Vertrauensgruppe Berliner Linke
Beschluss 30 / 3 / 9
Als Antwort auf #linkemetoo und in Solidarität mit von Sexismus und sexistischer Gewalt betroffenen Personen in der Linken wurden auf den Bundesparteitagen 2022 in Erfurt und 2023 in Augsburg mit großer Mehrheit die Anträge P.13 mit dem Titel „Den Grundkonsens erneuern. Für eine feministische LINKE“ (2022, Fußnote 1) und Antrag P.01. "Leitfaden zum Umgang mit Sexismus und sexistischer Gewalt in der LINKEN" (2023, Fußnote 2) verabschiedet.
Mit diesen Beschlüssen hat sich DIE LINKE verpflichtet, Maßnahmen gegen sexistische Gewalt innerhalb der Partei zu ergreifen. Wir werden unserem politischen Anspruch nur dann gerecht, wenn wir unsere feministische Verankerung glaubwürdig vertreten und diese im Alltag innerhalb des Landesverbandes Die Linke Berlin konkret machen. Daher wollen wir eine gewalt- und diskriminierungsfreie Kultur gerade auch in unseren eigenen Reihen in Berlin auf Landes- und Bezirksebenen leben.
Der Berliner Landesparteitag möge beschließen, die aus dem Antrag P.01 "Leitfaden zum Umgang mit Sexismus und sexistischer Gewalt in der LINKEN" am 17.-18.11.2023 auf dem Bundesparteitag 2023 in Augsburg beschlossenen Beschlüsse umzusetzen. Hierfür ist eine Vertrauensgruppe vom Landesvorstand einzuberufen und einzusetzen. Die Vertrauensgruppe arbeitet entsprechend der Ziffer 4 des Leitfadens (Fußnote 2), der auf dem Augsburger Parteitag beschlossen wurde, sobald ihr ein Vorfall zur Kenntnis gelangt. Bei der Einberufung der Vertrauensgruppe werden in Abweichung vom Beschluss 2022/246 des Parteivorstandes vom 11. September 2022 (Fußnote 3) folgende Kriterien angewandt: Fachliche Qualifikation durch einschlägige Erfahrung/ berufliche Bildung, Fähigkeit zur Prozessbegleitung, feministische Vorbildung und weitgehende Unabhängigkeit von Parteihierarchien (keine Amts-, Mandats- oder Funktionsträger*innen).
Die Vertrauensgruppe soll mit mindestens fünf Menschen besetzt sein und zudem mehrheitlich aus Personen mit Diskriminierungserfahrungen, insbesondere FLINTA* (Fußnote 4), Queers (Fußnote 5) und BIPoC (Fußnote 6) bestehen. Es sollte außerdem eine möglichst breite bezirkliche Repräsentanz durch die Mitglieder der Vertrauensgruppe angestrebt werden.
Die Vertrauensgruppe wird Schulungen erhalten, welche die Inhalte des aktuellen "Leitfaden(s) zum Umgang mit Sexismus und sexistischer Gewalt in der LINKEN" (2023, Fußnote 2) sowie weitere fachspezifische Kenntnisse zur Ausübung ihres Amtes vermitteln. Die Vertrauenspersonen können sowohl individuell als auch als Gruppe kontaktiert werden. Dazu werden vom Landesverband Die Linke Berlin eine Mailadresse für die Vertrauensgruppe sowie individuelle Mailadressen für ihre einzelnen Mitglieder eingerichtet.
Die Interessensbekundungen für eine ehrenamtliche Mitarbeit in der Vertrauensgruppe werden per E-Mail direkt an die für diese Aufgabe benannten Landesvorstandsmitglieder gemeldet werden. Die Kontakt- und Interessenbekundungsmöglichkeit wird über einen Berlin-weiten Aufruf zur Interessenbekundung in der Mitarbeit an der Berliner Vertrauensgruppe öffentlich gemacht. Die eingegangenen Interessenbekundungen werden durch die vom Landesvorstand für diese Aufgabe benannten Mitglieder auf die Geeignetheit der interessierten Personen geprüft. Nach erfolgter Prüfung, schlagen die vom Landesvorstand für diese Aufgabe benannten Mitglieder nach Beratung und unter Offenlegung der eingegangenen Interessensbekundungen, den abstrakten Auswahlkriterien und ihrer Wertigkeit dem Landesvorstand eine Vertrauensgruppe vor, die dieser dann einberuft.
Die Berufung erfolgt für die Dauer von zwei Jahren. Die erneute Berufung von Vertrauensgruppenmitgliedern vergangener Perioden ist möglich. Die Verantwortung und Entscheidung der Nachbesetzung und Nachberufung von Personen in die Vertrauensgruppe liegt beim Landesvorstand.
Alle Bezirksverbände sowie der Landesverband Berlin informieren auf der jeweiligen Homepage, möglichst barrierefrei und umfassend über die Vertrauensgruppe und führen dort die direkten Kontaktmöglichkeiten für potenziell betroffene Personen an. Die Bezirksverbände sind der Vertrauensgruppe auskunftsverpflichtet und sind angehalten, diese bei der Arbeit zu unterstützen.
Die Vertrauensgruppe arbeitet unabhängig und eigenständig in Absprache mit und im Sinne der Betroffenen. Sie berichtet in angemessenen Abständen dem Landesvorstand über ihre Arbeit und regelmäßig im Rahmen des Rechenschaftsberichts auf den Landesparteitag.
Patriarchale Machtverhältnisse und Gewalt wirken auch in unserer Partei. Der Verinnerlichung und Wirkmächtigkeit des Patriarchats entgegenzuwirken, ist nicht einfach. Niemand wird gern mit eigenem Fehlverhalten konfrontiert, aber für Veränderung und die Befreiung aller ist das notwendig. Es ist eine Herausforderung, offen zu bleiben, wenn uns jemand mit unseren Fehlern konfrontiert. Es ist eine Herausforderung, Betroffene wirksam zu schützen und Übergriffe aufzuarbeiten. Es ist Aufgabe von uns allen, ein Umfeld zu schaffen, in dem dies möglich ist. Auf diese Herausforderung wollen wir uns ehrlich einlassen.
Lasst uns gemeinsam gegen jeden Sexismus und gegen das patriarchale System in unserer Gesellschaft kämpfen!
Fußnoten:
(1) Beschluss zum Antrag P.13 „Den Grundkonsens erneuern. Für eine feministische LINKE“
(Bundesparteitag 2022): www.die-linke.de/partei/den-grundkonsens-erneuern-fuer-eine-feministische-linke/
(2) Beschluss zum Antrag P.01. "Leitfaden zum Umgang mit Sexismus und sexistischer Gewalt in der LINKEN" (Bundesparteitag 2023): www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteitag/augsburger-parteitag/beschluesse-des-parteitages/detail/leitfaden-zum-umgang-mit-sexismus-und-sexistischer-gewalt-in-der-linken-1/
(3) Beschluss 2022/246 des Parteivorstandes vom 11. September 2022: www.die-
linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand-2022-2024/detail-beschluesse-
pv/einberufung-der-vertrauensgruppe/
(4) FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Inter, Nichtbinär, Trans und A-Gender.
(5) Queers oder queere Menschen bezeichnet Personen, deren sexuelles Begehren und/oder
geschlechtliche Identität außerhalb der cis-geschlechtlichen heterosexuellen Norm liegen.
(6) BIPoC steht für Black, Indigenous, Personsof Color. BIPoC beschreibt Personen, die in einer
Gesellschaft, in der weiß-Sein die hegemoniale Norm ist, von Rassismus betroffen sind.