rot. radikal. realistisch. – Unser Programm für die soziale Stadt


Wahlprogramm 2021

19. Einwanderungsgesellschaft und Teilhabe

Willkommen im solidarischen Berlin

Noch immer setzen sich Hunderte von Berliner:innen ehrenamtlich und hauptamtlich dafür ein, Geflüchtete in allen Lebenslagen zu unterstützen und zu beraten. Für dieses Engagement gebühren ihnen unsere Anerkennung und unser Dank.

Wir werden weiterhin eng mit Geflüchteten, ihren Interessenvertreter:innen und Unterstützer:innen zusammenarbeiten, um die Lebensbedingungen der Geflüchteten in unserer Stadt weiter zu verbessern.

Die in den letzten Jahren durch das Engagement der Koordinatorin für Flüchtlingsmanagement des Senats entstandene Vernetzung von Interessenvertreter:innen und Unterstützer:innen sowie von Beratungsstellen und Verwaltung muss genauso fortgesetzt werden wie der Dialog auf Augenhöhe mit den Geflüchteten. Ihnen hat sie Räume und Möglichkeiten eröffnet, ihre Interessen und Bedürfnisse zu artikulieren.

Selbstbestimmtes Wohnen und Leben

Wir streiten weiter für ein selbstbestimmtes Leben von Geflüchteten in Berlin. Dazu gehört neben dem diskriminierungsfreien Zugang zu allen Lebensbereichen vor allem eine eigene Wohnung. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, alle Spielräume in der Asylgesetzgebung im Interesse von Geflüchteten zu nutzen. Asyl-suchende sollen Sammelunterkünfte so früh wie möglich verlassen dürfen, der Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen mit Fertigessen, Residenzpflicht, Wohn- und Arbeitsverbot soll auf kurze Zeit begrenzt werden, Familien aus unterschiedlichen Städten und Bundesländern sollen zusammengeführt werden können.

Geflüchtete, die besondere Schutzbedürfnisse haben – wie durch Gewalterfahrungen oder Behinderungen – und die in vulnerablen Lebenslagen sind, müssen besonders unterstützt werden.

Wir haben dafür gesorgt, dass es eine unabhängige Asylverfahrensberatung für in Berlin neu ankommende Asylbegehrende gibt. Dieses Angebot wollen wir ausbauen, so dass die neu in unserer Stadt Ankommenden vor dem Asylantrag inhaltlich und in Verfahrensfragen umfassend beraten werden können.

Viele Geflüchtete leben noch immer in Gemeinschaftsunterkünften, weil ihnen der Zugang zum Wohnungsmarkt, insbesondere zu kostengünstigen Wohnungen, oftmals versperrt ist. Ein Zimmer in einer Unterkunft ersetzt nicht die eigene Wohnung; die Möglichkeiten zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und zur gesellschaftlichen Teilhabe sind eingeschränkt.

Das Leben in Gemeinschaftunterkünften stigmatisiert, auch wenn diese eine Apartment- oder Wohnungsstruktur aufweisen, da das Leben nur fremdbestimmt und nicht individuell organisiert stattfinden kann.

Deshalb treten wir weiter dafür ein, dass alle Geflüchteten in Berlin, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, eine Wohnung anmieten können und dafür alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Wir forcieren integrierte Wohnprojekte im gemeinwirtschaftlichen und genossenschaftlichen Bereich, die das gemeinsame Wohnen unabhängig von Status und Einkommen ermöglichen.

Wir wollen berlinweit dezentrale Fachberatungsstellen zur Unterstützung der Wohnungssuche für Geflüchtete, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, fördern.

Wir haben Kinderschutzkonzepte in den Unterkünften für Geflüchtete eingeführt und wollen diese weiterentwickeln. Hierfür sind für Unterkünfte allgemeingültige Qualitätsstandards transparent festzulegen. Zudem wollen wir ein transparentes Controlling- und Monitoring-Verfahren einführen, um beschlossene Maßnahmen weiter zu verbessern und zu verstetigen. Mit der Berliner unabhängigen Beschwerdestelle besteht für Geflüchtete, die in LAF-Unterkünften (Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten) untergebracht sind, die Möglichkeit, Missstände in Unterkünften oder auch in der Leistungsgewährung aufzuzeigen, wenn gewollt auch anonymisiert. Das ist ein großer Schritt. Wir wollen, dass die unabhängige Beschwerdestelle ihre Befugnisse auch auf die Unterkünfte der Bezirke ausweitet, die für Wohnungslose bereitstehen und im Rahmen der gesamtstädtischen Steuerung belegt werden sollen. Außerdem setzen wir uns dafür ein, die allgemeingültigen Qualitätsstandards transparent und überprüfbar zu machen, um eine Kontrolle und Verbesserung in den Einrichtungen zu gewährleisten (siehe auch »Soziales: Obdachlosigkeit«).

Wir wollen für das in Unterkünften für Geflüchtete und Wohnungslose beschäftigte Personal eine tarifgerechte Entlohnung. Hierzu ist ein Tarifvertrag in der Branche Voraussetzung, für dessen Abschluss wir uns einsetzen werden.

Auf Bundesebene werden wir weiterhin Veränderungen in Richtung einer sozialen und humanen Unterbringung anstreben.

Wir treten der Diskriminierung von Geflüchteten auf dem Wohnungsmarkt entschieden entgegen. Sprachhindernissen bei der Wohnungssuche und -besichtigung wollen wir mit gezielten Programmen zur Begleitung und Information begegnen. Die Vorbehalte, die weiterhin auf der Seite von Vermieter:innen und Eigentmer:innen von Wohnungen bestehen, wollen wir durch Aufklärung und Beratungsangebote auflösen. Die Einrichtung der Beratungs- und Anlaufstelle »Fair mieten – Fair wohnen« und das Landesantidiskriminierungsverbot sind dazu wichtige Schritte, denen weitere folgen müssen.

Um den Zugang zu einer eigenen Berliner Wohnung zu erleichtern, fordern wir den Wohnberechtigungsschein für alle Geflüchteten, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Dazu braucht es ein eigenes Landesgesetz, das wir in der nächsten Wahlperiode verabschieden wollen, sowie eine niedrigschwellige Beratung und Beantragung.

Wir wollen, dass ein höheres, festes Kontingent an bezahlbarem Wohnraum für Wohnungslose, zu denen auch die Geflüchteten in den Gemeinschaftsunterkünften gehören, festgelegt wird. Auch so können wir den Zugang zum Wohnungsmarkt für wohnungslose Menschen mit Fluchthintergrund verbessern.

Die Erfahrungen – auch während der Pandemie – haben gezeigt, dass Gemeinschaftsunterkünfte pandemiegerecht konzipiert und gebaut werden müssen. Wohnungs- und Appartementstrukturen sind der richtige Weg. Darüber hinaus muss die Belegungsdichte in den Unterkünften für Geflüchtete so verringert werden, dass Hygiene- und Abstandsregelungen eingehalten werden können und fremde Menschen sich nicht Zimmer und Sanitäreinrichtungen teilen müssen. Die vorliegenden Mindeststandards müssen dementsprechend erweitert werden. Dazu gehört auch WLAN in allen Wohnbereichen, um das Grundrecht auf Zugang zu Informationen zu gewährleisten.

Wir wollen die soziale Beratung und Betreuung sowie die psychosoziale Versorgung so organi-sieren, dass die Versorgungsbedarfe von Geflüchteten und allen Zugewanderten gedeckt werden können. Nur so können Parallelstrukturen abgebaut und Stigmatisierungen beseitigt werden.

Wir setzen uns für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes ein. Das betrifft insbe-sondere Leistungskürzungen und das Sachleistungsprinzip wie Kleidungsgutscheine und Vollverpflegung. Asylbewerber:innen und hier lebende EU-Bürger:innen werden in die individuelle Mindestsicherung einbezogen.

Bis dahin wollen wir auf Landesebene alle rechtlichen und tatsächlichen Spielräume nutzen, um das verfassungsrechtlich garantierte Existenz-minimum der Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, uneingeschränkt und zu jeder Zeit sicherzustellen. Wir wollen verbindliche Maßgaben für die Leistungsbehörden erlassen. Auf Bundesebene werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass Sanktionen und Leistungskürzungen im AsylblG abgeschafft werden. Alleinstehende Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften sollen den vollen und nicht nur den Partnerregelsatz erhalten. Nichterwerbstätige Unionsbürger:innen brauchen Zugang zur Sozialhilfe.

Abschiebungen verhindern

Wir lehnen Abschiebungen generell ab. Sie sind Teil einer inhumanen Asylpolitik. Dies gilt besonders für schutzbedürftige geflüchtete Menschen. Auch für Sinti:zze und Rom:nja streben wir auf Bundesebene eine Regelung zum Schutz vor Abschiebungen an.

Über die Hälfte aller Abschiebungen aus Berlin gehen in die Republik Moldau und in die Westbalkanländer. Das betrifft oftmals Rom:nja, die dort von massiven ethnischen Diskriminierungen und dem fehlenden Zugang zu Wohnung, Arbeit, Bildung und Gesundheit betroffen sind. Nicht zuletzt aus der historischen Verantwortung heraus setzen wir uns auf Landesebene für eine großzügige humanitäre Bleiberechtsregelung für diese Menschen ein. Wir wollen, dass ein spezifisches Beratungs- und Unterstützungsangebot für asylsuchende Rom:nja in Berlin aufgebaut wird.

Auf Landesebene werden wir weiterhin alle rechtlichen Spielräume nutzen, um Abschiebungen zu verhindern. Menschen, die in ihren Herkunftsländern diskriminiert, verfolgt und gefoltert werden, vor Not, Elend, Gewalt und Kriegen fliehen, sollen bei uns einen sicheren Hafen finden. Nach wie vor lehnen wir Abschiebungen in sogenannte sichere Herkunftsländer ebenso konsequent ab wie Abschiebungen in von Gewalt und Unruhen geprägte Länder wie Syrien, Irak und Afghanistan. Zugleich stehen wir für die Umsetzung einer verbindlichen Bleiberechtsregelung für Opfer von Hasskriminalität ein. Berlin soll auf Abschiebehaft wie auch auf die sogenannte Gefährderhaft verzichten.

Auch in Berlin ist es harte Realität, dass Menschen nach (jahrelangen) Aufenthalten abgeschoben und so auch Familien getrennt werden. Wir möchten einen Paradigmenwechsel hin zu mehr Humanität in der Flüchtlingspolitik. Wir setzen uns weiterhin für die Ausnutzung jeglicher Spielräume in den Verfahren ein: nächtliche Abschiebungen, das Eindringen in den Wohnraum sowie Familientrennungen sind zu verhindern. Statt rücksichtsloser Abschiebungen müssen Humanität und Menschenrechte Vorrang haben.

Zusätzlich werden wir alle landesrechtlichen Spielräume ausnutzen, um Menschen den Weg in ein Bleiberecht und den Zugang zu Arbeit zu ermöglich. Auch auf Bundesebene werden wir uns dafür stark machen.

Auf Landesebene wollen wir z.B. die Landesaufnahmeprogramme Syrien und Irak verlängern und weitere humanitäre Landesaufnahmeprogramme, wie z.B. für Geflüchtete aus Bosnien, analog der Berliner Initiative zur Aufnahme aus Griechenland schaffen.

Wir wollen ein humanitäres Bleiberecht für geduldete Menschen schaffen, die aus Ländern kommen, in die auf absehbare Zeit nicht abgeschoben werden kann, weil dort ihre Menschenrechte gefährdet sind. Wir wollen die humanitäre Bleiberechtsregelung für langzeitgeduldete Menschen großzügig umsetzen. Bei den Vorgaben zu Existenzsicherung, Passpflicht und den Sprachkenntnissen sind alle Auslegungsspielräume zu nutzen.

Familiennachzug soll großzügiger und auch für sonstige Angehörige umgesetzt werden. Auf unzumutbare nachgeholte Visumsverfahren soll verzichtet werden. Wir wollen das Bleiberecht für Ehepartner nach einer Trennung großzügig umsetzen und eine Lebensunterhaltssicherung auch nach mehr als 12 Monaten nicht zwingend fordern.

Ausnahmen von der Passpflicht (Identitätsnachweis nach dem Stufenkonzept des Urteils des BVerwG zur Einbürgerung) und von Lebensunterhaltssicherung sind großzügig zu handhaben, Einschränkungen der Arbeitsmöglichkeiten auch bei Betreuung von Kindern über drei Jahren und für mehrere Kinder sind anzuerkennen.

Zur humanitären Umsetzung des Aufenthaltsgesetzes in Berlin soll die Arbeit der VAB Kommission (Verfahrenshinweise zum Aufenthalt in Berlin) in geänderter Arbeitsweise und Zusammensetzung fortgesetzt werden.

Nach unserer Logik sollte das Landesamt für Einwanderung nicht an die Senatsverwaltung für Inneres angebunden sein, denn dies fördert und betont die Kriminalisierung von vielen Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nach Berlin kommen. Wir setzen uns daher dafür ein, das Landesamt in der kommenden Legislaturperiode einem anderen Bereich, z.B. Soziales, anzugliedern.

Zugang zu Arbeit und Ausbildung

Wir setzen uns weiter dafür ein, dass Geflüchtete einen gleichberechtigten Zugang zu Arbeit und Ausbildung erhalten. Berlin verfügt über ein breites Beratungs- und Unterstützungsangebot, das zu erhalten ist.

Darüber hinaus brauchen wir aber weitere Regelungen, damit Geflüchtete Sicherheit für den Einstieg in den Beruf erhalten. Deshalb muss die Ausbildungsduldung weiterentwickelt werden. Geflüchtete Frauen und Männer, die hier ankommen, benötigen zu gleichen Teilen Zeit zur Qualifizierung und zur Orientierung. Wir wollen, dass die Duldung auch auf Weiterbildungsangebote, Sprachkurse, Praktika oder eine Teilzeitbeschäftigung ausgeweitet wird. So sollen Geflüchtete Zeit bekommen, sich eine Ausbildung nach den per-sönlichen Stärken und Fähigkeiten zu suchen. Eine Betreuung ihrer Kinder muss dabei gesichert sein. Die Ausweitung der Duldung ist auch sinnvoll, um Unternehmen, die Menschen mit Fluchthintergrund einstellen und qualifizieren wollen, Sicherheit zu geben.

Insbesondere ältere Geflüchtete mit Berufserfahrung benötigen Unterstützung bei gezielten Nachschulungen. Hier gilt es, an den Erfahrungen und Kompetenzen anzusetzen und Dequalifizierungen zu verhindern, ohne ständigen Druck wegen Behördengängen und möglicher Aufenthaltsunsicherheiten.

Für einen solidarischen Umgang mit Geflüchteten, die zum großen Teil traumatische Erlebnisse hatten, setzen wir uns für verpflichtende Aus- und Weiterbildungen aller Mitarbeiter:innen in den zuständigen Behörden ein.

Sprachbarrieren überwinden

Um den Neuberliner:innen ein gutes Ankommen zu garantieren, brauchen sie Unterstützung. Zentral dabei sind die Unterstützer:innen vor Ort und die Arbeit der bezirklichen Flüchtlingskoordinator:innen. Auch die Arbeit des Willkommenszentrums und der vielen Projekte, die muttersprachliche Beratung und Informationen anbieten, erleichtert die Orientierung und das Einleben. Neuberliner:innen müssen schneller als bisher Zugang zu den Regelsystemen wie z.B. zu gesundheitlicher Versorgung, zu Bürgerämtern oder zum Jobcenter finden. Dies wird nur gelingen, wenn sich auch die Einrichtungen an die Vielfalt der Stadtgesellschaft anpassen. Die Integrationslots:innen leisten hier eine wichtige Arbeit und unterstützen beim Übergang in Regelsysteme. Oftmals scheitert eine erfolgreiche Arbeit an Sprachproblemen. Deshalb muss ein verbindlicher Übersetzungsdienst im Regelsystem abgesichert werden. Dieser sollte dabei bereits bei Terminbuchungen als Wunsch angegeben werden können und über Telefon, Video oder durch direkte Anwesenheit abgesichert werden.

Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass die Übernahme der Kosten von Dolmetscher:innenleistungen im Rahmen medizinischer Leistungserbringung gesetzlich verankert wird. Auf Landesebene werden wir prüfen, ob eine gesamtstädtische Struktur für Sprachmittlung geschaffen werden kann. Gleichzeitig muss Berlin auch weiterhin allen, die keinen Zugang zu den Sprachkursen des Bundes haben, Sprachkurse anbieten. Sprache ist wichtig, um sich ein eigenständiges Leben aufzubauen und Zugang zu Arbeit und Ausbildung zu finden.

Ein Ausweis für alle Berliner:innen

Menschen ohne Papiere oder mit unsicherem Aufenthaltsstatus – Geflüchtete, Illegalisierte oder Obdachlose, leben in ständiger Angst vor Ausweiskontrollen und haben kaum Zugang zu städtischen Ressourcen. Nach Vorbild der NY City ID in New York oder der Zürich ID streben wir einen städtischen Ausweis für alle in Berlin wohnenden Menschen an. Damit erhalten alle den gleichen Zugang zu Bildung, Kultur, Gesundheitsversorgung, Nahverkehr und Wohnraum – unabhängig vom Aufenthaltsstatus und der Herkunft. Wir stehen für eine tolerante und vielfältige Stadt und möchten die Lebenssituation und Teilhabe von Illegalisierten am Stadtleben verbessern. Außerdem setzen wir uns gegenüber der Bundesregierung für Legalisierungsprogramme ein.

Besonders Schutzbedürftige

Seit vielen Jahren setzen wir uns in Berlin dafür ein, dass besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen aufgenommen werden und hier Schutz finden.

Dazu gehören insbesondere Frauen, Kinder und Jugendliche, traumatisierte Menschen, LSBTIQ sowie religiöse und ethnische Minderheiten, die aus ihren Ländern vor Verfolgung, Folter, sexualisierten Übergriffen und vor der Gefahr, getötet zu werden, fliehen müssen.

Die Leistungs- und Rechtsansprüche, die daraus resultieren, müssen in der Praxis konsequent umgesetzt werden. Hierzu muss die Regelstruktur, insbesondere im gesundheitlichen Bereich, nicht nur erkennen, was diese Menschen dringend brauchen, sondern die Bedürfnisse auch befriedigen.

Wir setzen uns weiterhin für die Stärkung der Betreuung und Beratung von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten ein und wollen, dass Behörden und Ämter stärker als bisher die Fachstellen des Berliner Netzwerks für besonders schutzbedürftige Geflüchtete in ihre Prozesse einbinden und Kooperationen zu ihrem Wohle eingehen. Die Clearingstelle für traumatisierte Geflüchtete konnte für neu ankommende Asylbegehrende gesichert werden. Wir wollen dieses Angebot verstetigen und in Bezug auf die ärztliche und psychologische Beratung ausbauen, so dass weitere Behandlungsbedarfe erkannt und über Kriseninterventionen auch kurzfristig abgedeckt werden können.

Elendslager evakuieren – #leavenoonebehind

Wir werden uns für weitere Landesaufnahmeanordnungen einsetzen. Auch die Geflüchteten in den sogenannten Hotspots in und außerhalb der Europäischen Union, wie z.B. auf den griechischen Inseln und an der EU-Außengrenze in Bosnien, haben unsere volle Solidarität. Deshalb werden wir weiter verhandeln und alles versuchen, um sie aus den Elendslagern zu evakuieren. Berlin ist ein sicherer Hafen und eine Solidarity City.

In den Netzwerken der Sicheren Häfen in Deutschland und der Solidarity Cities in Europa werden wir weiterhin aktiv mitarbeiten und einen länderübergreifenden Austausch fördern. Gemeinsam können so europaweite, solidarische Kontakte geknüpft und ein Wissensaustausch gefördert werden.

Auf Bundesebene werden wir uns dafür einsetzen, dass die fortwährende Kriminalisierung ziviler Seenotrettung und von Menschenrechtsaktivist:innen durch Bundesministerien und nachgeordnete Bundesbehörden beendet wird. Wir stehen hinter allen Berliner NGOs, die sich für Geflüchtete einsetzen – sei es an den EU-Außengrenzen oder ganz konkret vor Ort. Jeglicher Kriminalisierung werden wir uns entgegenstellen und uns solidarisch mit den Akteur:innen zeigen.

Schutz vor Gewalt und Ausbeutung

Wir setzen uns dafür ein, dass die nationale und die europäische Abschottungspolitik der Außengrenzen ein Ende finden und für Menschen auf der Flucht ein sicherer Weg nach Europa und nach Deutschland gewährleistet werden kann.

Mit sicheren Fluchtwegen sind Familien, Alleinstehende und Kinder nicht mehr gezwungen, sich schutzlos in die Hände von Schleppern zu begeben, die sie nur als Ware betrachten und nicht als Menschen.

Oftmals verlangen die Schlepper von den Geflüchteten, unabhängig von ihrem Alter, sich für Kost und Logis ausbeuten zu lassen, um den Preis für ihre Flucht zu bezahlen. Ihr Leben ist dann von Gewalt geprägt, Zwangsprostitution ist keine Ausnahme.

Wir wollen, dass die zuständigen Behörden eine ausreichende Sensibilisierung für die Situation dieser Geflüchteten entwickeln, ohne sie zu kriminalisieren. Weiterhin sehen wir es als erforderlich an, dass spezifische Angebote zur Beratung und Betreuung dieses Personenkreises entwickelt und umgesetzt werden.