Sehr wohl im Interesse der betroffenen Mieterinnen und Mieter

Rede von Wolfgang Albers


[ Manuskript – es gilt das gesprochene Wort. ]

Genossinnen und Genossen,

wir reden hier heute über die Rekommunalisierung öffentlicher Güter.

Wie geht das zusammen mit dem Börsengang der GSW? Von dem übrigens erstmals am 4. November 2010 in der Berliner Presse zu lesen war, soviel nur zu der Dringlichkeitsbegründung des Neuköllner Antrags.

Das geht zunächst einmal gar nicht zusammen.
Da brauchen wir uns auch gar nichts vorzumachen.

Im ND gibt es einen Leserbrief dazu, der dies wieder zu einer Frage der Glaubwürdigkeit der Linkspartei macht:
»Es geht nicht darum, wie viel Geld der SPD-PDS-Senat für seine Zustimmung zur Freigabe der Wohnungen als Börsenspekulationsobjekt erfeilschen konnte.
Es geht darum, dass sich der Berliner Landesverband weiter unglaubwürdig macht…
Ist auch die Politik in Berlin käuflich?
Zum wiederholten Male stellen sich die Berliner Abgeordneten gegen politische Leitlinien und Beschlüsse des Parteivorstandes und gegen die Mehrheitsmeinung der Mitglieder und Wähler.«

Ja, Genossinnen und Genossen, so sieht Kritik eben auch aus.
Und auch damit müssen wir bei einer solchen Frage umgehen, sachlich und nüchtern.
Auch mit denen, die unsere Politik offenbar nur noch unter dem Aspekt der Erbsünde betrachten.

Die Veräußerung einer Wohnungsbaugesellschaft war bereits im Koalitionsvertrag 2001 festgelegt, an dem unter anderem auch, auch daran muss einfach mal erinnert werden, der Genosse Gregor Gysi, damals Spitzenkandidat bei den Wahlen in Berlin,  verantwortlich mitgearbeitet hat.
Aus heutiger Sicht war der Verkauf ein Fehler.
Aber so einfach ist das nicht.

Wir wussten auch damals schon, dass der Verkauf, wie Michail Nelken es formuliert hat, wohnungspolitisch nicht vernünftig sein würde und fiskalisch auch nicht besonders schlau, aber es war und das war die Entscheidungsgrundlage gewesen, ein Notlagenverkauf.
Man erinnere sich an die Ausgangsage: Eine Verschuldung der Wohnungsbaugesellschaften von insgesamt mehr als 10 Mrd. Euro, der Gang nach Karlsruhe und die Verfassungsklage der gesamten Opposition gegen den Landeshaushalt.
Vor diesem Hintergrund wurde entschieden und die GSW, das ist mehrfach gesagt worden, 2004 verkauft.
Fakt ist also , das Ding gehört uns einfach nicht mehr.
Es gehört uns nicht mehr, Ralf Rippel.

Und deshalb trifft es auch nicht zu, wenn zum Beispiel der Herr Ratzmann von den Grünen öffentlich immer wieder erklärt, »Einen so umfangreichen Deal auf dem Aktienmarkt darf der rot-rote Senat schließlich nicht im Federstrich entscheiden«.

Nicht der Berliner Senat und auch nicht die Rot-Rote Koalition bringen die GSW jetzt an die Börse, sondern der Besitzer.
»Das Parlament dürfe sich eine solche Entscheidung nicht aus der Hand nehmen lassen«.

Dieses Parlament hat diese Entscheidung bereits 2004 aus der Hand gegeben.
Wir haben die GSW damals nicht an den Paritätischen Wohlfahrtsverband verkauft, sondern an einen Finanzinvestor und das haben alle gewusst, auch die, die heute so tun, als seien sie jetzt die Verfechter der Mieterinteressen.
Und es musste schon damals auch jedem klar gewesen sein, dass dieser Finanzinvestor über kurz oder lang eine rentable Möglichkeit zum Ausstieg aus seinem Investment suchen würde.

Deshalb gab es ja die Zusatzvereinbarungen zum Kaufvertrag zum Schutz der Mieterinteressen.
Um diese Zusatzvereinbarungen geht es,  Lucia Schnell, nicht um die Mieterrechte, das Mietrecht gilt natürlich, es geht um die Sonderbedingungen, die zum Schutz der Mieterinteressen damals vereinbart wurden.
Es kam jetzt bei unserer Entscheidung darauf an, schadensbegrenzend, im Rahmen des Möglichen aus den Folgen des damaligen Handelns, für die Stadt und die Mieterinnen und Mieter der GSW noch das Beste zu machen.

Deshalb der Ergänzungsvertrag zum Fortbestand der Sondervereinbarungen:
Erhalt der GSW als Ganzes und als zentraler Ansprechpartner mit Stammsitz in Berlin.
Das ist doch das Problem, wer wäre denn nach einem unkontrollierten Verkauf von 49 Prozent der Anteile oder mehr und der Zerschlagung der GSW noch der Ansprechpartner der Mieter und der Garant dieser Vereinbarungen?
Bestandsschutz für die Mietverträge
Einhaltung des Mietspiegels,
Verzicht auf Eigenbedarfskündigungen
Ausschluss von Luxussanierungen
und, Genossinnen und Genossen, die Verankerung dieser Verpflichtungen im Börsenprospekt.

Dazu die Aufstockung des Eigenkapitals der GSW um 100 Mio. Euro aus dem Erlös des Börsengangs, die im Interesse der Mieter zur Sanierung der Bestände eingesetzt werden können.
Deshalb hat unsere Fraktion diesen vom Finanzsenator ausgehandelten Ergänzungsvertrag unterstützt.
Nicht, weil wir die 30 Mio. Euro zusätzlichen Kaufpreis bekommen.
Wir verkaufen hier nicht die Interessen der Mieterinnen und Mieter der GSW für 30 Millionen Euro.
Sondern wir haben den Ergänzungsvertrag unterstützt, weil wir darin die einzige Möglichkeit gesehen haben, diese Interessen auch und gerad nach dem Verkauf 2004 mit dem, was uns jetzt noch möglich ist, zu sichern.
Auch das ist linke Politik und auch damit beweisen wir, dass wir auch in dieser sicher schwierigen Frage unsere Entscheidungen sehr wohl im Interesse der betroffenen Mieterinnen und Mieter abgewogen und getroffen haben.

Vielen Dank.

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