»Republik Europa«

Eine Veranstaltung mit Ulrike Guérot

Wir hatten eine lebhafte Diskussion über die Zukunft Europas im Aquarium/Südblock. Etwa 80 Menschen sind der Einlaung unserer LAG gefolgt und konnten nach einer Debatte auf der Bühne zwischen Ares Kalandides und Ulrike Guérot ihre eigenen Fragen, Anmerkungen und bedenken zu einer Europäischen Republik anbringen.

Es war eine tolle Veranstaltung und wir hoffen, die Debatte um eine solidarisches Europa auch in Zukunft weiter innerhalb und außerhalb der Partei begleiten zu können.


Es ist eigentlich ganz einfach: Europa ist eine Republik mit demokratischer Verfassung, in der alle Menschen gleiche wirtschaftliche und soziale Rechte haben, die nationalen Unterschiede sind aufgehoben: ein europäischer Nationalstaat. Dafür wirbt Ulrike Guérot, Wissenschaftlerin, Europa-Aktivistin und Gründerin des European Democracy Labs.

Ulrike Guérot's Utopie basiert auf der Erkenntnis, dass das heutige Europa der Nationalstaaten sich selbst den Weg zu einer transnationalen europäischen Demokratie verstellt. Das Friedensprojekt Europa konnte ihrer Meinung nach nur so lange vermeintlich funktionieren, solange die geostrategischen Bedingungen des Kalten Krieges galten mit einer vergleichsweise stabilen Weltwirtschaft. Die seit Jahren sich aufhäufenden Krisen seien daher nur der »konjunkturelle Ausdruck von tiefliegenden strukturellen Mängeln, die ihren Grund in der Verfasstheit der EU haben« (U. Guérot: »Warum Europa eine Republik werden muß« Piper, 2. Auflg., S. 33).

Ulrike Guérot weiß, dass ihre Utopie des »demokratischen, sozialen, liberalen, offenen« Europa (aus Gespräch mit ZDF-Vorstand Oliver Knabe, forum zfd, Ausgabe 04/18) nur mit »kleinen« Schritten erreicht werden kann, wie ja auch die Idee der heutigen EU der (bald nur noch) 27 Staaten, mit viel visionärer Vorstellung vor mehr als 50 Jahren sich langsam entwickelte. Schritt für Schritt, das gilt auch für die Utopie Republik Europa: so schlägt sie beispielweise vor, doch einfach mal mit einem europäischen Wählerregister zu beginnen. Das Europäische Parlament zu gleichen Bedingungen zu wählen, ist daher auch eine erste Forderung von Ulrike Guérot. Ihr ist wichtig, den Gedanken der Republik Europa bekannt zu machen, und – wie sie an anderer Stelle in einem Gespräch sagte: »den Boden für ein plausibles, anderes, demokratisches, soziales Europa zu bereiten, in der Hoffnung, dass wenn der Weltgeist wieder so ein Fenster der Geschichte aufmacht, die Republik vielleicht durch die Tür kann«(ebenda).

Im Gegensatz zu den meisten Europa-Befürwortern, geht es ihr nicht um weitere Reformschritte und mehr Integration innerhalb der derzeitigen Verfasstheit der Europäischen Union, sondern um ein neues Konzept: die Republik, die zur Voraussetzung hat: bürgerliche Gleichheit (vor dem Gesetz), politische Gleichheit (Wahlrecht) verbunden mit repräsentativer parlamentarischer Demokratie, und das Gemeinwohl (res publica).

Ulrike Guérot hat die Fähigkeit ihre ZuhörerInnen von ihrer Utopie einzunehmen und ihren Gedankenspielen zu folgen, davon zu träumen, wie Wünsche Wirklichkeit werden könnten. Das gilt auch für ihr »european balcony project«, bei dem man am 10. November 2018, hundert Jahre nach Beendigung des ersten Weltkrieges, mit dem »Manifest der Europäischen Republik« einen kurzen Augenblick davon träumen konnte, in einer Republik aufzuwachen, in der das Europäische Parlament gesetzgeberische Gewalt hat, das eine europäische Regierung wählt, »die dem Wohle aller europäischen Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen verpflichtet ist«.