir wollen starke Bezirke für eine starke Stadt.

Zunehmend mehr Berlinerinnen und Berliner sind durch das Tempo, in dem sich die Stadt verändert, verunsichert. Sie sehen, dass Investoren und Unternehmen Veränderungen vorantreiben und davon profitieren, während die Mieten steigen, Freiflächen verschwinden und die Lebensqualität sinkt. Wenn es um die Gestaltung Berlins geht, werden die Berlinerinnen und Berliner meist nicht gefragt. Stattdessen wird über ihre Köpfe hinweg entschieden. Nehmen sie ihr Recht auf Mitbestimmung wahr, werden sie vor den Kopf gestoßen. So hat der Senat hat in der Vergangenheit mehrfach lokale Bürgerbegehren ausgehebelt, indem er die bezirklichen Bauplanungen an sich riss.

Wir wollen zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern das demokratische Gemeinwesen stärken.

Wir wollen, dass Menschen mitgestalten und stärker Vorschläge dazu unterbreiten können, was sich in ihrem Lebensumfeld ändern soll. Wir wollen, dass diese Vorschläge ernst genommen werden.

Wir haben nicht auf jede Frage eine Antwort. Aber wir sind davon überzeugt, dass eine gemeinsame Gestaltung Berlins nur funktioniert, wenn Senat und Parlament mit den Bürgerinnen und Bürgern nachdenken und Entscheidungen treffen.

Wir schlagen vor, die Möglichkeiten direkter Demokratie weiter auszubauen. Die Hürden für Volksentscheide sollen gesenkt und weitere Möglichkeiten der Mitgestaltung und Mitbestimmung geschaffen werden.

Wir wollen Solidarität und Gemeinsinn in unserer Stadt stärken. Die Berlinerinnen und Berliner haben in der Vergangenheit schon viele Herausforderungen gemeistert. Als die Stadt geteilt war, nach der Wiedervereinigung und als es um die Befreiung von Mief und Korruption in den Jahren der Großen Koalitionen ging - immer gab es auch Verunsicherungen. Auch jetzt haben Menschen Angst, ob sie in Zukunft ihre Wohnung oder den Strom noch bezahlen können, ob ihre Arbeitsplätze sicher sind oder sie überhaupt je wieder Arbeit bekommen.

Nicht zuletzt löst die Aufnahme derer, die vor Hunger, Vertreibung und Tod zu uns flüchten, Unsicherheit aus. Dies machen sich rechte Demagogen zu Nutze. Doch gleichzeitig erleben wir, dass sich tausende Berlinerinnen und Berliner ehrenamtlich in die Belange der Stadt einmischen.

Diese Helferinnen und Helfer, die in den Notunterkünften Betten aufbauen und Essen verteilen, die vor dem LAGeSo Tag für Tag die Wartenden betreuen oder Sprachunterricht anbieten, zeigen: Die Berlinerinnen und Berliner sind solidarisch und packen an. Wir danken all diesen Menschen. Und wir danken auch all jenen, die sich auch in den Jahren zuvor für Obdachlose, in Kinder- und Jugendeinrichtungen, Frauenprojekten oder in der Kältehilfe und anderswo engagiert haben.

Wir wollen dieses Engagement für die Gemeinschaft fördern und unterscheiden dabei nicht nach Herkunft, Geschlecht, Religion oder Hautfarbe. Wir werden nicht zulassen, dass Geflüchtete gegen Obdachlose oder Menschen mit geringen Einkommen ausgespielt werden. Alle haben ein Recht auf eine Wohnung, auf gute Arbeit und Bildung und auf den Zugang zu Kultur.

Wir wollen, dass Berlin seinen Ruf als weltoffener und toleranter Stadt gerecht wir. Wir wollen nicht, dass es unter den Einfluss von Rassisten und rechten Demagogen kommt.

Berlin ist nicht nur unsere Heimatstadt, sondern auch die Hauptstadt dieses Landes. Von hier aus betreibt die Bundesregierung ihre Austeritätspolitik in Europa, die ganze Staaten in soziales Elend führt, und von hier aus sendet sie die Bundeswehr in immer neue Kriegseinsätze auf der ganzen Welt. Wir stellen uns diesem Kurs entgegen: im Bundestag und hier auf Berliner Ebene.

Wir streiten für eine friedliche Welt und für ein Zusammenleben aller Menschen in Europa in Würde und sozialer Gerechtigkeit.

Dieses Wahlprogramm ist unser Vorschlag für eine solidarische, ökologische und soziale Stadt. Wir möchten mit den Menschen, die in Berlin leben, über unsere Ideen diskutieren und die Vorhaben in den kommenden Jahren gemeinsam mit ihnen umsetzen.

Wir sehen es als unsere Aufgabe an, den politischen Stillstand, der mit der rot-schwarzen Koalition Einzug gehalten hat, zu beenden. Die Stadt muss wieder funktionieren, die Entwicklungschancen für die Zukunft der Stadt dürfen nicht verspielt werden und Politik muss gemeinsam mit den Berlinerinnen und Berlinern entwickelt werden. Wir stellen uns den damit verbundenen Herausforderungen und werden mit den Bürgerinnen und Bürgern eine andere Politik gestalten. Statt Personal abzubauen werden wir den öffentlichen Dienst stärken, statt die öffentliche und die soziale Infrastruktur auszuhungern werden wir investieren, statt öffentliche Daseinsvorsorge zu privatisieren wollen wir rekommunalisieren - in der Energieversorgung, bei Wohnungen, im Verkehr.

Wir wollen ein Ende prekärer Beschäftigung mindestens überall dort, wo die öffentliche Hand Verantwortung hat. Wir werden direkte Demokratie stärken und ausbauen und Bürgerbeteiligung fördern. Wir streiten für eine anderen Politik und eine Regierung, die dies alles zur Grundlage ihres Handelns macht.

An einer Regierung, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des Öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen.

Dafür werben wir um Ihre Stimmen am 18. September 2016.

 

Kapitel 1

Stärkung des Öffentlichen: Investitionsoffensive, starke Bezirke, Steuern, Finanzen

Die Berlinerinnen und Berliner spüren täglich, dass die Stadt immer weniger funktioniert: Die Ämter sind überfordert, die Infrastruktur ist marode und das obwohl die finanziellen Voraussetzungen für Investitionen in eine funktionierende Stadt gut sind. Seit vier Jahren erwirtschaftet die Stadt Überschüsse im dreistelligen Millionenbereich. Trotzdem wurde weiter Personal abgebaut und der Sanierungsstau vergrößerte sich weiter. Wir wollen konsequent umsteuern.

Wir schlagen ein langfristiges Investitionsprogramm in die öffentliche Infrastruktur vor, verknüpft mit einem Beschäftigungsprogramm für Langzeiterwerbslose und geflüchtete Menschen. Wir wollen die historisch niedrigen Zinsen nutzen, um Schulen, Krankenhäuser, Bäder, Brücken und Bürogebäude zu sanieren und für die wachsende Stadt zu erweitern. Das hat für uns Priorität gegenüber der Schuldentilgung.

Für eine handlungsfähige Verwaltung schlagen wir eine Personalausstattung vor, die sich danach richtet, was die Stadt wirklich braucht. Statt abstrakter Sparvorgaben wollen wir eine Einstellungsoffensive. Wir brauchen attraktive Bedingungen im öffentlichen Dienst, um fähige Menschen zu finden. Wir brauchen schließlich eine übergreifende Strategie - weg von der personalpolitischen Verantwortungslosigkeit hin zu einem Personalentwicklungskonzept, das auf Ausbildung und Personalgewinnung sowie Qualifizierung und Motivation der Beschäftigten setzt.

Wir schlagen vor, die Bezirke zu stärken. Der Personalabbau muss ein Ende haben. Damit die zugesagten Leistungen für Bürgerinnen und Bürger erbracht werden können, brauchen wir mehr Personal. Zusätzlich wollen wir die Bezirke finanziell in die Lage versetzen, eigenständig politische Schwerpunkte zu setzen, damit Demokratie unmittelbar und vor Ort gestaltet und erlebt werden kann.

Das zivilgesellschaftliche Engagement der Berlinerinnen und Berliner, ihre Bereitschaft, sich für andere und für die Stadt einzusetzen, ist überwältigend. Das ist eine große Chance für die Entwicklung der Stadt. Wir wollen die in der Stadt lebenden Menschen als Partnerinnen und Partner von Politik und Verwaltung ernst nehmen und beteiligen.

Finanzielle Spielräume nutzen

Berlin hat immer noch rund 60 Milliarden Euro Schulden. Angesichts der niedrigen Zinsen wäre es jetzt jedoch völlig falsch, deshalb auf notwendige Investitionen zu verzichten. Die Berliner Infrastruktur wurde auf Verschleiß gefahren. Das merken die Berlinerinnen und Berliner an allen Ecken und Enden. Deshalb braucht die Stadt vor allem Investitionen in die technische und soziale Infrastruktur, aber auch eine vernünftige Personalausstattung im öffentlichen Dienst.

Rot-Rot hat von 2002 bis 2011 den Landeshaushalt saniert. Diese Sanierungspolitik war hart und ging zuweilen über das Vertretbare hinaus. Sie sorgte jedoch dafür, dass politische Handlungsspielräume zurückgewonnen wurden. Im Ergebnis dessen hat sich, unter guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Berliner Situation grundlegend gewandelt: von einem strukturellen Defizit von mehr als zwei Milliarden Euro bis zu Haushaltsüberschüssen im höheren dreistelligen Millionenbereich. SPD und CDU sind nicht in der Lage, diesen erkämpften Spielraum im Interesse Berlins zu nutzen. Sie fahren die Berliner Infrastruktur weiter auf Verschleiß, obwohl eine Sanierungs- und Investitionsoffensive nötig ist.

Investitionen statt neuer verdeckter Schulden

Die entscheidende finanzpolitische Frage ist daher, wie Berlin künftig mit dem Spielraum umgeht. Wir orientieren uns an den Interessen der Berlinerinnen und Berliner. Wir halten es finanzpolitisch für richtig, in Wohnen, öffentliche Infrastruktur und energetische Sanierung zu investieren. Denn unterlassene Investitionen sind nichts anderes als eine neue Aufnahme von Schulden zulasten künftiger Generationen und zu viel höheren Zinssätzen.

Allerdings werden nach vier guten Jahren die Haushaltsspielräume in Berlin wieder enger. Die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern ist auch für Berlin von enormer Wichtigkeit. Die Linke hat dazu auf Bundesebene Vorschläge unterbreitet - es bleibt abzuwarten, ob es eine Einigung gibt und wie sich die Einigung auf die Berliner Einnahmen auswirkt. Unabhängig davon erwarten wir vom Bund eine angemessene Finanzierung der hauptstadtbedingten Ausgaben in Berlin.

Die Linke hat die Schuldenbremse immer abgelehnt. Die Handlungsfähigkeit von Bund, Ländern und Kommunen kann nicht durch ein Verbot neuer Kredite gesichert werden, sondern nur durch ein sozial gerechtes Steuersystem. Wir wollen, dass Berlin auf Bundesebene dafür streitet. Aber wir können nicht ignorieren, dass die Schuldenbremse ab 2020 verbietet, neue Schulden zu machen. Der Weg bis dahin ist gekennzeichnet vom Abbau der Solidarpaktmittel. Wir werden daher Wege finden, wie wir trotz Schuldenbremse zusätzliche Investitionen in die öffentliche Infrastruktur unter Nutzung des niedrigen Zinsniveaus finanzieren können.

Investitions- und Beschäftigungsprogramm auflegen

Krankenhäuser, Schulen, Bäder, Straßen, Brücken, Bürogebäude - der Sanierungsstau in der Berliner Infrastruktur ist nicht zu übersehen. Hinzu kommen dringend notwendige Investitionen in energetische Sanierungen und für Barrierefreiheit. Gleichzeitig benötigt Berlin dringend mehr Schulen, mehr Kitaplätze, mehr Wohnungen. Kurz: Berlin als wachsende Stadt braucht einen Ausbau der Infrastruktur.

Schätzungen gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren ein Sanierungs- und Investitionsbedarf von mehr als rund 20 Milliarden Euro besteht. Nachdem die Stadt über Jahre trotz erheblicher Haushaltsüberschüsse auf Verschleiß gefahren wurde, ist der Abbau des Investitionsstaus nicht im Laufe einer Wahlperiode zu leisten.

Wir schlagen daher vor, ein langfristiges Investitionsprogramm für die öffentliche Infrastruktur über einen Zeitraum von zehn Jahren aufzulegen. Anders als beim Prinzip von SPD und CDU, demzufolge investiert wird, wenn zufällig Geld übrig ist, wollen wir über zehn Jahre verlässlich Investitionsmittel zur Verfügung stellen, um die Infrastruktur wieder zu ertüchtigen. Auf der Grundlage seriös ermittelter Bedarfe der Bezirke und für die einzelnen Bereiche bietet ein solches Programm die Möglichkeit einer langfristigen, abgestimmten Planung. Das macht Investitionsentscheidungen transparenter und ist außerdem das beste Mittel gegen Chaos und Kostenexplosion bei öffentlichen Bauprojekten.

Wir schlagen vor, dieses Investitionsprogramm mit einem Beschäftigungsprogramm zu verbinden, z.B. indem erst die Beteiligung an Arbeitsmarkt- und Qualifizierungsprogrammen ermöglicht, diese Investitionsmittel in Anspruch zu nehmen. So können neben den Wirtschafts- und Beschäftigungseffekten, die ein solches Investitionsprogramm ohnehin auslöst, gezielt Impulse für die Integration Langzeiterwerbsloser und Zuwanderer in den Arbeitsmarkt gesetzt werden.

Neben einer verlässlichen Finanzierung aus Haushaltsmitteln wollen wir Wege erschließen, wie trotz Schuldenbremse die historisch niedrigen Zinsen genutzt werden können, um zusätzlich zum Landesetat öffentliche Investitionen zu finanzieren. Dabei geht es nicht um Modelle wie die "Öffentlich-Private-Partnerschaft", bei denen private Kapitaleigner an der Armut der öffentlichen Hand verdienen, sondern um Investitionen in öffentlicher Verantwortung jenseits des Landeshaushaltes. Die landeseigene Investitionsbank Berlin hat hierfür Vorschläge entwickelt.

Einnahmen der öffentlichen Haushalte stärken

Wir wollen die Einnahmebasis der öffentlichen Haushalte stärken. Wir halten es angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung Berlins für angemessen, den Hebesatz der Gewerbesteuer auf 450 von Hundert zu erhöhen. Dadurch können jährlich zusätzliche Einnahmen von etwa 150 Millionen Euro erzielt werden. Berlin läge damit im Vergleich mit anderen großen Städten trotzdem noch im unteren Drittel. Auch im Bereich der Grunderwerbssteuer sehen wir Handlungsbedarf. Einerseits wollen wir die Umsätze im boomenden Immobilienmarkt abschöpfen, andererseits wollen wir durch eine Reform der Grunderwerbssteuer die Immobilienspekulation weniger attraktiv machen.

Wir werden uns dafür stark machen, dass der Bund seiner Verantwortung für die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse gerecht wird und sich angemessen an der Finanzierung der Unterbringung und Integration geflüchteter Menschen beteiligt. Damit Berlin seine Aufgaben umfassend und dauerhaft wahrnehmen kann, brauchen wir eine neue Steuerpolitik auf Bundesebene, unter anderen durch die Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Dafür werden wir uns auch im Bundesrat stark machen.

Liegenschaftspolitik: transparent und nachhaltig

Grund und Boden sind ein natürlich begrenztes Gut. Darüber verfügen zu können, ist entscheidend für die Gestaltung der Stadt. "Was braucht die Stadt?" muss deshalb die Frage lauten und nicht, "Wie verkaufen wir Landesvermögen möglichst meistbietend?".

Die Politik muss wissen, welche Flächen für Schulen, Kitas, Grünflächen, Kultur, öffentliche und Verkehrsinfrastruktur, wirtschaftliche Entwicklung, Wohnungsbau gebraucht werden - jetzt und in der Zukunft. Wenn die benötigten Flächen nicht oder nur am falschen Ort verfügbar sind, muss eine strategische Liegenschaftspolitik dafür Sorge tragen, sie verfügbar zu machen. Es geht also auch um Ankauf.

Eine solche, neue Ausrichtung der Liegenschaftspolitik braucht die richtigen Instrumente, um zu funktionieren: eine neue Auftragsbestimmung für Liegenschaftsfond und BIM und eine Neuordnung des Vermögens, die sich an der Verwendung orientiert. Die öffentliche Verwaltung muss in die Lage versetzt werden, das kommunale Vorkaufsrecht als Instrument gegen Spekulation und zur Sicherung öffentlicher Interessen zu nutzen.

Und wir wollen, dass der Umgang mit dem Landesvermögen transparent ist und die Stadtgesellschaft an den Entscheidungen beteiligt wird.

Personalentwicklung im Öffentlichen Dienst vorantreiben - eine Einstellungsoffensive starten

Bis 2025 wird die Hälfte der Beschäftigten der Berliner Verwaltung allein aus Altersgründen ausscheiden. Jährlich sind also bis zu 5.000 Stellen neu zu besetzen. Das wird nicht einfach, denn der Öffentliche Dienst ist nicht allein auf der Suche nach neuem Personal, sondern im Wettbewerb mit anderen öffentlichen und privaten Arbeitgebern in Berlin und Brandenburg aber auch im Bund. Die IHK prognostiziert für den öffentlichen Dienstleistungssektor im Berliner Raum bis 2025 einen Mangel von 58.000 Fachkräften insbesondere in Sozial-, Verwaltungs- und Ingenieurberufen.

Bis heute hat es die Koalition aus SPD und CDU nicht geschafft, ein strategisches Personalentwicklungskonzept vorzulegen und damit auf diese Entwicklung und zugleich auf die sich verändernde Aufgaben der wachsenden Stadt zu reagieren. Im Gegenteil - der Senat setzt unverändert auf Personalabbau. Wir wollen einen Paradigmenwechsel. Statt starrer Zahlen bedarf es einer dynamischen Anpassung des Personals an die sich verändernden und an die zusätzlichen Aufgaben im öffentlichen Dienst.

Es braucht eine Einstellungsoffensive. Die vielen ausscheidenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Chance und Verpflichtung zugleich - für neue, sichere und qualifizierte Arbeitsplätze. Hierzu gehören neben einer Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive auch Rahmenbedingungen für den beruflichen Quereinstieg. Zudem muss Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss ein Angebot zur Übernahme unterbreitet werden. Die Berliner Verwaltung muss sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Und es braucht Strategien für die Gewinnung von Fachkräften in den Mangelberufen. Ausbildungsmarketing muss mit einer Ausweitung der Ausbildungsplätze, auch für die Integration von Flüchtlingen, verbunden werden. Wir setzen uns für einen Strategiewechsel ein: Die Personalentwicklung muss an langfristigen Zielen ausrichtet sein und nicht länger an gerade zufällig vorhandenen Finanzspielräumen. Personalpolitik muss als Chefsache dem Regierenden Bürgermeister oder der Regierenden Bürgermeisterin unter Leitung einer Personalstaatssekretärin/eines Personalstaatssekretärs zugeordnet werden.

Frauen an die Spitze

Gezielte Förderung und verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen machen es möglich: Bundesweit nimmt Berlin bei Professuren mit einem Frauenanteil von 29,4 Prozent einen Spitzenplatz ein. Auch die Quote der Frauen in Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführungen ist mit 44,6 Prozent (Stand 2014) besser als der bundesweite Durchschnitt. Das unter Rot-Rot novellierte Landesgleichstellungsgesetz bietet den gesetzlichen Rahmen für die gezielte Suche nach kompetenten Frauen für Spitzenpositionen und die juristische Handhabe gegen die noch immer allgemein übliche Bevorzugung männlicher Bewerber und deren Nominierungen für Positionen in Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung.

Qualifizierungsoffensive starten

Wir brauchen eine Qualifizierungsoffensive. Eine große Chance für die Personalgewinnung, aber auch für die Motivation des vorhandenen Personals ist ein ganzheitliches und strategisches Personalmanagement, das Alter, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gleichstellung, Partizipation, Diversity Management, mobiles Arbeiten, Wissensmanagement und Gesundheitsmanagement integriert. Hierfür brauchen wir auskömmliche Fortbildungsbudgets.

Zugleich braucht es zielorientierte Fortbildungen für Fach- und Führungskräfte in den Bereichen Serviceorientierung, Partizipation, Geschlechtergerechtigkeit, Diversity Management, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, demografiesensibles Verwaltungshandeln, Wissenstransfer, Europakompetenz.

Auch die technische Arbeitsplatzausstattung muss endlich den modernen Anforderungen gerecht werden. Das betrifft sowohl die Hardware als auch die Software. Die öffentliche Verwaltung soll auf Open Source Software umgestellt werden. Vor allem braucht es endlich die technischen Voraussetzungen, um den Service einer digitalen Verwaltung umsetzen zu können. Digitalisierungsprozesse in der Verwaltung sollen sich an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger orientieren und die Belange der Beschäftigten berücksichtigen. Barrierefreiheit und der einfache Zugang aller Beteiligten sind dafür wichtige Kriterien. Die Personalräte sollen die Umstellungsprozesse aktiv mitgestalten können.

All das ist nicht umsonst zu haben. Es braucht einen verlässlichen Fortbildungsetat und auch die schnellere Anpassung der Besoldung an den Bundesdurchschnitt muss finanziert werden. Das war ein Versprechen der rot-roten Regierung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, die einen großen Teil der Konsolidierung der Landesfinanzen durch langjährigen Gehaltsverzicht getragen haben. Dieses Versprechen ist nicht umgesetzt, obwohl die SPD noch immer Regierungsverantwortung trägt. Deshalb wollen wir die Besoldungsanpassung an den Bundesdurchschnitt doppelt so schnell erreichen, wie es gegenwärtig von der Koalition geplant ist - also bereits in sechs bis sieben Jahren.

Starke Bezirke für eine starke Stadt

Der Charme und die Chancen der Metropole bestehen in der Polyzentralität Berlins. Berlinerinnen und Berliner können das erfahren, wenn die zwölf Bezirke - jeder für sich eine eigene Großstadt - leistungsfähig und angemessen ausgestattet sind. Die Berliner Bezirke haben für die Einwohnerinnen und Einwohner die Funktion einer Kommune: Sie sind ihre Stadt, ihr Kiez, ihr Wohnort und Freizeitort, sie sind das Umfeld, dass das Leben und wesentlich die Identität als Berliner*innen ausmacht. Die Verwaltung der Bezirke ist Ansprechpartnerin für die täglichen Anliegen, die Bezirksverordnetenversammlungen und Bezirksämter bestimmen die politischen Ziele bei der Entwicklung in den zwölf Großstädten.

Die Bezirke setzen die Schwerpunkte bei der Entwicklung von Kiezen, der Gemeinwesenarbeit, bei kommunaler Kultur, der Kinder- und Jugendarbeit, bei Projekten der bezirklichen Wirtschaftsförderung, der Ausgestaltung von Bürgerzentren, im Straßen- und Grünflächenbau, bei Investitionen und baulicher Unterhaltung. Wenn politische Entscheidungen dort getroffen werden, wo sie ihre Wirkung entfalten, ist Demokratie erlebbar. In den Bezirken sind die Rahmenbedingungen für direkte Demokratie und bürgerschaftliche Mitwirkung zu schaffen. Die Nähe zum demokratischen Gremium, kleine Strukturen und vor allem selbstverwaltete Kommunen vermögen Konflikte zu entschärfen und die Identifikation der Menschen mit der Demokratie zu stärken. Dazu gehört auch die Stärkung aller Möglichkeiten und Formen der Mitwirkung und Mitbestimmung. Und dazu gehört, dass die Ergebnisse dieser demokratischen Teilhabe später nicht durch Senatsentscheidungen ausgehebelt werden dürfen.

Personalausstattung in den Bezirken

Im Zentrum bezirklicher Verantwortung steht die Qualität der Arbeit für die Einwohnerinnen und Einwohner. Voraussetzung dafür ist eine angemessene Personalausstattung. Wir wollen, dass alle Personalabbauvorgaben des Senats an die Bezirke aufgehoben werden. Stattdessen wollen wir eine dynamische Anpassung des Personals an die wachsenden Aufgaben. Um individuelle Rechtsansprüche zu erfüllen, muss ausreichend Personal da sein. Maßstab dafür sollen verbindliche Fallzahlvorgaben für die Mitarbeiter*innen in den Leistungsbereichen sein. Die Leistungen der kommunalen Daseinsvorsorge in den Musik- und Volkshochschulen oder auch in der Jugend-, Senioren- und Kulturarbeit müssen über existenzsichernde Beschäftigung erbracht werden.

Personalplanung, Personalentwicklung und Organisationsberatung sind strategische Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung. Die Erfüllung individueller Rechtsansprüche - ob in den Bürgerämtern, in den Kita-Gutscheinstellen, in den Sozialämtern und überall sonst - muss in der gesamten Stadt in angemessener Qualität gewährleistet werden. Deshalb brauchen wir ein gesamtstädtisches Personalentwicklungskonzept.

Finanzausstattung der Bezirke verbessern

Die Bezirke erhalten vom Senat alljährlich ihre Mittel zugewiesen. Doch das geltende System ist unzureichend. Denn diese sogenannten "Globalsummen für bezirkliche Aufgaben" lassen den Bezirken zu wenige Handlungsspielräume für eigene politische Entscheidungen und Schwerpunktsetzungen. Das gegenwärtige System der Budgetierung hetzt die Bezirke aufeinander, belohnt Personal- und Leistungsabbau und berücksichtigt strukturelle Unterschiede zwischen den Bezirken nur ungenügend.

Wir schlagen deshalb vor, die in der Verwaltung geltende Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) zukünftig vor allem als Controlling-Instrument zu nutzen, Boni (Zuschläge) für qualitativ definierte Standards einzusetzen, die Transferausgaben nicht mehr in die Budgetierung einzubeziehen und für die Leistungsbereiche wie beispielsweise Wohngeld, familienunterstützende Hilfen oder die Grundsicherung Mindestausstattungen mit Personal zu finanzieren.

Da diese Umgestaltung des Finanzierungssystems einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen wird, sollen jedem Bezirk zunächst politische Verstärkungsmittel in Höhe von jährlich 7,5 Millionen. Euro zur Verfügung gestellt werden, über die sie frei verfügen können, die also nicht der Normierung unterliegen.

Zudem schlagen wir vor, das Konnexitätsprinzip - d.h. den Grundsatz, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung jeweils zusammengehören - in der Landesverfassung zu verankern. Das bedeutet, dass Aufgaben, die der Senat an die Bezirke überträgt, vom Senat auch bezahlt werden müssen und nicht aus den knappen Haushalten der Bezirke.

Investition in die soziale Infrastruktur in den Bezirken

Zusätzlich zu den Investitionen für die wachsende Stadt durch den Senat - wie die Förderung des Baus von Schulen und Kitas - müssen auch Investitionen in die soziale Infrastruktur jenseits baurechtlicher Verpflichtungen erfolgen. Wir schlagen vor, dass auch die soziale Infrastruktur in den Bezirken von einem Sanierungs- und Investitionsprogramm profitiert. Der Bedarf an Senioreneinrichtungen, Kiezklubs bzw. Nachbarschaftszentren, Jugendfreizeiteinrichtungen, Kultureinrichtungen und Sportstätten usw. muss sich darin widerspiegeln. Im Rahmen des Programms soll den Bezirken auch ermöglicht werden, den vielfach vorhandenen Sanierungsstau an bezirklichen Einrichtungen und Dienstgebäuden abzuarbeiten.

Partnerschaft von Politik und Zivilgesellschaft

Die Berlinerinnen und Berliner haben gezeigt, dass sie bereit und in der Lage sind, Verantwortung für ihre Stadt zu übernehmen. Sie haben sich in großer Zahl und mit einem überwältigenden Engagement jener Menschen angenommen, die in unsere Stadt geflohen sind. Politik und Verwaltungsspitzen hingegen haben versagt. Die Berlinerinnen und Berliner haben nicht nur ausgeholfen und gespendet, sondern eigenverantwortlich Konzepte entwickelt, Hilfe organisiert, Strukturen aufgebaut, "den Laden geschmissen".

Gleichzeitig übernehmen sie Verantwortung für die Gestaltung der Stadt. Sie nutzen die Möglichkeiten der direkten Demokratie, mischen sich als Mitglieder in Bürgerinitiativen, Vereinen und Verbänden ein.

Dieses Engagement ist eine große Chance für die Stadt. Wir wollen es fördern und ernstnehmen. Wir wollen es nicht als Lückenbüßer, wenn Politik und Verwaltung versagen oder die Verantwortung für Entscheidungen scheuen.

Wir schlagen eine Partnerschaft zwischen Politik und Zivilgesellschaft vor. Voraussetzung dafür ist die Zusage der verantwortlichen Politik, alles zu tun, damit die Verwaltung ihre Aufgaben erfüllen kann und die öffentliche Infrastruktur in einen funktionierenden Zustand versetzt wird.

Wir wollen, dass der Senat folgende Zusagen an die Zivilgesellschaft macht: Zivilgesellschaftliches Engagement wird ernst genommen. Die Regierung beansprucht nicht das Monopol auf die beste Lösung oder den einzig möglichen Weg.

Wenn es um die Gestaltung der Stadt geht, sucht die Regierung die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger anstatt sie zu vermeiden. Deshalb sollen Entscheidungsprozesse transparent gestaltet werden. Die direkte Demokratie soll ausgebaut werden.

Laufende Bürgerbegehren in den Bezirken sollen nicht durch den Senat ausgehebelt werden, indem er die Kompetenz an sich zieht. Unternehmen der Daseinsvorsorge und damit öffentliche Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Stadt sollen nicht privatisiert werden. Ziel der Entwicklung der Verwaltung ist, dass sie ein Selbstverständnis als Partnerin der Zivilgesellschaft entwickelt.

Bürgerhaushalt für Berlin einführen

Ausgehend von den in den Bezirken gesammelten Erfahrungen wollen wir die Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger erweitern, über die Verwendung öffentlicher Ressourcen direkt mitzuentscheiden. Die bestehenden Bürgerhaushaltsverfahren in den Bezirken geraten immer wieder an ihre Grenzen, da vieles, was die Bürgerinnen und Bürger vorschlagen, nicht in bezirklicher Verantwortung umgesetzt werden kann. Hier macht die französische Hauptstadt Paris vor, wie Bürgerbeteiligung anders gelebt werden kann. Dort werden seit 2014 fünf Prozent des Investitionsbudgets der Stadt in die Hand der Pariserinnen und Pariser gelegt.

Die Erfahrungen damit zeigen, dass die meisten Vorschläge auf ein besseres menschliches Miteinander abzielen: weitere Einrichtungen für Radfahrer*innen, mehr Platz für Fußgänger*innen und mehr Hilfe für sozial Benachteiligte und Ausgegrenzte. Was Paris kann, muss auch in Berlin möglich sein! Deshalb schlagen wir vor, einen berlinweiten Beteiligungshaushalt zu etablieren. Diese Idee, ihre Durchführung und die Höhe dieses Haushalts wollen wir mit den Berlinerinnen und Berlinern diskutieren und gemeinsam entwickeln.

 

Kapitel 2

Sozial-ökologischer Umbau: Wirtschaft, gute Arbeit, Energie, Umwelt und Verkehr

Seit 2005 wächst die Berliner Wirtschaft überdurchschnittlich. Die Erwerbslosigkeit ist seitdem deutlich gesunken. Die Grundlage für die Entwicklung wurde in der Regierungszeit der rot-roten Koalition gelegt: Damals wurde die Wirtschaftspolitik mit einer klaren Strategie neu ausgerichtet. Netzwerke von Unternehmen und Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen (sog. Cluster) in den Wirtschaftsfeldern der Zukunft wurden gebildet, die Instrumente der Wirtschaftsförderung darauf ausgerichtet und es wurde eine industriepolitische Strategie entwickelt. In den fünf Jahren rot-schwarzer Koalition gab es in der Wirtschaftspolitik keine Weiterentwicklung, stattdessen Rückschritte. Auch hier wurde Berlin weit unter seinen Möglichkeiten regiert. Aber: Auch Berlins Wirtschaft bleibt noch weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Die vergangenen fünf Jahre waren verlorene Jahre für die Wirtschaftspolitik.

Berlin kann mehr. Unsere Stadt steht wie alle großstädtischen Ballungsräume für große gesellschaftliche Herausforderungen: das städtische Energiesystem muss grundlegend umgebaut werden, wollen wir die Ziele der Energiewende und des Klimaschutzes erreichen. Die Bewältigung der innerstädtischen Verkehrsprobleme verlangen nach einer grundlegen Verkehrswende - weg vom Auto hin zum Umweltverbund aus Öffentlichem Personennahverkehr, Fahrrad- und Fußgängerverkehr. Die Digitalisierung erfasst zunehmend alle Lebensbereiche und verändert Produktionsweisen und Dienstleistungen grundlegend. In diesen Herausforderungen liegen auch große Chancen für wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung. Berlin hat gemeinsam mit Brandenburg große Kompetenzen in der Energietechnik, der Verkehrstechnik und der Informations- und Kommunikationstechnik. Wir wollen diese Chancen nutzen. Berlin soll sich zu einer europäischen Metropole entwickeln, die eine Vorreiterrolle bei der Lösung der Probleme großstädtischer Ballungsräume spielt. Berlin soll bis spätestens 2050 klimaneutral sein und in der Zukunft ein Verkehrssystem haben, in dem man ohne Auto mobil sein kann. Wir wollen für diesen Umbau der städtischen Infrastruktur die Kompetenzen der Unternehmen und der vielfältigen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in Berlin und Brandenburg nutzen.

Wirtschaftliche Chancen nutzen

Berlins wirtschaftliche Chancen liegen vor allem in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologien, Medien und Kreativwirtschaft, Gesundheitswirtschaft, Verkehr, Mobilität und Logistik, sowie Energietechnik und Optik. Die unter rot-rot entwickelte Clusterstrategie gilt es weiterzuentwickeln und die in den letzten Jahren vernachlässigte Kooperation mit Brandenburg im Rahmen der gemeinsamen Innovationsstrategie InnoBB wieder zu vertiefen. Wir werden eine Evaluierung der bisherigen Clusterstrategie vornehmen und insbesondere die Kooperationen und den Austausch über die Clustergrenzen hinweg entwickeln: So z.B. stellt die Informations- und Kommunikationstechnologie im Rahmen der Digitalisierung eine zentrale Schlüsseltechnologie in allen Bereichen dar. Im Zentrum unserer Bemühungen steht ein weiterer Zuwachs an Arbeitsplätzen mit guten Löhnen und Arbeitsbedingungen.

Industriepolitik neu beleben

Wir wollen einen neuen Anlauf in der Industriepolitik. Industrie und die mit ihr verbundenen produktionsnahen Dienstleistungen setzen wichtige Entwicklungsimpulse für alle Wirtschaftsbereiche. Der Steuerungskreis Industriepolitik beim Regierenden Bürgermeister muss reaktiviert werden. Damit die gemeinsam zwischen Unternehmen, Gewerkschaften, Wissenschaft und Politik verabredeten Ziele des "Masterplans Industrie" nicht auf dem Papier stehen bleiben, müssen für die Umsetzung des Masterplans Finanzen und Personal bereitgestellt werden. Nur so kann Verbindlichkeit, Umsetzung und Ergebniskontrolle gewährleistet werden und ist Erfolg oder Misserfolg nicht vom freiwilligen Engagement einzelner abhängig.

Digitalisierte Wirtschaft

Mit der Digitalisierung und der damit verbundenen Individualisierung der Produktion bieten sich neue Perspektiven für die überwiegend aus klein- und mittelständischen Unternehmen bestehende Berliner Wirtschafts- und Industriestruktur. Wir wollen deshalb die Kooperation der Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Start-up-Szene mit den Industrieunternehmen und insbesondere den Klein-und mittelständischen Unternehmen (KMU) befördern. Mit dem Aufbau eines Kompetenz- und Anwendungszentrum Industrie 4.0 wollen wir Unterstützung für KMU in der Digitalisierung leisten.

Der gegenwärtige Senat hat für die technische Erneuerung und Weiterentwicklung der Stadt keinen Fahrplan. Eine tragfähige IT-Strategie für die öffentliche Verwaltung und die kommunalen Unternehmen fehlt bis heute. Das IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) des Landes wollen wir stärken und so zu einem leistungsfähigen Anbieter im öffentlichen Bereich ausbauen.

Gründungen fördern

Berlins Wirtschaft ist nach wie vor durch ein reges Gründungsgeschehen gekennzeichnet. Insbesondere die innovativen Gründungen sind für die Berliner Wirtschaft von großer Bedeutung. Sie müssen durch die Institutionen der Wirtschaftsförderung bei der Finanzierung und durch Gründungszentren und die Bereitstellung preiswerter Räumlichkeiten bei der Netzwerkbildung unterstützt werden.

Berlin hat in den letzten Jahren einen Boom der Start-up-Branche und der Internetwirtschaft erlebt. Um diese Unternehmen in Berlin zu halten, gilt es ausreichend Räume für die Bedürfnisse dieser Branche zur Verfügung zu stellen und enge Netzwerkbeziehungen zwischen Soft- und Hardwarebranche und Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen zu entwickeln.

Bei der Förderung von Existenzgründungen sind die Interessen, Fähigkeiten und Ideen von Frauen zu berücksichtigen. Netzwerke, die sich daran orientieren, wollen wir fördern und Frauen den Zugang zu diesen Netzwerken erleichtern.

Wirtschaftsförderung gezielt einsetzen

Der Einsatz der Wirtschaftsfördermittel muss auf die zentralen wirtschaftspolitischen Ziele ausgerichtet sein: die Entwicklung der Cluster und die Umsetzung des Masterplans Industrie, die Unterstützung der Digitalisierung der Wirtschaft und die Kooperation von KMUs und Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Wir wollen gleichzeitig die unter Rot-Rot begonnene Politik fortsetzen, die Vergabe von Fördermitteln an soziale Kriterien zu binden: an eine existenzsichernde und faire Bezahlung, die Begrenzung von Leiharbeit, an Maßnahmen der Frauenförderung und Ausbildung.

Industrie- und Forschungsstandorte

Die 17 großen Gewerbestandorte Berlins müssen gestärkt, Bestandspflege und Neuansiedlungen müssen gleichermaßen vorangebracht und die Kooperation der Unternehmen soll entwickelt werden.

Wir halten an dem in der rot-roten Regierungszeit entwickelten Ziel fest, auf dem Gelände des Flughafens Tegel einen modernen Industrie- und Forschungsstandort für den Einsatz urbaner Technologien zu entwickeln. Neuere Überlegungen zu einer stärken Nutzung des Areals dürfen nicht die dort geplante Entwicklung als wirtschaftlicher Zukunftsort behindern. Die Gebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof wollen wir zu einem Standort für die Kreativ- und Kulturwirtschaft entwickeln.

Möglichkeiten öffentlicher Auftragsvergabe nutzen

Die öffentliche Hand in Berlin vergibt jährlich Aufträge in einem Volumen von 4-5 Milliarden Euro. Wir wollen das Berliner Vergabegesetz erweitern. Die Vergabe von Aufträgen soll an die Einhaltung von Privacy by Design und Privacy by Default geknüpft werden. Mit dem Berliner Vergabegesetz unter Rot-Rot haben wir die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Zahlung eines Mindestentgelts, ökologische Kriterien und Maßnahmen der Frauenförderung gebunden. Die Kontrolle dieser Kriterien ist jedoch unzureichend. Wir schlagen vor, die Vielzahl der Vergabestellen pro Verwaltung auf eine Vergabestelle zu konzentrieren, zu qualifizieren und personell so auszustatten, dass sie ihrer gesetzlichen Kontrollaufgabe auch nachkommen, zum Beispiel Stichprobenkontrollen durchführen kann.

Keine Privatisierung öffentlicher Unternehmen

Die öffentlichen Unternehmen Berlins sind ein wichtiger Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor. Hier finden ca. 50.000 Menschen Arbeit und werden grundlegende Aufgaben der Daseinsvorsorge erbracht. Berlins öffentliche Unternehmen sind unter Rot-Rot wieder auf eine solide wirtschaftliche Basis gestellt worden. Wir haben gezeigt, dass auch Unternehmen in der öffentlichen Hand wirtschaftlich erfolgreich sein und gute Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbringen können. Deshalb lehnen wir Privatisierungen von Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge ab. Wir wollen nach dem Vorbild Bremens eine "Privatisierungsbremse" in die Berliner Verfassung aufnehmen, nach der öffentliche Unternehmen ganz oder teilweise nur dann veräußert werden dürfen, wenn dem eine Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner in einem Volksentscheid zustimmt. Wir wollen eine Stärkung des Öffentlichen. Deshalb treten wir unter anderem für eine Rekommunalisierung der Energienetze und den Aufbau eines Stadtwerkes als öffentlicher Energieversorger- und dienstleister ein. Wir wollen auch gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Modelle erweiterter demokratischer Kontrolle und Transparenz der öffentlichen Unternehmen suchen. Die Stadt Paris hat gezeigt, dass nach der Rekommunalisierung der dortigen Wasserbetriebe mehr Demokratie und Bürgermitbestimmung möglich ist.

Kleinstunternehmen und Soloselbstständige unterstützen

In Berlin tragen 228.000 Selbstständige zum wirtschaftlichen Erfolg bei. Viele davon, insbesondere Soloselbstständige erzielen dabei ein Einkommen, das deutlich unter dem durchschnittlichen Einkommensniveau Berlins liegt. Beratungs- und Förderangebote für diese Unternehmen müssen gezielter unterbreitet, der bürokratische Aufwand dafür soll deutlich reduziert werden. Wir wollen, dass in der Berliner Wirtschaftsförderung Themen wie Genossenschaftsgründungen, Unternehmensformen solidarischer Wirtschaft und Sicherung von Unternehmensnachfolgen im KMU-Bereich verstärkt Beachtung finden.

Stärkung kleiner Unternehmen

Von den rund 175.000 Betrieben Berlins haben 160.000 weniger als zehn Beschäftigte. Damit bilden sie das Rückgrat der Berliner Wirtschaft. Sie sind häufig in traditionellen Branchen tätig, haben keine eigenen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten. Für sie stellen die veränderten Marktbedingungen der Digitalisierung eine besondere Herausforderung dar. Wir wollen daher die Einrichtung eines Innvovationsnetzwerks für die Bedürfnisse kleiner Unternehmen im Kontext der Digitalsierung prüfen.

Überregionales Wirtschaften

Berlin muss seine Rolle im Netzwerk der europäischen Hauptstädte und in der Oder-Partnerschaft wieder stärker wahrnehmen, um die Vorteile einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit für die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik und die Entwicklung der sozialen und kulturellen Beziehungen zu nutzen. Auch diese Chancen einer grenzüberschreitenden Kooperation sind von der rot-schwarzen Koalition nur unzureichend bis gar nicht genutzt worden.

Tourismus als Wirtschaftsfaktor

Berlins Attraktivität für in- und ausländische Besucher*innen ist ungebrochen. Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt. Die Tourismusbranche bietet vielen Menschen Arbeitsplätze - allerdings oft in schlecht bezahlten und prekären Beschäftigungsverhältnissen. Der Tourismusboom ist aber auch mit Begleiterscheinungen verbunden, die die Stadt und ihre Bewohner*innen vor allem in den Innenstadtbezirken stark belasten: Bierbikes und Reisebusse auf den Straßen, Rollkoffer- und Partylärm in den Kiezen. Wir wollen gemeinsam mit den Bezirken, betroffenen Anwohner*innen und der Tourismuswirtschaft ein stadtverträgliches Tourismuskonzept entwickeln. Dazu gehört auch, die Verdrängung von Geschäften und Gewerbe in gewachsenen Kiezen durch Geschäfte zu verhindern, die nicht auf die Versorgung der ansässigen Bevölkerung, sondern touristisch ausgerichtet sind.

Großveranstaltungen nachhaltig und zugänglich

In einer Stadt, in der viele Menschen leben, muss es auch die Möglichkeit geben, dass viele Menschen zusammen Konzerte und Feste feiern oder Sport treiben. Großveranstaltungen dürfen aber nicht nur einen kurzfristigen oder alleine kommerziellen Nutzen haben. DIE LINKE spricht sich deshalb dafür aus, dass Großveranstaltungen nachhaltig angelegt sind und städtische Anlagen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese Veranstaltungen auf öffentlichem Grund müssen zudem für alle erschwinglich und barrierefrei zugänglich sein. Die Kosten kommerzieller Veranstaltungen für die öffentliche Hand müssen in Relation mit dem Nutzen für die Allgemeinheit stehen. Hierzu gehört auch, dass Stätten mit besonderer historischen Bedeutung geachtet werden. Die Teilprivatisierung öffentlicher Räume und der Ausverkauf der Stadt erfolgen auch mittels kommerzieller Großveranstaltungen und damit erzielten Gewinnen, an denen die lokale Wirtschaft nicht teilhat. Eine soziale und nachhaltige Stadtpolitik muss diese aktuellen Probleme in den Blick nehmen."

Gute Arbeit von der man leben kann

DIE LINKE steht für "Gute Arbeit" für alle. Von "Guter Arbeit" muss man leben können, sie darf nicht krank, sondern soll zufrieden machen und muss Rahmenbedingungen schaffen, die individuelle Lebenssituationen und -phasen berücksichtigt. "Gute Arbeit" heißt für uns neben Lohnarbeit auch, dass mehr Platz bleibt für Familie, Beziehung, Freundschaften, Kunst, Kultur, Sport, gesellschaftliches Engagement und vieles andere mehr.

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Arbeit nicht nur gerecht entlohnt wird, sondern auch gute Arbeitsbedingungen festgeschrieben werden. Ausbildung und Fortbildungsmaßnahmen sollen allen Berlinerinnen und Berlinern, die das möchten, Erwerbsarbeit ermöglichen. Wir kämpfen gegen unsichere und prekäre Beschäftigung und dafür, dass die Diskriminierung in der Erwerbsarbeit abgebaut wird. Existenzsichernde Arbeitsplätze abzusichern und zu schaffen ist für dabei ebenso eine zentrale Aufgabe, wie Erwerbslosigkeit abzubauen.

Gute Arbeit statt prekärer Beschäftigung

Berlin ist nach wie vor die Hauptstadt prekärer Beschäftigung. Das müssen wir ändern, indem wir prekäre Arbeitsverhältnisse eindämmen, die mit schlechter Entlohnung und wenig beruflichen Perspektiven einhergehen. Viele Menschen in solchen Arbeitsverhältnissen müssen ihren Verdienst mit staatlichen Leistungen aufstocken. Das gilt in Berlin vor allem für nicht existenzsichernde Teilzeitarbeitsplätze und Minijobs besonders im Dienstleistungsbereich, von denen viele Frauen betroffen sind. Auch Leih- und Zeitarbeit ist in den letzten Jahren enorm angestiegen, ebenso wie die Zahl der Werkverträge. Damit werden Tätigkeiten an prekär beschäftigte Vertragsnehmerinnen und -nehmer ausgelagert, die eigentlich durch reguläre Beschäftigung zu erledigen wären. Um diesen Missbrauch einzudämmen, muss die Bundesregierung endlich entsprechenden Regelungen schaffen und Leiharbeit verbieten. Bis das realisiert ist, wollen wir in Berlin die vorhandenen Spielräume nutzen. Wir wollen die Regelungen in der Berliner Wirtschaftsförderung so ausweiten, dass Leiharbeit auf die Bewältigung vorübergehender Auftragsspitzen begrenzt wird und die Nutzung von Werkverträgen zur Umgehung von Tarifverträgen zum Ausschluss von der Wirtschaftsförderung führt.

Wir wollen zudem entschlossen gegen sittenwidrige Entlohnung vorgehen. Andere Bundesländer haben gezeigt, dass hier eine gemeinsame Strategie mit der Bundesagentur für Arbeit erfolgreich sein kann. Dort haben die Jobcenter häufig die infolge der sittenwidrigen Entlohnung an Aufstocker*innen gezahlten Leistungen von den Arbeitgeber*innen zurück verlangt. Das muss auch in Berlin geschehen. Der Kampf gegen Lohndumping wird nur dann erfolgreich sein, wenn die Betroffenen bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützt werden. Deshalb brauchen wir Erstberatungsstellen, die allen Menschen kostenfrei zugänglich sind.

Mindestlohn durchsetzen

Wir haben über 15 Jahre für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gestritten. Der Anfang 2015 eingeführte Mindestlohn ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er zu niedrig ist, um Rentenansprüche zu sichern, die ein Leben ohne Armut ermöglichen. Wir wollen den Mindestlohn schnell auf zehn und bis 2017 auf 12,50 Euro erhöhen. Ausnahmeregelungen etwa für Langzeiterwerbslose, Jugendliche oder geflüchtete Menschen lehnen wir ab. Wichtig ist jetzt, dass die Zahlung des Mindestlohns auch ausreichend kontrolliert wird. Dazu wollen wir die Kontrollstellen personell verstärken.

Tarifbindung stärken

Wir setzen uns dafür ein, dass möglichst viele Unternehmen und Beschäftigte durch Tarifverträge gebunden sind. Diese sind alleine von den Gewerkschaften und der Arbeitgeberseite auszuhandeln. Doch dort, wo wir Einfluss nehmen können, wollen wir die vorhandenen Spielräume nutzen und die Tarifbindung erhöhen.

Im öffentlichen Bereich und der sozialen Arbeit müssen tarifliche Strukturen aus- und prekäre Arbeitsverhältnisse abgebaut werden. Viele landeseigene Betriebe haben Arbeiten und Geschäftsbereiche in private Unternehmen ausgelagert. Dies hat häufig zu Lohndumping und einer Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse geführt. Alleine Vivantes hat 15 ausgelagerte Tochterfirmen, davon sind 14 tariffrei. Wir unterstützen die Forderung der Gewerkschaft Ver.di: Der Flächentarifvertrag TvöD muss für alle Beschäftigten bei Vivantes gelten - ausnahmslos. Gleiches gilt für die Charité CFM Facility Managment GmbH. Auch die Volkshochschulen und Musikschulen, der Botanische Garten oder das Technikmuseum arbeiten immer mehr mit externen Honorarkräften oder Firmen, um Löhne und Sozialbeiträge zu drücken. Das wollen wir ändern.

Arbeitsbedingungen und Entlohnung vor allem im sozialen Bereich sind sehr unterschiedlich. Die Schere zwischen privatem Sektor und öffentlichem Dienst wird immer größer. Die soziale Infrastruktur ist für die Gesellschaft und unsere Stadt unverzichtbar. Wir wollen, dass sie von qualifizierten Beschäftigten in "Guter Arbeit" erbracht werden. Die Bewilligung von staatlichen Zuwendungen wollen wir schrittweise an die tarifliche Entlohnung koppeln. Deshalb schlagen wir zur Stärkung der Tarifbindung im Zuwendungsbereich ein Landes-Tarifbindungsgesetz vor. Damit einhergehen müssen höhere Zuwendungen an die Träger sozialer Arbeit.

Gute Arbeit in einer digitalisierten Gesellschaft

Die Digitalisierung verändert die Gesellschaft, die Arbeitswelt und die Produktionsweise. Das Internet bietet neue Möglichkeiten für unkonventionelle Arbeitsverhältnisse, teilweise verschwimmen die Grenzen zwischen Konsument*innen und Produzent*innen. Wir wollen, dass Berlin diese bereits weit verbreiteten Formen digitaler Arbeit stärker in die öffentliche Wahrnehmung rückt. Insbesondere dort, wo etwa durch Click- oder Crowd-Working, auskömmliche Löhne oder sichere Arbeitsverhältnisse bedroht sind oder gänzlich fehlen, wollen wir gemeinsam mit den in diesen Bereichen Tätigen, mit den Gewerkschaften sowie Branchen- und Interessenverbänden in den Dialog treten. Wir werden die Idee eines Mindesthonorars weiter debattieren. Auch neue Formen der Erwerbsarbeit sollten den Kriterien guter Arbeit entsprechen. Start-ups boomen, Coud-computing erlaubt die Zerlegung und Auslagerung ganzer Produktionsabläufe aus den herkömmlichen Betriebsstätten. Soloselbständige IT-Worker*innen übernehmen Aufgaben, die ehemals reguläre Beschäftigte innehatten.

Wir setzen uns vor allem für eine gute Entlohnung in der IT-Branche ein. Auch hier müssen im Rahmen der Wirtschaftsförderung Werkverträge und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zurückgedrängt werden. Darüber hinaus wollen wir eine Initiative für mehr Zeitsouveränität starten. Die Grenze zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben darf nicht weiter verschwimmen. In einem Modellprojekt soll dies zuerst für den Öffentlichen Dienst erprobt werden. Gleichzeitig wollen wir Möglichkeiten schaffen, dass neuere Modelle wie Co-Working-Spaces, unterstützt werden.

Gute Arbeit in einem bürgerfreundlichen öffentlichen Dienst

Wir setzten uns ein für eine bürgerfreundliche Verwaltung, deren Aufgaben sich daraus ableiten, was die Stadt und die Bürgerinnen und Bürger brauchen. Notwendig dafür sind ausreichendes und gut qualifiziertes Personal sowie gute Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.

Wir fordern mehr Personal und eine entsprechende Personalentwicklungsplanung. Der öffentliche Dienst und die landeseigenen Betriebe müssen eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung guter Arbeitsbedingungen einnehmen. Wir haben ein Personalkonzept für den öffentlichen Dienst vorgelegt, das dies berücksichtigt und wollen in der öffentlichen Verwaltung eine Qualifizierungsoffensive auch für Langzeiterwerbslose. Für letztere müssen die landeseigenen Unternehmen sowie der öffentliche Dienst - ob in Verwaltung, Kitas, Schulen oder Krankenhäusern - im Rahmen einer Qualifizierungsoffensive neue Perspektiven öffnen.

Beschäftigung schaffen, Ausbildung, Weiterbildung, Qualifizierung verbessern

Wir setzen auf die Sicherung von Ausbildung, Bildung und Qualifizierung für alle, um Beschäftigung zu sichern. Alle Jugendlichen, die dies wollen, sollen eine Ausbildung absolvieren können. Obwohl viele Unternehmen über einen Fachkräftemangel klagen, nehmen sie ihre Verantwortung für die Sicherung einer betrieblichen Ausbildung nicht wahr. Wer nicht ausbildet soll zahlen. Deshalb wollen wir eine Ausbildungsabgabe für Berlin einführen und streben dazu mit dem Land Brandenburg eine Vereinbarung für ein gemeinsames Vorgehen an.

Wir wollen die Verbundausbildung stärken. Wenn mehrere Betriebe sich an der Ausbildung beteiligen und dabei unterstützt werden, trägt dies nicht nur zu mehr Ausbildungsplätzen und einer Verbesserung der Ausbildungsqualität bei, sondern erleichtert vor allem kleinen und mittleren Betrieben die berufliche Ausbildung.

Wir wollen ausbildungsbegleitende Hilfen ausbauen und das neue Modell der assistierten Ausbildung nutzen, damit alle Jugendlichen, die besondere Unterstützung während der Ausbildung benötigen, diese auch erhalten. Die Fo?rderung und die Teilnahme an ausbildungsbegleitenden Hilfen oder der assistierten Ausbildung müssen auch für Flüchtlinge mo?glich sein.

Aus- und Weiterbildung neu aufstellen

In Berlin wurde mit der Einrichtung von Jugendberufsagenturen begonnen. Hier soll Beratung und Betreuung unter einem Dach angeboten werden. Allerdings fehlt es in den Bezirken an ausreichend finanziellen und personellen Ressourcen. Die aber sind die Voraussetzung für einen Erfolg. Auch die Berücksichtigung der Interessen der Jugendlichen bei der Wahl des Ausbildungsberufes und der Qualifikation ist nötig, sowie stärkere zielgruppenspezifische Förderung. Dazu gehören z.B. verbindliche Regelungen für die berufliche Förderung von Mädchen und jungen Frauen, jungen Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehenden oder jungen Menschen mit Behinderung. Wir wollen gemeinsam mit den bezirklichen Akteuren das Konzept der Jugendberufsagenturen verändern und mit ausreichenden Ressourcen ausstatten. Der rasante Wandel der Arbeitswelt fordert, sich ständig zu qualifizieren. Wir setzen uns daher für ein umfassendes Konzept für berufliche Aus- und Weiterbildung ein. Dabei muss der Schwerpunkt auf passgenaue Qualifizierungsangebote gelegt werden, die den jeweiligen individuellen Bedarf, aber auch vorhandene Stärken ermitteln und darauf aufbauen. Alle Beratungsangebote müssen schrittweise barrierefrei gestaltet und interkulturell geöffnet werden.

Diskriminierung abbauen - Vielfalt in der Arbeitswelt gestalten

Wir wollen Diskriminierungen in der Erwerbsarbeit weiter abbauen. Unterschiedlichen Lebensentwürfen und -situationen muss dabei ebenso Rechnung getragen werden, wie der Vielfalt der Kulturen. Die öffentlichen Verwaltungen und die landeseigenen Betrieben müssen hier eine Vorreiterrolle übernehmen.

Frauen sind mehr wert! Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit

Nach wie vor verdienen Frauen nicht nur weniger als ihre männlichen Kollegen, sie haben auch schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb wollen wir eine Offensive für existenzsichernde Arbeitsplätze und gleiche Aufstiegschancen für Frauen starten. Gleichzeitig wollen wir besondere Unterstützungsmaßnahmen für Menschen mit Kindern und pflegebedürftigen und/oder behinderten Familienangehörigen ausbauen - wie z.B. flexible Kinderbetreuung oder die Ausweitung der Pflegeangebote. Um den Abbau von Diskriminierung in Wirtschaftsunternehmen voranzutreiben, wollen wir die Zahl dauerhaft angelegter Arbeitsplätze für Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Menschen mit Behinderung ausweiten.

Wo es die Möglichkeiten des Landes zulassen, soll das anonymisierte Bewerbungsverfahren genutzt werden.

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit darf sich nicht nur an betrieblichen Erfordernissen orientieren. Über ein effektives Controlling ist zu sichern, dass die frauenpolitischen Vorgaben des Landesgleichstellungs- und des Vergabegesetzes auch in der Privatwirtschaft Wirkung entfalten. Für uns ist die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit und die Anerkennung und Aufwertung von sogenannten Frauenberufen besonders wichtig. Das gilt insbesondere für Gesundheits-, Sozial- und Erziehungsberufe.

Wir wollen junge Frauen und Mädchen durch gezielte Fördermaßnahmen für MINT-Berufe interessieren. Neben dem Girls Day wollen wir weitere Angebote entwickeln, um bei Mädchen das Interesse an noch immer von Männern dominierten Berufen zu wecken. Dazu schlagen wir auch speziell an Mädchen gerichtete Förderungen im Bereich der digitalen Welt vor, zum Beispiel besondere Programmierkurse und -wettbewerbe.

Wir setzen uns dafür ein, dass das Programm zur Förderung von Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre fortgesetzt wird.

Ausbildung und Beschäftigung enthindern!

DIE Linke will den Weg hin zu einem inklusiven Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vorantreiben. Dafür wollen wir ein Landesprogramm zur Schaffung und Sicherung von Ausbildungsplätzen und sozialversicherungspflichtigen und existenzsichernden Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen auflegen. Mit einem Modellprojekt "Budget für Arbeit" wollen wir den Wechsel von der Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte auf einen Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt fördern.

Geflüchtete und MigrantInnen willkommen!

Berlin ist eine internationale Metropole, aber nach wie vor haben Menschen mit Einwanderungsgeschichte einen schlechteren Zugang zur Erwerbsarbeit. Viele Unions-Bürgerinnen und -Bürger, davon etliche aus den krisengebeutelten EU-Mitgliedsstaaten, die ihr Grundrecht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit wahrnehmen, erfahren dies als Diskriminierung und sind von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen bedroht. Dies gilt auch für die geflüchteten Menschen, die hier Aufnahme suchen. Deshalb wollen wir den Ausbau und die Vernetzung der existierenden Anlauf- und Beratungsstellen vorantreiben. Für geflüchtetete Menschen ist der schnelle Zugang zum Arbeitsmarkt zentral. Nur so können sie sich ein eigenständiges Leben und eine Perspektive aufbauen. Wir wollen uns weiterhin für einen Anspruch auf die Teilnahme an kostenlosen Deutschkursen einsetzen. Auch wollen wir, dass die im Ausland erworbenen Abschlüsse und Kompetenzen schnell festgestellt werden, damit der Berufsanerkennungsprozess zügig abgeschlossen werden kann bzw. Qualifizierungsmaßnahmen eingeleitet werden können. DIE LINKE hat ein flüchtlingspolitisches Konzept vorgelegt, das Vorschläge für ein abgestimmtes Handeln aller Akteur*innen aufzeigt. Es sind klare Regelungen für die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Verwaltungen notwendig und es ist nicht hinnehmbar, dass Ratsuchende an der fehlenden interkulturellen Kompetenz und mangelnder Zusammenarbeit von Verwaltungen scheitern.

Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt am Arbeitsplatz

Ein schwules, lesbisches oder gar transsexuelles Coming-Out am Arbeitsplatz stellt noch immer vielerorts ein Karrierehemmnis dar. In den Führungsetagen von Unternehmen, Verwaltungen und Verbänden ist ein offenes Bekenntnis zur eigenen Homo- bzw. Transsexualität ein Tabu. Lesben, Schwule und Transgender müssen oft mit Mobbing durch Kolleg*innen rechnen. Wir werden in einer neuen Initiative für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (ISV) das Thema "Coming-Out am Arbeitsplatz" offensiv aufgreifen. Mit Kampagnen, einem Runden Tisch und Handreichungen gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz auf Grundlage des AGG wollen wir Auseinandersetzung fördern und Kolleginnen und Kollegen ermutigen, sich gegen Diskriminierung zu wehren.

Beschäftigungsprogramm auflegen - Erwerbslosigkeit abbauen - neue Berufsperspektiven eröffnen

Auch wenn die Erwerbslosigkeit in Berlin zurückgeht, gibt es noch immer viele Menschen, die langzeiterwerbslos sind. Die Bundesregierung hat die Arbeitsförderung immer weiter heruntergefahren. Im Ergebnis reichen die Angebote für Arbeitsmarktmaßnahmen nicht mehr aus, die Chancen auf sinnvolle Qualifizierungen und existenzsichernde Arbeit werden immer geringer. Dagegen setzen wir eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsoffensive für Langzeiterwerbslose, um für sie Perspektiven im öffentlichen Dienst zu schaffen.

Im Rahmen der Investitionsoffensive wollen wir öffentlichen Ausschreibungen mit der Verpflichtung verbinden auch Langzeiterwerbslose und Geflüchtete unbefristet einzustellen. Die Unternehmen würden dann für ein Jahr einen Einarbeitungs- und Qualifizierungszuschuss erhalten.

Noch immer ist die Bundesregierung nicht bereit, Arbeit statt Erwerbslosigkeit zu finanzieren und setzt stattdessen auf kurzfristige Beschäftigungsmaßnahmen. Wir werden uns weiterhin für eine Wende in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik einsetzen, hin zu langfristig öffentlich geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsmaßnahmen zu tariflichen Bedingungen und auf freiwilliger Basis. In Berlin wollen wir ein Landesprogramm "Gemeinwohlarbeit" umsetzen. Hier sollen Arbeitsplätze geschaffen werden, die der Stärkung des sozialen Zusammenhalts dienen. Diese Arbeitsplätze müssen tariflich entlohnt werden. Sofern keine tarifliche Bindung besteht, soll sich die Bezahlung an vergleichbaren Tarifen in der Branche orientieren, der Mindestlohn darf nicht unterschritten werden. Für Langzeiterwerbslose können damit neue berufliche Perspektiven eröffnet werden. Auch Qualifizierungen sind notwendig, damit die Durchlässigkeit zum ersten Arbeitsmarkt gegeben ist.

Jobcenter verändern

Die Hartz-IV-Gesetze waren und sind zutiefst ungerecht, sie haben die soziale Schieflage zementiert. Prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse gehören zur Lebensrealität vieler Menschen in unsere Stadt. Wir wollen diese soziale Ungleichheit auch künftig bekämpfen. Auf der Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass das Hartz-IV-System durch eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt wird.

Hier in Berlin arbeiten wir dafür, dass Spielräume genutzt und der landespolitische Einfluss auf die Jobcenter in Berlin gestärkt werden, um die Folgen von Hartz IV zu mildern und soziale Missstände effektiv zu bekämpfen.

Viele Berlinerinnen und Berliner erleben die Jobcenter als Bedrohung und nicht als eine Institution, die sie berät und unterstützt. Es fehlt an Personal, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter sind überlastet. Sie müssen in erster Linie Vorgaben der Bundesagentur erfüllen, die individuelle Beratung der Erwerbslosen bleibt auf der Strecke. Auch sind die Berliner Jobcenter noch immer nicht auf die Vielfalt der Stadtgesellschaft vorbereitet - es gibt nicht genug Sprachmittler und es gibt zu wenige Angebote für die unterschiedlichen Gruppen von Erwerbslosen. Hinzu kommt, dass die kommunalen Leistungen, wie Schuldner- und Suchtberatung oder Kinderbetreuung, nicht ausreichend angeboten und finanziert werden. Diese Leistungen sind aber oft eine Voraussetzung, um eine Erwerbsarbeit aufnehmen zu können. Wir wollen einen Richtungswechsel bei der Steuerung der Jobcenter und setzen uns dafür ein, dass die Spielräume und der Einfluss auf Landesebene gestärkt und genutzt werden. Die Nöte und Bedürfnisse der Erwerbslosen müssen Orientierungspunkt für die Arbeit in den Jobcentern sein. Das trägt auch dazu bei, die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu verbessern.

Zwangsumzüge vermeiden

Dazu gehört auch, dass die Hartz-IV-Beziehenden endlich realistische Mietkostenerstattungen bekommen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Regelungen für die Kosten der Unterkunft - die AV Wohnen - so ausgestaltet werden, dass sie dazu beitragen, Zwangsumzüge zu vermeiden. Die geltenden Richtwerte reichen oft nicht, um die Miete zu zahlen, und eine Neuanmietung von Wohnraum ist mit den festgelegten Mietobergrenzen kaum möglich. Wir wollen, dass auch Menschen mit Transfereinkommen in ihrem Wohnumfeld bleiben können und nicht durch Mietsteigerungen aus ihren Kiezen vertrieben werden.

Energieversorgung und Klimaschutz - sozial und ökologisch

Um den Klimawandel und dessen Auswirkungen zu begrenzen ist auch in Berlin eine deutliche Reduktion des Ausstoßes von Klimagasen erforderlich. Eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um 80 Prozent bis 2050 gegenüber 2012 ist notwendig und möglich, wie die Machbarkeitsstudie "Klimaneutrales Berlin 2050" gezeigt hat. Die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen kann jedoch nicht den großen Konzernen überlassen werden. Die Energieversorgung ist wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. In der Hand großer Konzerne orientiert sich deren Ausgestaltung vor allem an Profitinteressen und weniger am Interesse der Berlinerinnen und Berliner. Wir wollen eine Energieversorgung auf sozialer, demokratischer, öffentlicher und erneuerbarer Grundlage, gestaltenden öffentlichen Einfluss auf die Energieinfrastruktur, um Berlin fit für die Energiewende zu machen und treten gegen die Abwälzung der Kosten auf Mieter, Verbraucher und arme Haushalte ein. Wenn es nicht gelingt, die Energiewende sozial gerecht zu gestalten und mit einem sozial-ökologischen Umbau zu verbinden, wird sie scheitern.

Für ein starkes ökologisches Bürgerstadtwerk

600.000 Berlinerinnen und Berliner stimmten im November 2013 für die Rekommunalisierung der Stromnetze und die Gründung eines starken Stadtwerks. Nur knapp scheiterte das Volksbegehren an der zu geringen Beteiligung, nachdem die SPD/CDU Koalition dessen Zusammenlegung mit den Bundestagswahlen verhindert hat. Das von der SPD-CDU-Koalition gegründete Stadtwerk ist aufgrund der durch die Koalition auferlegten Beschränkungen zu einem Nischendasein verdammt. Wir wollen den Aufbau eines starken Stadtwerks, das einen relevanten Beitrag für die Energiewende und den Klimaschutz leistet. Jede Berlinerin und jeder Berliner soll Kunde des Stadtwerks werden können. Das Stadtwerk soll seine eigenen Erzeugungskapazitäten dezentral und ökologisch ausbauen, Energiespardienstleistungen anbieten, helfen Energiearmut zu verhindern, die energetische Modernisierung vor allem des öffentlichen Gebäudebestandes unterstützen und eine Plattform für Bürgerbeteiligung im Energiebereich bieten. Wir setzen uns für eine Ausweitung des bürgerschaftlichen Einflusses über das gegenwärtig existierende Beiratsmodell hinaus ein. Um seine Aufgabe erfüllen zu können, braucht das Stadtwerk eine deutlich verbesserte Eigenkapitalausstattung sowie eine Aufhebung der gesetzlichen Beschränkungen.

Energienetze rekommunalisieren und für die Energiewende fit machen

Die Energienetze sind zentrale Infrastrukturen der Stadt. Sie müssen für eine fast vollständig auf erneuerbaren Energien beruhende Energieversorgung umgebaut und ertüchtigt werden. Strom, Gas und Fernwärmenetze müssen im künftigen Energiesystem kooperieren. Sie haben eine große Bedeutung für die Umsetzung der Energiewende und zur Erreichung der Klimaziele und gehören unter öffentliche Kontrolle, um Versorgungssicherheit und Investitionen für die Energiewende zu gewährleisten. Während für private Netzbetreiber das Erzielen einer höchstmöglichen Rendite im Vordergrund steht, ermöglichen rekommunalisierte Energienetze die Ausrichtung der Geschäftspolitik an den energie-, wirtschafts-, sozial- und demokratiepolitischen Zielen des Landes. Gewinne gehen nicht an private Konzerne, sondern können für Investitionen in die Netze, zum Ausbau ökologischer Energieproduktion, zur Verhinderung von Energiearmut oder für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verwendet werden.

Zahlreiche Berlinerinnen und Berliner und auch die Enquete-Kommission "Neue Energie für Berlin" wollen die Rekommunalisierung der Energienetze. Der Berliner SPD-CDU-Senat ist jedoch dabei, die Chance zu verspielen, das Gas- und das Stromnetz im Rahmen des alle zehn bis zwanzig Jahre erforderlichen Konzessionsverfahrens wieder in kommunale Hand zu bringen. Um die Energienetze wieder zu rekommunalisieren, plädieren wir für einen Neustart des Konzessionsverfahrens für die Stromnetze, für eine Übernahme der GASAG durch das Land und die gründliche Prüfung einer solchen Beteiligung an den Fernwärmenetzen. Ziel ist die vollständige Rekommunalisierung des Strom-, Gas- und Fernwärmenetzes. Das bislang unregulierte Fernwärmenetz soll hinsichtlich der Preise und des Netzzugangs Dritter durch ein Landesgesetz reguliert werden. Bei einer Übernahme der Netze durch das Land Berlin müssen Arbeitsplätze und tarifliche Regelungen der Beschäftigten gesichert und Mitbestimmungsrechte erweitert werden.

Klimaneutrales Berlin 2050 - Weichen heute sozial und ökologisch stellen

Berlin hinkt bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele weit hinterher. Die letzte Legislaturperiode ist so gut wie verschenkt worden, der CO2-Ausstoß in Berlin steigt sogar wieder an. Die Koalition aus SPD und CDU beschränkt sich weitgehend auf Ankündigungen und die Erstellung von Konzepten. Auch das kurz vor Ende der Legislaturperiode verabschiedete "Energiewendegesetz" setzt diese Politik des Klimaschutzes durch Papierproduktion fort. Vieles hätte der Senat bereits in den vergangenen fünf Jahren auch ohne ein Gesetz angehen können. Um die Klimaziele zu erreichen, muss Berlin endlich Maßnahmen umsetzen und die öffentliche Hand muss dabei eine Vorreiterrolle einnehmen. Beispielsweise sollen die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude auf der Grundlage von Sanierungsfahrplänen vorangetrieben und alle öffentlichen Gebäude auf die Eignung zur Installation erneuerbarer Energien geprüft werden. Zur effizienteren Steuerung der Energiewende wollen wir die Zuständigkeit für Energie in einem Ressort bündeln, einen Steuerungskreis Energiewende einrichten und das Stadtwerk ausbauen. Die Enquete-Kommission "Neue Energie für Berlin" und das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm haben zahlreiche Vorschläge für Berlin entwickelt, die wir zur Grundlage unserer engergiepolitischen Arbeit machen.

Erneuerbare Energien in Berlin ausbauen - urbane Potenziale nutzen

Berlin verfügt über große Potenziale zur Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Quellen, vor allem bei Photovoltaik und Solarthermie, die bislang weitgehend ungenutzt bleiben. Photovoltaik trägt bislang erst etwa 0,6 Prozent zur Stromerzeugung Berlins bei, während das Potenzial auf bis zu 25 Prozent geschätzt wird. Wir wollen die Nutzung des erneuerbaren Energiepotenzials vorantreiben, indem beispielsweise das Stadtwerk Mieterstrommodelle vorantreibt, die Forschung zur urbanen Solarnutzung in Berlin intensiviert wird, Informations- und Beratungsangebote ausgeweitet und alle öffentlichen Gebäude auf Eignung zur Nutzung der Dachflächen geprüft werden. Um erneuerbare Energien auch im Altbaubestand voranzubringen, sollte das Land Berlin die Öffnungsklausel des EEWärmeG nutzen und bei der Ausschreibung des Strombezugs künftig dem Vorschlag des Umweltbundesamtes folgen, durch stärker Investitionen in neue Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien anzuregen. Parallel dazu soll Berlin seine Investitionen in Unternehmen, deren Geschäftsmodell den Zielen der Klimaneutralität zuwiderläuft, beenden. Aus der Braunkohlenutzung wollen wir in Berlin bis 2020 und aus der Steinkohlenutzung bis spätestens 2030 vollständig austeigen. Wir verlangen, dass Vattenfall die Vereinbarungen aus der Klimaschutzvereinbarung umsetzt und entsprechende Investitionsentscheidungen trifft. Wir setzen uns im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung dafür ein, dass keine neuen Braunkohletagebaue in Brandenburg aufgeschlossen werden.

Energiearmut bekämpfen

Steigende Kosten für Strom, Gas und Wärme werden für immer mehr Haushalte Berlins zu einer großen Belastung. 2014 wurde über 16.000 Haushalten Berlins der Strom und über 2000 Haushalten das Gas abgestellt, da die Rechnungen nicht mehr bezahlt werden konnten. Um Energiearmut zu vermeiden muss der Energieverbrauch bezahlbar bleiben. Wir streiten deshalb auf Bundesebene für eine Abschaffung ungerechtfertigter Industrierabatte, für die Verpflichtung der Stromversorger zur Einführung von Sockeltarifen für ein Grundkontingent an Strom und für Regelungen zur Verhinderung von Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmesperren. Wir wollen die Energieeinsparberatung ausbauen und einkommensschwache Haushalte bei der Anschaffung energieeffizienter Neugeräte unterstützen. Die Beachtung der Härtefallregelung bei Strom- und Gassperren muss sichergestellt werden.

Klimaschutz braucht Mieterschutz

Viele Mieterinnen und Mieter Berlins sind von massiven Mieterhöhungen aufgrund der auf die Mieter umgelegten Maßnahmen zur energetischen Sanierung betroffen. Die auf die Mieter abgewälzten Modernisierungskosten stehen oft in keinem angemessen Verhältnis zu den möglichen Heizkosteneinsparungen, häufig verwenden Vermieter*innen die Möglichkeit der Umlage, um Wohnungen zu entmieten und teuer neu zu vermieten. Zwar ist die energetische Sanierung des Altbaubestandes aus Gründen des Klimaschutzes teilweise erforderlich, jedoch darf dies nicht zu Lasten der Mieterinnen und Mieter gehen.

Wir wollen die Modernisierungen für die Mieterinnen und Mieter kostenneutral gestalten. Durch eine im Bundesgesetz und als Bedingung für Landesförderprogramme festgeschriebene Pflicht zur Vorlage von Modernisierungsvarianten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie zu begleitender Mieterberatung bei Modernisierungsankündigungen soll die Kontrolle und die Mitbestimmung durch die Mieterinnen und Mieter verbessert werden. Jedoch ist das Mietrecht im wesentlichen Bundesrecht. In Berlin wollen wir durch Landesförderprogramme und bauordnungsrechtliche Instrumente (wie z.B. Milieuschutzgebiete) die Modernisierungsumlage senken und gestaltend auf die Modernisierungsmaßnahmen einwirken. Darüber hinaus sollten die Richtsätze für die Angemessenheit der Mietzuschüsse für Bezieher*innen von Transfergeld Öffnungsklauseln enthalten, so dass niemand wegen energetischen Modernisierungen ausziehen muss.

Mobilität und Verkehr: schneller, günstiger, ökologischer

Der Zugang zu Mobilität soll weder vom Wohnort, vom Besitz eines PKW, vom Gesundheitszustand und auch nicht vom Geldbeutel abhängen. Das ist unser Ziel. Mobilität ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) mit Bahnen und Bussen ist daher auch unter öffentlicher Kontrolle zu organisieren Doch der öffentliche Nahverkehr soll nicht nur öffentlich finanziert und kontrolliert werden, die Berlinerinnen und Berliner sollen auch bei Planung und Ausbau mitreden dürfen. Alle Möglichkeiten zur Beteiligung der Bevölkerung an der weiteren Entwicklung des ÖPNV im umweltgerechten Zusammenspiel der Verkehrsmittel, dem "Umweltverbund", müssen genutzt werden. Dazu ist es erforderlich, den "Umweltverbund" so weiterzuentwickeln, dass die Attraktivität der Verkehrsdienstleistungen den Verzicht auf ein eigenes Auto unterstützt. Die Fahrpreise müssen dauerhaft und spürbar gesenkt werden.

Bahn und Bus sind in den Innenstadtbezirken deutlich besser ausgebaut als in den Außenbezirken. Ein besonderes Augenmerk wollen wir daher auf den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unter Einschluss von Rad und Sharing-Angeboten in den äußeren Stadtbezirken richten.

Rad- und Fußverkehr müssen mehr Platz im Straßenraum bekommen. Dafür muss der Autoverkehr Platz abgeben. Immer mehr Menschen nutzen in Berlin das umweltfreundliche Verkehrsmittel Fahrrad. Die Fahrradinfrastruktur muss umfangreich ausgebaut werden. Damit Mobilität für alle möglich ist, wollen wir umfassende Barrierefreiheit herstellen. Statt jährlich steigender Fahrpreise wollen wir, dass die Nutzung der Busse und Bahnen für alle erschwinglich ist. Die verschiedenen Verkehrsmittel müssen besser miteinander verknüpft werden, wir wollen Bahnhöfe zu Mobilitätsstationen ausbauen. Die Möglichkeiten des Internets in Verbindung mit mobilen Geräten zur eigenen verkehrsträgerübergreifenden Wegeplanung wollen wir ausbauen. Für den Betrieb von Schienenverkehrsmitteln sollen zu 100 Prozent erneuerbare Energien zum Einsatz kommen.

Der Weiterbau der A 100 ist verkehrspolitischer Unsinn. Wir lehnen eine Verlängerung über den 16. Bauabschnitt hinaus ab, für den wir daher einen qualifizierten baulichen Abschluss wollen.

Wir setzen uns für ein bundesweites umfassendes Nachtflugverbot und die weitgehende Ersetzung des innerdeutschen Flugverkehrs durch den Bahnverkehr ein.

Den Umweltverbund stärken

Wir wollen in der nächsten Legislaturperiode eine deutliche Stärkung des Umweltbundes aus ÖPNV, Fahrrad und Fußgängerverkehr erreichen. Mit der Entscheidung für eine Fahrzeugfinanzierungsgesellschaft als Tochter der BVG ist eine wichtige Voraussetzung für eine zukunftssichere Fahrzeugbeschaffung geschaffen worden. Straßenbahnen und Busse sollen nicht mehr im Stau stehen - deshalb wollen wir eine konsequente Ampel-Vorrangschaltung für den Öffentlichen Personennahverkehr umsetzen. Das Busspurennetz muss ausgebaut werden. Die Verkehrslenkung Berlin muss den klaren politischen Auftrag erhalten in ihrer Arbeit dem Umweltverbund Vorrang zu gewähren. Wir setzen uns für die Verlagerung des Pendlerverkehrs von der Straße auf die Schiene ein und wollen dafür eine gemeinsame Verkehrsplanung mit Brandenburg und den Umlandkreisen voranbringen.

Elektromobiler Ausbau und Angebotsverbesserung

Förderung der Elektromobilität heißt für uns ganz wesentlich Ausbau des Straßenbahnnetzes. Wir wollen perspektivisch eine Erweiterung des Netzes um 200 Kilometer. Damit kann das Angebot und die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs deutlich verbessert werden. Die Straßen-bahn ist ein effizientes, kostengünstiges und ökologisches Verkehrsmittel. In der kommenden Legislaturperiode wollen wir insbesondere die Aufnahme konkreter Planungen für Erweiterungen der Straßenbahnlinien nach Steglitz, zum Schlesischen Tor in Kreuzberg, zum Flughafengelände nach Tegel und für den Lückenschluss in Hellersdorf-Mahlsdorf sowie den Bau von Erweiterungen zum Kulturforum und nach Moabit.

Wir setzen uns für Taktverdichtungen bei der BVG, bei der S-Bahn zwischen Ost- und Westkreuz, auf dem Ring und von der Stadtbahn in Richtung Schöneweide ein. Angebotsverbesserungen soll es auch auf der Regionalbahn zwischen Lichterfelde Ost, Südkreuz und Hauptbahnhof, sowie zwischen Hohenschönhausen, Ostkreuz und Schöneweide und zwischen Hauptbahnhof und Gesundbrunnen/Spandau geben. Auch außerhalb des S-Bahn-Rings muss das ÖPNV-Angebot attraktiver werden.

Für bessere Verkehrsverbindungen mit dem Umland halten wir den Baubeginn der Fern- und Regionalstrecke Südkreuz-Blankenfelde mit einem Regionalhalt an der Buckower Chaussee (Dresdner Bahn) für dringend erforderlich. Die Planungen zum Ausbau der Kremmener Bahn sind zu beschleunigen. Für die Heidekrautbahn sind die Planungen aufzunehmen unter Beachtung der Interessen der Betroffenen bei Schall und Erschütterungsschutz. Auch das Ziel einer SchienenTVO für eine Nahverkehrsinfrastruktur auf dem östlichen Bahnring verfolgen wir weiter. Wir dringen auf den zügigen Bau eines Regionalbahnhofes in Köpenick. Die Reaktivierung der Stammbahn unterstützen wir.

Der ÖPNV muss barrierefrei sein. Barrierefreiheit, umfasst nicht alleine den Zugang zu Bahnhöfen und Haltestellen und des Straßenlandes, sondern auch "sprechende Haltestellen" und ein Leitsystem für Sehbehinderte und Blinde. Der Sonderfahrdienst für mobilitätsbehinderte Menschen ist nicht nur zu erhalten, er muss weiterentwickelt werden. Dabei kommt den Mobilitätshilfsdiensten eine besondere Rolle zu. Sie müssen in allen Bezirken abgesichert werden

Wir unterstützen das Projekt "InklusionsTaxi - Taxi für Alle" des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), damit allen RollstuhlfahrerInnen eine Nutzung von Taxen und damit spontane Fahrten rund um die Uhr sowie eine verbesserte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden.

Radverkehrsinfrastruktur ausbauen

Der bedarfsgerechte Ausbau der Rad-Infrastruktur mit Radverkehrs- und Abstellanlagen ist aus Gründen des Klimaschutzes und des veränderten Mobilitätsverhaltens dringend notwendig und muss energisch beschleunigt werden. Nutznießende sind auch Autofahrer*innen und Fußgänger*innen, die dann weniger konflikthafte Situationen zu bewältigen haben.

Daher ist eine Aufstockung der Mittel zum Radwegeausbau ebenso notwendig wie die Einstellung qualifizierten Personals in den zuständigen Verwaltungen. Darüber hinaus wollen wir die Öffnung von weiteren Einbahnstraßen für den Radverkehr voranbringen und die Einrichtung von mindestens zwei Meter breiten Radstreifen entlang der Hauptstraßen, sowie die Einrichtung weiterer Fahrradstraßen und, wo möglich, Radschnellwege befördern.

Die Initiative "Volksentscheid Fahrrad" wird die Debatte in der Stadt in diese Richtung positiv bewegen. Die LINKE begrüßt die Debatte und wird sich an ihr aktiv beteiligen.

Fahrpreise senken

Wir wollen das gegenwärtige System beenden, bei dem die Fahrpreise jährlich automatisch steigen, stattdessen die Fahrpreise in einem ersten Schritt stabil halten und perspektivisch senken. Gestiegene Kosten bei der BVG müssen durch höhere Landeszuschüsse und steigende Fahrgastzahlen ausgeglichen werden. Wir setzen uns für eine Ausweitung des Anspruches auf das Sozialticket für Menschen ein, die Wohngeld beziehen.

Mittelfristig streben wir die solidarische Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) an. Daher wollen wir in den kommenden fünf Jahren verschiedene Finanzierungsmodelle intensiv prüfen sowie mit den Berlinern und Berlinerinnen, dem VBB und den Verkehrsbetrieben ins Gespräch über den Stadtverkehr der Zukunft kommen. Wir wollen den Rahmen landesgesetzlicher Möglichkeiten daraufhin prüfen, wie die Einführung eines Bürgerbeitrags und die Erhebung einer Infrastrukturabgabe für Unternehmen und Grundstückseigentümer möglich sind und sozial gerecht aufeinander abgestimmt werden können. Da die Einführung eines solidarisch finanzierten Nahverkehrs von heute auf morgen unrealistisch ist, streben wir einen fließenden Übergang an, in dem bei sinkenden Fahrpreisen die ersetzenden Finanzierungsanteile nacheinander eingeführt werden und langsam ansteigen. Nur so können steigende Fahrgastzahlen, die Ausweitung der Leistungen und der Ausbau des Systems angemessen bewältigt werden. Hierfür sind 10 bis 15 Jahre notwendig. Die ersten beschriebenen Schritte wollen wir in den kommenden fünf Jahren gehen.

Kurzstrecken-Mitfahrgelegenheiten, Car-Sharing, P2P-Autoverleih und Co - Neue Formen der PKW-Nutzung gestalten

Die Verkehrswelt befindet sich im Umbruch. Kurzstrecken-Mitfahrgelegenheiten, Car-Sharing oder der Autoverleih auch unter Privatpersonen bieten neue Möglichkeiten für eine effizientere und ökologischere PKW-Nutzung. Die privatwirtschaftlichen Akteure schöpften die Potentiale allerdings nicht aus, der Automobilwirtschaft geht es um eine Erhöhung der PKW-Verkaufszahlen, UBER um Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Taxifahrer. Um die neuen Formen der PKW-Nutzung im Interesse einer effizienten, sozialen und ökologischen Verkehrspolitik nutzbar zu machen und auszubauen wollen wir auf eine Integration mit dem bestehenden System des ÖPNV hinarbeiten und prüfen Möglichkeiten der öffentlichen Aufgabenerledigung.

Umweltschutz und Umweltgerechtigkeit

Wir stehen für eine sozial gerechte Umweltpolitik. Bisher sind die gesundheitlichen Belastungen als Folge der Umweltprobleme räumlich und sozial ungleich verteilt. Wer arm ist, lebt häufiger in einer Umwelt, die krankmacht, ist mehr Lärmbelastungen und schlechterer Luft ausgesetzt, muss oft höhere Energiekosten aufbringen und hat weniger Grün im Wohnumfeld. Umweltgerechtigkeit möchten wir durch ein Investitionsprogramm herstellen, das zugleich die regionale Wirtschaft fördert und soziale Gerechtigkeit schafft. Vorhandene Förderprogramme sollen auch für mehr Umweltgerechtigkeit verwendet werden. Damit wollen wir Defizite in besonders belasteten Stadtgebieten abbauen. Die Maßnahmen des Luftreinhalteplans sind unverzüglich umzusetzen und weiter zu qualifizieren

Lärmschutz und Nachtflugverbot

Dem Verkehrslärm werden wir durch ein Maßnahmenpaket begegnen, zu dem auch Temporeduzierungen sowie der lärmmindernde Umbau der Straßen und Bahntrassen gehören sollen. Wir wollen uns besonders dafür einsetzen, konkrete Verbesserungen im Wohnumfeld für die vom Fluglärm betroffenen Menschen am neuen Flughafen BER erreichen. Wir setzen uns gegenüber den Gesellschaftern der Flughafengesellschaft für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ein. Unabhängig davon wollen wir jede Möglichkeit zur Minderung der Lärmbelastung durch den Flughafen nutzen. Einen weiteren Ausbau des Flughafens BER mit einer dritten Start- und Landebahn lehnen wir ab.

Biologische Vielfalt in der Stadt

Berlin ist eine Stadtlandschaft mit biologischer Vielfalt. Sie soll erhalten und vermehrt werden. Wir wollen Renaturierungsprojekte voranbringen und die Hof-, Fassaden- und Dachbegrünung stärker als bislang fördern sowie Natur- und Landschaftsschutzgebiete in der Stadt für alle Berlinerinnen und Berliner erlebbar machen und sichern. In einem Projekt des sozialökologischen Umbaus, mit dem die natürliche Vielfalt wie auch die Umweltbildung gefördert werden, möchten wir Elemente einer urbanen Ernährungswirtschaft für die Berliner*innen aufzeigen. Schulgärten, Kleingärten und Urban Gardening sollen die Produktion von landwirtschaftlichen Gütern in der Stadt erlebbar machen. So kann die Wertschätzung für diese Produkte gesteigert und ein Beitrag zu regionalen Wirtschaftskreisläufen geliefert werden.

Baden in der Spree

In unserer dicht bebauten Stadt sollten zunehmend Flächen entsiegelt werden, um die Versickerung von Regenwasser vor Ort zu ermöglichen und die Berliner Kanalisation zu entlasten. Um einem Fischsterben entgegenzuwirken und damit wir künftig in der Spree baden können, müssen größere finanzielle Anstrengungen unternommen werden, die Einleitung ungereinigten Wassers in die Berliner Gewässer zu vermeiden. Wir unterstützen Projekte, mit denen die Wasserqualität der Spree verbessert werden kann.

Trinkwasserqualität und Grundwassermanagement

Die Trinkwasserversorgung, der Erhalt der Wasserqualität und die stadtverträgliche Regulierung des Wasserhaushalts langfristig zu sichern sind für DIE LINKE wichtige umweltpolitische Ziele. Eine Voraussetzung dafür ist der Ausstieg aus dem Brandenburger Braunkohletagebau durch ein zeitlich und inhaltlich verbindliches Konzept, das wirtschaftliche Nachhaltigkeit für die Region beinhaltet. Für Berlin soll ab 2020 der Ausstieg aus der Braunkohle durch den Ersatz des Kraftwerks Klingenberg umgesetzt werden. Um Wohnhäuser und öffentliche Gebäude vor Schäden durch steigendes Grund- und Schichtenwasser schützen zu können, sind Runde Tische mit den Betroffenen, den Verwaltungen und Verbänden einzurichten. Hier werden Informationen zu akut gefährdeten Gebieten ausgetauscht und mit den Betroffenen geeignete Maßnahmen, wie die Pflege und Erneuerung der Dränagen, beraten. Wir setzen uns dafür ein, dass ein Fonds zur Vorsorge und zur Hilfe bei Schäden aufgelegt wird.

Abfälle vermeiden und Wertstoffe besser nutzen

Abfälle ersetzen Rohstoffe, werden wiederverwertet oder zur Energieerzeugung genutzt. Berlin hat noch ungenutzte Potenziale, insbesondere beim Bioabfall. Biotonnen sollen daher für alle Haushalte und öffentliche Einrichtungen verbindlich aufgestellt und die zusätzliche Biomasse zur Erzeugung von Biogas genutzt werden. Wir werden uns für die Errichtung einer zweiten Biogasanlage in Berlin einsetzen. Altglas soll haushaltsnah gesammelt werden. Vermeiden und das Trennen von Abfall sollen durch mehr Umweltbildung, Abfallberatung und haushaltsfreundliche, attraktive Angebote selbstverständlich und einfacher werden, so dass die gesetzlichen Vorschriften in Berlin künftig eingehalten werden können.

Wir wollen die BSR so weiterentwickeln, dass alle technischen Möglichkeiten der Wiederverwertung von Müll auch genutzt werden können. Ziel ist es, einen möglichst großen Anteil der Wertstoffe im Müll als Rohstoffe wiederverwertbar zu machen. Müllverbrennung und sonstige energetische Verwertung soll es nur dort geben, wo die Rückgewinnung von Wertstoffen oder die Reparatur weggeworfener Gegenstände nicht möglich ist.

Wir wollen sämtliche Spielräume nutzen, um die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen. Food-Sharing, Lebensmittelspenden jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatums und die Akzeptanz des so genannten Containerns helfen bei der nachhaltigen, verantwortungsvollen Nutzung von Nahrungsmitteln.

Nachhaltigkeit durch Bürgerengagement und eine effektive Verwaltung

Der sozialökologische Umbau soll in allen Lebens- und Arbeitsbereichen stattfinden. Wir setzen uns daher für eine breitestmögliche Beteiligung der Bevölkerung an diesem Prozess ein. Unter Einbeziehung des vielfältigen bürgerschaftlichen Engagements - das reicht von der auf ein einzelnes Anliegen konzentrierten Bürgerinitiative bis hin zu lokalen Bündnissen und zivilgesellschaftlichen Foren - soll die Berliner Nachhaltigkeitspolitik auf gesamtstädtischer und bezirklicher Ebene einen neuen Impuls erhalten. Die Lokale Agenda 21 - ein international verbindliches, nachhaltiges Handeln auf kommunaler Ebene - ist dafür die beste Grundlage. Die Lokale Agenda, die vom Abgeordnetenhaus im Jahre 2006 beschlossen wurde, muss endlich auch für die Berliner Verwaltung bindend sein. Dafür benötigt Berlin eine entsprechend personell und organisatorisch ausgestattete Verwaltungsstruktur, mit der nicht nur Strategien beschrieben, sondern Maßnahmen konkret umgesetzt werden.

Tiere sind keine Dinge - Tierschutz stärken

Der Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Das muss sich auch im Alltag niederschlagen. DIE LINKE fordert daher die Einführung des Verbandsklagerechts für anerkannte, gemeinnützige Tierschutzorganisationen. Wir fordern zudem eine Veterinär- und Lebensmittelaufsicht, die personell in der Lage ist, Anzeigen nach dem Tierschutzrecht und die Überprüfung gewerblicher und privater Tierhaltungen zu bewältigen.

Das Land Berlin soll sich für die Einschränkung von Tierversuchen einsetzen und verstärkt alternative tierversuchsfreie Methoden fördern. Tierschutz hat einen hohen Stellenwert in unserer Umweltpolitik. Wir streben eine stärkere Berücksichtigung von Tierschutz-Aspekten in umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren an.

Wir setzen uns für ein Ende der Zurschaustellung von Wildtieren in Zirkussen und quälerischer Dressuren ein. Dementsprechend fordern wir, dass keine landeseigenen Flächen für Zirkusse mit Wildtieren vergeben werden und strengere Kontrollen von Zirkussen durch die zuständigen Behörden stattfinden. Auf Berliner Festmärkten sollen Ponykarussells keine Genehmigung erhalten.

Menschen und Tiere sollten sich die Grünflächen der Stadt nicht streitig machen, sondern gemeinsam und möglichst konfliktfrei nutzen können. Hierzu bedarf es ausreichender, mit Kotbeutel-Ausgabebehältern ausgestatteter Auslaufflächen für die Hunde dieser Stadt und eine stärkere Verpflichtung der Hundehalter*innen Hundekot zu beseitigen.

Um eine unkontrollierte Vermehrung freilaufender Katzen zu verhindern, macht das Land von §13b Tierschutzgesetz Gebrauch und führt im Land Berlin die Katzenkastrationsverordnung ein. Das Land Berlin unterlässt nicht tierschutzkonforme Tötungs- und Einfangaktionen von Stadttauben sowie Vergrämungsmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden. Stattdessen setzt es die nachhaltige und tierschutzgerechte Reduzierung und Kontrolle der Stadttaubenpopulation durch artgerechte Fütterung und Austausch der Gelege in betreuten Taubenschlägen

 

Kapitel 3

Stadt der sozialen Gerechtigkeit: ohne Armut, barrierefrei, gesund und familienfreundlich

Die soziale Ungleichheit nimmt zu. Berlin ist Hauptstadt der Hartz-IV-Beziehenden und die Zahl der von Armut Betroffenen wächst jedes Jahr. Langzeiterwerbslosigkeit und Niedriglöhne spielen dabei eine entscheidende Rolle. Gerade Frauen sind überdurchschnittlich stark von Langzeiterwerbslosigkeit, Niedriglöhnen, prekärer Beschäftigung und Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg ins Berufsleben nach Eltern- und Pflegezeit betroffen.

Höhere Renten, eine sanktionsfreie Grundsicherung und die Verhinderung prekärer Arbeitsverhältnisse müssen wir auf Bundesebene erringen. Armut ist aber nicht nur eine Frage des Einkommens. Linke Politik in Berlin wird die mit Armut verbundene Ausgrenzung nicht akzeptieren - das gilt für alle Politikfelder. Wir wollen eine Arbeitsmarktpolitik, die aktiv Chancen für Langzeiterwerbslose eröffnet - der ÖBS (öffentlich geförderte Beschäftigungssektor) war hier beispielhaft. Wir wollen eine Mietenpolitik, die verhindert, dass Arme aus der Innenstadt verdrängt werden und in bestimmten Quartieren konzentriert werden - öffentliche Wohnungsbaugesellschaften haben hier eine besondere Aufgabe. Wir wollen eine Bildungspolitik, die endlich die Benachteiligung der Kinder aus einkommensarmen Familien beendet - die Berliner Gemeinschaftsschulen zeigen, wie das geht. Öffentliche Verkehrsmittel und auch Kulturangebote müssen auch armen Menschen offenstehen - mit Berlinpass und Sozialticket haben wir hierfür Anknüpfungspunkte geschaffen.

Aber es geht darüber hinaus auch um die Sicherung von Teilhabe durch eine funktionierende soziale und Gesundheitsinfrastruktur. Deshalb schlagen wir vor, die Investitionsoffensive für Berlin auch gezielt für den Erhalt und Ausbau wohnortnaher sozialer Infrastruktur - wie zum Beispiel Seniorenfreizeitstätten, Pflegestützpunkte, Nachbarschaftshäuser, Frauenprojekte, Jugendzentren und sozio-kulturelle Zentren - zu nutzen und den barrierefreien Umbau der öffentlichen Infrastruktur voranzutreiben. Wir wollen den Sanierungs- und Investitionsstau bei den Vivantes-Krankenhäusern und der Charité schnell abbauen. Wir fordern eine gesetzliche Verankerung von Mindestpersonalvorgaben auf den Stationen und setzen uns für einen Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes und eine wohnortnahe ärztliche Versorgung ein.

Sport ist ein wichtiges Instrument für gesellschaftliche Integration und Teilhabe. Deshalb schlagen wir auch mehr Investitionen in die Sportstätten und Bäder vor und wollen das Ehrenamt im Sport, vor allem im Breitensport, stärken.

Sozialen Zusammenhalt stärken

Berlin ist eine attraktive Stadt der Vielfalt, aber auch eine Stadt, in der sich die soziale Spaltung und Ausgrenzung vertiefen. Dem entgegenzuwirken und Armut zu verhindern und zu bekämpfen, sind wesentliche Ziele unserer Sozialpolitik. Die Ungerechtigkeiten in der Einkommensverteilung, die niedrigen Hartz-IV-Regelsätze, prekäre Beschäftigung und niedrige Löhne in vielen Bereichen können wir auf der Landesebene nicht oder nur unzureichend ausgleichen. Aber wir wollen alle vorhandenen Spielräume auf Landesebene nutzen, um sozial benachteiligten Berlinerinnen und Berlinern mehr kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Die demografische Entwicklung führt dazu, dass die Zahl der älteren Menschen erheblich zunehmen wird. Gemäß der aktuellen Bevölkerungsprognose wird in Berlin bis zum Jahr 2030 mit einer Steigerung der Anzahl der Menschen im Alter von 65 Jahren und älter um etwa ein Viertel und bei den Über-80-Jährigen sogar um 66 Prozent zu rechnen sein. Wir stellen uns den damit verbundenen Herausforderungen, begreifen sie nicht als Problem, sondern als Chance, älteren Menschen weitere Türen zu Teilhabe zu öffnen und ihr Wissen und ihre Erfahrung für die Gestaltung des Gemeinwesens zu nutzen.

Armut zurückdrängen

Die Armut in Berlin ist weiter angestiegen. Das Armutsrisiko ist besonders für Erwerbslose hoch, die Altersarmut steigt an. Im Jahr 2030 werden 40 Prozent der NeurentnerInnen nur noch die Grundsicherung erhalten. Denn viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, kleine Selbstständige haben gebrochene Erwerbsbiografien. Dies bedeutet, dass sie oft nur wenig oder gar nichts in die Rentenkasse einzahlen konnten und deshalb nur die Grundrente bekommen. Das betrifft vor allem Frauen, die nach wie vor oft Lücken im Arbeitsleben haben, weil sie Kinder erziehen oder Angehörige pflegen. Deshalb kämpfen wir für eine lebensstandardsichernde Rente, die diese unterschiedlichen Lebensverläufe berücksichtigt.

Kinderarmut überwinden - Chancengleichheit herstellen

Dramatisch ist die Kinderarmut, die in Berlin höher ist als in anderen Bundesländern. Arme Kinder haben arme Eltern. Besonders alleinerziehende Frauen haben nach wie vor große Schwierigkeiten, existenzsichernde Beschäftigung zu finden, um sich und ihre Kinder eigenständig über die Runden zu bringen. In Berlin leben mehr als ein Drittel aller Minderjährigen von staatlichen Hilfen. Diese materielle Armut hat gravierende Auswirkungen auf Bildungserfolg, Teilhabe und Lebenschancen. Wir wollen Chancengleichheit verwirklichen und einen einkommensunabhängigen Zugang zu Bildung verwirklichen

Teilhabe heißt für uns, dass alle Kinder und Jugendlichen gleichen Zugang zu Bildung, Kultur, Sport, Gesundheit und Erholung, dass sie beste Bedingungen für ihre Entwicklung haben - unabhängig vom Einkommen der Eltern. Niemand darf in den wichtigsten Phasen seiner Entwicklung durch das Netz von Förderung, Beratung und Unterstützung fallen. Nachdem die Große Koalition den Kampf gegen Kinderarmut vernachlässigt hat, wollen wir schnell mit der Entwicklung und Umsetzung einer ressortübergreifenden Strategie gegen Kinder- und Familienarmut beginnen. Wir brauchen insbesondere eine bessere Vernetzung mit den Bezirken, mit Sozialträgern, Eltern, Stiftungen und Bildungseinrichtungen. Dabei setzen wir auf niedrigschwellige und unbürokratische Lösungen, die allen Kindern, Jugendlichen und Familien zugutekommen und prüfen unter anderem neue Formen der Gebühren- bzw. Kostenfreiheit im öffentlichen Bereich. Leistungen, die armen Familien vorbehalten sind, müssen so gestaltet werden, dass sie nicht zu Stigmatisierung führen.

Gegenüber dem Bund setzen wir uns dafür ein, die Regelungen zum Unterhaltsvorschuss neu zu fassen und Leistungen wie das Kindergeld nicht mehr auf Transferleistungen anzurechnen. Der Regelsatz für Kinder muss endlich so bemessen werden, dass er den Bedürfnissen junger Menschen gerecht wird. Wir schlagen die Entwicklung einer Kindergrundsicherung vor, die Chancengleichheit garantiert. Besonders prekär ist die Lage für Kinder in Alleinerziehendenhaushalten nach Ablauf der sechsjährigen Bezugsdauer des Unterhaltsvorschusses. Es bleibt nur die Mo?glichkeit mit SGB II die Lebenshaltungskosten zu bestreiten. DIE LINKE fordert deshalb, bis die Regelungen auf Bundesebene entsprechend verbessert wurden, die Schaffung eines Landesprogramms zur Unterstützung Alleinerziehender als Ausgleich der fehlenden Leistungen nach Ablauf der Bezugsdauer des Unterhaltsvorschusses bis zum 18. Lebensjahr, um die Benachteiligung der Kinder und Armut zu vermeiden.

Wohnungslosigkeit bekämpfen

Die Wohnungslosigkeit in Berlin nimmt zu und zunehmend sind davon auch Frauen und Familien mit Kindern betroffen. Die Angebote der Wohnungslosenhilfe müssen der veränderten Struktur der Betroffenen angepasst werden. Notwendig sind vor allem Angebote und Unterbringungsmöglichkeiten für Familien mit Kindern und solche, die ausschließlich Frauen zu Verfügung stehen. Gemeinsam mit den Akteuren dieser Stadt wollen wir uns auf die Eckpunkte für eine Berliner Wohnungslosenstatistik verständigen, um auf dieser Grundlage bedarfsgerechte Hilfe und Unterstützung anzubieten.

BerlinPass ausweiten

Die LINKE will die soziale Infrastruktur stärken und damit für mehr soziale Teilhabe sorgen. Wir wollen den Kreis der Berlin Pass-Berechtigten ausweiten und den Zugang zum BerlinPass erleichtern. Der Zugang soll den Nutzerinnen und Nutzern automatisch mit dem Leistungsbescheid zugesendet werden. Dies baut nicht nur Bürokratie ab, es sichert zu, dass alle über dieses Angebot informiert werden. Er eröffnet den Empfängerinnen und Empfängern von Arbeitslosengeld II, Grundrente und Sozialhilfe sowie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz viele Möglichkeiten in der Stadt. Mit dem Berlin-Pass erhalten sie das verbilligte Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr, vergünstigten Eintritt in Bäder, Kinos oder Museen und vieles mehr. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass der BerlinPass auch von denjenigen genutzt werden kann, die Wohngeld beziehen. Zudem wollen wir, dass sich das Angebot des BerlinPasses nicht nur auf die Monatskarte im öffentlichen Nahverkehr beschränkt, sondern auf Einzelfahrscheine ausgeweitet wird.

Soziale Infrastruktur stärken- wohnortnah, barrierefrei und kultursensibel ausgestalten

Berlin hat eine vielfältige soziale Infrastruktur, deren Rückgrat die vielen Stadtteilzentren, Nachbarschaftshäuser, Stadtteilzentren, SeniorInnentreffs, Kiezcafés, Beratungsstellen und Fraueninitiativen sind. Sie gehören zu einer lebendigen und demokratischen Kiezkultur, die unabhängig vom Geldbeutel der Einzelnen Willkommenskultur, zivilgesellschaftliches Engagement und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, an Bildung und Kultur organisiert. DIE LINKE will diese Arbeit weiter unterstützen und eine wohnortnahe soziale Infrastruktur sichern, die barrierefrei und kultursensibel ausgestaltet ist. Wir wollen die Grundfinanzierung aller Einrichtungen so anpassen, dass es ihnen möglich ist, ihre grundlegenden Aufgaben materiell wie personell abzusichern. Diese Grundfinanzierung kann durch Projektfinanzierung ergänzt werden.

Geschlechtergerechtigkeit herstellen - Frauenpolitik ist mehr als Quote

Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit sind die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben der Menschen in Berlin. Nach wie vor bestehen in allen Lebensbereichen erhebliche Benachteiligungen von Frauen gegenüber Männern, obwohl wir während unserer Regierungszeit mit der Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes deutliche Verbesserungen durchgesetzt haben. Unbezahlte Arbeit ist zwischen Männern und Frauen ungerecht verteilt. Die Reproduktionsarbeit, also die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen wird nach wie vor zum großen Teil von Frauen erbracht. Langzeiterwerbslosigkeit, Altersarmut, Minijobs und Niedriglöhne sind die Realität für viele Frauen und führen zwangsläufig vermehrt zur Altersarmut vor allem bei Alleinerziehenden. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sowie gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit und die Aufwertung der in sogenannten Frauenbranchen erbrachten Arbeit sind dringend notwendig. Wir fordern, dass sich die Flexibilisierung von Arbeitszeit nicht an betrieblichen Erfordernissen orientiert, sondern am Alltagsleben und an verschiedenen Lebensentwürfen der Beschäftigten.

Wir wollen die Doppelstrategie von Gender Mainstreaming und Frauenförderung weiter verfolgen und ihr mehr Nachdruck verleihen. Das vorhandene Rahmenprogramm des Landes Berlin muss so weiter entwickelt werden, dass Gleichstellungspolitik in allen Ressorts nicht nur formal und als zusätzliche Belastung behandelt, sondern als Gewinn erkannt wird. In unserem Wahlprogramm haben wir daher die frauen- und genderpolitischen Positionen quer durch alle Politikfelder integriert.

Frauenpolitische Infrastruktur erhalten

Frauenprojekte sind Ausdruck der Selbstorganisation von Frauen für Frauen. Sie sind Orte feministischer Auseinandersetzung und emanzipatorischer Selbstbestimmung. Sie ermöglichen Frauen, gemeinsam schwierige Lebensumstände zu bewältigen und sich auf neue Anforderungen einzustellen. Untereinander gut vernetzt haben die "Projektefrauen" viel Fachkompetenz versammelt. Sie sind Expertinnen für alle Lebenslagen, deren Erfahrungen und Wissen auf vielen Gebieten unverzichtbar ist und viel stärker zur Politikberatung genutzt werden kann.

Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, diese Infrastruktur zu stabilisieren, die beschäftigten Frauen tarif- und qualifikationsgerecht zu bezahlen und dem Frauenbeirat als Beratungsgremium mehr Gewicht zuzumessen. Auch das Programm zur Förderung der frauenpolitischen Infrastruktur hat sich bewährt und muss weiterentwickelt werden.

Freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement stärken

Viele Berlinerinnen und Berliner engagieren sich freiwillig in ihrer Nachbarschaft, in Pflegeeinrichtungen, Vereinen, Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen, im Kulturbereich, in Seniorenvertretungen und bei der Unterstützung der geflüchteten Menschen. Dieses unverzichtbare Engagement ist wichtig für ein gutes Miteinander und gibt Anstöße für die Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens. Doch das Ehrenamt ist nicht dazu da, staatliches Handeln zu ersetzen. Umgekehrt ist es richtig: Hauptamtlichkeit ist das Rückgrat für ehrenamtliches Engagement. Und das wollen wir durch ein Bündel von Maßnahmen fördern. Dazu zählen Weiterbildungsangebote und professionelle Begleitung und Aufwandsentschädigungen wie z.B. Fahrkarten. Wir wollen, dass in jedem Berliner Bezirk ein Freiwilligenzentrum oder eine Freiwilligenagentur dauerhaft finanziert wird. Nur so kann Engagement nachhaltig gefördert werden.

Die bisherigen Landesmittel zur Finanzierung der Selbsthilfe im Bereich der Pflege und der Nachbarschaftszentren wollen wir weiter ausbauen. Zur Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit mit geflüchteten Menschen schlagen wir ein Landesprogramm "Flüchtlingshilfe" vor. Hier sollen die Unterstützungsgruppen kleinere Summen beantragen können, damit sie Aktivitäten, wie z.B. Bastelaktionen, Schwimmbadbesuche u.ä. finanzieren können, die bisher privat gestemmt werden müssen. An der Umsetzung und Steuerung des Programms sollen sowohl ehrenamtliche Helfer*innen als auch geflüchtete Menschen beteiligt werden.

Stark für Familien, Kinder und Jugendliche

Berlin ist die kinderreichste Stadt Deutschlands und auch die Hauptstadt der Alleinerziehenden. Gleichberechtigung und der gesellschaftliche Wandel weg vom traditionellen Ehemodell hin zu Alleinerziehenden, Regenbogen- und Patchworkfamilien erfordern neue Ansätze. Wir wollen dabei die Bedürfnisse der Kinder in den Fokus rücken und alle Elternteile in jeder Familienkonstellation in die Lage versetzen, gut und sicher für sich und ihre Angehörigen sorgen zu können. Dazu gehört auch die häusliche Pflege von Familienmitgliedern oder anderen nahestehenden Personen

Familienfreundliches Berlin schaffen

Familie ist dort, wo Menschen zusammenleben und sich umeinander kümmern. Das wollen wir fördern und unterstützen - dort, wo Kinder sind und insbesondere dort, wo Mutter oder Vater Kinder alleine erziehen. Wir sind der Meinung, dass besonders Familienzentren und Nachbarschaftsangebote sowie Möglichkeiten der Familienbildung und -erholung besonders wichtig sind. Deshalb schlagen wir vor, diese auszuweiten und die Bezirke dafür finanziell besser auszustatten. Den Familienpass und den SuperFerienPass wollen wir erhalten.

Für Familien mit Kindern mit Behinderung bedarf es einer intensiven Betreuung und Beratung. In allen Bezirken soll es eine Stelle beim Jugendamt geben, in der Eltern über alle Leistungen informiert und beraten sowie bei der Antragstellung und im Beschwerdefall unterstützt werden.

Benachteiligung von Alleinerziehenden beenden

Alleinerziehende sind auch in Berlin oft besonderen Belastungen ausgesetzt. Daher wollen wir sie und ihre Kinder stärker unterstützen. Dazu gehört die gleichberechtigte Anerkennung der gemeinsamen und alleinigen elterlichen Sorge in allen Bereichen. Alleinerziehenden könnte auch die unbürokratische und finanzierte Inanspruchnahme von haushaltsnahen Diensten helfen. Nicht zuletzt fällt es Alleinerziehenden oft besonders schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Deshalb brauchen wir eine familienfreundliche Wohn- und Mietenpolitik.

Für viele Familien und Alleinerziehende sind Behördengänge in Berlin eine zusätzliche Belastung. Wir schlagen daher vor, eine zentrale Anlaufstelle in jedem Bezirk einzurichten, in der alle Anliegen zusammengefasst bearbeitet werden können und die Hilfen aus einer Hand kommen.

Hilfen zur Erziehung - als Rechtsanspruch ernst nehmen

Wir werden uns für eine bedarfsgerechte Bereitstellung von Hilfen zur Erziehung einsetzen. Sie sollen frühzeitig zur Verfügung stehen und so wirken, dass den Kindern und Familien geholfen werden kann, ehe schwerwiegende Probleme entstehen. Damit die Auswahl passgenauer Hilfen überhaupt möglich ist, müssen die Jugendämter in den Bezirken mit ausreichend gutem Personal ausgestattet sein. Bessere Arbeitsbedingungen, wie z.B. eine Fallzahlbegrenzung, und bessere Bezahlung sind auch hier nötig.

Ebenso muss die Finanzierung der Hilfen zur Erziehung in gemeinsamer Verantwortung von Land und Bezirken neu ausgerichtet werden. Die Gewährung von Hilfearten, deren Dauer und Umfang, müssen dem tatsächlichen Hilfebedarf der Familien entsprechen, ob nun als ambulante Betreuung oder in der stationären Jugendhilfe.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die in großer Zahl in Berlin ankommen, haben vom ersten Tag an ein Recht auf Jugendhilfe. Aber lange Wartezeiten auf ein Clearingverfahren und überforderte Strukturen behindern die gerade hier so wichtige schnelle und unkomplizierte Hilfe. Wir setzen uns dafür ein, dass diese jungen Menschen so schnell wie möglich in die Obhut der bezirklichen Jugendämter genommen werden, um ihnen angemessene Betreuung zukommen zu lassen.

Kinderschutz - Netzwerk sichern und ausbauen

Das Netzwerk Kinderschutz wollen wir mit dem Fokus auf Prävention und frühe Hilfen unterstützen. Auch die Arbeit der Familienhebammen sollte weiterentwickelt und ausgeweitet werden. Es soll sichergestellt sein, dass ein Hausbesuch bei der Geburt eines Kindes in allen Bezirken möglich ist. Um die Risiken für Kindeswohlgefährdungen so früh wie möglich zu erkennen brauchen wir eine Verbesserung der Personalausstattung in den bezirklichen Kinderschutzstellen und im Regionalen Sozialpädagogischen Dienst.

Besondere Anforderungen an den Kinderschutz entstehen dadurch, dass viele geflüchtete Familien auf längere Zeit in Not- und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sein werden und viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Stadt versorgt werden müssen. Wir meinen, dass auch hier der Kinderschutz oberste Priorität erhalten sollte. Dafür müssen Senat und Bezirke gemeinsam Verantwortung übernehmen. Wir schlagen daher vor, für diese Aufgabe einen speziellen Kinderschutzbeauftragten mit besonderen Befugnissen und eigenem Etat auf Landesebene einzusetzen.

Die medizinische Versorgung in der Fläche und wohnortnah garantieren

Die wachsende Stadt stellt auch die Gesundheitspolitik vor neue Aufgaben. Immer mehr Menschen in der Stadt erreichen ein hohes Alter und brauchen auch aus diesem Grund eine wohnortnahe medizinische Versorgung. Zudem müssen die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen besonders beachtet werden. Es ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung, eine flächendeckende und wohnortnahe ärztliche Versorgung zu organisieren. Berlin hat nicht zu wenige Ärzte, sie sind nur in der Stadt ungleich verteilt. Seit Jahren sind Wanderungsbewegungen in vermeintlich lukrativere Bezirke zu verzeichnen.

Seit dem 1. Januar 2012 dürfen Arztniederlassungen nur noch verlagert werden, wenn durch den Fortzug keine Unterversorgung in dem jeweiligen Versorgungsgebiet entsteht. Doch wir brauchen klare Kriterien, wie der Begriff der Unterversorgung definiert wird. Denn es kommt nicht in erster Linie auf die statistische Anzahl der niedergelassenen Ärzte pro Einwohner*in in einer Versorgungsregion an. Entscheidend sind andere Kriterien, wie das soziale Umfeld oder die altersgemäße Zusammensetzung der Bevölkerung im jeweiligen Wohngebiet.

Wo die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Versorgungsauftrag nicht nachkommen kann, ist ihr Monopolanspruch für die ambulante Versorgung in Frage zu stellen.

Den Öffentlichen Gesundheitsdienst ausbauen

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) hat eine ganz wesentliche Aufgabe: er soll Leistungen für diejenigen Menschen bereitstellen, die aus gesundheitlichen, sozialen, sprachlichen, kulturellen oder finanziellen Gründen keinen ausreichenden oder rechtzeitigen Zugang zu den Hilfesystemen finden, oder die aufgrund ihres Gesundheitszustands besonderer Unterstützung und Betreuung bedürfen.

Weiterhin hat der Öffentliche Gesundheitsdienst die Gesundheitsprävention in der Stadt zu organisieren, von der Epidemiebekämpfung über die gesundheitliche Versorgung der Flüchtlinge bis hin zu Einschulungsuntersuchen. Dazu ist er derzeit nicht mehr in der Lage. Es fehlt an allen Ecken und Enden an qualifiziertem Personal und ausreichenden finanziellen Mitteln. Deshalb muss der ÖGD zu einem attraktiven Arbeitgeber ausgestaltet werden, der auch jungen Medizinerinnen und Medizinern eine interessante Alternative zum Klinikalltag oder zur eigenen Niederlassung bietet.

Pflege: Ambulant vor stationär

Wir wollen die Möglichkeiten für die die ambulante und häusliche Pflege ausweiten, damit die pflegebedürftigen Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden leben können. Dazu braucht es eine deutliche Verbesserung der Qualität ambulanter und häuslicher Pflege und den Ausbau der Pflegestützpunkte sowie niederschwellige Beratungs- und Hilfeangebote.

Ebenso sollen bei Neubauvorhaben, neben Kitas und Schulen, auch Angebote für ältere und pflegebedürftige Menschen integriert werden. Dazu gehören neben der Schaffung barrierefreien Wohnraums und dem weiteren Ausbau demenzfreundlicher Kieze auch wohnortnahe Angebote der Tages- und Kurzzeitpflege. In Pflegeheimen muss die Personalausstattung verbessert und die Kooperation mit Ärzten und Kliniken verstärkt werden. Vor allem die Einbindung besonderer Kompetenzen, wie z.B. im Bereich der Palliativpflege und der gerontopsychiatrischen Pflege, muss verstärkt werden. Die älter werdende Gesellschaft und der steigende Bedarf an Pflegefachkräften machen es dringend notwendig, mehr Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen. Dafür braucht es vor allem gute Ausbildung und gute Arbeit mit einer angemessenen Ausbildungsvergütung und Entlohnung, gesunden Arbeitsbedingungen und einer Steigerung der gesellschaftlichen Wertschätzung. Vivantes muss als öffentliches Unternehmen seiner Ausbildungsverantwortung in der Altenpflege besser gerecht werden.

Alle gesetzlichen Möglichkeiten, die das Land hat, sind im Interesse der zu Pflegenden und der Pflegekräfte auszunutzen

Die Krankenhaus-Versorgung sichern

Die öffentlichen Krankenhäuser der Stadt, die Charité mit ihren drei und Vivantes mit seinen neun Standorten bilden nicht nur das Rückgrat der stationären Versorgung der Berlinerinnen und Berliner, sie sind rund um die Uhr mit ihren Rettungsstellen die wichtigsten Anlaufstellen für alle Notfallpatientinnen und -patienten. Aber immer noch sind die öffentlichen Krankenhäuser der Stadt unterfinanziert. Der jährliche Investitionsbedarf der Berliner Kliniken liegt zwischen 220 und 250 Millionen Euro. Allein für den 1. Bauabschnitt des Neuköllner Krankenhauses bräuchte das landeseigene Krankenhausunternehmen Vivantes 150 Millionen Euro. Eine Finanzierung aus "Eigenmitteln" ist durch die bundesgesetzlich vorgegebenen Grundlagen der Krankenhausfinanzierung nahezu ausgeschlossen. Alle eingesetzten "Eigenmittel" sind zweckentfremdete Gelder, die aus Einsparungen beim Personal oder bei der Patientenversorgung abgezweigt werden müssen. Solange dieser Mechanismus vom Senat sogar noch befördert wird, gibt es - trotz aller Beteuerungen des CDU-Senators - keine wirkliche Trendwende in der Investitionspolitik des Landes. So musste Vivantes 34 Millionen Euro "Eigenmittel" aufbringen, um 40 Millionen Euro aus dem "Sondervermögen Wachsende Stadt" zu erhalten.

Wir schlagen ein Berliner Sonderinvestitionsprogramm zur mittelfristigen Beseitigung des enormen Sanierungsstaus in unseren Kliniken vor. Gleichzeitig muss auf Bundesebene endlich eine Vorhaltepauschale als zusätzliche Säule der Krankenhausfinanzierung durchgesetzt werden, um die Aufgaben zu finanzieren, die Krankenhäuser 24 Stunden im Rahmen ihres Versorgungsauftrags vorhalten müssen, ohne dass diese sich für die Häuser rechnen.

Die Beschäftigten der Charité haben in einem langen Arbeitskampf einen Tarifvertrag für eine Mindestbemessung von Personal auf den Krankenhausstationen durchgesetzt, denn die Arbeitsbedingungen vieler Krankenhäuser sind für das Pflegepersonal und die Ärztinnen und Ärzte unzumutbar. Doppelschichten und ungezählte Überstunden gefährden nicht nur die Gesundheit der Pflegenden, sie bedeuten auch für die Patientinnen und Patienten ein zusätzliches Risiko. "Mehr von uns ist besser für alle" - der Slogan des Charité-Streiks gilt für die Personalbemessung in den Krankenhäusern insgesamt. Deswegen unterstützen wir auch die Forderung der Vivantes-Beschäftigten nach mehr Personal.

Wir setzen uns für gesetzliche Mindestpersonalvorgaben bei den Stationsbesetzungen ein. Müssten die Kliniken nur zehn Millionen Euro weniger an "Eigenmitteln" für ihre Sanierung aufbringen, könnten sofort 200 Pflegekräfte mehr eingestellt werden.

Drogenpolitik neu denken

Alkohol und Tabak sind die am meisten konsumierten Drogen. Während Cannabis weiterhin illegal ist, wird der Konsum von Alkohol und Tabak immer noch stark verharmlost. Wir stehen für ein umfassendes Werbeverbot für Alkohol und Zigaretten. Aufklärungskampagnen, die lediglich Abstinenz anstreben, sind zum Scheitern verurteilt. Dass Zigaretten und Alkohol schädlich sind, ist bekannt. Dennoch rauchen Menschen weiterhin und trinken Alkohol. Konsumierende müssen vielmehr in ihrer Entscheidungskompetenz gestärkt und zu einem verantwortungs- und rücksichtsvollen Umgang mit der eigenen Gesundheit und der Gesundheit anderer bewegt werden.

Die Kriminalisierung der Menschen, die Drogen konsumieren, ist nicht geeignet, die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schäden wirksam zu verringern. Der Schwarzmarkt boomt, der Drogenhandel an öffentlichen Plätzen nimmt zu. Wir fordern ein grundsätzliches Umdenken in der Drogenpolitik. Eine moderne und progressive Drogenpolitik stellt den Gesundheits-, Verbraucher- und Jugendschutz sowie Prävention in den Mittelpunkt. Drogenkonsum ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Prävention kann daher nur wirksam sein, wenn sie als Teil einer insgesamt sozialen und gerechten Politik begriffen wird.

Wir setzen uns auf Bundesebene für die Überprüfung des Betäubungsmittelgesetzes ein. Zudem wollen wir uns aktiv für Bundesratsinitiativen für eine regulierte Abgabe von Cannabis - zum Beispiel in Form von Cannabis-Social-Clubs - und für eine umfängliche Verwendung von Cannabis als Medizin stark machen.

Auch im Rahmen der geltenden bundespolitischen Regelungen sind progressive drogenpolitische Ansätze auf Landesebene möglich. DIE LINKE Berlin hat durchgesetzt, dass der Besitz von Cannabis zum Eigenbedarf in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt wird . Wir werden uns jedweden Bestrebungen, diese Errungenschaft zunichte zu machen, entschieden widersetzen. Deshalb fordern wir auch die sofortige Aufhebung der Null-Toleranz-Zonen.

Suchtprävention und Suchthilfe erweitern

Die Angebote zur Suchtprävention wollen wir verstetigen und ausbauen. Träger und Einrichtungen der Drogen- und Suchthilfe, wie integrierte Wohnungsstätten für Menschen mit Suchterkrankungen, dürfen nicht an den Stadtrand verdrängt werden. Sie gehören zur sozialen Infrastruktur, so wie Abhängige auch Teil der Gesellschaft sind. Wir wollen insbesondere Projekte der Drogenhilfe unterstützen, welche die Teilhabe an der Gesellschaft und selbstbestimmtes Leben der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen.

Suchterkrankungen stellen nicht in erster Linie individuelles Versagen dar. Jede Stigmatisierung von Suchtkranken schadet den Betroffenen und gefährdet die medizinische und psychosoziale Hilfe. Eine erfolgreiche Therapie ermöglicht den Betroffenen Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe. Sie muss nicht zwingend das Ziel der Abstinenz verfolgen. Wir setzen uns für den Ausbau psychosozialer Betreuungsangebote für Schwerstabhängige und von Diamorphin-Behandlungszentren ein.

Eine verantwortungsvolle Drogenpolitik akzeptiert Drogengebrauch in der Gesellschaft und versucht, dessen gesundheitlichen Risiken zu reduzieren (Harm Reduction). Wir fordern die Ausweitung der Vergabe von sauberem Spritzbesteck auf Haftanstalten und die Einrichtung weiterer Drogenkonsumräume, um die Gefahren durch Infektionen zu reduzieren. Konsumierende müssen die Möglichkeit haben, Drogen auf gefährliche Verunreinigungen prüfen zu lassen (Drugchecking). Wir wollen daher ein Modellprojekt zur Durchführung von Drugchecking auf Landesebene. Dies ist auch unter dem bestehenden Bundesrecht möglich.

Sport macht Spaß und verbindet

Sport gehört zum Leben vieler Berliner*innen. Egal ob sie aktiv selbst Sport treiben oder sportliche Aktivitäten als Zuschauer*innen oder Konsument*innen erleben. Sport erhöht die Lebensqualität der Berliner*innen und fördert gesunde Lebensweisen, sowie für soziales, inklusives und faires Miteinander. All das muss ausgebaut und gestärkt werden. Wir wollen daher den freien Zugang zu öffentlichen Sportstätten - egal ob im Verein oder individuell - erhalten und vor allem den integrativen Faktor des Sports stärken.

Mit dem Sportförderungsgesetz und den Ausführungsvorschriften über die Nutzung öffentlicher Sportanlagen Berlins besteht seit Jahren eine Grundlage dafür, dass Sportvereine die Sportanlagen der Bezirke und des Landes unentgeltlich nutzen können. Daran wollen wir uneingeschränkt festhalten. Für den Erhalt der Sportstätten in einem angemessenen Zustand sind zusätzliche Investitionen einzusetzen. Die Bezirke müssen in die Lage versetzt werden, Erhalt, Instandsetzung, Sanierung, die Herstellung von Barrierefreiheit sowie den Neubau von Sportanlagen zu finanzieren. Wir werden das bisherige Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm zur Sicherstellung der Arbeit der Berliner Sportvereine und des individuellen Freizeitsports in der bisherigen Höhe fortsetzen. Auch das Vereinsinvestitionsprogramm soll erhalten bleiben

Die wachsende Stadt muss auch durch den Bau neuer Sportstätten auf mehr Nutzer*innen vorbereitet sein. Das ehrenamtliche Engagement von Übungsleiter*innen in den Vereinen verdient eine größere Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Wir sind gegen eine Kostenübernahme von Polizeieinsätzen bei Sportveranstaltungen durch die Vereine. Die Gewährleistung von Sicherheit bei Großveranstaltung muss grundsätzlich beim Land Berlin liegen. Darüber hinaus muss die gezielte Überwachung und Kriminalisierung von nicht-gewalttätigen Fangruppierungen (sog. Ultras) umgehend beendet werden.

Diskriminierungsfrei im Sport

Viele LSBTTI* (Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle) schrecken vor dem Besuch von Sportveranstaltungen oder dem Mitmachen in einem Sportverein zurück, weil sie dies als eines der verbliebenen Felder besonderer Diskriminierung wahrnehmen. Häufig bietet Sport durch seinen naturgemäßen Wettkampfcharakter diskriminierendem Verhalten einen fruchtbaren Nährboden. Dem wird insbesondere durch Vereins- und Fan-Initiativen, wie z.B. "Fußballfans gegen Homophobie e.V." von Fans und Sportler*innen selbst gut entgegengewirkt. Wir unterstützen diese Initiativen und setzen uns aktiv für eine Ausweitung ihrer Arbeit ein.

Bäderlandschaft bezahlbar machen

Bäder müssen bezahlbar für alle bleiben. Die unentgeltliche Nutzung für Schüler*innen, Vereinssportler*innen und Kita- sowie Hortkinder bleiben zwingend notwendig. Das Angebot des Super-Ferienpasses für die Bäder werden wir erhalten. Das Prinzip der Daseinsvorsorge gilt für uns auch beim Baden und Schwimmen. Bei der Fortführung der Sanierung der Hallenbäder wird die energetische Sanierung ein Schwerpunkt sein, um auch nachhaltig Betriebskosteneinsparungen zu erreichen. Unser Ziel ist, alle Hallen- und Sommerbäder zu erhalten. Darüber hinaus soll der regionale Versorgungsunterschied bei Hallen- und Sommerbädern überwunden werden.

Sportförderung neu ausrichten

Wir wollen die Förderung des Sports - primär des Landessportbundes - in der bisherigen Größenordnung aufrechterhalten, auch wenn die Lottoeinnahmen zurückgehen. Um die Grundlage für die Finanzierung des Sports zu erhalten, müssen das staatliche Glücksspielmonopol und die Festschreibung der Lottomittel bestehen bleiben Unabhängig davon streben wir an, dem gemeinnützigen Berliner Sport durch eine vertragliche Regelung mehr finanzielle Planungssicherheit unabhängig von der Höhe der eingehenden Lottomittel zu geben. Berlin ist tagtäglich Austragungsort von Sportveranstaltungen auf allen Ebenen. Das soll so bleiben. Es kann aber nicht sein, dass zwar für internationale und nationale Großveranstaltungen viel Geld vorhanden ist, der Breitensport aber vernachlässigt wird. Sport ist für Kinder und Jugendliche, Frauen und Männer, Menschen mit und ohne Behinderung, mit und ohne Einwanderungsgeschichte gleichermaßen in allen Bereichen zu fördern.

 

Kapitel 4

Stadt der Vielfalt - Solidarität und Mitbestimmung statt Ausgrenzung und Stigmatisierung

Menschen aus über 190 Ländern und viele schon seit Generationen leben in Berlin. Viele sind neu eingewandert oder haben hier Schutz und Aufnahme gesucht: Junge und Alte, Menschen mit und ohne Behinderung, unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen sowie unterschiedlicher sexueller Orientierung.

Diese Vielfalt bildet sich in Verwaltung, Polizei, Feuerwehr, Gesundheits- und Bildungswesen zu wenig ab. Deshalb schlagen wir vor, die Investitionsoffensive in mehr Personal für den öffentlichen Dienst mit einer Offensive zur interkulturellen Öffnung zu verbinden.

Es kommen viele neue junge Menschen und Familien mit Kindern nach Berlin, gleichzeitig wächst die Zahl der Älteren und vor allem der sehr alten Menschen. Dem muss die Stadtentwicklung Rechnung tragen. Wir schlagen vor, unsere Investitionsoffensive mit dem Ausbau der wohnortnahen sozialen Infrastruktur, der gesundheitlichen Versorgung und des Bildungswesens zu verknüpfen und Berlin ohne Barrieren für Menschen mit Behinderungen weiterzuentwickeln.

Solidarität ist unser Leitmotiv im politischen Umgang mit den geflüchteten Menschen. Im Vordergrund steht jetzt die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge. Wir wollen, dass sie schnellstmöglich in eigene Wohnungen ziehen können und rasch Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe erhalten. Das heißt: Öffnung der regulären Schulen, der Kitas, der Ausbildung, der Hochschulen und des Arbeitsmarkts sowie der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Dafür braucht es dringend einen Ausbau der sozialen Infrastruktur in der Stadt, die gewährleistet, dass sich künftig sowohl neu ankommende Flüchtlinge als auch schon länger in Berlin lebende Menschen auf diese Infrastruktur verlassen können und nicht verschiedene Gruppen gegeneinander ausgespielt werden.

Und wir schlagen vor, die Initiative sexuelle Vielfalt, die seit der Regierungsübernahme durch schwarz-rot mehr oder weniger vor sich hindümpelt, wieder aufzugreifen und einen Neustart vorzunehmen.

Flüchtlinge willkommen - Rassistischer Hetze entgegentreten

In den letzten Jahren sind viele tausend Menschen vor Krieg, Not und Verfolgung nach Berlin geflohen und haben hier Schutz und Aufnahme gesucht. Tausende Berlinerinnen und Berliner engagieren sich, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen und die soziale Infrastruktur für deren Unterbringung und Versorgung zu organisieren. Ihnen gilt unser aufrichtiger Dank. Auch die Helfenden benötigen Unterstützung z.B. durch Supervision und ein Landesförderprogramm "Willkommenskultur". Wir fordern Sprachkurse und Supervision für die Helferinnen und Helfer, damit sie mit den Flüchtlingen besser kommunizieren können und Hilfe für die Arbeit mit den häufig traumatisierten Menschen erhalten.

Dass die Flüchtlingsarbeit derzeit nur funktioniert, weil Tausende ehrenamtlich mit anpacken, ist Ausdruck eines dramatischen institutionellen Versagens des Senats - und das, obwohl auch hunderte Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf Landes- und Bezirksebene vieles tun, um die Stümperei der Spitze vor Ort abzumildern.

Gleichzeitig nimmt die rassistische Hetze gegen Flüchtlinge und gegen ihre Unterstützerinnen und Unterstützer dramatisch zu. Wir stellen uns gemeinsam mit vielen Berlinerinnen und Berlinern dieser Hetze entgegen. Wir sind gegen Massenunterkünfte in Turnhallen oder den Hangars auf dem Tempelhofer Feld, dies führt immer zu Ausgrenzung und Stigmatisierung. Monatelanges Warten auf die Bearbeitung des Asylantrages, ausstehende Leistungen und die Situation am LAGeSo zermürben. Wir brauchen eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik.

Dazu gehört auch ein Landesaufnahmeprogramm ohne lebenslange Verpflichtungserklärungen zur Finanzierung des Lebensunterhaltes für Menschen, die Angehörige von Flüchtlingen bei ihrer Einreise und Integration in Berlin unterstützen

Dezentrale Unterbringung statt Massenlager

Wir streiten für eine schnelle dezentrale Unterbringung in Wohnungen. Die Gemeinschaftsunterkünfte müssen Mindeststandards entsprechen und regelmäßig kontrolliert werden. Not- und Massenunterkünfte müssen schnellst möglichst geschlossen werden."

Wir setzen uns für bezahlbare Wohnungen für alle Menschen ein und lassen nicht zu, dass verschiedenen Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden. Wir wollen, dass leerstehende Immobilien für Wohnungen für Flüchtlinge und andere einkommensarme Bevölkerungsgruppen umgebaut werden. Wir setzen uns für integrative Wohnprojekte ein - wie z.B. für das Haus der Statistik vorgeschlagen. Dabei sind die Rahmenbedingungen für gemeinnützige Träger zu verbessern, damit auch sie sich an der Bereitstellung von Wohnraum beteiligen können. Die Vereinbarung mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, muss ausgeweitet werden. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, dass weitere Wohnungsunternehmen für die Vereinbarung gewonnen werden. Wir wollen, dass leerstehender Wohnraum und die vielen tausend Ferienwohnungen für die dauerhafte und vorübergehende Unterbringung jetzt für Flüchtlinge und Menschen in Wohnungsnot bereitgestellt werden. Der Senat ist gefordert, mit den Eigentümer*innen in Verhandlungen zu treten.

Vor allem die Bedürfnisse der besonders schutzbedürftigen Flüchtlinge, wie z.B. Schwangere, Menschen mit Behinderung, alleinstehende Frauen oder queere Menschen müssen bei der Unterbringung berücksichtigt werden. Wir brauchen ausreichende Plätze für traumatisierte und schwersttraumatisierte Flüchtlinge."

Teilhabe und Integration im Bezirk

Die Bezirke müssen mit ausreichenden finanziellen Mitteln und weiterem Personal ausgestattet werden, damit sie die Flüchtlinge, die in ihre Zuständigkeit fallen, in Wohnungen unterbringen sowie die Unterstützung, Beratung, und Integration von Flüchtlingen gewährleisten können. Die Bezirke, zivilgesellschaftliche Organisationen, Nachbarschaftszentren und -initiativen müssen bei der Weiterentwicklung einer Willkommenskultur unterstützt werden, um damit zügig die Teilhabe der Flüchtlinge am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dazu gehören der Zugang zu Bildung und Arbeit, ebenso wie zur Gesundheitsversorgung.

Schnelle Arbeitsmarktintegration

Spracherwerb ist ein Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und zentral für den Zugang zu Arbeit und Ausbildung. Deshalb brauchen wir einen schnellen und unbeschränkten Zugang zu Sprach- und Integrationskursen für alle Flüchtlinge. Notwendig ist ein abgestimmtes und umfassendes Konzept das von der Erstberatung bis zum Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag die notwendige Begleitung sichert. Wir wollen eine Qualifizierungsoffensive für Geflüchtete und Langzeiterwerbslose. Dafür wollen wir die von uns vorgeschlagene Investitionsoffensive mit einem Landesbeschäftigungsprogramm verbinden.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen bei der unbefristeten Einstellung von Flüchtlingen oder Langzeiterwerbslosen einen Qualifizierungs- und Einarbeitungszuschuss erhalten. Gerade junge Flüchtlinge, die nicht mehr unter die Schulpflicht fallen, sind auf schnelle Eingliederungsangebote angewiesen. Wir wollen, dass auch über 18-Jährige die Schule bis zu einem Abschluss besuchen können. Die Oberstufenzentren (OSZ) sollen über ihr Sprachangebot hinaus, für junge Flüchtlinge Angebote zur Berufsorientierung und -vorbereitung entwickeln. Mit den Hochschulen wollen wir die unkomplizierte Immatrikulation von Flüchtlingen vereinbaren.

Flüchtlingskinder in reguläre Kitas und Schulen

Wir setzen uns für Kita-Plätze für alle Flüchtlingskinder in regulären Kitas ein. Diese müssen ausgebaut und personell gestärkt werden. Die größeren Kinder brauchen den Schulbesuch in regulären Schulen, nicht in Sammelunterkünften. Die Bezirke sollen bei der Sicherstellung von ausreichend Plätzen in Schulen und Kitas für die Beschulung und die Betreuung von Flüchtlingskindern unterstützt werden. Wir brauchen eine kinder- und jugendgerechte Betreuung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach den rechtlichen Standards der Kinder- und Jugendhilfe ohne entwürdigende Methoden der Altersfeststellung.

Rechte der Härtefallkommission verteidigen und erweitern

Mit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes ist die Annahme eines Härtefalls in der Regel ausgeschlossen, wenn ein Rückführungstermin feststeht. Diese Neufassung macht eine Anpassung der Härtefallkommissions-Verordnung erforderlich, die bisher diesen Ausschlussgrund für die Annahme eines Härtefalls nicht vorsah. Die zuständige Innenverwaltung nutzt diese Regelung, um die Anträge von Härtefällen, bei denen ein konkreter Abschiebungstermin vorliegt, als grundsätzlich unzulässig abzuweisen. Diese Praxis muss umgehend beendet werden. Für Härtefallentscheidungen darf es nie zu spät sein. Die Entscheidungen müssen sich immer zuerst an humanitären Gesichtspunkten ausrichten. Zudem muss das Härtefall-Verfahren reformiert werden.

Die Härtefallkommission muss vor einer abschließenden Entscheidung schriftlich über die Gründe informiert werden, wenn der Innensenator einem Härtefallersuchen nicht entsprechen will. Die Kommission muss die Möglichkeit zur Stellungnahme haben

Abschiebestopp durchsetzen

Mit der Ausweisung in vermeintlich sichere Herkunftsstaaten werden Menschen sehr häufig in die Obdachlosigkeit abgeschoben. Das ist im Winter besonders grausam. Deshalb setzen wir uns für einen Abschiebestopp ein.

Grundrecht auf Asyl wiederherstellen

Von der Bundesebene fordern wir, die ständigen Verschärfungen des Asyl- und Flüchtlingsrechts zurückzunehmen, das Grundrecht auf Asyl wiederherzustellen und alle Sondergesetze zulasten der Flüchtlinge abschaffen. Dazu zählen das Asylbewerberleistungsgesetz, das Arbeitsverbot, die Residenzpflicht, die Pflicht, bis zu sechs Monate in Sammelunterkünften zu wohnen, Abschiebungen und die Abschiebehaft.

Fluchtursachen bekämpfen - nicht Flüchtlinge

Wir fordern die Entwicklung einer ernsthaften Strategie zur Bekämpfung der Fluchtursachen, nicht der Flüchtlinge. Dazu gehören diplomatische Offensiven der Bundesregierung und der EU zur Befriedung der Kriege und Bürgerkriege im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und auch in Europa, ein Ende der rassistischen Verfolgung von Sinti und Roma in vielen Ländern selbst der EU, ein Stopp der Waffenexporte, der Kriegseinsätze der Bundeswehr, der polizeilichen und geheimdienstlichen Kooperation mit Diktaturen und wirksame Strategien zur Eindämmung schädlicher Klimaveränderungen.

Neubürgerinnen und -bürger willkommen

Nicht nur Flüchtlinge kommen, auch viele und vor allem junge EU-Bürgerinnen und -Bürger verlassen ihre krisengeschüttelten Länder, um sich hier neue Perspektiven aufzubauen. Wir wissen, dass sich Berlin mit seinen Neubürgerinnen und Neubürgern verändert und dass wir uns alle gemeinsam verändern müssen, um diese Stadt für alle lebenswert zu gestalten. Soziale, politische und rechtliche Ausgrenzung, Diskriminierung und Rassismus führen dazu, dass viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte ausgegrenzt werden. Doch nur wer sich als gleichberechtigtes Mitglied einer Gesellschaft wahrgenommen fühlt, ist auch motiviert, in ihr mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen. Dafür, dass dies so ist, werden wir uns auch zukünftig einsetzen.

Deshalb lassen wir nicht zu, dass unterschiedliche Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden. Wir stehen solidarisch an der Seite geflüchteter Menschen genauso wie an der Seite prekär Beschäftigter, einkommensarmer Menschen oder Wohnungsloser.

Eine Stadt der Vielfalt muss ihnen allen ein Zuhause, Bildung, Arbeit, Einkommen und gesellschaftliches Miteinander ermöglichen.

Vielfalt braucht interkulturelle Öffnung

Der Senat hat das Berliner Partizipations- und Integrationsgesetz ignoriert. Wir wollen es endlich umsetzen und weiterentwickeln. Kernstück ist die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und der öffentlichen Institutionen. Wir möchten, dass mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte im öffentlichen Dienst arbeiten und die Belange und Anforderungen der Berlinerinnen und Berlinern mit ähnlichen Erfahrungen in die Struktur und Arbeitsweise ihrer Institutionen einbringen. Eine Stadt der Vielfalt verlangt vielfältige Behörden, Unternehmen, Einrichtungen auf Landes- und bezirklicher Ebene.

Die Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, der Seniorenarbeit, der Pflege müssen sich für die verschiedenen Kulturen, die unterschiedlichen Schmerz- oder Gesundheitsempfindungen, die unterschiedlichen Lebensformen der Berliner Bürgerinnen und Bürger öffnen und kultursensibel arbeiten. Wir wollen das Partizipations- und Integrationsgesetz zu einem wirksamen Instrument schärfen, um Teilhabe und Gleichberechtigung von Berlinerinnen und Berlinern mit und ohne Einwanderungsgeschichte auf Bezirks- und Landesebene weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch, dass die Flüchtlinge und ihre Belange dort auf- und wahrgenommen werden.

Ältere Menschen mit Migrationshintergrund sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe in der Stadt. Wir engagieren uns für die interkulturelle Öffnung der Altenhilfe- und Pflegestrukturen und die stärkere Teilhabe von älteren Migrant*innen, wie das Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz festschreibt. Das schließt die Förderung ehrenamtlichen Engagements in den Strukturen der Altenhilfe und Seniorenfreizeitstätten mit ein.

Wohnungsbau und Wohnungsankauf durch das Land oder durch Genossenschaften müssen zu ausreichend bezahlbarem Wohnraum für alle Neu- und Alt-BerlinerInnen mit geringen und mittleren Einkommen führen. Wir wollen die Berliner Mischung neu erfinden, das Miteinander in den Vordergrund stellen und organisieren.

Erwerbsarbeit und Ausbildung sind Schlüssel zur gesellschaftlichen Integration und Teilhabe. Deshalb werden wir verstärkte Anstrengungen unternehmen, damit vorhandene im Ausland erworbene Abschlüsse und Qualifikationen schnell anerkannt werden und die Menschen sich, wenn erforderlich, zügig weiter qualifizieren können. Wir werden das erfolgreiche Programm "Berlin braucht dich", das Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte in Ausbildung vermittelt, verstärken und den öffentlichen Dienst und die landeseigenen Unternehmen zum Vorreiter interkultureller Öffnung ausbauen.

Berlin - barrierefrei!

Viele Berlinerinnen und Berliner haben körperliche oder andere Beeinträchtigungen. Die Konvention der Vereinten Nationen für die Rechte der Menschen mit Behinderungen stellt der Gesellschaft die Aufgabe, in allen Lebensbereichen Barrieren, die Menschen an voller gesellschaftlicher Teilhabe hindern, zu erkennen und zu beseitigen. Es geht um das Menschenrecht auf Inklusion, um die Einbeziehung aller Menschen in ein gemeinsames gesellschaftliches Leben. Diesen Ansatz unterstützen wir. Zwar sind wir schon recht weit gekommen, aber Berlin ist noch lange keine inklusive Stadt.

Wir wollen den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung, die uneingeschränkte Zugänglichkeit öffentlicher Gebäude, der Verkehrsmittel und des Straßenlandes, aber auch die Barrierefreiheit des öffentlichen Internet-Auftritts. Wir wollen den gleichberechtigten Zugang zu Arbeit und Ausbildung und wir wollen, dass alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Wir begreifen unsere Politik mit und für Menschen mit Behinderung als Querschnittsaufgabe, die sich in vielen Politikfeldern wiederfindet.

Älter werden in Berlin

Der medizinische Fortschritt und ein verändertes Gesundheits- und Ernährungsbewusstsein lassen die Menschen in unserer Gesellschaft immer älter werden. Immer mehr Seniorinnen und Senioren nutzen ihre Zeit nach der Erwerbsarbeit für sich, für die Familie und Freunde, für ehrenamtliches und/oder politisches Engagement, für Sport, Kultur, Reisen und vieles mehr. Doch für ein erfülltes gesundes Alter muss auch die materielle Basis, die Rente, stimmen.

Nicht nur allein wegen der Rentenreform ist die Alterssicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht armutsfest. Prekäre Beschäftigung und unstete Erwerbsverläufe z.B. durch Erwerbslosigkeit oder Familienarbeit verschärfen dies noch. Im Ergebnis steigt die Altersarmut auch in Berlin weiter an. DIE LINKE streitet daher auf Bundesebene für die Anhebung des Rentenniveaus zur Lebensstandartsicherung, für armutsfeste Mindestrenten, die Angleichung der ostdeutschen Renten an das Westniveau und für einen Mindestlohn, der auch existenzsichernde Rentenansprüche sichert.

Berlin war das erste Bundesland, das ein SeniorInnenmitwirkungsgesetz eingeführt hat. DIE LINKE setzt sich für die verbesserte Umsetzung und Weiterentwicklung des Gesetzes in allen Bezirken ein. Das bezieht sich sowohl auf eine einheitliche Handhabung der bestehenden Mitwirkungsrechte als auch auf bessere Arbeitsmöglichkeiten für die Seniorenvertretungen. Wir wollen, dass sich mehr älterer Berlinerinnen und Berliner an der Gestaltung ihrer Stadt beteiligen, mehr Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund für die Arbeit gewinnen und die Beteiligung bei Wahlen zu den Seniorenvertretungen erhöhen, die kurz nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in den Bezirken stattfinden.

Wir fordern, dass auch in Berlin der 1. Oktober jährlich als Tag der älteren Menschen begangen wird, wie es bereits in vielen Städten seit dem Beschluss der UNO von 1990 geschieht. An diesem Tag sollen die Herausforderungen und Chancen des demografischen Wandels in Berlin verdeutlicht und die Ergebnisse der Berliner Seniorenpolitik kritisch beleuchtet werden. Zugleich sollen die Leistungen der älteren Menschen und deren Gewinn für die Gesellschaft hervorgehoben und mit entsprechenden Ehrungen gewürdigt werden.

Für DIE LINKE haben die Themen Barrierefreiheit sowie Mobilität und Sicherheit einen hohen Stellenwert. Dabei geht um den Erhalt der Mobilität und den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit von älteren und mobilitätseingeschränkten Menschen. Die Mobilitätshilfsdienste in den Bezirken müssen abgesichert werden, der Sonderfahrdienst und der VBB-Begleitservice erhalten bleiben.

Queer in Berlin

2009 wurde auf Initiative der LINKEN ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Homo- und Transfeindlichkeit, die Initiative "Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt" (ISV), beschlossen und in den Jahren 2010/2011 umgesetzt. Fünf Jahre Große Koalition haben diese Entwicklung gebremst. Entgegen aller Versprechungen sahen sich SPD und CDU nicht in der Lage, die ISV konzeptionell weiterzuentwickeln. Heute ist Berlin, der Geburtsort der modernen Bewegungen von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LSBTTI*), nur noch Mittelmaß in Sachen Gleichstellung. Andere Bundesländer, die nach 2009 die ISV nachnutzten und weiterentwickelten, haben Berlin längst überholt.

Dabei stellten sich nach der ersten ISV aus den Jahren 2009-2011 eine Reihe neuer Fragen und Herausforderungen, die aufgegriffen werden müssen. Selbst das Fortbestehen der ISV stand in den Jahren der schwarz-roten Schlafwagenmentalität in Frage. Ohne das Engagement aus den Communities wäre das 2011 Erreichte verloren gewesen.

Initiative sexuelle Vielfalt weiter führen

Wir meinen, Berlin braucht einen Neustart der ISV, der sich ressortübergreifend, dialogorientiert und nachhaltig entwickeln muss. Wir streiten dafür, dass aus der Initiative eine dauerhafte Struktur der Akzeptanzarbeit entsteht, in der die Landesantidiskriminierungsstelle und die vielen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen kooperieren.

Neben den überfälligen Schritten der rechtlichen Gleichstellung, wie der "Ehe für alle" und der Rehabilitierung und Entschädigung der nach den §§ 175 StGB und 151 StGB-DDR verurteilten Männer, der Arbeit im Bildungsbereich und im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, der Sicherung, Bewahrung und Präsentation der Erinnerung der LSBTTI* Communities in der Stadt, der Wiedererrichtung des Magnus-Hirschfeld-Institutes, der Fo?rderung für Regenbogenfamilien, der Arbeit für und mit Senior*innen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten, der O?ffnung der gesamten Verwaltung, der Förderung der Sichtbarkeit und der Sicherung der Rechte von Trans- und Intersexuellen, der Fo?rderung der Selbstorganisation in den bunten Communities der Stadt wollen wir neue Themen auf die Agenda setzen.

Dazu gehören die Arbeitswelt genauso wie der Sport und die weitere Verstärkung der präventiven Arbeit gegen Gewalt an LSBTTI*.

Solidarität mit queeren Flüchtlingen

Menschen fliehen auch in unsere Stadt, weil sie in ihren Heimatländern aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt werden. Das passiert nicht nur in den 72 Ländern der Welt, in denen Lesben und Schwule von der Todesstrafe bedroht sind, sondern auch in Ländern wie Russland und Polen. Schwule, lesbische, trans- und intersexuelle Flüchtlinge brauchen Schutz und Ermutigung. Die ersten Schritte, die in Berlin gegangen wurden, weil wir Druck gemacht haben, wollen wir in eine neue ISV integrieren. Schutz, Ermutigung und Beratung müssen sichergestellt und verbessert werden.

Berlin braucht eine neue Aids-Strategie

Mit der Zustimmung des Landes zur Speicherung des Merkmals ANST bei einer HIV-Infektion in polizeilichen Datenbanken wurde erstmals seit Auftreten von Aids in Deutschland eine namentliche Speicherung von Menschen mit HIV eingeführt. Dies widerspricht allen Zielen einer humanen Aids-Politik. Wer Menschen mit HIV stigmatisiert und ausgrenzt, trägt zur Verbreitung von HIV bei und bekämpft es nicht. Wir werden deshalb diese Speicherung beenden.

Nach den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Nichtinfektiosität unter Therapie muss auch das Entwicklungskonzept von 2010 weiterentwickelt werden. Berlin braucht eine moderne Strategie zur HIV-Prävention, die auf die Communities setzt, Diskriminierung von Menschen mit HIV bekämpft und Zugang zu Behandlung und Diagnostik (PEP und PrEP) für alle ermöglichet - mit oder ohne Papiere. Ziel muss es sein, bis 2025 in Berlin neue Aids-Erkrankungen und Todesfälle durch Aids zu verhindern.

Keine Stimme aus Berlin für TTIP und CETA

Das Ringen um eine friedliche Welt, wie auch für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung und für fairen Handel sehen wir als Teil der Bemühungen, Fluchtursachen zu bekämpfen. Deshalb treten wir dafür ein, die Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) und der EU und den USA (TTIP) als gemischte Abkommen zu behandeln, die der Ratifizierung durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten bedürfen. Wir werden dafür sorgen, dass Berlin im Bundesrat beiden Freihandelsabkommen nicht zustimmt.

Städtepartnerschaften im Dienste von Solidarität, Menschenrechten und Wirtschaftskooperation

Berlin hat 17 Städtepartnerschaften. DIE LINKE fordert, für diese Partnerschaften ein konsistentes strategisches Konzept zu entwickeln, das Schwerpunkte etwa in den Bereichen wirtschaftlicher Kooperation, Rechtsstaatsdialoge und Menschenrechtsfragen benennt und bei der Koordinierung der vielfältigen Aktivitäten auf diesem Gebiet die Berliner Bezirke und NGO's mit einbezieht.

Wir schlagen zwei neue Städtepartnerschaften vor. Zum einen mit Athen, der Hauptstadt des von der Austeritätspolitik der EU schwer belasteten Griechenlands, und mit der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi. Athen und Berlin sind Städte, die unter verfehlter Politik ihrer Eliten gelitten haben und beide Auswege aus der Situation suchen und finden. Beide Städte können voneinander lernen und deutlich machen, dass Solidarität auch innerhalb der EU gelebt werden kann.

Eine Städtepartnerschaft mit Hanoi kann an viele bestehende Kontakte anknüpfen. Seien es wirtschaftliche, Kontakte zwischen NGOs oder Berlinerinnen und Berlinern mit vietnamesischen Wurzeln. Neben Peking, Jakarta und Tokio einen weiteren Schwerpunkt in den südostasiatischen Raum zu legen, wird dem Austausch zwischen den aufstrebenden Ökonomien Asiens und Berlin neue Impulse verleihen.

Hauptstadt Berlin - Stadt des Friedens

Berlin soll als Hauptstadt und als Stadt des Friedens immer wieder sein kritisches Potenzial gegen Militarisierung und militärische Großmachtambitionen in der Bundesrepublik zur Geltung bringen. Dazu leisten wir unseren Beitrag: Wir thematisieren Bundeswehreinsätze an Schulen und unterstützen das antimilitaristische Engagement in Eltern- und Schülerschaft, kritisieren Militär- und Rüstungsforschung an den Universitäten und Forschungseinrichtungen Berlins und setzen uns für eine progressive Konversions-, Friedens- und Konfliktforschung ein.

Wir wollen keine Rückkehr zum Kalten Krieg und keine neue Aufrüstungs- und Konfrontationsspirale in Europa. Wir wollen ebenso keine Rückkehr zum Faustrecht und zum "Recht des Stärkeren", stattdessen eine Stärkung der Demokratie, der Menschenrechten und des Völkerrechts. Wir kämpfen für ein soziales, ein demokratisches, ein friedliches Europa! Berlin mit seiner Geschichte und Erfahrung, Berlin als Brücke zwischen Ost und West muss hier deutlich seine Stimme erheben.

 

Kapitel 5:

Soziale Metropole: demokratisch, bezahlbar und lebenswert

Wie viele internationale Metropolen entwickelt sich Berlin in die falsche Richtung: Das Zentrum wird aufgewertet und Einwohner*innen werden im Zuge dessen in die Peripherie verdrängt, während die Mieten überall steigen. Neue teure Wohn-, Büro- und Geschäftsbauten dienen als private Renditeobjekte und öffentliche Räume werden immer weniger. Berlin muss künftig wieder Impulse in die andere Richtung setzten. Das erfordert ein Umdenken, Stadtplanung muss langfristiger, verlässlicher, kooperativer und dabei großräumig und lokal zugleich gestaltet werden. Der Investitionsstau muss behoben und in die Infrastruktur der Zukunft investiert werden. Anstatt Planungen zu zentralisieren und entdemokratisieren, müssen Senat und Bezirke zusammenarbeiten, lokale und zivilgesellschaftliche Akteure und Initiativen eingebunden werden.

Berlin ist immer noch im Trend, aber keine günstige Stadt mehr. Wohnraum zu sozial verträglichen Preisen und städtische Freiräume gehen verloren. Die Wohnungsfrage als soziale Frage zu begreifen und politisch anzugehen wird die größte Herausforderung der kommenden Jahre. Wir wollen Wohnungen für alle, die sie brauchen. Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen und Flüchtlinge dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Dabei gilt: Stadt ist mehr als Wohnen und Grün ist Teil der städtischen Infrastruktur.

Berlin ist viele Städte und Heimat unterschiedlichster Menschen. Aus der Vielfalt erwachsen Kreativität und Urbanität. Sie ist Nährboden und Schlüssel der Dynamik unserer Stadt. Kultur und Wissenschaft sind unsere Rohstoffe, Gemeinsinn und Zusammenhalt unsere Werte. Nur als multikulturelle, solidarische und innovative Stadt ist Berlin eine soziale Metropole mit Ausstrahlung, wie es 740.000 Berlinerinnen und Berliner beim erfolgreichen Volksentscheid mit ihrem "Ja" für das "Tempelhofer Feld für alle" eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht haben, gegen Privatisierung und Bebauung und gegen Spekulation mit diesem einzigartigen ökologisch wertvollen Wiesenmeer.

Berlin wächst und hat nach Jahren der Stagnation Probleme damit. Die Politik ist darauf schlecht vorbereitet, die Behörden sind nicht ausreichend ausgestattet. Berlin und Brandenburg finden bisher keine gemeinsame, beiden Seiten nützende Antwort. Berlin braucht fast 100 Jahre nach der Gründung von Groß-Berlin ein neues Selbstverständnis und eine tragfähige Entwicklungsstrategie.

Gemeinsam Stadt gestalten

Stadtentwicklung von oben ist passé. Die Menschen wollen mitreden und mitentscheiden. DIE LINKE hat die Kämpfe um die Entwicklung der Stadt in den letzten Jahren mitgeführt und wir wissen, dass Proteste, Kampagnen und direktdemokratische Instrumente auch in Zukunft eine herausragende Rolle für die Entwicklung Berlins spielen müssen. Für die wachsende Stadt mit ihren vielfältigen Herausforderungen ist eine andere Planungs- und Entscheidungskultur unerlässlich: offen für alle und nicht in geschlossenen Zirkeln, den Kiez, die Metropole und die Region mitdenkend, in gegenseitigem Verständnis und mit längerem Atem. Dafür brauchen wir eine kooperative Stadtentwicklung mit den Bürger*innen, den Eigentümer*innen, den Bezirken und dem Nachbarland und eine deutliche Orientierung an den Interessen der Einwohner*innen, statt an den Interessen von Investoren.

Wir wollen ein ständiges Forum etablieren, in dem Politik, Verwaltung, Gesellschaft und Bürger*innenschaft aktuelle Aufgaben und Projekte der Stadtentwicklung miteinander debattieren. Die daraus erwachsenden Entscheidungsvorschläge werden dem Senat bzw. Abgeordnetenhaus vorgelegt. Das Stadtforum soll auch als Plattform lokaler und thematischer Bürger*inneninitiativen dienen und als permanenter Informations-, Kommunikations- und Ausstellungsort mit nutzbarer Infrastruktur eine selbstbestimmte Stadtentwicklung unterstützen. Auf Landesebene und in den Bezirken unterstützen wir die Einrichtung von Planungsbeiräten und projektbegleitenden Gremien.

Bezirkliche Planungen und Vorhaben, insbesondere zu denen ein Bürger*innenbegehren angestrengt worden ist, sollen bis zu dessen Abschluss nicht in die Zuständigkeit des Senats übergehen. Für den Ausbau der Bürger*innenbeteiligung sollen im Landeshaushalt und auf bezirklicher Ebene mehr Mittel bereitgestellt werden, von denen ein Teil bürgerschaftlichen Gremien zur eigenen Verfügung stehen soll.

Soziale Wohnraumversorgung

Seit 2009 steigen die Mieten überdurchschnittlich. Die Einkommensentwicklung hält nicht Schritt. Haushalte mit geringen Einkommen finden kaum Wohnraum zu bezahlbaren Preisen. Verschuldete Menschen haben geringe Chancen, eine Wohnung anzumieten. Die Zahl der Wohnungslosen steigt. Menschen, die Transferleistungen beziehen, werden zur Kostensenkung aufgefordert und finden keine günstigere Wohnung. Viele haben keine Chance, auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden. Das betrifft zunehmend auch Menschen mit mittlerem Einkommen.

Aber Wohnen ist ein Grundrecht, Wohnraumversorgung ein staatlicher Auftrag. Wir fordern als Grundlage für alle Planungen und Maßnahmen zur sozialen Wohnraumversorgung einen Wohnraumversorgungbericht einschließlich einer Wohnungslosenstatistik und darauf aufbauend ein Wohnraumversorgungskonzept mit konkreten Maßnahmen.

Das Wohnraumversorgungsgesetz, das erst durch das erfolgreiche Mietenvolksbegehren möglich geworden ist, wollen wir ändern. Die Regeln für Miethöhen und Mietausgleich müssen sozial sein. Höchstens 30 Prozent des Einkommens für die Bruttowarmmiete halten wir für tragbar. Die Kappungsgrenzen müssen gestrichen, die jährliche Mieterhöhung im sozialen Wohnungsbau ausgesetzt werden. Auch bestehende Mieterbeiräte bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen eine Rechtsgrundlage erhalten.

Die Richtwerte für die Kosten der Unterkunft für Transferleistungsbeziehende müssen für alle Wohnlagen im Mietspiegel gelten. Mieten und Betriebskosten, die der ortsüblichen Vergleichsmiete und der Berliner Betriebskostenübersicht entsprechen, müssen übernommen werden, ebenso alle Miethöhen im sozialen Wohnungsbau. Aufforderungen zur Senkung der Wohnkosten dürfen nur erfolgen, wenn im Wohnumfeld der Betroffenen den festgelegten Mietobergrenzen entsprechender freier Wohnraum vorhanden ist. Den Nachweis hierüber haben die Jobcenter bzw. andere kommunale Stellen zu erbringen. Als Wohnumfeld gilt die Möglichkeit, ohne große Aufwendungen bestehende soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Die Kriterien hierfür sind in der Wohnaufwendungsverordnung (WAV) festzulegen. Als Kriterium hierfür kann zum Beispiel der Einzugsbereich von Allgemeinbildenden Schulen gelten. Es muss Priorität haben, zu verhindern, dass jemand seine Wohnung verliert. Ebenso brauchen wir ein Konzept, um Zwangsräumungen zu verhindern.

Berlin bedarf eines ausreichenden Wohnungskontingents, um schnell und unbürokratisch Notfälle abzuwenden. Das geschützte Marktsegment für Menschen, die sich in besonderen Notlagen befinden, muss erweitert werden. Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften zum Wohnen für Flüchtlinge muss ausgeweitet und an die gestiegene Zahl von Geflüchteten angepasst werden. Hierfür gilt es weitere Partner zu gewinnen, zum Beispiel Wohnungsgenossenschaften.

Gutes Wohnen für alle

Wir wollen selbstbestimmtes Wohnen jenseits von Sammeleinrichtungen, für kinderreiche Familien und Studierende genauso wie für Singles, Flüchtlinge, kranke oder ältere Menschen und Menschen mit Behinderung. Wir schlagen vor, die spezifischen Wohnraumbedarfe - etwa Appartements für Flüchtlinge und Studierende, insbesondere große Wohnungen für große Familien und Wohngemeinschaften sowie barrierefreien Wohnraum - in die Wohnraumförderung zu integrieren. Die Schaffung von seniorengerechtem Wohnen gehört in den Fokus der Berliner Wohnungspolitik. Spezielle Beratungsangebote sollen auch gegen Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt helfen. Nicht alle Singles wollen allein oder in zu großen Wohnungen wohnen. Durch kommunale Wohnungstauschbörsen und -vermittlung, ohne Neuvermietungszuschläge, wollen wir flächensparsames und gemeinsames Wohnen fördern.

Soziale Mietenpolitik und Mieterschutz

Mietrecht ist Bundesrecht. Aber das Land Berlin muss im Bundesrat alle Möglichkeiten für eine Verbesserung der sozialen Wohnraumversorgung und des Mieterschutzes nutzen und selbst initiativ werden. Der Berliner Mietspiegel muss verteidigt werden.

Wir streiten z.B. dafür, dass Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserung - auch bei Wiedervermietung - nur noch im Rahmen eines Inflationsausgleichs erfolgen dürfen. Die Modernisierungsumlage muss abgeschafft und in den Mietspiegel integriert werden. In den Mietspiegel müssen alle Mieten - auch unveränderte Bestandsmieten - einfließen. Die Kündigungsmöglichkeiten der Vermieter bei Eigenbedarf sollen eingeschränkt und die Kündigungsfristen verlängert werden. Der Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Kündigungen bei Mietrückständen soll verbessert werden.

Darüber hinaus streiten wir für eine Verbesserung der Bedingungen für eine Wohnungswirtschaft, die nicht profitorientiert ist, z.B. durch eine neue Gemeinnützigkeit: Ein Non-Profit-Sektor schafft bezahlbare Mieten für soziale Zielgruppen, beteiligt Mieterinnen und Mieter an Entscheidungen, verzichtet auf Gewinne und wird im Gegenzug von der Steuerlast befreit. Die Möglichkeit die Grunderwerbsteuer zu umgehen, soll abgeschafft werden. Berlin soll eine Demokratisierung der Genossenschaften unterstützen.

Bezirke und Land Hand in Hand für soziales Wohnen

Soziale Wohnungspolitik braucht starke bezirkliche Behörden, Personal, funktionierende Verwaltungsstrukturen und öffentliche Mittel. Die Bezirksämter müssen wieder in die Lage versetzt werden, ordnungspolitisch gegen Verdrängung, Mietpreisüberhöhung, Verwahrlosung und Zweckentfremdung von Wohnraum etc. vorzugehen. Wir fordern die Schaffung von handlungsfähigen Wohnungsämtern in allen Bezirken, damit die wohnungspolitischen Kompetenzen auch auf Bezirksebene ausgeschöpft werden.

Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum muss geschärft und dessen Umsetzung gestärkt, Leerstand, Zweckentfremdung und Abriss von Wohnraum erfasst werden. Spekulativer Leerstand soll bereits nach drei Monaten geahndet und durch eine Belegung durch das Wohnungsamt unterbunden werden können. Die Umwandlung von Wohnraum in Gewerbe und Ferienwohnungen muss effektiv eingedämmt und der Abriss von preiswertem Wohnraum unterbunden werden. Sollte dennoch preiswerter Wohnraum abgerissen werden, ist dieser durch Wohnraum im selben Preissegment zu ersetzen, um Verdrängung durch Abriss zu stoppen.

In Milieuschutzgebieten muss auch die Umwandlung von Gewerberäumen in Wohnraum unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden, damit nicht teure Lofts die Umgebungsmieten in die Höhe treiben. Ebenso muss die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und damit der Preisauftrieb und die Verdrängung von AltmieterInnen auch dann verhindert werden, wenn sich EintümerInnen zum Verkauf an die MieterInnen verpflichten. Weil dafür Änderungen im Baugesetz erfolgen müssen, soll Berlin im Bundesrat aktiv werden.

Die Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts z.B. in Milieuschutzgebieten soll intensiviert werden, um der Spekulation mit Wohnraum wirksam zu begegnen. Das soll durch einen Fonds des Landes bzw. Eintreten von städtischen Wohnungsbaugesellschaften in das Vorkaufsrecht erleichtert werden.

Mieterinnen und Mieter sollen dabei unterstützt werden, ihre Rechte zu kennen und wahrzunehmen. Wir wollen offene Mieterberatungen in allen Bezirken und die Unterstützung lokaler Mietergremien. Mieterforen auf bezirklicher Ebene sollen auf die Entwicklung des Quartiers Einfluss nehmen. Jobcenter müssen ein Interesse daran haben, Kosten, die der Vermieter in Rechnung stellt, überprüfen zu lassen. Daher sollen die Kosten für eine Mieterberatung bzw. Mitgliedsbeiträge in Mietervereinen für Transferleistungsbeziehende übernommen werden.

Die Betriebskosten sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen und entscheiden darüber, wieviel Wohnen unter dem Strich kostet. Zwar sind Erhebung und Abrechnung von Betriebskosten bundesrechtlich geregelt, die Landespolitik kann jedoch indirekt über ihre kommunalen Unternehmen auf deren Höhe einwirken. Wir setzen uns für eine soziale Preispolitik der öffentlichen Unternehmen ein.

Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften

Die städtischen Wohnungen sind ein zentrales Instrument für eine soziale Stadt. Wir wollen die Wohnungspolitik konsequent sozial ausrichten, wirtschaftlich stärken und demokratisieren. Wir schlagen vor, dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften aus ihrem Bestand jährlich wachsend eine bestimmte Zahl von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen zur Verfügung stellen. So entsteht ein Pool von Wohnungen, die dauerhaft nicht der Mietspiegelsystematik unterliegen, sondern zu fixierten Höchstmieten (5,50 Euro pro Quadratmeter) für bestimmte Personenkreise (Transferleistungsbeziehende und WBS-Berechtigte) zur Verfügung stehen. Bei Neubauvorhaben sollen die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen sicherstellen, dass mindestens 50 Prozent der Neubauwohnungen für Personenkreise mit geringem Einkommen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wollen wir den Bestand an kommunalen Wohnungen in den kommenden fünf Jahren durch Ankauf und Neubau auf 400.000 Wohnungen erhöhen.

Damit die städtischen Wohnungsbaugesellschaften diese Aufgaben bewältigen können, schlagen wir eine Eigenkapitalerhöhung in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro jährlich vor. Zudem gelten Vorgaben zur Mietengestaltung: keine Neuvermietungszuschläge ohne eklatante Wohnwertverbesserung, Beibehaltung der alten Mietkonditionen bei Wohnungstausch in kleinere Wohnungen. Die Gesellschaften sollen jährlich konkrete, unternehmensspezifische wohnungswirtschaftliche und soziale Vorgaben erhalten.

Die Demokratisierung der städtischen Wohnungsunternehmen ist uns ein wichtiges Anliegen. Neben den klassischen Mieterbeiräten sollen auch neue Mitwirkungs- und Mitentscheidungsformen gefördert werden, individuelle Modernisierungsvereinbarungen Standard werden, Mieterinnen und Mieter über Modernisierungsvarianten mitentscheiden können.

Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen ihre Rolle als Partnerinnen einer sozialen Stadtteilentwicklung ausbauen. Projektbezogen werden Bewohner*innenschaft und Nachbarschaft einbezogen, wird eine enge Kooperation mit Bezirken und lokalen Bündnissen angestrebt. Spezielle wohnungsnahe Dienstleistungen etwa für Ältere werden ausgebaut.

Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen die ca. 4.600 Wohnungen des Bundes in ihre Bestände eingliedern und bewirtschaften. Auch die Berliner Wohnungsbestände der berlinovo sollen als städtische Wohnungen gesichert werden.

Die "politischen Leitlinien" der künftigen "Wohnraumversorgung Berlin - Anstalt öffentlichen Rechts" müssen mit konkreten Vorschlägen für Zielvorgaben, jährliche Zielbilder und Steuerung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften untersetzt werden.

Unterstützung von und Kooperation mit Genossenschaften

Die Berliner Genossenschaften mit fast 200.000 Wohnungen können wichtige Partnerinnen für die soziale Wohnraumversorgung sein. Damit die Wohnkosten weiterhin moderat und die wirtschaftliche Lage der Genossenschaften gut sind, muss das Land Berlin Genossenschaften besser als bislang unterstützen. Sie brauchen besseren Zugang zu landeseigenen Grundstücken für eine sozial orientierte Bestandserweiterung. Durch Übernahme von Mitgliedsanteilen sollen auch Transferleistungsbeziehende Mitglieder bei Genossenschaften werden können. Die von uns vorgeschlagene Wohnraumförderung Berlins richtet sich explizit auch an das starke Genossenschaftssegment. Hinzu kommt die Unterstützung bei Neugründungen.

Neue soziale Wohnraumförderung

Die derzeitige Wohnraumförderung ist der falsche Weg. Die Anfangsmieten von durchschnittlich 6,50 Euro pro Quadratmeter sind zu hoch und die Bindungen sind befristet. Die Konzentration allein auf den Wohnungsneubau ist nicht zielführend, weil diese Förderung am teuersten ist. Die Förderung der Wohnungsmodernisierung und des Ankaufs von Wohnungen muss erweitert werden, um guten Wohnraum bezahlbar für alle zur Verfügung zu stellen. Die Bereitstellung von Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen wie etwa für geflüchtete Menschen, Studierende, betreute Wohngruppen, aber auch z.B. die Schaffung von Ateliers sollen in die Förderung integriert werden. Ebenso sollen Kleinstwohnungen und modulare Gebäude gefördert werden können, um den Bedürfnissen nach sehr preisgünstigem, einfachem, aber qualitativ gutem Wohnraum nachzukommen.

Wir schlagen vor, dass sich eine soziale Wohnraumförderung vor allem an die öffentlichen Wohnungsunternehmen, aber auch an Genossenschaften sowie sozial orientierte Baugemeinschaften und Bauträger richtet. Gegenleistung für die Förderung ist die dauerhafte Bereitstellung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum. Es ist nicht nachvollziehbar, dass mit öffentlichen Geldern errichteter Wohnraum nur als "Zwischennutzung" fungieren soll, statt diesen für immer als Sozialwohnraum zu binden. Für die Vergabe der Mittel schlagen wir ein transparentes Bewertungsmodell mit Förderkriterien - Wohnungsstruktur und Qualität, städtebauliche Anforderungen, ökologische Vorgaben - und ein zivilgesellschaftliches Begleitgremium vor.

Zusammen mit der Förderung durch die Eigenkapitalzuführung an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften kann so der Bestand an sozial gebundenen Wohnungen um 10.000 pro Jahr erhöht werden.

Unser langfristiges Ziel sind 500.000 dauerhaft mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen. Das entspricht einem Viertel aller Berliner Wohnungen. Gegenüber dem derzeitigen Stand wäre das fast eine Verdopplung, bei mietpreisgebundenen Wohnungen sogar eine Verdreifachung. Wir wollen, dass auch die aus früheren Programmen der Wohnungsbau- und Städtebauförderung vorhandenen Belegungsbindungen erhalten, wieder genutzt und ihre Einhaltung kontrolliert werden. Die Wohnungen des alten sozialen Wohnungsbaus sind ein wohnungspolitisches Potenzial. Wir wollen, dass diese ca. 130.000 Sozialwohnungen dauerhaft für soziale Wohnungspolitik zur Verfügung stehen und wieder bezahlbar werden. Dabei wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Eigentümer*innen an den Kosten für eine soziale Mietgestaltung zu beteiligen. Hierfür schlagen wir die Einführung einer sozialen Richtsatzmiete vor. Außerdem können durch eine Streckung der Rückzahlung von Landesdarlehen sowie eine niedrigere Verzinsung Spielräume für eine Mietsenkung erschlossen werden. Zusätzlich soll durch das Land oder seine Wohnungsbaugesellschaften immer auch der Ankauf von Sozialwohnungen geprüft und gegebenenfalls angeboten werden. Insbesondere gilt dies entsprechend dem Grundsatz "Ankauf vor Nachsubventionierung" für Objekte, bei deren Bewirtschaftung eine Schieflage entstanden ist.

Nachhaltige Bodenpolitik

Boden ist nicht vermehrbar und deshalb von besonderem Wert, auch für eine soziale Stadtentwicklung. Berlin muss strategisch handeln und wieder eine aktive Vorratspolitik betreiben, um handlungsfähig zu bleiben und den Bodenmarkt mit zu regulieren. Städtische Grundstücke für den Wohnungsbau sollen vorrangig an städtische Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und soziale Bauträger vergeben werden - eine gerechte Bodenverteilung wirkt dem Ausverkauf des Gemeineigentums Boden und der Bodenpreisspekulation entgegen.

Für private Bauflächen ist eine soziale Bodennutzung vorzuschreiben. Wenn ein Investor Baurecht erhält, soll er einen Anteil von mindestens der Hälfte der Wohnungen zu sozial tragbaren Miethöhen vorsehen. In Bebauungsplänen sind durch Festlegungen übergroße und Luxuswohnungen auszuschließen, um Flächenverbrauch einzuschränken und die sozial gerechte Verteilung der endlichen Ressource Boden zu ermöglichen.

Soziale Stadtentwicklung

Wohnungspolitik und Städtebauförderung gehören zusammen. Denn Investitionen in den Wohnungsbestand und die öffentliche Infrastruktur führen zu Veränderungen im Kiez. Sie gehen mit Aufwertung, einer anderen Wahrnehmung des Stadtviertels, Veränderungen der Wohnlage, Verbesserung des Wohnungsbestands und steigenden Mieten einher.

Daher schlagen wir vor, künftig die Inanspruchnahme von Städtebauförderung mit Instrumenten zur Mietendämpfung und zur sozialen Stabilisierung zu verbinden. Zu den Instrumenten gehören zum Beispiel die Festlegung von Milieuschutzgebieten, die Ausweitung von Mietpreis- und Belegungsbindungen, offene Mieterberatungen, Rahmenvereinbarungen und Sozialpläne für Modernisierungen.

Die Rahmenstrategie und das Monitoring Soziale Stadtentwicklung sollen regelmäßig ressortübergreifend und gemeinsam mit den Bezirken weiterentwickelt und transparent ausgewertet werden. Die Erfahrungen des Quartiersmanagements und bezirklicher Strategien sollen in ein stadtweites und permanentes sozialraumorientiertes Verwaltungshandeln der Bezirke überführt werden.

Die Anwendung insbesondere des Milieuschutzes durch die Bezirke soll vom Senat durch gezielte Maßnahmen angeregt werden. Für die erforderlichen Gebietsstudien stellt der Senat Mittel und bei Bedarf fachliche Unterstützung zur Verfügung.

Stadt ist mehr als Wohnen

Der Stadtentwicklungsplan Wohnen von 2013 ist bereits überholt und muss aktualisiert und damit verbunden werden, den mit dem Wohnungsbau einhergehenden Infrastrukturbedarf systematisch zu ermitteln. Das bedeutet Bedarfserhebung, finanzielle Absicherung und rechtzeitige bauliche Umsetzung. Nahverkehrsplan sowie Verkehrsverträge mit BVG und S-Bahn müssen die notwendigen Netzerweiterungen rechtzeitig enthalten. Die aktuell von allen Bezirken erstellten Infrastrukturkonzepte müssen einem stadtweiten Monitoring unterliegen und regelmäßig fortgeschrieben werden. Um das zu realisieren, sollen die Investitionszuweisungen für die Bezirke bedarfsgerecht erhöht und ggf. bezirksübergreifende Lösungen für Planung und Bau umgesetzt werden.

Im Jahr 2020 wird die Bildung von Groß-Berlin 100 Jahre her sein. Damit wurde das Verhältnis der wachsenden Stadt zu ihrem Umland neu bestimmt. Stadt und Region wollen wir in Zukunft wieder gemeinsam denken. Konkurrenz führt nicht weit. Wohnungsbau und Siedlungsentwicklung sind auf gut erschlossenen Achsen zu konzentrieren und dadurch Freiräume zu schützen, lokaler Einzelhandel und lokale Wirtschaft sowie regionaler Austausch zu fördern.

Berlin wird in den nächsten Jahren wachsen. Eine dichtere, höhere Bebauung ist an manchen Orten sinnvoll, der Schutz von Grün- und Freiflächen überall. Der Flächennutzungsplan von 1994 braucht eine Revision, vor allem die darin enthaltenen Verkehrsvorhaben. Neue Großprojekte wie Olympia lehnen wir ab.

Integration von Geflüchteten beginnt beim Wohnen. Sie sind Neu-Berliner/innen und brauchen genauso eine Wohnung wie alle Wohnungssuchenden. Nach menschenwürdigen Notunterkünften braucht Berlin dezentrale und vielfältige Konzepte für mehr bezahlbaren Wohnraum.

Auch die großen Wohnsiedlungen mit guter Integration und Mischung haben Zukunft. Ihre Zentren sind zu stärken und ihre Infrastruktur zu komplettieren. In ergänzenden Bauten soll nicht nur gewohnt, sondern auch gearbeitet werden. Einige Gebiete wie das Märkische Viertel brauchen eine bessere Nahverkehrsanbindung.

Berlin und der Bund

Wir setzen uns dafür ein, dass der Bund Liegenschaften, die er dauerhaft nicht für seine Zwecke benötigt, dem Land Berlin höchstens zum Verkehrswert anbietet, damit sie für öffentliche Interessen im Sinne einer sozialen Stadtentwicklung genutzt werden können.

Bei städtebaulichen Entwicklungen wie auch bei den bestehenden Standorten des Bundes sollen vielfältige, lebendige, öffentliche und frei zugängliche Nutzungen in den Erdgeschosszonen und in den Außenbereichen entstehen, die Begegnung und politische Aktionen ermöglichen und dadurch Urbanität erzeugen.

Die Berliner Mitte gemeinsam gestalten

Wir wollen den Bürgerdialog über die Berliner Mitte fortsetzen und schlagen vor, dass der Raum zwischen Alexanderplatz und Spree als öffentlicher Raum frei von privater und kommerzieller Nutzung bleibt: Ein zentraler Park bietet Erholung. Die authentischen historischen Funde und Bauten sind öffentlich zugänglich. Die Spandauer Straße wird verkehrsberuhigt. Am Fuß des Fernsehturms dominiert öffentliche Nutzung. Zusätzlich machen Zwischennutzungen und Aktionen den Raum interessanter. Auch das Marx-Engels-Denkmalensemble wird wieder an prominenter Stelle aufgestellt.

Wir wollen die Mitte der Stadt auch als lebenswerten Wohnort für alle Schichten der Bevölkerung erhalten. Deshalb muss an eine ausreichende soziale Infrastruktur gedacht werden. Hier sind in den letzten Jahren Defizite entstanden, die behoben werden müssen.

Der Alexanderplatz ist für viele Berlinerinnen und Berliner ein zentraler Ort, den sie in ihrem Alltag häufig passieren. Damit der Platz an Aufenthaltsqualität gewinnt, sind Maßnahmen erforderlich, die statt der Monofunktion Einkaufen einen Nutzungsmix und eine ansprechende Gestaltung ermöglichen. Die kommerzielle Platznutzung soll eingeschränkt werden. An die Geschichte des Platzes, insbesondere an die Demonstration für einen erneuerten Sozialismus am 4. November 1989 soll durch einen Gedenkort erinnert werden.

Das Land Berlin soll das frühere Haus der Statistik vom Bund übernehmen und zur Schaffung von Wohn- und Arbeitsräumen für Künstler/innen, Geflüchtete u.a. zur Verfügung stellen.

Ein neuartiger Plan fürs Stadtgrün

DIE LINKE möchte einen Stadtentwicklungsplan Grün aufstellen. Er soll als "Grüner Masterplan" Bereiche wie Grün- und Parkanlagen, Grünzüge und Landschaftsparks, Wald, Schutzgebiete, Friedhöfe, Kleingärten und Urbanes Gärtnern sowie Straßenbäume umfassen. Die Entwicklung des Stadtgrüns soll durch Förderprogramme unterstützt und finanziell gesichert werden. Parks und Grünflächen sollen geschützt und mit ihren stadtklimatischen und sozialen Funktionen weiter entwickelt, anstatt bebaut werden. Für den notwendigen Wohnungsbau sollen stattdessen die zahlreich in der Stadt vorhandenen untergenutzten Flächen aktiviert und dabei soll ein regionaler Ansatz verfolgt werden.

Stadtgrün ist Lebensqualität

Wo wohnortnahe Grünflächen fehlen, sind durch den Ankauf oder die Umnutzung von Flächen neue Grünflächen zu schaffen. Das Tempelhofer Feld ist das beste Beispiel dafür, wie neue Grün- und Erholungsflächen von den Bewohnerinnen und Bewohnern der angrenzenden, dicht bebauten Stadtteile angenommen werden. Wir wollen das Tempelhofer Feld auch weiterhin von Bebauung freihalten. Es ist ökologisch und für das Stadtklima ein wichtiger Ort und als Erholung für die Berlinerinnen und Berliner unverzichtbar. DIE LINKE steht hinter der Entscheidung der Berlinerinnen und Berliner, die Argumente gelten noch immer. DIE LINKE setzt sich deshalb für eine umgehende Wiederherstellung des Volksgesetzes ein und tritt weiterhin gegen alle Maßnahmen auf, die diesem Gesetz zuwiderlaufen.

Der Tierpark als besonderer Landschaftstiergarten, grüner Bildungs- und Erholungsort erhält ein neues Konzept und braucht verlässliche Investitionen. Ein Spaßbad gehört nicht dazu, wohl aber sozial gestaffelte Eintrittspreise. Wir wollen neue Grünflächen in Berlin schaffen. Die vorhandenen Grünflächen müssen besser gepflegt werden. Die rund 440.000 Straßenbäume Berlins sind ein Stück Lebensqualität in der Stadt und müssen in vollem Umfang erhalten bleiben. Gefällte Bäume sind zügig zu ersetzen. Für nicht mehr benötigte Bahnflächen ist zu prüfen, ob sie für die Anlage von Grünflächen, Grünverbindungen oder öffentliche Einrichtungen gebraucht werden. Ehemalige Friedhofsflächen, sollen nur im Ausnahmefall zu bebaut werden dürfen. Der Spreepark Plänterwald soll sofort öffentlich zugänglich, der Teufelsberg zu einem Naherholungsgebiet im Wald werden. Der Besuch der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA) 2017 in Marzahn-Hellersdorf soll für alle erschwinglich sein. Für die Pflege wichtiger bezirklicher Park- und Grünanlagen wollen wir zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen.

Kleingärten unverzichtbar für Freizeit, Natur und Stadtklima

Für uns haben der Bestand und die Sicherung der Berliner Kleingartenanlagen neben dem ökologischen Aspekt auch eine wichtige soziale und gesundheitsfördernde Funktion. Diese Form der Freizeitbeschäftigung bietet unentgeltliche Leistungen der Grünpflege und eine besondere Form der Erholung für alle Bevölkerungsschichten. Kleingärten sind ein unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Stadtgrüns und tragen wesentlich zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Die Kleingarten-Natur unterstützt die Sicherung der Artenvielfalt. Wir setzen uns für den dauerhaften Erhalt von Kleingartenanlagen gemäß Bundeskleingartengesetz und die Neuaufstellung des Kleingartenentwicklungsplans unter Verzicht auf Schutzfristen ein. Eine Inanspruchnahme von Kleingartenflächen darf nur nach Einzelfallprüfung für zwingend notwendige soziale Infrastrukturmaßnahmen und mit nahräumlicher Kompensation erfolgen.

Durch Nachnutzungen die Stadt sozial und ökologisch umbauen

Die Schließung des Flughafens Tegel eröffnet große Möglichkeiten. Wir unterstützen die Entwicklung des Areals als modernes Industrie- und Technologiezentrum sowie die Errichtung eines Campus' für die Beuth-Hochschule auf den bereits versiegelten Flächen. Die Lage am Landschaftsraum Tegeler Forst ermöglicht eine umfassende Renaturierung von Randflächen und eine umweltgerechte Verflechtung mit den benachbarten Wohnsiedlungen und Stadtteilen. Die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz muss dabei insgesamt verbessert werden.

Gewerbliche Flächen, die auch längerfristig nicht mehr benötigt werden, sollen vom Land Berlin angekauft, behutsam umgewandelt und für den Wohnungsbau und soziale Einrichtungen nutzbar gemacht werden. Hierzu sollen die Reserven für Industrie- und Gewerbeansiedlungen neu überprüft und dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden, um für den Wohnungsbau Flächenpotenziale gewinnen und damit Wohnungen nicht auf wertvollen Grün- und Freiflächen errichtet werden müssen.

Neu erschlossene Wasserlagen z.B. an der Stadtspree auf ehemaligen Gewerbeflächen müssen öffentlich zugänglich gemacht werden. Wir wollen ein Programm auflegen, mit dem das Land Brachflächen ankauft und recycelt, indem die Böden saniert und die Flächen für Wohnquartiere erschlossen werden. Auch die Kombination von nichtstörendem Gewerbe und Wohnen soll planerisch ermöglicht und nicht länger ausgeschlossen werden. Die Trennung von Arbeiten und Wohnen ist nicht mehr zeitgemäß.

Denkmalschutz und städtebauliches Erbe

Berlin ist voller Geschichte und verfügt trotz Modernität und Veränderungsdynamik über etliche historische Zeugnisse aller Epochen. Das Erbe zu bewahren und in die Zukunft zu integrieren ist eine herausragende Aufgabe der Stadtgestaltung. Wir wollen dem Denkmalschutz in seiner historischen und kulturellen Bedeutung mehr Gewicht verleihen. Bei Bauvorhaben müssen Aspekte des Denkmalschutzes intensiver als bisher geprüft und in die Planungen einbezogen werden. Das gilt sowohl für den Erhalt denkmalgeschützter Gebäude als auch für die bauliche Substanz, die unbedingt vor Beeinträchtigungen geschützt werden muss. Das Beispiel Friedrichswerdersche Kirche zeigt, dass der Denkmalschutz nicht ernst genug genommen und mitunter der Rendite geopfert wird. Wir sprechen uns ausdrücklich für mehr Mitsprache von Denkmalschutzinstitutionen aus. Die Kompetenzen und die Kapazitäten der dafür zuständigen Landes- und Bezirksbehörden sind deshalb zu stärken.

Für die Gebiete der Nachkriegsmoderne, die Berlin als Weltkulturerbe nominiert hatte (Hansaviertel, Karl-Marx-Allee, Corbusier-Haus), wollen wir Mittel aus dem Programm städtebaulicher Denkmalschutz einsetzen und gemeinsam mit den Bezirken und den lokalen Initiativen eine Erhaltungs- und Entwicklungsstrategie vorlegen und schrittweise realisieren.

Im Jahr 2019 feiert Berlin als eine der drei Wirkungsstätten zusammen mit Weimar und Dessau das Jubiläum 100 Jahre Bauhaus. DIE LINKE hat sich jahrelang für einen Erweiterungsbau des Bauhaus-Archivs eingesetzt und wird daher Planung, Finanzierung und Neubau sowie Sanierung des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes mit Nachdruck unterstützen.

Auch das Ende des Ersten Weltkriegs, die Novemberrevolution und die Gründung der Weimarer Republik jähren sich in der nächsten Wahlperiode zum 100. Mal. Künstler*innen und Architekt*innen - nicht nur, aber vor allem auch das Bauhaus - hatten seinerzeit revolutionäre Vorstellungen vom Arbeiten und Wohnen in einer befreiten Gesellschaft. Nicht nur Berliner Siedlungen sind in ihrer Vielfalt lebendige Zeugnisse dieser Visionen. Auch sind die standardisierte Produktion im Wohnungsbau, funktionsgerechter Wohnraum und kostengünstige Baustoffe heute so wichtig wie einst. Berlin kann auf Grundlage dieses Erbes gute Lösungen entwickeln und wieder Vorbild werden.

 

Kapitel 6:

Bildung, Kultur, Medien und Digitalisierung

Der offene Zugang zu Bildung, Kultur, Medien und zum Internet ist zentraler Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Er befähigt zu Teilhabe, Emanzipation und Selbstbestimmung und bietet damit die Chance auf eine solidarische Gesellschaft, in der niemand ausgeschlossen oder zurückgelassen wird.

Bildung ist ein Menschenrecht. Sie ist Voraussetzung für die Entwicklung der Persönlichkeit und ermöglicht Teilhabe an der Gesellschaft. Für uns ist Bildungspolitik aktive Sozialpolitik, denn allen Menschen muss Chancengleichheit beim Zugang zu und beim Erwerb von Bildung garantiert werden. Wir sehen uns in der Verantwortung, die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Die Voraussetzung für ein modernes Bildungssystem, das den räumlichen und pädagogischen Ansprüchen an gute Bildung im 21. Jahrhundert wirklich gerecht wird, ist die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung. Daher machen wir uns für die Aufhebung des Kooperationsverbotes stark. Generell setzen wir uns für ein Ende von Sonderprogrammen auf Bundes- und Landesebene ein, die nur nach aktueller Kassenlage gewährt werden. Gute Bildung braucht eine verlässliche, ausreichende, dauerhafte Grundfinanzierung sowie Investitionen zur Beseitigung des teilweise immensen Sanierungsstaus im Rahmen des regulären Haushalts.

Wir verstehen Bildung als ganzheitlichen Prozess des lebenslangen Lernens: von der Kita bis zur Hochschule, von der beruflichen Weiterbildung über die Musik- oder Volkshochschule bis hin zur Nutzung von Bibliotheken oder des Internets. Allen Menschen sollen die vorhandenen Bildungsangebote zur Verfügung stehen. Die Zuwanderung von Menschen aus verschiedenen Kulturen der Welt sehen wir neben den damit einhergehenden Herausforderungen unbedingt als Chance für unsere Gesellschaft, selbst über den Tellerrand hinaus zu blicken. Berlin befindet sich auf dem Weg, eine Weltmetropole zu werden. Insbesondere unser Bildungssystem muss sich weiterentwickeln und öffnen, um die Chancen für die neu Ankommenden und Alteingessenen zum Erfolg werden zu lassen.

Wir haben die Gemeinschaftsschulen 2006 auf den Weg gebracht und die wissenschaftliche Evaluation zeigt ganz klar, dass alle Schülerinnen und Schüler von dieser Schulform profitieren und eine andere Lern- und Lehrkultur gelingen kann. Wir wollen schrittweise allen Schülerinnen und Schülern diese Möglichkeit einer inklusiven Gemeinschaftsschule ab der ersten Klasse bis zum Schulabschluss ihrer Wahl eröffnen.

Wir möchten, dass sich die Vielfalt unserer Stadt in der Kultur und der Kulturförderung abbildet, dass Kultur für alle Berlinerinnen und Berliner zugänglich und bezahlbar wird. Die Digitalisierung immer weiterer Lebensbereiche vor allem durch das Internet verändert unsere Gesellschaft, unsere Kommunikation, die Formen demokratischer Teilhabe. Wir stehen für offene Netze, für freien Informationszugangs zu öffentlichen Daten, für die Vermittlung von kritischer Medienkompetenz an Schulen und digitale Demokratie

Ein guter Kitaplatz für jedes Kind

Zur Förderung der kindlichen Entwicklung aber auch der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss für jedes Kind eine gute Betreuung in der Kita oder Tagespflege gewährleistet werden. Wir wollen den Rechtsanspruch auf vorschulische Förderung in Kita und Tagespflege ausweiten und die Bedarfsprüfung abschaffen, um allen Kindern den Zugang zur Förderung in vollem Umfang zu ermöglichen - unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern.

Grundlegend ist, dass die Platzkapazitäten deutlich ausgebaut und ausreichend Bundes- und Landesmittel zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehört ein Landesinvestitionsprogramm für den Kitaneubau. Zielgerichtet soll in jenen Stadtquartieren in den Ausbau investiert werden, wo die Inanspruchnahme vorschulischer Förderung von Familien und Kindern mit sozialer Benachteiligung noch gering ist. Die Beitragsfreiheit wollen wir schrittweise auf Kinder unter drei Jahre ausweiten.

Wir wollen, dass der Anteil von 25 Prozent kommunaler Angebote der Kindertagesbetreuung mindestens erhalten bleibt und weiter ausgebaut wird.

Die zunehmende Zahl von Familien mit Kindern, die in Berlin Schutz und Asyl suchen, stellt auch die Kitas vor neue Herausforderungen. Eltern sollen deshalb bereits in den Erstunterkünften über das Recht ihrer Kinder auf den Kitabesuch erfahren und sich mit den Angeboten vertraut machen. Das Verfahren zum Erhalt des Kitagutscheins soll vereinfacht werden. Für die Betreuung von geflüchteten Kindern sollen den Kitas bei Bedarf zusätzliche Ressourcen für Beratung und Unterstützung bereitgestellt werden

Qualität sichern - Fachkräfte gewinnen

Der notwendige Ausbau der Kapazitäten muss mit der qualitativen Weiterentwicklung der Angebote verbunden sein. Die fachlichen und personellen Ausstattungsstandards müssen ermöglichen, das Berliner Kitabildungsprogramm in jeder Einrichtung umzusetzen. Wir wollen ebenso die vorbehaltlose Umsetzung des Anspruchs auf inklusive Förderung von Kindern mit Behinderungen und die Qualifizierung der individuellen Sprachförderung - unabhängig vom Migrationsstatus der Kinder.

Als nächste Schritte unterstützen wir die Forderungen des Berliner Kitabündnisses, wie die Freistellung der Kitaleitungen ab einer Kinderzahl von 80 und die Zuständigkeit einer Fachkraft für vier Kinder bei den Kleinsten.

Ausreichend gut qualifiziertes und motiviertes Personal ist ausschlaggebend für die Qualität vorschulischer Förderung. Um dem akuten Fachkräftemangel entgegen zu wirken, gehören die Rahmenbedingungen der Beschäftigten auf den Prüfstand. Dazu muss auch eine Anhebung der Einkommen erfolgen und die bundesweite Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst Maßstab sein.

Dass Kita-Träger einen Eigenanteil von sieben Prozent zur Finanzierung leisten müssen, ist durch den Rechtsanspruch überholt. Wir wollen dies schrittweise abschaffen, damit dieses Geld in Personalentwicklung investiert werden kann.

Die Ausbildungskapazitäten und -inhalte müssen den wachsenden Anforderungen angepasst werden. Wir schlagen vor, die Möglichkeiten der Ausbildungen in Sozial- und Erziehungsberufen auf Hochschulebene deutlich weiterzuentwickeln. Auch müssen die Kapazitäten der staatlichen Schulen für Sozialpädagogik erheblich ausgebaut werden. Wir setzen uns dafür ein, dass für private Ausbildungseinrichtungen die gleichen Qualitätsstandards gelten wie für staatliche Schulen. Für die fachliche Anleitung der berufsbegleitenden Ausbildung muss den Kitas ein angemessener Stundenanteil zur Verfügung stehen.

Rechte von Eltern und Beschäftigten stärken

Wir wollen die Betreuungsangebote für Kinder von Eltern mit flexiblen Arbeitszeiten verbessern. Dies betrifft besonders Alleinerziehende oder Beschäftigte in den Bereichen Handel, Dienstleistungen oder Gesundheitswesen. Wir schlagen vor, die Angebote der ergänzenden Tagespflege bedarfsgerecht auszubauen. Öffentliche Unternehmen sollen mit gutem Beispiel vorangehen und familienfreundliche Arbeitszeiten möglich machen.

Die Information und Beratung von Eltern in den Kitagutschein- und Elterngeldstellen der Jugendämter müssen mit entsprechend mehr Personal bedarfsgerecht ermöglicht werden. Wir unterstützen die Interessenvertretungen der Eltern in den Kitas durch die bezirklichen Elternausschüsse und den Landeselternausschuss. Interessenvertretungen der Beschäftigten in den Kitas sollen durch die Träger gefördert werden.

Inklusive Schule - eine Schule für alle!

Zur Verwirklichung der Inklusiven Schule sind entscheidende Schritte notwendig, damit keine Schülerin und kein Schüler ausgegrenzt wird und jede und jeder sich in der Lerngemeinschaft akzeptiert und aufgehoben fühlen kann. Statt der durch den Senat favorisierten Schwerpunktschulen brauchen wir inklusive Modellschulen.

"Inklusive Schule" ist keine sonderpädagogische Aufgabenstellung. Sie beschränkt sich nicht darauf, Kinder und Jugendliche mit "sonderpädagogischem Förderbedarf" in die Regelschule zu integrieren. Sie steht für ein neues Verständnis von Schule und Lernen. "Inklusive Schule" ist die "Schule für alle" und zwar vorbehaltlos. Verschiedenheit ist normal, Anderssein ein Wert. Alle werden akzeptiert und so angenommen, wie sie in der Schule ankommen. Eine solche Schule kann entstehen, wenn es ihr gelingt, die Potenziale der Kinder zu entfalten anstatt deren Defizite festzustellen. Alle Kinder können etwas. Sie können Unterschiedliches. Und sie können es unterschiedlich gut. Inklusion bedeutet gleichberechtigtes Dazugehören und gleichberechtigte Teilhabe aller, bedeutet, sich aufeinander einzulassen, voneinander zu lernen, miteinander zu gestalten. Damit steht die "Inklusive Schule" auch für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Wir wollen das Recht auf das gemeinsame Lernen in allen Schulen und ohne Ausnahme im Schulgesetz festschreiben. Wir fordern ein schlüssiges Gesamtkonzept für die "Inklusive Schule" mit einer gesicherten, ausreichenden und dauerhaften Finanzierung von qualifiziertem Personal, einem baulichen Konzept für Barrierefreiheit im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention sowie einem entsprechenden Finanzplan zur Absicherung der benötigten Mittel im Haushalt. Gleichzeitig braucht es eine Qualifizierungsoffensive für das pädagogische Personal mit vielfältigen Weiterbildungsangeboten und ein Netzwerk von Beratungs- und Unterstützungssystemen in den Bezirken als qualifizierte, ständige Ansprechpartner*innen für die Schulen vor Ort.

Für uns gehört zur "Inklusiven Schule", dass Gymnasien Schülerinnen und Schüler nicht mehr abschulen dürfen! Wir wollen das Probejahr abschaffen und erreichen, dass alle Schülerinnen und Schüler durch Fördermaßnahmen und -vereinbarungen auf ihrem Weg zu dem für sie bestmöglichen Schulabschluss besser unterstützt werden.

Gemeinschaftsschule - die Schule von der Einschulung bis zum Abitur

Die Gemeinschaftsschule ist die Schule der Zukunft und ein Schlüssel für die Schaffung sozialer Gerechtigkeit in der Bildung. Sie verkörpert das Modell einer grundsätzlich inklusiven Bildungspolitik, stellt individuelles und längeres gemeinsames Lernen in heterogenen Lerngruppen in den Mittelpunkt und ist der Beginn eines ungegliederten nicht auslesenden Schulsystems mit einer neuen Lern- und Lehrkultur jenseits von Leistungs- und Konkurrenzdruck. Gemeinschaftsschulen schaffen es besser als die bisherigen Regelschulen, den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft abzukoppeln. Dies soll auch durch eine Ausweitung der wissenschaftlichen Begleitung auf die Grundstufe und die Sekundarstufe II der Gemeinschaftsschulen untersucht werden.

Für Schulen, die sich neu auf den Weg zur Gemeinschaftsschule machen wollen, muss das Land einen auskömmlichen Fortbildungs- und Personaletat bereitstellen. Zugleich müssen die Schulen im Prozess der Suche nach Kooperation oder Fusion von Grundschule und Sekundarschule, beim Aufbau einer Grundstufe an der integrierten Sekundarschule und bei der Einrichtung einer Oberstufe aktiv unterstützt werden, um die Gemeinschaftsschule als Schule von der Einschulung bis zum Abitur fest in der Berliner Bildungslandschaft zu etablieren. Wir wollen, dass die Gemeinschaftsschule als schulstufenübergreifende Regelschule im Schulgesetz verankert wird!

Ganztagsbetrieb der Grundschulen ausbauen

Schrittweise soll erreicht werden, dass für alle Grundschulkinder ein ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot bis 16:00 Uhr im gebundenen oder offenen Ganztagsbetrieb zur Verfügung steht. Die Bedarfsprüfung für den Schulhort (offener Ganztagsbetrieb) soll wegfallen und auch dieser für die Kinder und ihre Erziehungsberechtigten kostenfrei gestellt werden.

Schulneubau + Schulsanierung = Voraussetzung für gutes Lernen

Der Sanierungsstau an den Berliner Schulen beträgt etwa zwei Milliarden Euro. Notwendig ist ein Masterplan. Die derzeitigen Sonderprogramme, die immer von der aktuellen Kassenlage abhängig sind, werden den Erfordernissen nicht gerecht. Offensichtlich auch nicht die bisherige Art und der Umfang der Finanzierung. Es braucht deutlich mehr Mittel und eine Veränderung von Strukturen, über die die Finanzierung erfolgt.

Grundlage muss eine standortgenaue Analyse des Sanierungsbedarfs sowie, zur Durchsetzung der inklusiven Schule und notwendiger Maßnahmen für Barrierefreiheit der Bestandsschulgebäude sein. Wir brauchen ein Konzept, das beschreibt, in welchem zeitlichen Rahmen mit welchen Strukturen und mit welchen finanziellen Mitteln der bestehende Sanierungsstau an den Berliner Schulgebäuden schnell aufgelöst werden kann. Für die Realisierung von Schulneubau und -sanierungsmaßnahmen muss ausreichend qualifiziertes Fachpersonal unbefristet eingestellt und attraktiv entlohnt werden.

Der Masterplan muss außerdem Richtlinien vorgeben, wie mit der Schulsanierung den veränderten pädagogischen Anforderungen, der energetischen Sanierung und nachhaltigem Bauen entsprochen werden kann. Mit einer realistischen und zukunftsorientierten Schulentwicklungsplanung und einem Neubauprogramm muss auf die wachsende Zahl von Schülerinnen und Schülern reagiert werden. Eine weitere Verdichtung und die Anwendung des Raumnutzungskonzepts nur auf Neubauschulen dürfen nicht mehr zugelassen werden. Der notwendige Schulneubau darf dabei aber nicht durch weitere "Schulergänzungsbauten" ersetzt werden, die keine mitwachsende Schulinfrastruktur wie Mensen, Fachräume, Sportanlagen, ermöglichen.

Geflüchtete und Zugewanderte - Willkommen in Berliner Schulen!

Der Schulbesuch zugewanderter Kinder und Jugendlicher, einschließlich der Flüchtlingskinder ist eine nachhaltig zu lösende Aufgabe. Demzufolge müssen unterschiedliche Formen des Schulbesuchs - von der in das Schulleben integrierten "Willkommensklasse" bis hin zur weiteren Sprachförderung, nachdem sie in die "Regelklasse" aufgenommen worden sind - dauerhaft in der Finanzierung und in den Strukturen der Bildungslandschaft verankert werden. Dazu gehören auch Angebote der kinder- und jugendpsychiatrischen Betreuung und weitere auf Inklusion ausgerichtete Regelangebote. Zur weiteren Sprachförderung sollen Möglichkeiten geschaffen werden, die Muttersprache als erste oder zweite Fremdsprache zu erlernen. An möglichst vielen Schulen sollen Türkisch, Arabisch, Russisch, Polnisch oder eine andere Sprache, für die es Nachfrage gibt, angeboten werden: Denn jede Sprache ist gleich viel wert!

Die Linke setzt sich dafür ein, eine Steuerungsgruppe für schulische Integration von zugewanderten Kindern und Jugendlichen in der Senatsbildungsverwaltung zu schaffen, die eng mit dem Lageso zusammenarbeitet. Den Bezirken sind alle für die Aufnahme notwendigen finanziellen und personellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Schulbesuch geflüchteter Kinder und anderer neu zugewanderter Kinder und Jugendliche ist in die Schulentwicklungsplanung des Landes und der Bezirke aufzunehmen. In den Erstaufnahmeeinrichtungen sind die Eltern über die Aufnahme ihrer Kinder in die Berliner Schulen, über bestehende Regelungen und Verpflichtungen sowie über ihre Entscheidungs- und Wahlmöglichkeiten zu informieren. Integrationslotsen, Stadtteilmütter, Elternlotsen und viele mehr - im Bildungsbereich verfügt Berlin über ein breites Angebot an Unterstützung für Eltern und Kinder. Diese Unterstützerstrukturen sind bisher stark ausgerichtet auf Sozialräume mit besonderen Konfliktlagen und sie sind prekär finanziert. Eine Ausweitung dieser Angebote auf die Gemeinschaftsunterkünfte und die Sicherstellung einer auskömmlichen Regelfinanzierung ist notwendig. Insgesamt gilt: Es gibt eine große Bereitschaft von Erzieherinnen und Erziehern, Lehrkräften und Ehrenamtlichen, Kinder im Lernprozess zu begleiten. Damit das auch genutzt wird, brauchen sie verlässliche Rahmenbedingungen, eine gute Koordination und eine angemessene Ausstattung. Die bisherigen Initiativen des Senats sind unzureichend - die Folgen tragen die Kinder.

Stark im Team: Gute Schulen brauchen motiviertes Personal!

Schulen brauchen Teams, in denen die Menschen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Wir wollen, dass in einem ersten Schritt zu diesen multiprofessionellen Teams in jeder Grundschule mindestens eine Schulsozialarbeiterin oder ein Schulsozialarbeiter beziehungsweise eine Sozialpädagogin oder ein Sozialpädagoge gehört.

Außerdem muss eine Zusammenarbeit mit Schulpsychologinnen und -psychologen gesichert, indem mehr von ihnen eingestellt werden. Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern Anerkennung für ihr hohes Engagement zu zollen, bedeutet auch, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dazu gehören eine ausreichende Vertretungsreserve an jeder Schule ebenso wie eine konkrete Arbeitsplatzbeschreibung sowie die Arbeit so zu organisieren, dass sie nicht krankmacht und auch von älteren Lehrkräften bewältigt werden kann.

Lehrkräfte müssen nicht verbeamtet werden. Wir fordern eine tarifliche Regelung für die Einkommen der angestellten Lehrkräfte, um sie den Beamten gleichzustellen. Dabei muss gelten: Gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit! Mit der Reform der Lehrkräftebildung an den Berliner Universitäten sind grundsätzliche Voraussetzungen für gleichwertige Lehrämter für alle Schulstufen, für den Umgang mit einer gewachsenen Heterogenität der Schülerinnen und Schüler, für die inklusive Schule und für eine größere Praxisnähe des Studiums geschaffen worden. Auch hier braucht es bis zum Schuljahr 2017/18 eine Regelung, um die Mehrklassengesellschaft in den Lehrerzimmern abzuschaffen und die Gleichstellung der Lehrämter - von der Grundschule bis zum Gymnasium - zu verwirklichen.

Gesundes Schulessen = wichtige Lernvoraussetzung

Gesundes Schulessen ist ein Bildungsangebot. Es muss jedem Kind zugänglich und darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Wir setzen uns für eine höhere Subventionierung durch das Land ein, damit auch einkommensschwache Familien ihren Kindern das Essen bezahlen können. Keine Schülerin und kein Schüler in Ganztagsschulen soll aus finanziellen Gründen auf das Essen verzichten müssen.

Kulturelle Bildung

Musikschulen und Volkshochschulen erfüllen für das Land Berlin einen Bildungsauftrag. Die dort beschäftigten Lehrkräfte haben eine hohe Qualifikation und doch können die meisten von ihnen nicht ohne staatliche Unterstützung leben. Ihnen droht Altersarmut. Zur Bekämpfung prekärer Beschäftigung fordern wir eine Anpassung der Festanstellungs-Quote in Musik- und Volkshochschulen an den Bundesdurchschnitt von 75 Prozent.

Bundeswehr raus aus den Schulen

Neben der kulturellen Bildung muss Schule ein Ort sein, an dem Frieden, Humanität und Völkerverständigung eine große Rolle spielen. Deshalb fordern wir, dass keine Berufsberatung durch die Bundeswehr stattfindet, und Jugendoffiziere nicht in die Schulen eingeladen werden dürfen. Kein Werben für's Sterben!

Kinder- und Jugendförderung sichern und ausbauen

Wir sind davon überzeugt, dass die Kinder- und Jugendarbeit eine kommunale Pflichtaufgabe ist und das Land Berlin gemeinsam mit den Bezirken dieses wichtige Angebot gesetzlich absichern und finanzieren sollte. Qualität hat auch hier ihren Preis, aber wir wollen, dass alle Kinder und Jugendlichen unabhängig vom Bezirk, in dem sie leben, ein Recht auf gute kommunale Angebote haben. Wir schlagen vor, ein neues Finanzierungssystem zu entwickeln, das Planungssicherheit gewährleistet, flexibel auf sich ändernde Bedürfnisse, wie z.B. die von jungen Geflüchteten und Asylsuchenden, reagiert und den Trägern die tarifgerechte Bezahlung der Fachkräfte sichert.

Ergänzende außerschulische Bildungsangebote wie Jugendkunstschulen, Jugendverkehrsschulen und Gartenarbeitsschulen sollten gesetzlich verankert, finanziert und in der Zusammenarbeit zwischen Schule- und Jugendhilfe, z.B. für Angebote in Kitas und Jugendfreizeiteinrichtungen intensiver genutzt werden.

Kinder und Jugendliche müssen an allen sie und ihre Zukunft betreffenden Entscheidungen beteiligt werden. Das betrifft auch die Bereitstellung von Freizeitangeboten in ihrem Stadtteil. Wir schlagen daher vor, die vorhandenen Mitbestimmungs- Mitentscheidungsmöglichkeiten zu stärken und demokratische Beteiligungsstrukturen weiter auszubauen.

Digitalisiertes Lernen

Die neuen Medien und die damit verbundene Digitalisierung prägen die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und stellen eine Herausforderung für das Lernen und Lehren an den Berliner Schulen dar.

In diesem Bereich darf das Feld nicht privaten Unternehmen, Verlagen und Bildungsanbietern überlassen werden. Wir setzen uns für die Nutzung und die Erstellung offener Lehr- und Lernmaterialien (Open Educational Resources, OER) sowie den Einsatz von Open-Source Software ein.

Medien- und Informationskompetenz in Form selbstverständlicher und selbstbestimmter, aber trotzdem kritischer Umgangsweise mit digitalen Technologien und dem Internet sind untrennbar mit Bildung verbunden. Bildungseinrichtungen müssen in die Lage versetzt werden, diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Zusätzlich zum Ausbau der IT-Infrastruktur auf das erforderliche Maß sind Weiterbildungsangebote für das Lehrpersonal und zusätzliche Stellen für qualifiziertes Personal zu schaffen. Der Zugang zu digitalen Technologien und zum Internet muss unabhängig vom Einkommen und sozialen Hintergrund ermöglicht werden.

DIE LINKE setzt sich für ein Bund-Länder-Programm für digitale Bildung ein, das auch ein mobiles Endgerät für jedes Kind als Teil der grundständigen Bildungsausstattung fördert. Wir machen uns stark für selbst bestimmtes Lernen. So sollen die Möglichkeiten, Fortbildungen auch online durchzuführen, ausgebaut werden. Ebenso sollen Volkshochschulen generell Online-Kurse sowie Kurse in digitaler Bildung anbieten.

Für eine demokratische Hochschul- und Wissenschaftspolitik in einer breiten Bildungslandschaft

In Berlin studieren mehr als 175.000 Menschen - so viele wie nie. Dazu trugen in Berlin auch die unter Rot-Rot geschaffenen neuen Regelungen bei, Menschen ohne Abitur ein Studium zu ermöglichen. Um den Zugang zu Hochschulen weiter zu öffnen und dabei insbesondere die zunehmende Heterogenität der Studierwilligen zu berücksichtigen, sind jedoch weitere Schritte der Qualitätsverbesserung und vor allem eine mit den Studierendenzahlen in der Substanz mitwachsende Hochschullandschaft notwendig.

Keine Studiengebühren - gute Studienbedingungen

Berlin erhebt nicht zuletzt dank einer klaren Politik der LINKEN keine Studiengebühren - das soll auch in Zukunft so bleiben. Die durch die gänzliche Übernahme der Bafög-Ausgaben durch den Bund freiwerdenden Gelder müssen bei Studierenden und Lehrenden ankommen. Gute Studienbedingungen, gute Arbeitsbedingungen für Forschung und Lehre brauchen mehr Personal - im Bereich der Professorinnen und Professoren wie auch im Mittelbau. Berlin ist inzwischen eine Hochburg prekärer Beschäftigung im Wissenschaftsbereich. Wir wollen den Anteil der Grundfinanzierung an den Gesamtbudgets wieder deutlich erhöhen und ausbauen. Es muss zudem eine Lösung gefunden werden, um die Steigerung jener Kosten aufzufangen, die von den Hochschulen kaum oder gar nicht zu beeinflussen sind. Eine Gleitklausel in den Hochschulverträgen wäre ein angemessenes Instrument, hier zu einer Lösung zu kommen. Die Stadt muss die mittel- und langfristige Gestaltung ihrer Hochschulstrukturen in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs gestalten und dafür entsprechende Instrumente schaffen. Wir setzen uns dabei auch für die qualitative Weiterentwicklung und Unterstützung der Fachhochschulen ein, die ihr Fächerspektrum erweitern und in Forschung, Nachwuchsentwicklung und Lehre ausbauen sollen.

Dauerstellen für Daueraufgaben: Entfristung jetzt!

Wir brauchen einen gesetzlich und hochschulvertraglich fixierten Paradigmenwechsel in der Personalentwicklung an Hochschulen: Für alle Daueraufgaben müssen auch Dauerstellen geschaffen werden. Befristungen soll es nur noch für Qualifikationsphasen geben - mit entsprechend gegenseitiger Bindung.

Eine wissenschaftliche Berufslaufbahn sollte auch ohne das Ziel einer Lebenszeitprofessur möglich werden - durch Dauerpositionen in einem modernisierten Mittelbau. Wo Lehrbeauftragte dauerhafte Aufgaben wahrnehmen, sind ihnen sozialversicherte Arbeitsverhältnisse anzubieten. Wir wollen den bundesweit einzigartigen studentischen Tarifvertrag erhalten und ausbauen. Die Entwicklung der Entgelte für studentische Beschäftigte muss mindestens der Entwicklung der realen Lebenshaltungskosten entsprechen. Das zweistufige Studienmodell mit den Abschlüssen Bachelor und Master wurde in der gesamten Breite der Studiengänge durchgesetzt, was zu einer Entwertung von Hochschulabschlüssen und einer "Verschulung" des Curriculums und infolgedessen einem enorm gestiegenen Leistungsdruck für die Studierenden geführt hat. Wir brauchen wieder mehr Selbstbestimmung und Flexibilität im Studium - wo notwendig durch klare gesetzliche Bestimmungen über die zuletzt unter Rot-Rot beschlossenen hinaus.

Ausreichende Orientierungsphasen für Studienanfänger sind zu garantieren, Freiphasen etwa für politisches Engagement und frühzeitige Hilfen bei Studienproblemen sicherzustellen. Zwangsexmatrikulation ist kein Instrument linker Hochschulpolitik. Die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums in allen Studiengängen wollen wir im Rahmen flexiblerer Studiengestaltung weiter erleichtern.

Mehr Master- und Bachelor-Studienplätze für Berlin

Berlin hat als bundesweiter Vorreiter unserer Regierungszeit Zugangsbeschränkungen zum Masterstudium gesetzlich ausgeschlossen. Da jedoch zu wenige Masterstudienplätze angeboten werden, bleibt der Zugang vielen verschlossen. Wir wollen einen bedarfsgerechten Ausbau von Studienplätzen - im Bachelor wie im Master. Eine besondere und keinesfalls nur kurzfristige Herausforderung ist die Schaffung von Studienmöglichkeiten für Geflüchtete, um ein Studium aufnehmen oder fortsetzen zu können. Dafür bedarf es rechtlicher, finanzieller und kapazitätsmäßiger Rahmenbedingungen, für die auch der Bund mit in der Verantwortung ist, z. B. kostenfreie Intensivsprachkurse in Deutsch und Englisch und einen ungehinderten Zugang zum BAföG.

Diskriminierende Hürden für Bildungsausländer*innen abschaffen

Menschen ohne deutsches Abitur müssen sich für ein Studium an einer Berliner Universität - anders als Bildungsinländer*innen - weiterhin über das kostenpflichtige, privatrechtlich organisierte, ineffiziente und intransparente Portal uni-assist bewerben. Dies Ungleichbehandlung bei der Bewerbung für ein Studium an einer Berliner Hochschule ist diskriminierend und stellt eine indirekte Hürde für Bildungsausländer*innen dar. Wir wollen eine staatliche Alternative.

Ausbau der Wohnheimplätze erforderlich

Berlin braucht mehr Wohnheimplätze für Studierende. Die angekündigten 5000 zusätzlichen Plätze, die der Senat schon 2013 versprochen hat, bleiben zunächst Luftschlösser. Das Wohnungsproblem stellt sich für viele Studierende, die in unsere Stadt kommen, aber schon heute. Deshalb müssen Studentenwerk und städtische Wohnungsbaugesellschaften in die Pflicht genommen werden, in einer verstärkten Zusammenarbeit kurzfristig ausreichenden Wohnraum zu schaffen, ohne dass es dadurch zur Verdrängung anderer Menschen kommt, die ebenfalls auf günstigen Wohnraum angewiesen sind. Die bedeutende Rolle des Studentenwerks als soziale Einrichtung geht aber weit über die Wohnraumfrage hinaus. Auch durch die zusätzliche Öffnung der Hochschulen für Nichtabiturienten und die nun zu erwartende Zahl der Studierenden, die zunächst als Flüchtlinge in unsere Stadt kamen, wächst seine Bedeutung weiter an. Wir setzen uns daher für den Ausbau und die entsprechende finanzielle Ausstattung des Studentenwerks ein. Mit der Schaffung von jährlich 2.000 Wohnheimplätzen wollen wir in der kommenden Legislaturperiode schrittweise eine Versorgungsquote von zehn Prozent der Studierenden erreichen. Ebenso wie bereits für die Schulen ist auch für die Hochschulen ein langfristiges Bau-Sanierungsprogramm aufzulegen.

Demokratisierung der Hochschulen vorantreiben

Eine demokratische Gesellschaft braucht demokratische Hochschulen. In diesem Sinne ist die Beteiligung aller in der Hochschule vertretenen Gruppen an den Entscheidungsprozessen angemessen zu gewährleisten. Die Verlagerung zentraler Kompetenzen an die Hochschulleitungen und die Kuratorien muss rückgängig gemacht werden. Wenn Hochschulen sich für eine viertelparitätische Besetzung von Gremien entscheiden, wie jüngst die TU Berlin, dann brauchen sie dafür die Unterstützung des Landes und nicht ein Verbot durch die zuständige Verwaltung. Mehrheiten der Professorinnen und Professoren sind bei den heutigen Personalstrukturen nicht mehr zeitgemäß. Wir treten für das Recht der gewählten Studierendenvertretungen ein, sich zu allen politischen Fragestellungen äußern zu dürfen. Maulkörbe sind nicht vereinbar mit der Vermittlung demokratischer Werte und Grundrechte.

Zukunftsprogramm Digitalisierung auflegen

Obwohl Berlin bereits einer der wichtigsten IKT-Forschungsstandorte Deutschlands ist, fehlt es an einer komplexen Strategie für digitales Studieren, Lehren und Forschen an den Berliner Hochschulen. Open Access, offene Forschungsdaten und digitale Lehrformate sind wichtige Aspekte und haben das Potenzial, den Zugang zu Hochschulbildung jenseits bisheriger Kapazitätsbeschränkungen zu demokratisieren. Wir setzten uns dafür ein, dass Berlin mit einem Zukunftsprogramm Digitalisierung an Hochschulen zumindest zur bundesweiten Spitze aufholt. Die Potenziale der hiesigen Kreativindustrie und Startup-Szene sowie der Bibliotheken und Wissensspeicher der Stadt sollen eingebunden und entwickelt werden.

Forschung und Lehre dem Frieden verpflichten

Forschung und Lehre an Berliner Hochschulen müssen dem Frieden verpflichtet sein, deshalb soll nur zu zivilen Zwecken geforscht werden. Forschung zur Entwicklung neuer Waffensysteme oder Kampfstoffe, Kriegs- und Besatzungsstrategien oder anderer militärisch relevanter Gegenstände haben an den Hochschulen nichts verloren. Immer mehr Hochschulen führen eine sogenannte Zivilklausel ein, die Rüstungsforschung verhindern soll. Wir wollen, dass eine solche Klausel auch im Berliner Hochschulgesetz festgeschrieben wird, die beispielsweise auch eine parallele Beschäftigung an öffentlichen Hochschulen und in der Rüstungsindustrie bzw. -lobby verbietet.

Kulturpolitik ernst nehmen, mehr Teilhabe ermöglichen, bessere Arbeitsbedingungen schaffen.

DIE LINKE tritt für einen grundsätzlichen Systemwechsel in der Kulturpolitik ein. Wir fordern die Wiedereinführung eines eigenständigen Senatsressorts für Kultur. Wir sehen unsere wichtigste Aufgabe darin, die Teilhabe aller Menschen am kulturellen Leben zu ermöglichen und den öffentlichen Dialog über Kultur in einer modernen Stadtgesellschaft zu gestalten.

DIE LINKE unterbreitet konkrete kulturpolitische Vorschläge, die dem gewachsenen Ensemble der städtischen und bezirklichen Kulturinstitutionen gerecht werden und sowohl einen Interessensausgleich zwischen sehr verschiedenen Akteur*innen, als auch den Diskurs über die Zukunft unserer Stadt mit anderen Parteien, mit Gewerkschaften und Initiativen, Kirchen und Verbänden, mit Künstler*innen und Intellektuellen ermöglichen.

Kulturelle Vielfalt fördern

DIE LINKE steht dafür, Räume und Möglichkeiten für die durch Zuwanderung und Flucht zu uns gekommenen Menschen zu eröffnen. Deren künstlerische und kulturelle Potenziale, deren Neugier und Interesse an dem kulturellen Angebot der Stadt sind ein Zugewinn und eine Bereicherung. Nicht für sie, sondern mit ihnen soll der kulturelle Dialog gestaltet werden.

Inklusive kulturelle Bildung und Kulturarbeit müssen in Berlin einen deutlich höheren Stellenwert als bislang erhalten. An den Berliner Schulen gilt es, die schleichende Erosion in den künstlerischen Fächern zu beenden. An den Hochschulen und Universitäten müssen ausreichend Kunst-, Musik- und Theaterpädagogen ausgebildet werden. Die Angebote der Musik- und Jugendkunstschulen sind inhaltlich und personell auszubauen. Wir setzen uns dafür ein, dass an allen durch öffentliche Mittel geförderten Bühnen theaterpädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche bereitstehen.

Kultur für alle

Alle öffentlich geförderten Bühnen und Orchester Berlins sollen verpflichtet werden, sich am System des "Drei-Euro-Tickets" zu beteiligen. Der Eintritt in die landeseigenen Museen und Galerien erfolgt auf entgeltfreier Basis. Die Nutzungsgebühren für die öffentlichen Bibliotheken Berlins sollen aufgehoben werden. Weitere Preissteigerungen bei kommunalen Musik- und Volkshochschulen darf es nicht geben. Der Senat muss auch mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die Wiedereinführung eines entgeltfreien Eintrittstages verhandeln.

Kunst und Kultur in den Bezirken

Der Abbau der bezirklichen Kulturangebote ist zu stoppen. Wir schlagen ein Landeskulturgesetz vor, in dem verbindliche Mindeststandards für die Ausstattung der bezirklichen kulturellen Infrastruktur, für deren Festkosten das Land die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen hat, in Abstimmung mit den Bezirken festgelegt werden. Wir setzen uns für den Erhalt aller derzeitigen bezirklichen Kultur- und Bildungseinrichtungen, eine berlinweite Entwicklungsplanung und eine Verdopplung der Mittel der Bezirkskulturfonds ein. Die Kostenleistungsrechnung ist für die Berechnung der bezirklichen Kulturbudgets ungeeignet und muss überwunden werden.

Bibliotheken als Kultureinrichtungen

Die Bibliotheken sind die meistgenutzten Kultureinrichtungen in Berlin. Die zukunftsfähige Entwicklung der Bibliothekslandschaft mit interkultureller Öffnung und umfassender Barrierefreiheit ist eine gesamtstädtische Aufgabe. In Abstimmung mit den Bezirken ist die künftige Struktur der kommunalen öffentlichen Bibliotheken zu regeln und deren auskömmliche Finanzierung sicherzustellen. Die Zentral- und Landesbibliothek soll den längst überfälligen Zentralstandort erhalten. Wir setzen uns für ein Bibliotheksgesetz ein, das die Mindeststandards für die Bibliotheksversorgung und ihre gesicherte Finanzierung festlegt. Wir wollen außerdem den zentralen Büchereinkauf über den ekz-bibliotheksservice GmbH (Einkaufszentrum) in Reutlingen rückgängig machen, den der Stiftungsrat der ZLB (Zentrale Landesbibliothek) 2014 entschieden hat. Denn mit dieser Entscheidung wird die zentrale Kompetenz einer gut sortierten allgemeinwissenschaftlichen Bibliothek in und für Berlin weitestgehend vernichtet.

Bibliotheken verändern im Rahmen der Digitalisierung ihre Rolle und sollten sich verstärkt zu Vermittlern von Medienkompetenz und Zugangspunkten zur digitalen Welt weiter entwickeln. Zur Verbesserung der Bibliothekslandschaft schlagen wir die Erhöhung der Mittel für Medien und IT-Infrastruktur sowie die Etablierung von freiem W-LAN in allen Stadtbibliotheken vor.

Freie Szene fördern

Wir wollen die Produktionsbedingungen für freie Künstler*innen verbessern und das Angebot neuer Ateliers für bildende Künstlerinnen und Künstler deutlich ausbauen. Die Etats für Stipendien und Ausstellungshonorare sollen erhöht werden. Künstlerinnen und Künstler haben Anspruch auf existenzsichernde Mindesthonorare. Die freie Szene Berlins soll Produktionsstandorte mit eigenen Produktionsetats erhalten. Wir setzen uns für ein Tanzhaus für die freie Szene und mehr Investitionen in Kulturhäuser ein. Die freie Szene sollte einen selbst verwalteten Kulturfonds erhalten. Beschäftigung soll an allen Berliner Kultureinrichtungen nur auf Grundlage tarifvertraglicher Vereinbarungen stattfinden. Wir lehnen die Schließung öffentlich getragener Kultureinrichtungen aus haushälterischen Gründen ab.

Erinnerungs- und Gedenkpolitik

Wir setzen für eine Erinnerungspolitik ein, die Geschichte als Ganzes annimmt. Was wir sind, sind wir geworden. Nur ist Geschichte, wie sie tatsächlich stattfand, immer komplizierter und widersprüchlicher, als es der Wille zur Erinnerung und zum Gedenken abbildet. Wir bekennen uns zu unserer historischen Verantwortung für politisches Unrecht, das in der DDR geschehen ist. Mittels einer Stärkung der "Public History" unabhängiger Initiativen und Projekte soll die Geschichte unserer Stadt im 20. Jahrhundert in ihrer Gänze erzählt werden.

Wir fordern, dass dem 2018/2019 bevorstehenden Jubiläum der Novemberrevolution und der Gründung der Weimarer Republik angemessen Rechnung getragen wird. Wir schlagen vor, dass der 8. Mai in Berlin als offizieller Gedenktag eingeführt wird.

Digitale Gesellschaft

Die Digitalisierung prägt die soziale, kulturelle und auch ökonomische Entwicklung Berlins in immer stärkerem Maße. Wir sehen darin Chancen für Selbstorganisation, Selbstbestimmung und alternatives Wirtschaften, aber auch ernste Gefahren durch staatliche und private Überwachung sowie Ausschluss ärmerer oder älterer Bewohner*innen der Stadt. Deshalb ergänzen wir unsere netzpolitischen Vorhaben der Förderung offener Netze, des freien Informationszugangs zu öffentlichen Daten, der Vermittlung von kritischer Medienkompetenz an Schulen sowie E-Government und digitaler Demokratie, indem wir gegen Überwachungspraktiken - von Funkzellenabfragen und "stillen" SMS bis hin zum Einsatz von Staatstrojanern - kämpfen.

Das Internet ermöglicht prinzipiell einen allgemeinen Zugriff auf Wissen und Informationen. Darin sehen wir eine große Chance für selbstbestimmte Bildung und gesellschaftliche Teilhabe für alle. Grundlage dafür ist die Netzneutralität, die wir im Rahmen der geltenden EU-Verordnung auf Bundesebene gesetzlich festschreiben wollen. Die auch in der Metropole Berlin immer noch existierenden Lücken beim Ausbau breitbandiger Internetzugänge müssen endlich geschlossen werden. Dazu sind Netzbetreiber, Senat und Bezirke an einen Tisch zu holen und Lösungen zu erarbeiten. Weiterhin wollen wir, mit allen Beteiligten, Konzepte für den flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes bis in die Haushalte (FTTB/H) entwickeln.

Eine weitere Voraussetzung ist der freie Internetzugang an möglichst vielen öffentlichen Plätzen. Dies muss als Teil der Daseinsvorsorge über ein offenes WLAN erfolgen. Weiterhin wollen wir durch Kooperation mit dem Förderverein Freie Netzwerke e. V. und den Landesanstalten Berlins den Freifunk fördern. Zusätzlich werden wir uns für eine Abschaffung der Störerhaftung stark machen.

Besonders mangelhaft ist der Internetzugang für geflüchtete Personen - hier fehlt es oft schon an ausreichenden Steckdosen zum Laden von Mobilgeräten. Da der Zugang zum Internet aber für uns ein Grundrecht darstellt muss er auch für alle Bevölkerungsgruppen gelten. Nicht nur zur Kontaktaufnahme mit entfernten Bezugspersonen wie Familie und Freunden sondern auch, um die Isolation innerhalb Berlins zu überwinden und eine bessere Vernetzung und Inklusion zu ermöglichen, ist das Internet eine Voraussetzung. Die Bereitstellung von Internetzugängen muss natürlich mit umfassenden Bildungsangeboten begleitet werden, nicht nur in Unterkünften für Geflüchtete, sondern auch an Schulen und Seniorentreffs.

Open Data ausweiten

Bisher fehlt für Open Data eine einheitliche Strategie. Die Stadt muss nicht nur den Zugang zum Internet ermöglichen, sie muss auch selbst als Akteur auftreten, indem sie nutzbare Daten - die nicht die Privatsphäre von Bewohner*innen betreffen - unter freien Lizenzen, maschinenlesbar und über dokumentierte, offene Schnittstellen abrufbar macht. Dies können Daten von Landesbehörden, -bibliotheken, aber auch öffentlichen Unternehmen wie der BVG sein, die von großem Nutzen für die hier lebenden Menschen sind oder von gemeinnützigen Initiativen oder auch von lokalen Unternehmen nutzbar gemacht werden können. Die Veröffentlichung von Informationen sollten der Standard und keine Ausnahme sein. In den Verwaltungen muss ein Bewusstsein für die Bedeutung von offenen Daten und Informationen geschaffen werden. Es müssen zuständige Ansprechpartner*innen und Qualitätsstandards definiert werden.

Verwaltung digital

Berlin ist weit von einer Vorreiterrolle im eGoverment entfernt. Wir wollen eine bessere Bündelung und Nutzbarkeit digitaler Verwaltungsangebote erreichen, ohne dass weniger netzaffine Bürgerinnen und Bürger abgehängt werden. Die vollständige Umstellung der Terminvereinbarung bei Bürgerämtern auf (lange) Wartelisten im Internet, die noch dazu von Personalabbau begleitet wurde, halten wir für ein Gegenbeispiel einer nutzbringenden Digitalisierung der Verwaltung. Dabei sind wir uns bewusst, dass das Auseinanderfallen von Prozess- und Ressourcenverantwortung sowie mangelnde Projektsteuerung besonders bei stadtweiten IT-Vorhaben Probleme bereiten.

Genauso wie das Onlinebanking problemlos übers Internet funktioniert, sollen die Bürger*innen auch Behördengänge digital erledigen können.

Freier Zugang zu öffentlich-rechtlichen Inhalten

Die von den öffentlich-rechtlichen Anstalten selber produzierten Inhalte müssen so weit wie möglich zeitunabhängig, speicherbar und für weitere Nutzungen frei zur Verfügung stehen. Nur dann kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem Grundversorgungsauftrag tatsächlich nachkommen. Außerdem wurden diese Inhalte über die Gebührenfinanzierung bereits von der Gemeinschaft bezahlt. Aufgrund der "Depublikation" sind die Angebote bisher lediglich für einen beschränkten Zeitraum in den jeweiligen Internetangeboten verfügbar. Wir wollen erreichen, dass die von den Anstalten selbst produzierten Inhalte so weit wie möglich unter geeignete freie Lizenzen gestellt werden, die eine möglichst weitgehende Weiternutzung erlauben. Dazu sind Änderungen europarechtlicher und staatsvertraglicher Regelungen notwendig.

Schutz des Netzes vor staatlichen Eingriffen und Unternehmensinteressen

Ein freies Internet hat enorme politische, soziale und ökonomische Potenziale und muss deshalb gegen staatlichen Eingriffe und Unternehmensinteressen, die diese Freiheit einschränken, gleichermaßen verteidigt werden. Wir wollen staatliche Überwachungsgewalt einschränken, da wir es fahrlässig finden, Freiheit und Privatsphäre der Mehrheit im Kampf gegen die Kriminalität Einzelner aufs Spiel zu setzen. Die Funkzellenabfrage lehnen wir als Instrument ab.

Die Videoüberwachung öffentlicher Räume verhindert keine Verbrechen. Die Sicherung öffentlicher Räume sollte, wo und wann immer möglich, durch Menschen erfolgen, denn nur Menschen können anderen im Ernstfall zu Hilfe kommen. Die Entwicklung und Anwendung des sogenannten Staatstrojaners lehnen wir ab. Wir halten diese Praxis nach wie vor für rechtstaatswidrig.

Digitale Bildung fortentwickeln

Das Internet erscheint noch immer in weiten Teilen als ein individueller Raum der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Es erfordert jedoch Medienkompetenz, um damit verantwortungsbewusst umzugehen. Dabei geht es nicht nur um die Sicherheit der eigenen Privatsphäre, sondern auch um den reflektierten Umgang mit Big Data und den sozialen Umgang im Netz. Auf diesen Gebieten Kompetenz zu vermitteln, ist eine neue Aufgabe der Schulen - auch der Volkshochschulen. Das Erlernen von entsprechender Mediennutzungskompetenz ist eine Schlüsselqualifikation für ein selbstbestimmtes Leben in einer digitalisierten Gesellschaft. Wir wollen den Einsatz von Open Educational Ressources (OER) fördern sowie deren aktive Entwicklung an den Berliner Schulen unterstützen. DIE LINKE setzt sich für ein Bund-Länder-Programm für digitale Bildung ein, das auch ein mobiles Endgerät für jedes Kind als Teil der grundständigen Bildungsausstattung fördert. Wir machen uns stark für selbstbestimmtes Lernen. So sollen die Möglichkeiten, Fortbildungen auch online durchzuführen, ausgebaut werden. Ebenso sollen Volkshochschulen generell Online-Kurse sowie Kurse in digitaler Bildung anbieten.

Wir wollen besonders Mädchen und junge Frauen für Ausbildung und Arbeit in der digitalen Wirtschaft begeistern. Um ihr Interesse daran und letztlich den Anteil von Frauen in dieser Branche zu steigern, schlagen wir ein Förderprogramm und Wettbewerbe zum Erlernen und kreativen Nutzen von Programmiersprachen oder Online-Technologien vor.

 

Kapitel 7

Bürgerrechte, Demokratisierung und Strategien gegen Rechts

Die Berlinerinnen und Berliner haben eindrucksvoll demonstriert, dass sie bei wichtigen Fragen mitentscheiden wollen. Die bisherigen Möglichkeiten von Unterschriftensammlungen für Volksbegehren über die bezirklichen Bürger*innenbegehren bis hin zum berlinweiten Volksentscheid werden gern genutzt. Prominentestes Beispiel dafür ist der erfolgreiche Volksentscheid zu 100% Tempelhofer Feld, bei dem sich die Berlinerinnen und Berliner erfolgreich gegen die Politik des rot-schwarzen Senats durchgesetzt haben.

Umso fataler ist die Signalwirkung, die von der Entscheidung des Senates ausgeht, dieses Gesetz nach nur eineinhalb Jahren wieder zu ändern.

Auch die 50.000 Unterschriften für das Mieten-Volksbegehren zeigen die große Bereitschaft der Berliner Bevölkerung, die Regelung elementarer Fragen in die eigene Hand zu nehmen.

Wir schlagen vor, die Instrumente der direkten Demokratie zu erweitern. Dafür zählt für uns die Absenkung der notwendigen Quoren. Außerdem wollen wir neue Möglichkeiten einführen, um etwa Beschlüsse des Parlaments durch einen Volksentscheid zu korrigieren.

Wir freuen uns über mündige und politisch aktive Bürgerinnen und Bürger, denn Politik ist mehr als nur alle fünf Jahre seine Stimme bei Wahlen abzugeben. Wir wollen die Menschen ermutigen, sich noch stärker in politische Prozesse einzumischen, sei es beim Starten eines Volksbegehrens, der Mitarbeit in einer Senioren- oder Elternvertretung oder bei der Teilnahme an politischen Demonstrationen auf der Straße. Dafür wollen wir die Voraussetzungen verbessern und Hindernisse beispielsweise für Frauen, Kinder oder Seniorinnen und Senioren abbauen.

Gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft bedeutet für uns, dass politisches, soziales und kulturelles Engagement für alle möglich sein muss. Egal ob Mann oder Frau, ob jung oder alt oder ob mit oder ohne Migrationshintergrund: Alle sollen sich gleichermaßen für ihre und die Belange anderer einsetzen können.

In den letzten Jahren setzten sich viele Berlinerinnen und Berliner besonders für die Belange der Geflüchteten ein und traten dem wachsenden Rechtsextremismus auch in Berlin weiterhin entgegen. Wir werden den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Sexismus engagiert fortsetzen.

Wer dieses Engagement für eine demokratische und solidarische Gesellschaft fördern will, darf den Menschen keine Angst machen. Das anlasslose Speichern von Handydaten, das Ausspionieren von Computern oder das Filmen von friedlichen Demonstrationen lehnen wir ab. Wir wollen mehr Demokratie und mehr Einmischung statt Ausgrenzung und Repression.

Volksentscheide erleichtern - Bezirksbürgerbegehren vor dem Senat schützen

DIE LINKE hat im Jahr 2006 mit zur erheblichen Vereinfachung von Volksbegehren und Volksentscheiden beigetragen. In den letzten Jahren haben SPD und CDU diesen Kurs wieder verlassen. Volksentscheide wurden aktiv behindert und bezirkliche Bürgerbegehren vom Senat direkt unterlaufen. Wir wollen, dass es den Menschen wieder leichter gemacht wird, sich in die Stadtpolitik einzumischen und mitzuentscheiden. Das Abstimmungsgesetz soll im Sinne der Stärkungen von Initiativen geändert werden. Dies bedeutet etwa Kostenrückerstattungen nach Volksbegehren zu ermöglichen.

Wir schlagen vor, die benötigten Quoren für erfolgreiche Volksbegehren zu senken und das Zustimmungsquorum abzuschaffen, so dass die Berlinerinnen und Berliner mit Mehrheit entscheiden können. Außerdem soll auch die Unterschriftensammlung im Internet möglich werden. Einige Fragen sind von der Abstimmung per Volksentscheid ausgenommen. Wir wollen diese Fragen minimieren, so dass zukünftig auch über die Tarife von öffentlichen Unternehmen oder zu zahlende Abgaben entschieden werden darf. Bei der Privatisierung öffentlicher Unternehmen soll außerdem immer ein Volksentscheid durchgeführt werden.

Wir schlagen die Einführung eines Einspruchsreferendums vor. Das heißt, dass durch die Sammlung einer bestimmten Menge von Unterschriften, ein Volksentscheid über vom Abgeordnetenhaus bereits beschlossene Gesetze herbeigeführt werden kann. Somit sollen die Berlinerinnen und Berliner Einspruch gegen Entscheidungen des Parlaments erheben können.

Wir wollen verhindern, dass der Senat sich bei der Festlegung von Volksentscheids-Terminen einen Vorteil verschaffen kann und schlagen vor, dass Volksentscheide immer mit Wahlterminen oder anderen Abstimmungen zusammengelegt werden sollen um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu fördern.

Die Möglichkeiten und die rechtliche Verbindlichkeit von Bürger*innenbegehren und Bürger*innenentscheiden auf Bezirksebene sollten ausgebaut werden. Außerdem wollen wir die Praxis beenden, dass der Senat bezirkliche Anliegen an sich ziehen und damit Bürger*innenbegehren vor Ort aushebeln kann.

Beteiligung im Kiez ermöglichen

Wir schlagen vor, dass Bürgerinnen und Bürger auch auf lokaler Ebene bei Entwicklungen in ihren Kiezen und Nachbarschaften mitreden können. Dies gilt vor allem für Belange, die nicht für einen ganzen Bezirk relevant sind und bei denen ein Bürger*innenbegehren möglicherweise ungeeignet ist. Unser Ziel ist es, den Dialog zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern und der lokalen Politik und Verwaltung zu verstärken, den Fluss von Informationen in die Anwohner*innenschaft sicherzustellen und diese in Planungsprozesse vor Ort einzubeziehen.

Für ein modernes Wahlrecht ab 16 für alle Berlinerinnen und Berliner

Wir wollen das Wahlalter für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und für Abstimmungen auf 16 Jahre absenken, weil wir sagen, dass Jugendliche durchaus in der Lage sind, politische Vorgänge zu bewerten und sich selbst politisch einzubringen.

Wir wollen nicht hinnehmen, dass die vielen Berlinerinnen und Berliner ohne deutsche Staatsbürgerschaft von Wahlen und Abstimmungen ausgeschlossen sind. Nicht nur Deutsche sollten in unserer Stadt das Wahlrecht haben, sondern alle Menschen, die hier leben. DIE LINKE wird sich daher weiter dafür einsetzen, ein Wahlrecht für Nicht-Deutsche auf allen Ebenen zu schaffen. Als ersten Schritt dazu wollen wir ein kommunales Wahlrecht für alle Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger Die undemokratischen Sperrklauseln und Prozent-Hürden bei Wahlen sollen entfallen.

Staatsbürgerschaftsrecht demokratisieren - Einbürgerung erleichtern

Wir werden uns weiter auf Bundesebene für ein demokratisches Staatsbürgerschaftsrecht einsetzen, das die Einbürgerung erheblich erleichtert und doppelte und Mehrfachstaatsangehörigkeiten ohne Einschränkungen zulässt. Trotz Verbesserungen gibt es für viele junge Menschen mit ausländischen Eltern immer die Pflicht, sich zwischen der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern und der deutschen zu entscheiden. Das ist desintegrierend und muss endgültig abgeschafft werden. Wir werden weiter für eine Politik der gesellschaftlichen Teilhabe auf allen Ebenen kämpfen und auch dadurch dafür werben, dass die Menschen in Berlin sich für einen deutschen Pass entscheiden.

Transparenz staatlichen Handelns sichern - Informationsfreiheit garantieren

DIE LINKE tritt für eine größtmögliche Transparenz staatlichen Handelns ein. Das ist die beste Prävention gegen Korruption und Misswirtschaft. Das Recht auf Informationsfreiheit ist hierfür ein elementarer Bestandteil. Grundsätzlich sollte der Staat seine Daten und Informationen allen Bürgerinnen und Bürgern proaktiv im offenen Format und kostenfrei zur Verfügung stellen. Schließlich sind diese im Auftrag der Bevölkerung und mit den von ihr gezahlten Steuern erhoben und erstellt worden. Dies ist sowohl ein Gewinn für die demokratische Beteiligung und Kontrolle als auch für Innovation in Wirtschaft und Verwaltung. Deshalb wollen wir in Berlin ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild einführen. Außerdem schlagen wir vor, dass Abgeordnete, Senator*innen und Staatssekretär*innen verpflichtet werden sollten, ihre Einkünfte detailliert offenzulegen.

Digitale Demokratie

Unter Digitaler Demokratie versteht DIE LINKE die Ausweitung und Unterstützung demokratischer Prozesse in digitalen und virtuellen Räumen. Digitale Demokratie bedeutet in erster Linie, die Gesamtheit dieser Prozesse im digitalen Raum mitzugestalten: damit Bürger*innen sich informieren können; damit sie sich politisch und kulturell einbringen; um den Kontakt zwischen Politik und Gesellschaft zu stärken und Meinungsbildungsprozesse zu unterstützen. Die digitale Mitbestimmung über Themen und Entscheidungen betrachten wir nicht als Selbstzweck sondern als logische Folge der Digitalisierung und notwendig für eine aktive Stadtgesellschaft. Wir wollen die Möglichkeiten der digitalen Technologien nutzen, um demokratische Prozesse zu unterstützen und mehr Menschen in die politische Debatte einzubeziehen. Denkbar ist hier die Erprobung von konkreten Einflussmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürgern zwischen den Lesungen von Gesetzen im Parlament. Um niemanden auszuschließen wollen wir sicherstellen, dass alle politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten auch auf herkömmlichem Wege erreichbar bleiben.

Strategien gegen Neofaschismus, Rassismus, Antisemitismus

Der Antifaschismus gehört zu den wichtigsten Traditionslinien und zum Selbstverständnis unserer Partei gehört, Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Sexismus zu thematisieren und das Recht eines jeden Berliners und einer jeden Berlinerin auf gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder kultureller Zuordnung durchzusetzen.

Die Rechtsentwicklungen in Europa, das Erstarken der AfD sowie rechter Bewegungen wie Pegida und Bärgida zeigen, dass die Schuldzuweisung für soziale Probleme beispielsweise an Minderheiten und Geflüchtete nach wie vor Früchte tragen. Brennende Flüchtlingsunterkünfte und Anschläge auf Antifaschist*innen zeugen von organisiertem Vorgehen der Rechten. Mindestens ebenso gefährlich wie die organisierten Rechtsextremen sind rassistische Ausfälle aus der sogenannten "Mitte der Gesellschaft", denen wir uns in den Weg stellen. Antifaschismus und Einsatz gegen Rechts heißt für uns einerseits, den Alltagsrassismus in der Gesellschaft aufzuzeigen und andererseits den Nazis auf der Straße entgegenzutreten.

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) konnte jahrelang mordend und raubend durch das Land ziehen. Auch aktuell wird angesichts erschreckend vieler Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte deutlich: Die Gefahr des rechten Terrors ist weiter hoch. Berlin hat eine starke Zivilgesellschaft, die gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus arbeitet. Vor dem Hintergrund der erstarkenden Bedrohungslage ist es geboten, zivilgesellschaftliche Projekte und Strukturen wie mobile Beratungsteams oder Opferberatungsstellen weiter zu stärken. Die finanzielle Unterstützung dafür muss aufgestockt werden.

Wir wenden uns gegen jegliche Versuche, zivilgesellschaftliche Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit durch eine "Extremismusklausel" zu disziplinieren und zu gängeln.

Die Polizei muss dafür sorgen, dass Flüchtlingsunterkünfte vor Bedrohungen und Angriffen durch Neonazis geschützt werden. Zivilgesellschaftlicher Protest gegen rassistische Demonstrationen oder sonstige Aktivitäten dürfen nicht durch polizeiliche Maßnahmen behindert werden.

Aktionsplan gegen Rassismus neu auflegen - Landesantidiskriminierungsgesetz schaffen

Ausgrenzung und Rassismus gehören für viele Berlinerinnen und Berliner zu ihren täglichen Erfahrungen. Dieser Rassismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft, auch aus Polizei und Verwaltung.

Wir wollen einen neuen Aktionsplan gegen Rassismus für Berlin, der zivilgesellschaftliche Projekte und Einrichtungen breit unterstützt und fördert, mit dessen Hilfe aktiv Rassismus, Antisemitismus und Neofaschismus bekämpft werden können und der dazu führt, dass die Opfer rassistischer Gewalt und Diskriminierung gestärkt werden. Dazu gehören antirassistische Bildungsarbeit in den Verwaltungen, Schulen, Kitas und öffentlichen Behörden als Teil der interkulturellen Öffnung mit dem Ziel, institutionellen Rassismus zurückzudrängen und das Verbot des racial profiling. Das heißt, der Polizei ist es untersagt, Personen nur aufgrund ihres Aussehens zu kontrollieren oder festzuhalten. Als eine Konsequenz aus dem NSU-Skandal wollen wir eine unabhängige Untersuchung über rassistische Einstellungen und Verhaltensmuster bei der Polizei. Strukturell rassistische Normen sind abzuschaffen. Wir wollen eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Bundespolizeigesetzes initiieren.

Und wir wollen eine Stärkung der Landesantidiskriminierungsstelle des Senats sowie der Antidiskriminierungsverbände erreichen. Dazu setzen wir uns dafür ein, dass auf Landesebene ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) verabschiedet wird, um gesetzlich verbrieften und durchsetzbaren Schutz vor Diskriminierung auf staatlicher Ebene zu ermöglichen.

Kopftuchtragende Muslima sind, zusätzlich zur geschlechterbedingten Benachteiligung, rassistischen Diskriminierungen ausgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist das Neutralitätsgesetz zu überprüfen. DIE LINKE setzt sich dafür ein, aus dem Gesetz entstehende Diskriminierungen koptuchtragender muslimischer Frauen abzuschaffen. Konflikten, die aus der Wahrnehmung der Glaubens- und Gewissenfreiheit resultieren, muss mit anderen Maßnahmen begegnet werden.

Frauen - Frei von Gewalt: Nein heißt Nein

Gewalt, Sexismus und sexuelle Belästigung in all ihren Erscheinungsformen gehören gesellschaftlich geächtet. Wir sagen: Nein heißt Nein! Gerade im häuslichen Bereich, wo eigentlich Vertrauen, Schutz und Geborgenheit herrschen sollten, ist die Zahl der von Gewalt betroffenen Frauen am höchsten. Wir fordern eine stärkere Förderung präventiver Maßnahmen und viel stärkere Aufklärung bereits im Kindesalter, beispielsweise durch schulische Weiterbildung zum Thema Sexismus und klischeehaften Rollenbildern.

Für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung

Der Opferschutz steht für uns im Zentrum. Wir wollen das Berliner Unterstützungssystem, z.B. Notrufe, Frauenhäuser, Zufluchtswohnungen ausbauen. Weiterhin schlagen wir die Weiterentwicklung der Gewaltschutzambulanz zum interdisziplinären Gewaltschutzzentrum vor. Das Angebot an Fortbildung für Polizist*innen zur Sensibilisierung für sexualisierte Gewalt muss erweitert werden.

In Deutschland ist eine sexuelle Handlung gegen den ausdrücklichen Willen einer erwachsenen Person nur strafbar, wenn entweder körperliche Gewalt angewendet, mit Gewalt gedroht oder eine sogenannte schutzlose Lage ausgenutzt wird. Die Strafbarkeit orientiert sich letztendlich am Grad des Widerstandes der Betroffenen. Hier ist dringend eine Gesetzesänderung auf der Grundlage europäischer Konventionen erforderlich, die alle nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen unter Strafe stellen.

Geflüchtete Frauen mit Gewalterfahrungen haben spezifischen Beratungs- und Unterstützungsbedarf. Es müssen Kontakt,- und Beratungsstellen mit erfahrenem Personal mit kultursensibler Sprachmittlung geschaffen werden. In allen Gemeinschafts- und Notunterkünften braucht es Räume, in denen Frauen vor männlicher Dominanz und sexualisierter Gewalt sicher sind. Des Weiteren bedarf es in Berlin einer Unterkunft ausschließlich für von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffene Frauen.

Homo- und transfeindlicher Gewalt entgegentreten

Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle (LSBTTI*) sehen sich einer besonderen Gefährdung im öffentlichen Raum ausgesetzt. Immer wieder werden sie auf Grund ihrer sichtbaren oder vermuteten sexuellen Orientierung und/oder Identität verbal und körperlich bedroht oder angegriffen. Wir setzen uns für eine stärkere Sensibilität bei den Polizeibehörden für die Gefahren homo- und trans*feindlicher Übergriffe und für eine Stärkung von Projekten der Gewaltprävention ein. Wir treten dafür ein, dass nicht die Konstruktion bestimmter "Feindbilder", sondern die Begegnung, der Austausch und die Präventionsarbeit der Communities das effektivste Mittel der Gewaltverbrechens-Bekämpfung ist.

Datenschutz ausweiten - Privatsphäre sichern

Verschiedene Geheimdienste betreiben die globale Überwachung der elektronischen Kommunikation, private Internetkonzerne machen Profit mit den Daten und persönlichen Informationen ihrer Nutzerinnen und Nutzer. Nicht erst seit Edward Snowden wissen wir: Noch nie war der Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten so bedroht wie heute. Wir stehen für eine Stärkung des Datenschutzes.

Ob Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung, massenhafte Funkzellenabfragen oder Rasterfahndung - wir setzen uns gegen die Ausdehnung des Überwachungsstaates, gegen staatliche und private Datensammelwut und die weitere Ausweitung von Eingriffsbefugnissen der Sicherheitsbehörden ein und wollen diese wo möglich wieder zurücknehmen. Die Erprobung und Einführung neuartiger Software, die angeblich Verbrechen vorhersagen können soll, lehnen wir ab ("Predictive Policing").

Auch hier auf Landesebene wollen wir nur so viele Daten erheben, wie zwingend erforderlich sind, und auch nur so lange wie nötig. Die Notwendigkeit und der Nutzen staatlicher Erhebungen personenbezogener Daten wollen wir immer wieder neu überprüfen. Wir schlagen vor, die administrativen Rechte des oder der Datenschutzbeauftragen zu stärken.

Mehr Sicherheitspersonal statt mehr Videoüberwachung

Videoüberwachung führt nicht zu mehr Sicherheit, denn keine Kamera kann Straftaten im öffentlichen Raum verhindern - die schweren Straftaten wie Raub und Körperverletzung in den letzten Jahren belegen dies. Eingreifen können in kritischen Situationen nur Menschen. Wir wollen deshalb keine allgegenwärtige Videoüberwachung, sondern sie reduzieren und auf das Nötigste beschränken. DIE LINKE wird sich deshalb gegen die Ausweitung von Videoüberwachung einsetzen - sei es auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder bei Demonstrationen und politischen Versammlungen. Wir schlagen vielmehr vor, insbesondere in Bussen und Bahnen sowie auf Bahnhöfen im öffentlichen Nahverkehr mit zusätzlichem Personal für Sicherheit zu sorgen.

Die Arbeitsbedingungen der Polizist*innen verbessern - die Polizei demokratisieren

Grundlage dafür, dass die Polizei ihre Aufgaben verantwortungsvoll erfüllen kann, ist eine fundierte Ausbildung und Ausstattung. Deshalb müssen vor dem Hintergrund der Altersstruktur im öffentlichen Dienst und der wachsenden Stadt wieder mehr Polizistinnen und Polizisten eingestellt werden. Die Arbeitsbedingungen bei der Polizei sind zu verbessern. Die Auslagerung von öffentlicher Sicherheit an private Sicherheitsdienste lehnen wir ab.

Für mehr Bürgernähe und Professionalität bei der Polizei ist durch die konsequente Anwendung der Deeskalationsstrategie bei politischen Versammlungen zu sorgen. Wir werden uns für ein offenes und zurückhaltendes Auftreten der Einsatzkräfte, den Einsatz von Anti-Konflikt-Teams und den Dialog mit der Zivilgesellschaft im Vorfeld solcher Veranstaltungen einsetzen. Ein großer Erfolg der LINKEN ist, dass 2011 die individuelle Kennzeichnungspflicht für alle Berliner Polizeibeamtinnen und -beamten eingeführt wurde. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Kennzeichnungspflicht konsequent eingehalten wird.

Fälle von unrechtmäßiger Polizeigewalt bleiben immer noch viel zu häufig unaufgeklärt. Neben der Kennzeichnungspflicht sind wir deshalb für die Einführung einer unabhängigen Untersuchungsinstanz zu den Übergriffen durch Polizistinnen oder Polizisten, die für sie auch eine Anlaufstation sein kann, wenn es zu Konflikten mit Kolleginnen oder Kollegen kommt.

Die Ausweitung des Unterbindungsgewahrsams, wie sie die rot-schwarze Koalition 2015 beschlossen hat, wonach nun Personen auf Verdacht bis zu vier Tage eingesperrt werden können, lehnen wir ab und schlagen vor, dieses Instrument vollständig abzuschaffen.

Wir sind der Meinung, dass kontinuierliche Schulungen von Polizistinnen und Polizisten zu Themen wie Rassismus und Homo-/Transphobie ausgeweitet werden sollten. Die Polizei kann intern sogenannte kriminalitätsbelastete Orte festlegen, an denen sie ohne Anlass Personen festhalten und kontrollieren kann. Dies entzieht sich jeder demokratischen Kontrolle. Deshalb wollen wir diese Regelung im Polizeirecht abschaffen.

Den ausufernden Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei wollen wir beschränken, denn die gesundheitlichen Risiken sind groß. Insbesondere der Einsatz gegen Menschenmengen und bei Versammlungen ist auszuschließen.

Versammlungsrecht als hohes demokratisches Gut sichern

Berlin ist die Hauptstadt der Demonstrationen und politischen Versammlungen. Wir betrachten dies als ein wertvolles demokratisches Gut, das es zu schützen gilt. Das Versammlungsrecht ist als demokratisches Freiheitsrecht gegen staatlichen Zugriff zu schützen und auszubauen. Insbesondere dürfen staatliche Beschränkungen (Auflagen) für Versammlungen nicht dazu dienen, Versammlungen zu erschweren, Versammlungsteilnehmer*innen zu gängeln und das Versammlungsrecht willkürlich einzuschränken. Sie dürfen nur dazu dienen, als milderes Mittel gegenüber einem andernfalls notwendigen Verbot der Versammlung, deren Durchführung zu ermöglichen. Die Straftatbestände der Vermummung und der sogenannten passiven Bewaffnung, die nur im Rahmen der Grundrechtsausübung verwirklicht werden können, lehnen wir ab. Ordnungswidrigkeitentatbestände reichen vollkommen aus. Anlassloses Filmen von Versammlungsteilnehmer*innen durch staatliche Stellen darf es nicht geben. Aufgabe der Polizei ist es nicht, größtmögliche Stärke und Repression an den Tag zu legen, sondern gemeinsam mit den Veranstaltern für einen friedlichen und sicheren Ablauf von politischen Versammlungen zu sorgen. Aufgabe der Polizei ist es dabei nicht, größtmögliche Stärke und Repression an den Tag zu legen, sondern gemeinsam mit den Veranstaltern für einen friedlichen und sicheren Ablauf von politischen Versammlungen zu sorgen.

Das von SPD und CDU eingeführte Gesetz zur Anfertigung von Übersichtsaufnahmen bei Demonstrationen durch die Polizei führt allerdings zu Einschüchterung und Abschreckung der Bürgerinnen und Bürger, die auf die Straße gehen. Deshalb schlagen wir vor, dieses Gesetz wieder abzuschaffen.

Abschaffung des Verfassungsschutzes

Die Unfähigkeit und die Strategie aktiver Vertuschung etlicher Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern bei der Aufklärung der NSU-Mordserie haben deutlich gemacht: Der Verfassungsschutz schützt nicht unsere Verfassung, sondern ist eine Gefahr für die Demokratie. Die geheimdienstliche Arbeitsweise macht die Behörden unkontrollierbar, das V-Mann-Wesen führt dazu, dass Nazis mit öffentlichen Mitteln finanziert werden und die Grenzen zwischen staatlichem Handeln und der menschenverachtenden Propaganda und offener Gewalt von Nazisstrukturen verschwimmen. Für DIE LINKE ist klar: Wir wollen den Verfassungsschutz bundesweit abschaffen. Er ist durch Institutionen zu ersetzen, die ohne nachrichtendienstliche Mittel neonazistische, rassistische und antisemitische Einstellungen und Bestrebungen sowie sonstige Erscheinungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit dokumentieren und Strategien dagegen entwickeln.

Als ersten Schritt auf Berliner Ebene wollen wir den Einsatz von V-Leuten bei Polizei und Verfassungsschutz endgültig beenden. Denn die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden mit Neonazis und Kriminellen bringt hohe Gefahren und wenig Nutzen. Wir wollen darüber hinaus dem Berliner Verfassungsschutz die Befugnisse nach dem G 10-Gesetz entziehen.

Wir wenden uns gegen immer neue Befugnisse und Datenbanken, die die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten aufweichen. Zudem haben Geheimdienste in der politischen Bildung nichts verloren. Wir wollen es künftig nicht mehr zulassen, dass sich der Verfassungsschutz in Schulen an Veranstaltungen beteiligt.

Whistleblower schützen

Auf Bundes- und Landesebene setzen wir uns dafür ein, dass Whistleblower, die auf Missstände aufmerksam machen, nicht kriminalisiert, sondern vor straf- und arbeitsrechtlichen Sanktionen gesetzlich geschützt werden.

Justizvollzug modernisieren, Arbeitsbedingungen verbessern

Justizvollzug ist für uns zuallererst Resozialisierungsvollzug. Die Rückkehr zum straffreien Leben außerhalb der Haft und zur Teilhabe an der Gesellschaft sind dabei die wichtigsten Ziele. Wir werden das in Berlin geltende Strafvollzugsgesetz darauf überprüfen, ob es dem Ziel der Resozialisierung ausreichend genügt und machen uns für ein Resozialisierungsgesetz stark. Nur ein gut ausgestatteter Justizvollzug kann resozialisieren und so zur Sicherheit in der Stadt beitragen. Es muss deshalb wieder mehr Personal für den Justizvollzug ausgebildet und eingestellt und die Ausstattung und Gestaltung der Haftanstalten müssen verbessert werden.

Die Haft muss insbesondere bei Menschen, die nur zu einer Geldstrafe verurteilt wurden, vermieden werden. Der offene Vollzug sollte die Regel und nicht die Ausnahme sein. Die Arbeitsverhältnisse im geschlossenen Vollzug sollen freiwillig sein und nach Mindestlohn bezahlt werden. Zur Pflege sozialer Kontakte müssen die Besuchszeiten ausgeweitet und der Zugang zum Internet ermöglicht werden.