Situation von Honorarlehrkräften und ihre Forderungen
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Michael Frey
[Manuskript – es gilt das gesprochene Wort.]
Der Antrag »Gute Bildung für alle – bildungspolitische Leitlinien für Berlin bis zum Jahr 2030« geht im dritten Abschnitt (»Schule muss sich verändern«) unter der Zwischenüberschrift »Kulturelle Bildung« auch auf die prekäre Situation der Lehrkräfte an öffentlichen Musik- und Volkshochschulen ein. Gefordert wird ihre Festanstellung mit einer Entlohnung, die den Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen vergleichbar ist. Dies ist eine wichtige Forderung, um die Unsicherheit in der Lebensplanung und die schlechten Arbeits- und Lohnbedingungen der Honorarlehrkräfte zu verbessern. Ebenfalls wird im Antrag auf die prekäre Arbeits- und Lebenssituation der Lehrbeauftragten an den Hochschulen Bezug genommen. Im fünften Abschnitt (»Für eine demokratische Hochschulund Wissenschaftspolitik«) heißt es dazu, dass für alle Daueraufgaben auch Dauerstellen geschaffen werden müssen und sich dadurch auch das »leidige Problem« der prekären Lehrbeauftragten weitgehend lösen lasse. Die Situationen und die Motivationen der verschiedenen Gruppen von Lehrbeauftragten sollen berücksichtigt werden. In den Musikhochschulen, in der Sprachausbildung sowie in vielen Grund- und Methodenkursen (besonders an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, aber auch an den Universitäten) unterrichten über Jahren dieselben Dozent*innen mit Lehraufträgen; dabei handelt es sich eindeutig um Daueraufgaben. Aber auch viele Promovierende sowie Promovierte, die keine Haushaltsstellen, sondern Stipendien oder Drittmittel-Stellen innehaben, übernehmen Lehraufträge, um sich für die Lehr zu qualifizieren und um im Kontakt mit dem eigenen Institut zu bleiben. Sie führen Daueraufgaben aus, die das angestellte Personal aus reinen Kapazitätsgründen nicht übernehmen kann. Eine echte externe Expertise, für die Lehraufträge gedacht sind, bringen in die Hochschulen nur die Lehrbeauftragten, die über eine externe, berufliche Arbeit verfügen, und welche in der Regel wenige Stunden über eine überschaubare Anzahl von Semestern unterrichten.
Diese Forderungen stimmen mit den hochschulpolitischen Positionen der GEW überein. Allerdings meinen wir, dass sich die prekäre Arbeits- und Lebenssituation von Honorarlehrkräften nicht allein auf die im Antrag genannten Bildungsbereiche – Musik- und Volkshochschulen sowie Hochschulen – beschränkt, sondern sie in vielen weiteren Bereichen wie Lehrkräfte zweiter Klasse behandelt werden, obwohl ihre Arbeit dort unentbehrlich ist. Dies betrifft vor allem die folgenden Bildungsbereiche:
- die Integrations- und Alphabetisierungskurse im Auftrag der Bundesregierung
- die privaten Sprachschulen (u.a. Integrationskurse im Auftrag der Bundesregierung)
- die Goethe-Institute (Deutschkurse)
Aus unserer Perspektive muss die Lage aller Honorarlehrkräfte verbessert werden. Auch für sie muss die »Charta zum Status der Lehrerinnen und Lehrer« gelten, die 1964 von der UNESCO und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) angenommen wurde. Sie sieht vor, dass Lehrer*innen unabhängig von der Schulart vergleichbar vergütet und bei Krankheit, Invalidität und Arbeitslosigkeit sozial abgesichert werden. Nach Mutterschutz oder Erziehungszeiten sollen sie ein Recht auf Wiedereinstieg haben. Eine angemessene Altersvorsorge soll ihnen gewährt werden. Diese UNESCO-Standards müssen auch für alle Honorarlehrkräfte erfüllt werden.
Damit die arbeits- und sozialrechtlichen Standards der »Charta zum Status der Lehrerinnen und Lehrer« auch für die Lehrkräfte auf Honorarbasis zutreffen können, sind folgende Forderungen zu erfüllen:
- eine sozial- und tarifrechtlich gesicherte Festanstellung
oder bei einer (erwünschten) Freiberuflichkeit:
- Vergütung pro Unterrichtseinheit wie angestellte Lehrkräfte
- Anbindung an die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst
- Beteiligung der Auftraggeber_innen an den Sozialversicherungsbeiträgen
- Absicherung bei Krankheit: 100% Ausfallzahlung
- Beiträge zur Krankenkasse proportional zum Einkommen
- angemessene Absicherung im Alter
- Personalvertretungsrechte
Auf dem Weg zu diesen Zielen befürworten einige Gruppen von Honorarlehrkräften den Kampf für ein Mindesthonorar, das analog zum Mindestlohn der Ausbeutung der Dozent*innen eine Untergrenze setzen würde. Andere Dozent*innen sind dazu kritisch, da sie befürchten, dass die Öffentlichkeit diese Untergrenze als »gerechtes Honorar« verstehen könnte, d.h. für das auf der Unterrichtsstunde umgerechnete Honorar, welches die Brutto-Vergütung der angestellten Lehrer*innen entspricht. Zu dieser Debatte vgl. den Artikel in der Oktoberausgabe der Mitgliedszeitschrift der GEW Landesverband Thüringen »tz – thüringer zeitschrift für Bildung, Erziehung und Wissenschaft« über das »gerechte Honorar«.