rot. radikal. realistisch. – Unser Programm für die soziale Stadt


Wahlprogramm 2021

15. Bildung und Schule

Bildungsübergänge müssen gelingen

Wir wollen dafür Sorge tragen, dass insbesondere die Übergänge von der Kita in die Grundschule und von der Schule in Ausbildung und Beruf gelingen. Dafür sollen, unter Auswertung vorliegender Erfahrungen, Konzepte entwickelt und realisiert werden. Lernen im Gleichschritt muss überwunden werden. Flexible Eingangsphasen in der Grundschule sind schon Praxis. Wir prüfen flexible Ausgangsphasen in weiterführenden Schulen. Bildungsverbünde in den Sozialräumen wollen wir fördern.

Wir wollen, dass jede:r Schüler:in die Schule mit einer Perspektive für eine berufliche oder akademische Ausbildung verlässt. Alle jungen Menschen sollen unter Beachtung ihrer individuellen Voraussetzungen ein Angebot erhalten, das mit ihren Interessen, Wünschen und Neigungen in Übereinstimmung steht.

Die Arbeit der Jugendberufsagenturen werden wir insbesondere im Hinblick auf die Ausweitung der Zielgruppendefinition und die bezirkliche Ausstattung mit personellen und sächlichen Ressourcen verbessern. U. a. wollen wir dafür sorgen, dass verbindliche Regelungen für die berufliche Förderung von Mädchen und jungen Frauen, von jungen Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund, von Alleinerziehenden oder von jungen Menschen mit Behinderungen geschaffen und umgesetzt werden. Alle Angebote müssen schrittweise barrierefrei gestaltet und interkulturell geöffnet werden.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass alle Partner unter dem Dach der Jugendberufsagenturen gleichberechtigt ihre Leistungen erbringen. Dies gilt u.a. für die bezirklichen Angebote der Jugendberufshilfe und für sozial-integrative Leistungen. Dafür sollen verbindliche Ausstattungsstandards in quantitativer und qualitativer Hinsicht entwickelt und im Sinne einer Grundausstattung vom Land vollständig finanziert werden.

Modelle einer rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit auch in der Finanzierung wollen wir ermöglichen, entsprechende Erfahrungen sollen öffentlich ausgewertet und gute Beispiele publik gemacht werden. Wir wollen, dass dafür Vereinbarungen mit der Regionaldirektion für Arbeit Berlin-Brandenburg abgeschlossen werden.

Das Recht auf demokratische Beteiligung und Teilhabe umsetzen

Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder und Jugendliche an allen sie und ihre Zukunft betreffenden Entscheidungen beteiligt werden. Zeitgemäße Formen der digitalen Mitbestimmung sind für sie und ihr Engagement unerlässlich. Wir wollen insbesondere die Stärkung der Medienkompetenz und die Unterstützung für Angebote der jugendpolitischen Bildungsarbeit fördern. Den Jugenddemokratiefonds wollen wir finanziell aufstocken. Wir wollen erneut eine Initiative zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus starten. Bei der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz setzen wir uns dafür ein, dass diese Formulierung nicht hinter der UN-Kinderrechtskonvention und der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückbleibt.

Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe weiterent­wickeln

Wir haben das Landesprogramm Schulsozialarbeit ausgebaut, so dass mit Beginn des Schuljahres 2021/22 jede Schule, einschließlich der Oberstufenzentren, mit mindestens einer Stelle für Schulsozialarbeit ausgestattet wird. Wir wollen das Landesprogramm fortführen, weiterentwickeln und verbindliche Qualitäts- und Ausstattungsstandards für die verschiedenen Angebote im Bereich Schulsozialarbeit erreichen.

Fachkräftemangel an Schulen beseitigen und Arbeitsbedingungen verbessern

Ausreichend und gut qualifizierte Fachkräfte sind die zentrale Grundlage für ein gerechtes und zukunftsfähiges Bildungssystem, das allen Kindern und Jugendlichen die besten Entwicklungschancen sichert.Wir müssen die Zumessungsrichtlinien ändern, so dass Teamstunden für Pädagog:innen, ein verbesserter Personalschlüssel und weitere personelle Unterstützung (auch in Schulen in sozial benachteiligter Lage) ermöglicht werden. Perspektivisch sollte zudem die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte reduziert werden.

Über das Landesprogramm Schulsozialarbeit wollen wir auch Stellen im öffentlichen Dienst schaffen, nicht nur bei freien Trägern. Unsere Zielstellung bleibt, eine ausreichende Vertretungs-reserve von zehn Prozent für den Unterricht und die ergänzende Förderung und Betreuung (Hort) zu schaffen. Mittelfristig muss das Lernen in kleineren Klassen ermöglicht werden.

Für eine angemessene Personalausstattung brauchen wir eine Ausbildungsoffensive für Lehrkräfte für Grund-, Ober- und Berufsfachschulen, Erzieher:innen, Integrationsfacherzieher:innen und Sozialarbeiter:innen.

Die Kapazität an Studien- und Ausbildungsplätzen für das Lehramt, für Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen wollen wir dafür weiter bedarfsgerecht erhöhen. Unser Ziel ist, dass jährlich 3  000 Lehramtsstudierende für Grundschulen, Oberschulen und Sonderpädagogik die Berliner Hochschulen verlassen.

Die Ausbildung zu Integrationsfacherzieher:innen wollen wir stärken. Dafür braucht es eine Fachschulausbildung.

In der Erzieher:innenausbildung wollen wir die Anzahl der Dozent:innen an den Fachschulen erhöhen, um die Kooperation mit den Praxisstellen zu stärken. Wir setzen uns weiter dafür ein, den Erzieher:innenberuf aufzuwerten und dies auch durch eine deutlich bessere Bezahlung zum Ausdruck zu bringen. Wir wollen die Bezahlung von Erzieher:innen nach Tarifvertrag auch durch freie Träger zur Bedingung für eine Finanzierung aus Landesmitteln machen. Erzieher:innen in berufsbegleitender Ausbildung sollen nicht voll auf den Stellenschlüssel angerechnet werden.

Es braucht auch im Ganztagsbetrieb Anleitungsstunden analog zum Kitabereich (3-2-1) für angehende Erzieher:innen. In der ergänzenden Förderung und Beratung (eFöB) streben wir einen verbindlichen Personalschlüssel von 1:15 statt derzeit 1:22 an. Sachfremde Tätigkeiten sollen nicht damit abgedeckt werden. Zudem soll ein maximaler Anteil der Präsenz im Unterricht festgelegt werden. Einstellungsverfahren für Erzieher:innen werden wir beschleunigen. Bei der Einstellung muss die vorherige Berufserfahrung großzügig anerkannt und berücksichtigt werden. Supervision für Erzieher:innen soll zukünftig zur Regel werden.

Der Fachkräftemangel ist ein bundesweites Problem, das Berlin auf Landesebene nur schwer allein lösen kann.  Wir schlagen daher vor, eine Bundesratsinitiative für mehr Studienplätze im Lehramt zu initiieren und einen Staatsvertrag zur Deckung des Lehrkräftebedarfs abzu-schließen. Wir wollen in Berlin die Castingverfahren für Lehrkräftebewerbungen abschaffen und eine zentrale Bewerbung (auch unter Angabe von Wunschschulen) und Verteilung der Lehrkräfte ermöglichen. So werden auch Schulen in sozialen Brennpunkten mehr gut ausgebildete Lehrkräfte erhalten.

Für alle Beschäftigten in den Schulen müssen gute Arbeitsbedingungen selbstverständlich sein. Es müssen feste Stundenanteile u.a. für den Kontakt zu Eltern und Schüler:innen mit den Beschäftigtenvertretungen vereinbart werden – über die bereits vereinbarten vier Stunden für beim Land beschäftigte Erzieher:innen hinaus endlich auch bei freien Trägern. Dazu gehören Arbeitsplätze, eine Ausstattung mit digitalen Endgeräten mit WLAN-Zugang und Diensttelefone ebenso wie das Arbeiten in multiprofessionellen Teams sowie eine eindeutige Stellenbeschreibung.

Die Verbeamtung ist nicht geeignet, den Lehrkräftemangel zu beheben. Sie würde außerdem neue Gerechtigkeitslücken schaffen, da viele lebensältere Lehrkräfte und andere pädagogische Professionen nicht verbeamtet werden können und sich Unterschiede zwischen Erzieher:innen und Lehrkräften weiter vergrößern. Vielmehr müssen die Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte merklich verbessert werden.

Beim Quereinstieg wollen wir den Fokus auf die Ausbildungsqualität legen, um Abbrüche zu verhindern. Es braucht gerade zu Beginn eine geringere Unterrichtsverpflichtung und danach eine stufenweise Erhöhung, eine verbindliche Absicherung der Mentor:innenstunden sowie eine individuelle Betreuung. Die Q-Master-Studiengänge wollen wir weiter ausbauen.

Schulen in sozialen Brennpunkten stärken

Diese Schulen brauchen unsere besondere Unterstützung, denn für die Schüler:innen geht es um mehr Chancengerechtigkeit. Multiprofessionelle Teams sollen die Arbeit unterstützen.

Wir streben eine Entlastung der Lehrkräfte in Form einer verringerten Unterrichtsverpflichtung an. Ein schrittweiser Aufbau einer Vertretungsreserve und eine Steigerung der Personal-ausstattung sollen prioritär an diesen Schulen starten. Im Hort sind umfangreichere Stundenanteile für mittelbare pädagogische Arbeit vorzuhalten als an anderen Schulen, um der besonderen Bedeutung u.a. von Elternarbeit gerecht werden zu können.

Die Lernmittelbefreiung für Berechtigte nach dem Bildungs- und Teilhabepaket bzw. der Berlinpass gehören als Indikatoren für Zumessungen auf den Prüfstand. Modelle wie der KESS-Faktor in Hamburg könnten vielmehr als Vorbild dienen.

Die inklusive Schule

Jeder Mensch ist einzigartig und muss in seiner Besonderheit anerkannt und gefördert werden. Alle brauchen eine Schule, die so gestaltet ist, dass jede:r werden kann, was ihr/ihm möglich ist.

Inklusive Pädagogik muss in der Ausbildung von Lehrkräften, Sozialpädagog:innen und Erzieher:innen zentraler Bestandteil sein.

Multiprofessionelle Teams an inklusiv arbeitenden Schulen müssen unterstützt und weitere Berufsgruppen (z.B. Ergo-, Logo-, Physiotherapeut:innen, Psycholog:innen, Lerntherapeut:innen, Krankenpfleger:innen, Handwerker:innen, Schulassistent:innen, pädagogische Unterrichtshilfen) zusätzlich als verbindlicher Teil der Basiszumessung für das Schulpersonal verankert werden. Den begonnenen Prozess, Schulen mit Verwaltungsleitungen zu unterstützen, wollen wir weiter vorantreiben. Wir wollen verbindliche und fest im Schulalltag verankerte Teamstunden für alle beteiligten Berufsgruppen, die mit Schüler:innen arbeiten, einrichten. Diese Stunden sind als mittelbare pädagogische Arbeit anzuerkennen. Für die Betreuung von Schüler:innen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen müssen die Zumessungsrichtlinien nach oben angepasst werden.

Jede inklusiv arbeitende Schule benötigt zusätzliche Räume zur Förderung der praktischen Kompetenzen (Werkstätten, Küchen etc.) und Rückzugsräume für die Schüler:innen, orientiert an der Ausstattung der inklusiven Schwerpunktschulen.

Die Rolle und Einsatzmöglichkeiten von Schulhelfer:innen, Schulassistenzen und pädagogischen Unterrichtshilfen müssen ausgeweitet, die Beantragung muss erleichtert werden.

In diesem Sinne müssen für Eltern, Schüler:innen und Schulen schnelle, klare und unabhängige Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dafür müssen die SIBUZe (Schulpsychologische und Inklusionspädagogische Beratungs- und Unterstützungszentren) personell und finanziell sowie in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden.

Die Effekte der verlässlichen Grundausstattung in der Grundstufe müssen überprüft werden, bevor ähnliche Modelle auf die Oberschule übertragen werden. Eine Nachsteuerungsreserve muss für die inklusive Schule stets abrufbar sein.

Ein einmal festgestellter Förderbedarf gilt für den Ganztag und muss dementsprechend zukünftig so berücksichtigt werden. Jede:r Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollte doppelt bei der Bemessung der Klassenstärke zählen. Inklusiv arbeitende Schulen haben einen höheren Fortbildungsbedarf und sollen einen zusätzlichen jährlichen Studientag erhalten.

Übergänge in die weiterführende Schule werden erleichtert: Es sollen neue Aufnahmekriterien entwickelt werden, die unter anderem Inklusion, eine gute Mischung von lernschwachen und lernstarken Schüler:innen und die Möglichkeit einer wohnortnahen Beschulung begünstigen.

Wir sind überzeugt, dass alle Schulformen inklusiv arbeiten müssen. Gymnasien, die inklusiv arbeiten und Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, werden wir mit zusätzlichen Ressourcen unterstützen. Das Probejahr an Gymnasien wollen wir abschaffen und die gemeinsame sechsjährige Grundschulzeit verbindlich für alle verankern. Einmal aufgenommene Schüler:innen haben das Recht, an der Schule zu verbleiben. Das Sitzenbleiben wollen wir abschaffen. Freiwillige Wiederholungen sind pädagogisch begründet möglich. Alle weiterführenden Schulen in Berlin führen zum mittleren Schulabschluss (MSA).

Unterricht von Kindern mit und ohne Fluchtgeschichte

Laut Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen hat jedes Kind das Recht auf Bildung, egal in welchem Land es geboren wurde oder wo es heute lebt. Aus diesem Grund wollen wir, dass die Einschulung von geflüchteten Kindern in Berlin unverzüglich umgesetzt wird. Willkommensklassen sind ein Anfang für die Neuberliner:innen und dieser muss am Regelschulstandort stattfinden. Eine Beschulung in den Gemeinschaftsunterkünften lehnen wir ab.

Die Schule ist ein sozialer Ort, der Begegnungen und Lernen ermöglicht. Wir möchten gemeinsames Lernen ermöglichen. Durch feste und langfristig angestellte Lehrkräfte kann ein kontinuierliches und regelmäßiges Lernen gefördert werden.

Um einen möglichst schnellen, fließenden Übergang in die Regelklassen zu begünstigen, setzen wir uns für eine schrittweise Teilnahme am Regelunterricht ein, begleitet von Methodenweiterbildungen für Lehrkräfte und Sprachförderung für Schüler:innen.

Neben der schulischen Bildung haben alle Kinder auf dieser Welt ein Recht auf Spiel und Freizeit. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass insbesondere geflüchtete Kinder ungehört bleiben, die Einrichtungen spät informiert oder Spielplätze nicht genutzt werden können. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Kinder Zeit und Möglichkeiten für Spiel und Erholung in ihren Einrichtungen, aber auch an der frischen Luft bekommen.

Gemeinschaftsschulen stärken und neu bauen

Studien haben gezeigt, dass lernschwache und lernstarke Schüler:innen durch gemeinsames Lernen an Gemeinschaftsschulen bessere Leistungen erzielen. Der Bildungserfolg kann hier am besten vom Sozialstatus der Eltern entkoppelt werden. Hier wird Inklusion gelebt. Die Erfolge in den Gemeinschaftsschulen wurden erreicht, obwohl diese Schulen jeweils einen überdurchschnittlichen Anteil an Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder nichtdeutscher Herkunftssprache sowie aus armen Verhältnissen aufweisen.

Schulneubauten wollen wir bevorzugt als Gemeinschaftsschulen bauen. Schulen, die sich auf den Weg machen, Gemeinschaftsschulen zu werden, brauchen finanzielle und personelle Unterstützung. Gemeinschaftsschulen sollen ein Anrecht auf eine durchgängige, gleichmäßige Zügigkeit in Grund- und Oberstufe erhalten. Wir streben 100 neue Gemeinschaftsschulen bis 2026 an. Die wissenschaftliche Begleitung der Gemeinschaftsschulen soll weiterhin abgesichert werden.

Gebäude der Gemeinschaftsschulen werden, falls nicht ausreichend vorhanden, mit zusätzlichen Werkstätten, Schulküchen, Teilungsräumen, Therapieräumen und barrierefrei ausgebaut. Gymnasien, die den Weg zu einer Gemeinschaftsschule einschlagen, haben das Recht, mit Werkstätten ausgestattet zu werden.

Viele Gemeinschaftsschulen bewerten Leistungen von Schüler:innen bereits erfolgreich bis zum 9. Jahrgang ohne Noten. Wir wollen, dass dies an allen Schulen zum jährlich überprüften Grund-prinzip wird und Abweichungen davon nur durch die Schulkonferenz beschlossen werden können.

Ganztagsschule stärken für mehr Bildungsgerechtigkeit

Alle Berliner Grundschulen, integrierten Sekundarschulen, Gemeinschaftsschulen und zunehmend auch Gymnasien sind Ganztagsschulen. Die Doppelnutzung von Räumen für Unterricht und eFöB (= Hort) wollen wir vermeiden. Wir setzen uns für ein eigenes Budget für eFöB-Räume sowie für eine Erhöhung der Materialausstattung im Ganztag ein. Wir setzen uns zudem dafür ein, dass zu jeder Schule eine mit Medien und Technik gut ausgestattete Schulbibliothek mit qualifiziertem, gut bezahltem Personal gehören muss, die zu einem multimedialen Lernzentrum weiterentwickelt werden kann.

Um noch mehr Kindern gleiche Bildungschancen zu geben, wollen wir den Besuch der eFöB im 3. und 4. Jahrgang, wie schon für den 1. und 2. Jahrgang eingeführt, für die Eltern kostenfrei verwirklichen.

Für die Umsetzung des kostenfreien Mittagessens wollen wir bedarfsgerecht neue Stellen schaffen. Ziel ist, dass jede Schule mittelfristig über eine eigene Mensa verfügt. Schüler:innen brauchen in der Ganztagsschule ein gesundes Mittagessen, das möglichst aus regionalen Produkten in der Schulküche frisch zubereitet wird und in einer Schulmensa gemeinsam gegessen werden kann. Dabei wollen wir, dass auch die Schüler:innen der Sekundarstufe I ein für sie kostenfreies Mittagessen bekommen. Zudem sollen auch Schüler:innen der Mittel- und Oberstufe künftig alle Lernmittel kostenfrei nutzen können.

Schulbau beschleunigen, Schulsanierung fortsetzen

Der Sanierungsstau bei den Berliner Schulen ist riesig. Zusätzlich braucht die Stadt deutlich mehr Schulplätze, denn die Zahl der Schüler:innen wächst weiter, und viele Schulen sind überbelegt. Dafür müssen noch über 50 Schulen neu gebaut werden. Viele Schulen brauchen Ergänzungsbauten. Das ist eine Mammutaufgabe. Sie wird nur in einer konzertierten Aktion von Senat, Bezirken und Howoge zu schaffen sein.

Die bereits beschlossenen Modellschulen müssen umgesetzt werden. Eine bedarfsorientierte räumliche Ausstattung ist eine Notwendigkeit für bestehende Schulen wie auch für Neubauten. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die bedarfsorientierte Ausstattung mit Plätzen weiter-
führender Schulen in allen Berliner Bezirken zu setzen. Dazu muss das Land zusammen mit den Bezirken eine gesamtstädtische Planung vorlegen.Neue Schulen müssen nachhaltig und nach dem Compartmentmodell, das den Anforderungen von Inklusion, Ganztag und neuer Pädagogik gerecht wird, gebaut werden.

Schulen sollen sich in den Stadtraum öffnen. Bei der Stadtplanung muss das mitgedacht werden. So sollten schon in der Planung neuer Schulen prinzipiell auch Räume für eine Musikschule, eine Stadtteilbibliothek, für Kultur, Sport, eine Jugendverkehrsschule, Stadtteilzentren oder für andere Nutzungsangebote mitgedacht werden.

Schulreinigung kommunal

Die Reinigung der Berliner Schulen soll innerhalb der Legislaturperiode rekommunalisiert werden. Da die Schulreinigung zur Aufgabe der Bezirke gehört, soll das Land den Bezirken für diese Aufgabe die notwendigen Stellen und die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen.

Öffentliche Schulen stärken

Besondere pädagogische Angebote können durchaus die schulische Bildung in Berlin bereichern, allerdings besteht hier auch die Gefahr, dass Privatschulen gegen das Sonderungsverbot verstoßen. Das Berliner Schulsystem ist ein öffentliches Schulsystem. Es ist durch Anreize, Auflagen und das Finanzierungssystem unbedingt sicherzustellen, dass Privatschulen nicht gegen das Sonderungsverbot verstoßen und eine soziale Mischung der Schülerschaft gewährleistet ist.

Mitbestimmung – demokratische Schule

Die Schule soll Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg unterstützen, mündige Bürger:innen zu werden. Wir halten die Stärkung der Schüler:innengremien für einen wichtigen Schritt auf diesem Weg, z.B. durch eine bessere Finanzierung. Wir unterstützen außerdem Projekte zur autonomen Finanzierung der Schüler:innenschaft. Der Schüler:innenhaushalt soll auf alle Bezirke ausgeweitet werden. Schüler:innenparlamente sollen unterstützt werden.

Antidiskriminierung in der Bildung

Wir setzen uns konsequent für eine Schule ohne Rassismus, ohne Mobbing und ohne Gewalt ein. Dafür sollte die Stelle und der Einfluss des:r Antidiskriminierungsbeauftragten gestärkt werden. Deshalb haben wir das erste Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) geschaffen, das auch für den Bildungsbereich gilt. Präventionsprogramme in diesen Bereichen sollen unterstützt und verstetigt werden. Wir wollen, dass Antidiskriminierung und Diversität in der Aus- und Weiterbildung von Lehrer:innen und Erzieher:innen einen größeren Raum einnehmen.

Berufliche Bildung und Berufsorientierung

Um die Gleichwertigkeit von Beruflicher Bildung und der Allgemeinbildung zu erreichen, müssen die Oberstufenzentren (OSZ) weiter gestärkt werden, z.B. durch Verbünde von Integrierten Sekundarschulen (ISS) mit OSZ.

Die Berufsschullehrkräfteausbildung an der Technischen Universität wollen wir deutlich stärken, zum einen durch mehr personelle und Werkstattkapazitäten und zum anderen durch gezielte Werbemaßnahmen für das Berufsschullehramt. Den »Lehrkräften für Fachpraxis« an den OSZ soll ermöglicht werden, über den Quereinstieg den Masterabschluss und das 2. Staatsexamen zu erreichen.

Unser Ziel ist es, dass alle jungen Menschen, die kein Studium aufnehmen wollen, ein Angebot für einen Ausbildungsplatz erhalten (Ausbildungsgarantie). Die allgemeinbildenden Schulen müssen in die Verantwortung genommen werden, den jungen Menschen eine Anschlussperspektive zu eröffnen. Die Teams für Berufs- und Studienorientierung (BSO-Teams) an den Schulen wollen wir weiter stärken. Die Berufsorientierung ist als wichtige Aufgabe der gesamten Schule zu etablieren und zu kontrollieren.

Das System der Berufs- und Studienorientierung muss grundsätzlich evaluiert werden. Maßnahmen sollen konzeptionell gemäß dem Landeskonzept aufeinander abgestimmt werden. Jugendliche mit Migrationshintergrund brauchen Chancen. Den »Berlin braucht dich«-Ansatz der Pilotschulen wollen wir in der Breite verankern und dabei die Mitarbeit von landeseigenen Unternehmen forcieren.

Das 11. Pflichtschuljahr lehnen wir ab. Stattdessen muss die Berufsorientierung in der Oberstufe und an den OSZ ausgebaut werden. Die Erfolgsmodelle Integrierte Berufsausbildung (IBA) und das Berliner Ausbildungsmodell (BAM) werden wir in enger Bindung an die Betriebe fortsetzen.

Die Jugendberufsagentur muss weiter gestärkt werden. Es braucht eine jugendgerechtere Ansprache, eine gestärkte aufsuchende Beratung, mehr Elternansprache und konzertierte, regionale Vermittlungsaktionen. Virtuelle Messen und die Ansprache für Ausbildungsplatzsuche sind auszubauen, Nachvermittlungsaktionen müssen verstärkt werden.

Die Zuständigkeit für schulische und betriebliche Berufsbildung muss zukünftig in einer Senatsverwaltung liegen, um Sollbruchstellen beim Übergang Schule-Beruf zu vermeiden.

Wohnungsangebote und Neubauten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften für Studierende und Auszubildende müssen weiter ausgebaut werden. Es soll geprüft werden, ob der Mietpreis für die »Easy-Living«-Wohnungen der Berlinovo reduziert werden kann, so dass die Wohnungen auch für Auszubildende bezahlbar sind. Zudem sollen weitere Kooperationen zwischen Betrieben, Sozialpartner:innen und dem Land Berlin zur Errichtung von Azubi-Wohnheimen geschlossen werden.

Digitalisierung in der Bildung

Digitale Bildung dient der Förderung vernetzten Denkens und dem Erlernen moderner Kulturtechniken. Wir wollen die Rolle von Digitalkompetenzen in der pädagogischen Ausbildung und Fortbildungskonzepte für Pädagog:innen, Erzieher:innen und Kollegien stärken. Es braucht Professuren für Medienbildung sowie medienpädagogische Fortbildungskonzepte. Gamification und Augmented Reality, wie sie etwa von medialepfade.org verfolgt werden, sind vielversprechende Ansätze dazu. Die Landesplattform für offene Bildungsressourcen (Open Educational Resources = OER) soll ausgebaut, die Erstellung von OER durch Lehrkräfte gefördert und auf Dauer ausfinanziert werden.

Wir wollen ein landesweites Bildungskompetenzzentrum sowie einen Beirat für digitale Bildung unter Beteiligung von Schulen, Bezirken, Universitäten, Wirtschaft etc. einrichten. Die Medienkompetenzzentren in den Bezirken wollen wir ausbauen.

Die IT-Beauftragten brauchen mehr Freistellungsstunden und sollen die Schulen aktiv bei der digitalen Schulentwicklung beraten und unterstützen.

Alle Schüler:innen brauchen digitale Endgeräte wie Laptops, sie sind Teil des Existenzminimums und sollten im Rahmen von Transferleistungen finanziert werden. Wir setzen uns dafür ein, dass auch dem pädagogischen Personal endlich eine von den Personalräten mitbestimmte dienst-
liche IT-Ausstattung zur Verfügung gestellt wird. Dies betrifft etwa Endgeräte, Mailadressen und Chatmöglichkeiten.

Wir wollen den nicht kommerziellen Lernraum Berlin als Open-Source-Plattform bedarfsgerecht modernisieren und weiterentwickeln. Der Lernraum muss besser auf den Masseneinsatz vorbereitet werden und braucht eine entsprechende Administration. Chat- oder Videofunktionen können datenschutzgerecht implementiert werden.

Wir wollen, dass die Bildungsverwaltung in Absprache mit der Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit eine Positivliste guter Software entwickelt und als Unterstützung für die Lehrkräfte und Schulleitungen zur Verfügung stellt sowie bei der Beschaffung unterstützt.

Bei der Ausstattung von Schulen mit digitalen Geräten sollten nachhaltige Beschaffungskriterien verpflichtend sein. Die Lehrkräfteausbildung sowie die öffentlich finanzierte Fort- und Weiterbildung müssen verpflichtend den Auf- und Ausbau digitaler Kompetenzen beinhalten. In allen Phasen der Lehrkräftebildung sollte ein Fokus insbesondere auf Daten- und Datenschutz-Kompetenzen als Basis für die Auswahl und Anwendung von digitalen Lehr- und Lernmitteln sowie für den Umgang mit Algorithmen und künstlicher Intelligenz gelegt werden.

Die Erhebung von biometrischen Daten von Lernenden sowie KI-basierte Prognosesysteme, die Lernerfolge voraussagen, lehnen wir ab. Grundlagenwissen zu KI-Systemen sollten alters-stufengerecht und fächerübergreifend in den Lehrplan aufgenommen werden.

Für IT-Admins wollen wir angemessen eingruppierte Stellen im öffentlichen Dienst schaffen. Darüber hinaus wollen wir eine feste Zuordnung von Admins zu Schulen, im Idealfall über Pools, sodass Vertretungen im Urlaubs- oder Krankheitsfall möglich sind.

Der Anschluss der Bildungseinrich-tungen und zugehörigen Gebäude an Breitbandnetze (mindestens 1 GBit) muss im Rahmen einer Taskforce aus Land, Bezirken und IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) beschleunigt werden – auch dort, wo keine Sanierung ansteht. Die Digitalisierung der Schulen darf nicht zur weiteren Zersplitterung der Berliner IT-Landschaft führen, sondern muss sich in das eGovernment-Gesetz einpassen.

Musik- und Volkshochschulen

Wir unterstützen die Forderung der Lehrkräfte und Dozent:innen nach einer Rahmenvereinbarung für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Weiterbeschäftigung nach Krankheit, Elternzeit und Pflege sowie längerfristige Arbeitsverträge sichert. Darüber hinaus soll ein Stufenplan mit dem Ziel von mindestens 35 Prozent Festanstellungen an den Berliner Musikschulen bis 2025 bei entsprechender Gegenfinanzierung auf den Weg gebracht werden.

Werbung und Sponsoring an Schulen

Kommerzielle Werbung wie auch Werbung für die Bundeswehr an Schulen müssen verboten werden. Schulen brauchen klare Kriterien für Transparenz, Ausgewogenheit und Vielfalt bei Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft, kommerziell geprägten Verbänden, Vereinen und Stiftungen und anderen Akteur:innen der Zivilgesellschaft, um einseitige und interessengeleitete Einflussnahme auszuschließen. In der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften aller Schulformen müssen (verpflichtend) Module eingeführt werden, die für die Gefahren der Einflussnahme von Lobbygruppen auf den Unterricht sensibilisieren.