Zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie

Stellungnahme der LAG Kinderarmut

Wir haben uns als Landesarbeitsgemeinschaft gegründet, um die Lebensumstände von Kindern und Jugendlichen , die in Armut aufwachsen, zu thematisieren und auf Verbesserungen hinzuwirken. Schon der Mikrozensus von 2011 hat festgestellt, dass Kinder dreimal häufiger von Armut gefährdet sind, als erwachsene Menschen. In Berlin leben 26,4 Prozent der Kinder von Transferleistungen. Wir möchten erreichen, dass Die Linke als Teil des Berliner Senats die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen aus Armutsverhältnissen verstärkt wahrnimmt.

Die letzten anderthalb Jahre waren gezeichnet durch die SARS-CoV-2-Pandemie. Die Sorge vor schweren Erkrankungen hat die Länder veranlasst, vielfältige Maßnahmen zu treffen. Insbesondere hat auch der Berliner Senat öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge geschlossen, die von Kindern und Jugendlichen genutzt werden. Geschlossen wurden Schulen, Kitas, Jugendzentren, Büchereien, Kinder- und Jugendsport, Schwimmhallen, Musikschulen und Spielplätze. Es war schnell klar, dass diese Maßnahmen diejenigen besonders schwer treffen, die auf diese öffentlichen Einrichtungen dringend angewiesen sind. Während finanziell abgesicherte Familien im Homeoffice arbeiteten und im sogenannten schulisch angeleiteten Lernen zuhause oder im Wechselunterricht die Lernausfälle durch Schulschließungen weitgehend kompensieren konnten, war dies für von Armut betroffene Familien, die oft beengt leben oder auch über keine akademische Bildung verfügen, nicht möglich. Während Kinder aus Mittelstandsfamilien im Garten spielen und Freunde im Hobbykeller treffen konnten, waren für Kinder aus Armutsverhältnissen alle kostenfreie Orte, die sie hätten besuchen können, weggefallen. Kindern, die in Geflüchtetenunterkünften leben und die Deutsch hauptsächlich in Kita und Schule lernen, wurde diese Spracherwerbsmöglichkeit genommen. Auch sozial-kulturelle Teilhabe war für sie nicht mehr möglich. Sie waren vom gesellschaftlichen Leben vollständig ausgeschlossen.

Der Berliner Senat hat diese erheblichen Belastungen für von Armut betroffene Kinder und Jugendliche hingenommen. Er hat vorrangig die Interessen erwachsener Menschen im Blick gehabt. Er hat Modellprojekte  gestartet, welche Erwachsenen den Besuch der Philharmonie ermöglicht haben, jedoch keine, die Jugendlichen den Besuch eines Jugendzentrums gestattet hätten. Er hat durch sein Eintreten für Schulschließungen – ohne geeignete Kompensationsmaßnahmen zu treffen – erheblich dazu beigetragen, die Bildungsungerechtigkeit zu verschärfen. Durch diese Maßnahmen hat er das Armutsrisiko von Kindern und Jugendlichen erhöht.

Es ist deutlich, was Kinder und Jugendliche in der derzeitigen Pandemie benötigen. Die Leopoldina hat am 21. Juni 2021 in ihrer 8. ad-hoc-Stellungnahme konkrete Empfehlungen ausgesprochen. Auch die Kinderkommission des deutschen Bundestags hat am 23. Juni 2021 in der Kommissionsdrucksache 19/11 Empfehlungen ausgesprochen. Die Empfehlungen der Leopoldina und der Kinderkommission beinhalten insbesondere die folgenden Maßnahmen:

  • Stärkung der Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen bei den Gesundheitsschutzmaßnahmen, die sie betreffen.
  • Prioritäres Offenhalten der Bildungseinrichtungen Schulen und Kitas unter Sicherstellung von Gesundheitsschutzmaßnahmen (Luftfilter, Testungen, Masken).
  • Besondere Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern in Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung (HzE). Der Zugang zu ihren Herkunftsfamilien muss auch unter Pandemiebedingungen sichergestellt werden.
  • Nachhaltige Sprachförderung
  • Ausbau der bewegungsfördernden Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Priorisierung der Offenhaltung solcher Räume in der Pandemie.
  • Qualifizierung der Fachkräfte für psychische Belastungen der Kinder und Jugendlichen
  • Jugendämter, Jugendsozialarbeit und Jugendverbände schnell personell und finanziell stärken
  • Finanzielle Hilfen für Jugendclubs, um Hygienekonzepte sicherzustellen, welche eine Öffnung unter Pandemiebedingungen ermöglichen (Luftfilter, Testungen etc.)
  • Ausstattung von Kinderhäusern und Geflüchtetenunterkünften mit technischen Mitteln zur Ermöglichung von Distanzlernen und Distanzkontakt (Tablets etc.) Sicherstellung der sozial-kulturellen Teilhabe geflüchteter Kinder und Jugendliche.
  • Keine Durchsetzung von Ausgangssperren in der Straßensozialarbeit

Unsere Landesarbeitsgemeinschaft fordert Die Linke dazu auf, diese und die weiteren Empfehlungen der Leopoldina und der Kinderkommission im Senat umzusetzen und sich dafür einzusetzen, dass die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen aus Armutsverhältnissen, die von den Maßnahmen der letzten anderthalb Jahre besonders schwer getroffen wurden, schnell zu verbessern. Wir halten es für unabdingbar, dass Die Linke hier als Streiterin für die Rechte für von Armut betroffene Kinder und Jugendlicher wahrnehmbar wird.