Schlüssel zum Erfolg der neuen Linken

1. Parteitag, 1. Tagung
Parteitag

Wortmeldung Irmgard Wurdack


[ Manuskript ]

Liebe Genossinnen und Genossen,

endlich sind wir eine Partei. Wofür wir seit über 2 Jahren in WASG und Linkspartei gearbeitet haben, ist endlich soweit. Und mit was für einem Erfolg: Seit dem Gründungsparteitag vor 2 Wochen sind über 2.500 Menschen der LINKEN beigetreten, davon rund 300 in Berlin. Das zeigt doch, welche Chancen wir haben!

Allerdings glaube ich nicht, dass der Mitgliederzuwachs automatisch so weitergehen wird. Bei den Abgeordnetenhauswahlen 2006 haben wir einen saftigen Denkzettel bekommen. Und vor wenigen Wochen konnten sich nur magere 4% der Berlinerinnen und Berliner in den Westbezirken vorstellen, DIE LINKE zu wählen. Jeder von uns, der am Infostand, auf einer Kundgebung oder im Streikzelt mit den Menschen diskutiert, kennt dieses »Ihr seid doch genau wie die anderen – große Versprechungen im Wahlkampf, aber einmal an der Regierung, vergesst ihr, wofür ihr gewählt wurdet.« In der neuen Partei werden wir uns anstrengen müssen, das Vertrauen all derer (zurück) zu gewinnen, die durch die Politik der Haushaltskonsolidierung in ihren sozialen Erwartungen enttäuscht wurden, die aber gleichzeitig hoffen, dass sich mit der neuen LINKEN etwas verändert.

Wir brauchen ein schärferes linkes Profil – insbesondere gegenüber Wowereits »Sparen bis es quietscht«-SPD. Andernfalls machen uns die Menschen zu Recht mitverantwortlich für Kürzungen, Privatisierungen und Schließungen von sozialen Einrichtungen in den Bezirken, den Lehrermangel oder die Erhöhung der Grundsteuer, die hunderttausenden Berliner Mieterinnen und Mietern – zusätzlich zu den steigenden Wasser- und Strompreisen – auch noch höhere Mieten aufbürdet.

Wie ein schärferes linkes Profil aussehen kann, haben die Genossen in Bremen gezeigt. Dort haben wir gewonnen, weil wir den bundesweiten Angriffen der großen Koalition und den Kürzungen vor Ort mit unseren zentralen Forderungen für einen gesetzlichen Mindestlohn, Einführung der Vermögenssteuer, Ausbau von Kita- und Hortplätzen, gegen 1-Euro-Jobs, Arbeitszeitverlängerung und Privatisierungen entgegengetreten sind und als glaubwürdiger Teil der sozialen Bewegungen und der Gewerkschaften anerkannt wurden. Darin liegt auch in Berlin der Schlüssel zum Erfolg der neuen Linken. Konkret heißt das beispielsweise, an der Seite der Gewerkschaften in den Tarifauseinandersetzungen im Öffentlichen Dienst für höhere Löhne und für die Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der öffentlichen Arbeitgeber zu kämpfen.

Mit Sparmaßnahmen ist die Haushaltskrise in Berlin eh nicht zu lösen, weil die Bundesregierung mit Steuergeschenken an die Konzerne und Reichen die finanziellen Spielräume für die öffentliche Daseinsfürsorge auf kommunaler und Landesebene täglich weiter einschränkt. Berlin wird sich nicht aus eigener Kraft und nicht mit noch so vielen sozialen Kürzungen aus der Schuldenfalle hieven. Aufgabe der LINKEN – auch in Berlin – ist es, die Bedingungen zu verbessern, um die große Koalition politisch zu schwächen und die Regierung dazu zu zwingen, die Kassen in Berlin aus den Geldbeuteln der Reichen und Konzerne zu füllen. Das werden wir nicht schaffen durch Händel mit der Berliner SPD am Koalitionstisch. Wir brauchen vielmehr auch in Berlin ein enges Bündnis mit den Beschäftigten, MigrantInnen, RenterInnen, Studierenden und Erwerbslosen, das uns aber nicht gelingen wird, wenn wir sie gleichzeitig durch die Politik der Haushaltskonsolidierung attackieren.

Gemeinsam mit der Linksfraktion im Bundestag, der LINKEN in anderen Bundesländern, den Gewerkschaften und außerparlamentarischen Bewegungen sollten wir für einen grundsätzlichen Politikwechsel mobilisieren. Die Mehrheit der Bevölkerung ist auf unserer Seite – für höhere Löhne, für einen gesetzlichen Mindestlohn, für eine sozial gerechte Schulpolitik, für einen Aufstand der Kommunen in ganz Deutschland.

Darüber hinaus ist wichtig, dass DIE LINKE die Kampagne der Friedensbewegung für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan aktiv mit aufbaut. Die Demo am 15.9. in Berlin ist ein erster Schritt. In anderen europäischen Ländern hat die Antikriegsbewegung in den vergangenen Jahren Regierungen zu Fall gebracht und damit auch Mut gegeben und Spielräume eröffnet für den Kampf um soziale Rechte und eine Umverteilung von oben nach unten. Mit einer solchen Politik können wir neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter auch in Berlin gewinnen sowie die Zustimmung auch im Westteil der Stadt sowie bei jungen Leuten und Frauen ausbauen, die wir so dringend benötigen.