Berlin ist anders: sozialer Zusammenhalt statt Ausverkauf
Beschluss 1 / 3 / 7
Die europäische Metropole Berlin steht 30 Jahre nach dem Mauerfall und dem Ende der europäischen Teilung für Freiheit, Menschenrechte und Solidarität.
Doch nicht erst die Morde von Halle und Kassel zeigen, dass die Bedrohung von rechts dramatisch zunimmt. Rechte Terroristen lassen rassistischer, antisemitischer und antimuslimischer Hetze brutale Taten folgen. Die Angriffe auf Geflüchtete, auf Muslime und Muslima, auf Jüdinnen und Juden, auf Sinti und Roma, auf Menschen mit Behinderungen, auf Schwule und Lesben, auf wohnungslose Menschen und auch auf Linke reißen nicht ab. Zugleich ist die Armut in der Stadt nach wie vor hoch und wird sichtbarer. Im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt eine faschistische Partei. Auf der anderen Seite wächst die Solidarität der Menschen, die sich diesem menschenverachtenden Hass entgegenstellen und für demokratische Grundwerte eintreten. Der Kampf der LINKEN für Frieden, Solidarität und soziale Gerechtigkeit ist notwendiger denn je.
Mehr als 30 Jahre neoliberaler Politik haben im Osten wie im Westen unseres Landes soziale und kulturelle Verheerungen unterschiedlichster Art hinterlassen. Doch immer mehr Menschen beginnen, sich gegen diese Zumutungen zu wehren, und kämpfen für einen stärkeren sozialen Zusammenhalt, für höhere Löhne und bezahlbare Mieten. Die Sicherung von Grundbedürfnissen wie Wohnen und Gesundheit, der Zugang zu Energie und Wasser, zu Bildung und Mobilität durch die öffentliche Hand sind wieder politisch durchsetzbar, die Umkehr der Privatisierungspolitik der 1990er und 2000er Jahre ist eine realistische Perspektive für unsere Stadt geworden.
Die alltäglichen Probleme lösen
Der rot-rot-grüne Senat ist vor drei Jahren angetreten, das Leben in der wachsenden Stadt für alle besser zu machen. Dafür haben wir seitdem bereits einige zentrale Verbesserungen erreicht und dabei:
- [Arbeit und Soziales] den Mindestlohn bei Aufträgen des Landes erhöht, die Hilfe für Obdachlose ausgeweitet, die Mietzuschüsse für Transferleistungsbeziehende erhöht, kostenfreie Sozialberatungen in allen Bezirken eingeführt, das Verbot sachgrundloser Befristungen im öffentlichen Dienst sowie in den landeseigenen Unternehmen durchgesetzt, und die ehemals outgesourcte Firmen der Charité CFM und CPPZ wieder zu 100 Prozent in die öffentliche Hand bzw. in das Mutterunternehmen zurückgeführt;
- [Wohnen und Mieten] den Mietendeckel auf den Weg gebracht, rund 15.000 Wohnungen aufgekauft und in öffentlichen Besitz gebracht, Mieterhöhungen im sozialen Wohnungsbau ausgesetzt, die landeseigenen Wohnungsunternehmen mit einer Kooperationsvereinbarung auf mieterfreundliche Politik verpflichtet, das Zweckentfremdungsverbot geschärft und kostenfreie Mieterberatungen in allen Bezirken geschaffen;
- [Kunst und Kultur] die Arbeitsbedingungen für Künstler*innen verbessert, mit dem Abbau des Sanierungsstaus in den Kultureinrichtungen begonnen, bedrohte Standorte gerettet, die Mittel für kulturelle Bildung erhöht, kulturelle Teilhabe durch Vermittlungsprogramme und einen eintrittsfreien Museums-Sonntag im Monat ab 2020 gestärkt, die neue Zentral- und Landesbibliothek für Berlin am Blücherplatz auf den Weg gebracht;
- [Mobilität und Verkehr] mit dem Mobilitätsgesetz erste Weichen für die Verkehrswende in der Stadt gestellt, das Sozialticket bezahlbar gemacht, ein günstiges Azubi-Ticket eingeführt und das Schülerticket für Bus und Bahn kostenfrei gemacht
- [Migration und Partizipation] mit dafür gesorgt, dass sich Berlin als eine der ersten Städte zum sicheren Hafen zur Aufnahme von Geflüchteten aus dem Mittelmeer erklärt hat, dass das Land eine Bundesratsinitiative für die leichtere Aufnahme gestartet hat, dass eine Clearingstelle für Menschen ohne Krankenversicherung eingerichtet wurde und dass es ein partizipativ mit Initiativen erarbeitetes Integrationskonzept für Geflüchtete gibt
- [Umwelt und Energie] das Berliner Stadtwerk gestärkt, die Rekommunalisierung des Berliner Energienetzes auf den Weg gebracht, den Ausstieg aus der Kohlenutzung in Berliner Kraftwerken bis 2030 beschlossen, die Parkreinigung ausgeweitet und einen Tierschutzbeauftragten eingesetzt;
- [Bildung und Schule] den Kita-Besuch kostenlos gemacht, das kostenlose Mittagessen an Berliner Schulen eingeführt, die Schulbauoffensive für Sanierung und Neubau gestartet, die Grundschullehr*innen bei der Bezahlung mit Lehrkräften an weiterführenden Schulen gleichgestellt und die Gemeinschaftsschule als Regelschule verankert;
- [Gutes Leben] den 8. März und damit den internationalen Frauentag dauerhaft zum Feiertag erklärt und im kommenden Jahr darüber hinaus den 8. Mai und damit den 75. Jahrestag des Tags der Befreiung in Berlin zum Feiertag gemacht.
Und dennoch gibt es für viele Berlinerinnen und Berliner weiterhin eine ganze Reihe alltäglicher Probleme. Die Suche nach einem Kitaplatz gleicht immer noch einer Lotterie, Termine beim Bürgeramt gibt’s erst in ein paar Wochen und der Berliner Verkehr, ob mit den Öffentlichen, dem Auto oder dem Fahrrad, ist oft eine Zumutung. Deshalb dürfen wir uns auf dem bisher Erreichten nicht ausruhen. Der Erfolg der rot-rot-grünen Koalition wird sich auch daran bemessen, ob am Ende der Legislaturperiode für die Berliner*innen weitere reale Verbesserungen in ihrem Alltag spürbar sind. DIE LINKE unterstützt deshalb beispielsweise die Forderung nach Rekommunalisierung der Schulreinigung in Berlin, wie sie von der Ini »Schule in Not« in vielen Bezirken erhoben wird, um die Sauberkeit an den Schulen zu erhöhen und die Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte zu verbessern.
Die Koalition und die sie tragenden Parteien SPD, LINKE und Grüne müssen deshalb weiter gemeinsam an der Entwicklung unserer Stadt arbeiten. Das geht nicht immer reibungslos, da die drei Parteien in manchen Bereichen unterschiedliche programmatische Leitlinien verfolgen. Für uns als LINKE ist zentral, dass es für alle Berlinerinnen und Berliner gleich welcher Herkunft, welchen Geschlechts, welchen Alters, welcher sexuellen Orientierung oder welchen Gesundheitszustands und auch mit einem geringen oder mittleren Einkommen möglich ist, in der Stadt gesund, gut und sicher zu leben. Deshalb setzen wir uns weiter für eine Politik der ökologischen Nachhaltigkeit und der sozialen Gerechtigkeit ein. Für uns sind Solidarität und Zusammenhalt dabei das Leitbild, an dem wir unsere Politik messen und orientieren.
Dem Mietenwahnsinn ein Ende setzen
Wir haben im Wahlkampf 2016 die Frage »Wem gehört die Stadt?« gestellt und damit den Nerv der Zeit getroffen. Dies zeigt sich insbesondere an der Auseinandersetzung um bezahlbare Mieten in Berlin. Die Mietpreise sind spätestens seit 2013 explodiert. Für Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen ist es bislang kaum mehr möglich, eine bezahlbare Wohnung zu finden – und das nicht mehr nur innerhalb des S-Bahn-Rings. Dahinter steht vor allem das Profitstreben großer privater Wohnungsunternehmen, die gezielt alle Möglichkeiten nutzen, um die Mieten in die Höhe zu treiben. Sei es durch Aufkauf des vorhandenen Wohnungsbestands oder durch Neubauprojekte, bei denen Kauf- oder Mietpreise für den Großteil der Menschen unbezahlbar sind. In Berlin droht so die gleiche Entwicklung wie in Paris oder London, wo Normalverdiener*innen schon lange aus der Stadt verdrängt wurden und nur noch zum Arbeiten in die Stadt pendeln. Wir setzen alles daran diese Entwicklung zu stoppen.
In den letzten Monaten haben wir erleben können, was passiert, wenn versucht wird, politisch grundlegend gegen den Mietenwahnsinn vorgehen. Mit millionenschweren Kampagnen, aggressivem Lobbying und fadenscheinigen Argumenten versuchen die großen Immobilienunternehmen und ihre Verbände alles, um ihre Renditen zu schützen. Wir haben diesen Kampf aufgenommen. Aus diesem Grund unterstützen wir die Initiative »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« und wollen mit dem Berliner Mietendeckel den Mietenwahnsinn durchbrechen. Nach wochenlangen Debatten und zähen Verhandlungen ist es der rot-rot-grünen Koalition gelungen beim Mietendeckel einen Kompromiss zu erarbeiten, der in seiner Wirkung in der Bundesrepublik einmalig sein wird. Der Dank für diesen Erfolg gilt auch den vielen Berliner*innen und den Initiativen, die den Druck auf die Politik organisiert haben. Es lohnt sich!
Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen werden durch den Mietenstopp in den kommenden fünf Jahren drastisch eingeschränkt. Mit dem Mietendeckel werden zudem Obergrenzen für Mietwohnungen festgesetzt, die für die Wiedervermietung von Wohnungen gelten, und damit vorerst die Spekulation auf immer weiter steigende Mieten beenden. Es wird so wieder möglich sein, innerhalb Berlins umzuziehen. Die Position der Mieter*innen gegenüber ihren Vermieter*innen wird massiv gestärkt. Das Einfrieren der Miete kann wirksam Verdrängung und Wohnungsverlust vermeiden und verschafft den Berliner*innen eine Atempause und Sicherheit. Mit der Absenkung überhöhter Mieten, werden insbesondere die Haushalte mit geringen Einkommen massiv entlastet und können in ihren Wohnungen bleiben.
Nach Inkrafttreten des Mietendeckels wird es darum gehen, dass Gesetz konsequent in der Praxis durchzusetzen und die Mieterinnen und Mieter in unserer Stadt über ihre Rechte aufzuklären und damit mit dazu beitragen, dass das in der Berliner Verfassung verankerte Recht auf Wohnen endlich Wirklichkeit wird.
Wohnen ist ein Menschenrecht
Ob eine Gesellschaft zu Solidarität und Zusammenhalt fähig ist, zeigt sich in ihrem Umgang mit den Schwächsten der Schwachen. Das gilt insbesondere für den Umgang mit wohnungs- und obdachlosen Menschen, die wohl brutalste Folge von Mietenwahnsinn und Arbeitsausbeutung. Wohnungslosigkeit trifft dabei längst auch Familien mit Kindern und arbeitende Menschen.
Wir haben es dabei im Senat in engem Zusammenwirken mit den Bezirken, Verbänden und Initiativen in einem ersten Schritt geschafft, die Kältehilfe im Winter massiv auszubauen, damit möglichst alle Menschen in der kalten Jahreszeit ein Dach über dem Kopf und einen Schlafplatz in der Nacht haben können.
Dringend notwendig ist darüber hinaus, dass für wohnungslose Menschen ein ganzjähriges Angebot an niedrigschwelligen Hilfen zur Verfügung steht. Notschlafplätze und Tagesstätten gehören genauso dazu wie medizinische und pflegerische Versorgung. DIE LINKE. Berlin unterstützt die Idee von Tiny Houses und Safe Places, in denen grundlegende hygienische Rahmenbedingungen gewährleistet werden und die obdachlosen Menschen Schutz vor Verdrängung, Angriffen und Belästigung bieten und ein Angebot in den Einstieg in das reguläre Hilfesystem sind.
Gleichzeitig gilt es, weg von der Notfallversorgung zu kommen und Regelangebote zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit zu schaffen, die über das Bestehende hinaus gehen. Oberstes Ziel muss sein, Wohnraum zu erhalten und wohnungslose Menschen in Wohnraum zu bringen. Die erste positive Bewertung von Housing First – dem Modellprojekt, in dem obdachlose Menschen ohne Vorbedingungen eine eigene Wohnung vermittelt wird – zeigt, dass wir solche Konzepte verstetigen und ausbauen müssen.
Dazu gehört auch, dass zweckentfremdeter und von Treuhändern verwalteter Wohnraum wohnungslosen Menschen angeboten wird, und zwar auch dann, wenn daraus nur kurz- bis mittelfristige Lösungen erwachsen. Insbesondere besonders schutzbedürftige Mieterinnen und Mieter (Schwerkranke, Pflegebedürftige, Familien, Menschen mit Behinderungen u.a.) müssen im Falle einer Wohnungskündigung besondere Unterstützung erhalten bis hin dazu, dass ihre Wohnung über das Allgemeine Sicherungs- und Ordnungsgesetz beschlagnahmt und ihnen weiter zum Wohnen zur Verfügung gestellt wird. Zwangsräumungen bei landeseignen Wohnungsunternehmen müssen beendet werden. In den Wintermonaten soll ein genereller Zwangsräumungsstopp für alle gelten.
Besonders schwierig ist die Situation von obdachlosen EU-Bürger*innen, die oftmals Opfer von Arbeitsausbeutung sind, wo sie vom Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen ausgeschlossen sind. Deshalb muss sich das Land Berlin auf Bundesebene zusammen mit anderen mitte-links regierten Ländern weiterhin offensiv dafür einsetzen, dass die bestehenden Leistungsausschlüsse bei Hartz IV und in der Sozialhilfe beseitigt werden und ihnen damit ein menschenwürdiges Leben ermöglich wird. Insbesondere werden wir uns weiter dafür ein, dass alle wohnungslosen Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Anspruch auf Sozialleistungen – einen Anspruch auf Unterbringung haben.
Wohnen ist ein Menschenrecht. Dieses Menschenrecht auch für die Schwächsten der Schwachen zu realisieren, wird für uns in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt bleiben. Wir unterstützen die von der Sozialverwaltung organisierte »Nacht der Solidarität« mit den obdachlosen Menschen in Berlin am 30. Januar 2020 und rufen unsere Mitglieder auf, sich aktiv zu beteiligen (www.berlin.de/nacht-der-solidaritaet).
Jetzt den nächsten Wahlkampf vorbereiten
Als Partei müssen wir bereits jetzt mit den Vorbereitungen der Abgeordnetenhauswahl 2021 beginnen. Dazu werden wir Anfang 2020 eine Bezirkekonferenz durchführen. Dort wollen wir gemeinsam die Themen erarbeiten, die den Menschen in ihrem Bezirk, dem Kiez und der Nachbarschaft auf den Nägeln brennen. Die Bezirkspolitik ist ein wichtiger Pfeiler unserer Politik in Berlin und im Bezirk werden politische Entscheidungen für die Berlinerinnen und Berliner unmittelbar erfahrbar. Das Wissen und die Erfahrungen unserer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Stadträtinnen und Stadträte und der vielen Bezirksverordneten ist dabei unerlässlich. Ausgehend von den Problemlagen vor Ort wollen wir Vorschläge erarbeiten, die in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden müssen.
Der Bezirkekonferenz soll im Frühjahr eine Stadtpolitische Konferenz folgen, die sich insbesondere mit den Fragen der wachsenden Stadt beschäftigt. Dort wollen wir Ideen zusammentragen, wie wir Wohnen, Verkehr, Bildung, Kultur und die gesamte Infrastruktur unserer Stadt so gestalten können, dass sie nicht an den wirtschaftlichen Interessen einzelner Investoren oder Konzernen ausgerichtet werden, sondern dazu ein gutes Leben für alle in einer wachsenden Stadt ermöglichen.
Wahlprogramm-Prozess organisieren
Beide Konferenzen bilden den Startpunkt für die Entwicklung unseres Wahlprogramms. Dieses wollen wir unter breiter Beteiligung der Mitgliedschaft und unter Einbindung der Berlinerinnen und Berliner erarbeiten. Dafür werden wir in den nächsten Monaten geeignete Formate entwickeln und dabei anknüpfen an die weiterhin brennende Frage »Wem gehört die Stadt?«.
Unter Einbeziehung von interessierten Bürgerinnen und Bürger, Initiativen und Verbänden werden wir dabei in einer Reihe von Workshops/Ratschlägen vor allem zu folgenden Themenkomplexen über Antworten auf die drängenden Fragen unserer Stadt diskutieren:
Gute Arbeit in Berlin – Gestaltung von Industrie und Dienstleistung 4.0 auf
Gutes Leben in Berlin – Armutsbekämpfung als Querschnittsaufgabe
Wohnen in der wachsenden Stadt – neuen bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen
Mobilität für alle – sozial gerecht, klimaneutral und barrierefrei
Klimagerechte Stadt – Umwelt und Naturschutz und die Verteidigung von Freiräumen mit den Anforderungen einer wachsenden Stadt zusammenbringen
Vielfalt gestalten heißt die Solidarische Stadt leben – Diskriminierung, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wirksam bekämpfen
Kultur, Wissenschaft und Bildung – Grundressourcen für die Gestaltung der sozialen Stadt für alle
Innen- und Rechtspolitik – öffentliche Sicherheit und demokratische Erneuerung der Stadtgesellschaft
Gesundheit in Berlin – Sicherung der Versorgung in allen Stadtteilen und Weiterentwicklung unserer öffentlichen Krankenhäuser zu leistungsfähigen Gesundheitszentren
Die Stadt wird Älter – Mitbestimmung und Teilhabe für Seniorinnen und Senioren in der Stad gewährleisten
Berlin als inklusive Stadt – der Zugang zu allen Bereichen unserer Stadt muss für alle Menschen barrierefrei und diskriminierungsfrei möglich sein