Unser Berlin ist die soziale, die vielfältige, die starke und die demokratische Stadt.

Rede des Landesvorsitzenden

Klaus Lederer


[Manuskript – es gilt das gesprochene Wort.]

Liebe Genossinnen und Genossen,

was uns und große Teile der Berliner Öffentlichkeit zur Zeit bewegt, ist das Wasser. Die Wasserpreise, die Eigentumsverhältnisse bei den Berliner Wasserbetrieben, die Offenlegung der Geheimverträge zur Teilprivatisierung vor elf Jahren.
Vor einem Jahr hat uns der Landesparteitag beauftragt, mit der SPD über die Offenlegung der Verträge zu verhandeln.
Das war nicht so einfach. Aber: im Sommer haben wir das Informationsfreiheitsgesetz geändert. Verträge, die das Land Berlin mit Privaten im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge abschließt, dürfen seitdem nicht mehr geheim gehalten werden.
Aber auch für die Vergangenheit und damit für die Wasserbetriebe haben wir eine Regelung durchgesetzt: Auch rückwirkend können als geheim eingestufte Verträge offengelegt werden, wenn die beteiligten Privaten nicht sehr stichhaltige Argumente dagegen vorlegen können. Dieser Prüfungsprozess ging der Offenlegung der Verträge Anfang November voraus.  Auf dieser Grundlage hat der Senat nun diese Verträge, rechtssicher offengelegt. Das ist ein großer Erfolg. Ein Erfolg für den wir viele Jahre gekämpft haben.
Vermutlich hätte es mit der Veröffentlichung noch ein paar Monate länger gedauert, wenn es das Wasser-Volksbegehren nicht gegeben hätte. Und daher möchte ich mich hier auch noch mal in aller Deutlichkeit bei den Initiatoren des Volksbegehrens für ihren Einsatz bedanken. Ich betone dabei ganz bewusst »noch mal«, weil ich das bereits vor einem Jahr getan habe, als wir in unserem Beschluss formulierten, dass wir sie als Verbündete sehen, »deren Forderungen unsere Verhandlungsposition stärkt.« Und ich habe das auch in meiner Rede zur Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes im Sommer getan, als ich erklärte, dass sie den entsprechenden Druck ausgeübt haben, den es brauchte, um dieses Gesetz so zu verabschieden. Und es zeigt, dass linkes Regieren im durchaus spannungsreichen Zusammenspiel von Regierung, Parlament, Partei und vor allem dem Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger, Bewegungen, Gewerkschaften erfolgreich sein kann.

Wir haben viele Jahre mit der Forderung nach Offenlegung der Verträge recht allein dagestanden. Es ist doch ein schlechter Witz, wenn Herr Cunnac von Veolia jetzt  hofft, dass es nunmehr zu einer Versachlichung der Diskussion komme könne. Wenn Veolia das so wichtig wäre, dann hätten sie seit 11 Jahren Zeit gehabt, dem Land die Veröffentlichung anzubieten. Spätestens seit 2002 hätten wir dieses Angebot mit Kusshand angenommen.
Ein bisschen wie ein schlechter Witz ist es auch, wenn sich unser Koalitionspartner jetzt auf die Schulter klopft. Ja, es stimmt: in all den Jahren haben auch immer einzelne SPD- Mitglieder tapfer für dieses Ziel gestritten. Aber das Thema haben immer wieder wir auf die Agenda des Senats gesetzt. Wir haben 2006 dafür gesorgt, dass die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe als politisches Ziel in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde. Und noch weniger witzig sind jetzt die Nebelkerzen, die CDU und Grüne jetzt geworfen haben und die versuchen, jetzt Harald Wolf, also uns, die Verantwortung für die gestiegenen Wasserpreise in die Schuhe zu schieben. Also nicht mehr der Diepgen-Senat, nicht mehr Frau Fugmann-Heesing, nicht die Große Koalition, sondern DIE LINKE soll jetzt schuld haben? Das ist grad so als wenn jemand, der ein Haus ansteckt und der Feuerwehr auch noch die Schläuche zerschneidet, sich hinterher darüber beschwert, dass diese das Feuer nur noch mit Branddecken und Sandschaufeln bekämpfen kann. Das kann doch wohl nicht wahr sein!
Bei der CDU habe ich ja noch ein gewisses Verständnis dafür, dass sie ihre eigene Verantwortung vergessen machen wollen. Aber was nun ausgerechnet die Grünen reitet, in dieser Frage an der politischen Rehabilitierung des Diepgen-Senates mitzuwirken, das verstehe wer will. Wenn das die Anfänge schwarz-grüner Politikspiele sein sollten, ist das ein Grund mehr, alles zu tun, um Hamburger Verhältnisse für Berlin zu verhindern.

Liebe Genossinnen und Genossen,

vor dem Hintergrund dieser Debatten musste ich mich in diesen Tagen mehr als einmal daran erinnern, wie es damals – vor elf Jahren – war in Berlin. Damals wurde der Verkauf von der Großen Koalition als ein prima Modell für die Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und privaten Unternehmen gefeiert und kaum eine Stimme erhob sich dagegen.
Das lag auch daran, dass man sich daran gewöhnt hatte, dass die öffentlichen Hände von CDU und SPD regelmäßig ihre Finger mit im Spiel hatten, wenn es galt, sich privat die Taschen zu füllen. Berlin galt als Hauptstadt von Filz und Korruption Als eine Stadt, die mit den Folgen der Wiedervereinigung rang, aber in den Strukturen des alten Westberlins und in der Mentalität des kalten Kriegs verharrte. Die sich notwendigen Veränderungen verweigerte, dafür aber gern in größenwahnsinnigen Träumen schwelgte. Und die, als diese Träume wie Seifenblasen platzten, apathisch auf einem gigantischen Schuldenberg saß. Die Probleme dieser Stadt waren so riesig und ihre politische Klasse hatte so abgewirtschaftet, dass sie sogar bereit war, eine Regierungsbeteiligung der PDS zu erdulden. Oder wie Gregor Gysi es formulierte: erst wenn die Karre so tief im Dreck steckt, dass es gar nicht mehr anders geht, dann dürfen die Linken versuchen, sie da wieder rauszuholen. Und wir haben sie da wieder rausgeholt! Berlin hat die Wende geschafft. Das war keineswegs selbstverständlich. Denn Berlin hat auf diesem Weg wenig Unterstützung von außen erfahren. Weder von der rotgrünen, noch von der schwarzroten oder der schwarzgelben Bundesregierung und auch nicht von den anderen Bundesländern

Heute ist Berlin DIE Metropole in Deutschland. Wir sind die Hauptstadt und das nicht nur vom Titel her, sondern auch vom Empfinden vieler, gerade jüngerer Menschen. Ich war ja in diesem Jahr einige Mal im Ausland, dienstlich wie auch privat. Berlin ist dort nicht mehr nur die Stadt mit der Mauer. Berlin gilt als weltoffen, tolerant, international, dynamisch, lebendig. Eine Stadt, in der man auch mit wenig Geld noch über die Runden kommt und am Leben teilhaben kann. Eine Stadt die immer noch Raum bietet für die eigene Kreativität, für ein Leben nach den eigenen Vorstellungen. Eine Stadt, in der trotz aller Probleme eine coole Lässigkeit und großstädtische Gelassenheit dominiert, statt der Verkniffen- und Verbissenheit früherer Zeiten.

Das hat sich alles in unserer Regierungszeit vollzogen und es ist deutlich mehr als ein einfacher Imagewandel.


Liebe Genossinnen und Genossen,

Klaus Wowereit sprach vor Jahren davon, dass es in Berlin einen Mentalitätswechsel geben müsse. Viele verstanden damals darunter nur, dass die Stadt nicht mehr länger über ihren Verhältnissen leben könne und dass gespart werden müsse. Nun, auch das war damals der Fall und bekanntlich haben wir auch diese Aufgabe gemeistert. Als wir hier in Berlin antraten, hatte Berlin real ein jährliches Haushaltsdefizit von 5 Milliarden Euro. Zwischenzeitlich ist es uns sogar gelungen, einen Überschuss zwischen Einnahmen und Ausgaben zu erzielen. Das war 2007 – da hatten wir die Klage vorm Bundesverfassungsgericht bereits verloren. Es war klar, dass wir keine Hilfen zur Linderung der Berliner Haushaltsnotlage bekommen. Und es war klar, dass es keine Privatisierungen von Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge und keine sozialen Einschnitte geben darf. Diese Mehreinnahmen im Haushalt kamen daher, dass es Unternehmen und Berlinerinnen und Berlinern besser ging und sie mehr Steuern zahlten - das ist unser Erfolg. Wir haben gezeigt, dass qualitatives Wachstum, ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit integrale Bestandteile einer auf sozialen Ausgleich setzenden Konsolidierungspolitik sein können. Das ist unser Gegenstück zum neoliberalen mainstream, der die öffentlichen Haushalte vor allem durch bittere Einschnitte zulasten der sozial am meisten Benachteiligten sanieren möchte. Die Bundesregierung führt uns das mit ihrem Sparpaket derzeit wieder exemplarisch vor und es ist gut, dass gestern so viele Menschen den Bundestag umzingelt haben und gegen die Kahlschlagpolitik vor allem in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik demonstriert haben.

Hätte uns die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise seit langem nicht zurückgeworfen, hätte uns die Bundesregierung mit ihren Steuergeschenken an die Unternehmen nicht immer wieder erhebliche Einnahmeausfälle beschert, wir ständen heute auch in der Haushaltspolitik wesentlich besser da.

Aber alles hätte und wäre nützt uns nix. Wir haben die Bundesregierung, die die Mehrheit der Bevölkerung gewählt hat und es ist auch unser Job, dafür zu sorgen, dass sich solch ein Irrtum nicht wiederholt.

In der Zwischenzeit müssen wir in Berlin uns auf unsere eigenen Stärken stützen und verlassen. Das ist ein wichtiger Teil des Mentalitätswechsels, den vor allem die Politik vollziehen musste. Wir können nicht auf die Rettung von außen oder oben warten, wir als Berlinerinnen und Berliner müssen die Karre selber aus dem Dreck schieben und ziehen. Dafür musssten wir aber erst einmal die Strukturen schaffen. Wir mussten unsere Vorteile einer reichhaltigen Kultur- und vor allem einer hervorragend ausgebauten Wissenschaftslandschaft zur Geltung bringen. Es war das PDS/Linke- geführte Wirtschaftsressort, das hierfür die strategischen Linien entwickelte, die Wirtschaftsförderung neu strukturierte und vor allem auf Wirtschaftszweige konzentrierte, in denen Berlin über Kompetenzen und Potentiale verfügte: Gesundheitswirtschaft, Biotechnologien, Mobilität und Nahverkehr, Optoelektronik (?), Kreativwirtschaft.

Inzwischen ernten wir die Früchte dieser Reformen. Der über ein Jahrzehnt anhaltende wirtschaftliche Niedergang konnte gestoppt werden. Seit nunmehr 6 Jahren wächst die Wirtschaft überdurchschnittlich und erwies sich auch gegenüber den Auswirkungen der Krise wesentlich robuster als in anderen Teilen Deutschlands. Berlin erzielt Wachstumsraten von 5-10% in den von der Wirtschafsförderung ausgemachten Clustern und verzeichnet kontinuierlich eine überdurchschnittliche Zunahme von Erwerbstätigen in der Stadt. 114.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sind in dieser Zeit entstanden.
Renate Künast verspricht 100.000 Arbeitsplätze in den nächsten 5 Jahren. Das nenne ich bescheiden, denn dafür muss sie eigentlich nichts Neues tun,  außer die von uns angestoßenen Entwicklungen weiterlaufen zu lassen. Das ist also quasi ein Versprechen, nichts zu tun!
Es war auch der Wirtschaftssenator der LINKEN, der den Erhalt und den Aufbau von Industriearbeitsplätzen auf die Agenda des Senats gesetzt hat. Zu einer Zeit als Klaus Wowereit noch den zeitgeistigen Thesen von einer vor allem auf Dienstleistungen setzenden Wirtschaftspolitik nachhing. Heute gilt das wieder als Allgemeinplatz, den alle im Munde führen, aber vor ein paar Jahren mussten wir – gemeinsam mit dem DGB und der IG Metall – für eine solche Sicht hart kämpfen. Der Industriedialog von Harald war der Beginn der industriepolitischen Offensive Berlins – und zwar als Teil der sozialökologischen Modernisierung der Berliner Wirtschaftsstruktur – und die gibt es nur mit uns!

Genossinnen und Genossen,

und diese Modernisierung ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass wir dem vermutlich wichtigsten Bedürfnis und den dringendsten Erwartungen der Berlinerinnen und Berliner gerecht werden, nämlich dass sie hier arbeiten können – ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern können. Und das nicht irgendwie, sondern mit »guter Arbeit« – nach Tarif bezahlt, sinnvoll, der eigenen Qualifikation entsprechend und am besten auch noch mit Spaß bei der Sache. »Gute Arbeit« schaffen und prekäre Beschäftigung zu bekämpfen, dazu haben wir uns auch mit unserem Leitantrag vor zweieinhalb Jahren selbst verpflichtet und wir sind auch ein gutes Stück voran gekommen – wenn auch nicht so weit, wie wir es uns wünschen. Denn vieles, was wir brauchen, um Prekarität tatsächlich zurückdrängen zu können, wird auf Bundesebene entschieden.
Aber auch da sind wir aktiv. Unsere Bundesratsinitiative zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ist erwartungsgemäß gescheitert, aber da lassen wir nicht locker. Erst vor wenigen Wochen hat das Abgeordnetenhaus den Senat aufgefordert, hier erneut initiativ zu werden. Und wo wir die Lohnhöhen beeinflussen können haben wir es getan. Das Berliner Vergabegesetz sieht vor, dass nur die Unternehmen öffentliche Aufträge erhalten, die nach Tarif, mindestens aber die vom Senat geforderte Mindestlohnhöhe zahlen. Und das ist auch unsere Mindestgrenze im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Wir haben eine Bundesratsinitiative gestartet, dass Praktika bezahlt werden müssen. Wir waren es mit Heidi Knake-Werner und Carola Bluhm, die das Klageverfahren gegen die christlichen Dumpinggewerkschaften in der Zeitarbeit angestrengt haben. Und wie immer das Klageverfahren letztinstanzlich ausgeht: Die Beschäftigten haben jetzt schon gewonnen, weil diese gelben Gewerkschaften sich nicht mehr trauen, unterhalb der DGB-Tarife abzuschließen.
Und wir sind 2006 angetreten, den Einstieg in den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) zu wagen, vor allem um zu zeigen, dass Hartz IV nicht das Ende der Geschichte ist, und dass es sinnvolle Alternativen zur repressiven Logik der Ein-Euro-Jobs gibt. 2500 Stellen wollten wir für Langzeiterwerbslose schaffen – mit gesellschaftlich sinnvoller Arbeit, die gut ist für die Stadt oder für den Kiez und die den Beschäftigten neue berufliche Perspektiven eröffnet. Und das zu tariflicher Bezahlung, mindestens aber 1300 Euro im Monat. Über 7500 waren es im letzen Jahr. Und jetzt kämpfen unsere Senatorin, StaatssekretärInnen, Abgeordnete, Bezirksbürgermeisterinnen und Stadträtinnen und -räte mit allen Möglichkeiten, den ÖBS weiter zu führen – trotz der Kahlschlagpolitik der Bundesregierung, die vor allem die Mittel in der Arbeitsmarktpolitik massiv kürzt. Und dabei brauchen sie unsere ganze Solidarität und Unterstützung. Der ÖBS ist eine unserer Erfolgsgeschichten dieser Wahlperiode. Sicherlich nicht quanitativ, denn wir haben die Zahl der Erwerbslosen dadurch nicht signifikant senken können. Aber wir haben qualitativ viel erreicht! Wir haben gezeigt: es gibt eine sinnvolle und umsetzbare Alternative zur den Ein-Euro-Jobs und wir haben dadurch viel für die Stabilisieurung der sozialen Infrastruktur der Stadt getan. Wir wollen den ÖBS verstetigen – gemeinsam mit den Genossinnen und Genossen in Brandenburg und hoffentlich bald auch in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern – und dazu auch weiter intensiv mit der Bundesregierung streiten. Wir werden dazu ja einen Antrag beraten.

Liebe Genossinnen und Genossen,

nicht alles, was wir versprochen und auch erreicht haben, ist in der breiten Berliner Bevölkerung auf Anhieb auf große Begeisterung gestoßen – auch hier bildet sich der Mentalitätswechsel nur langsam heraus. Ich nehme ein Beispiel: die Bildung. Früher galten Kitas vor allem als eine Aufbewahrungsanstalt für Kinder, deren Eltern arbeiten mussten. Teufelszeug aus dem Osten. Wir waren diejenigen, die den Begriff von der Kita als Bildungseinrichtung prägten, die diesen Anspruch ins Gesetz schrieben und für deren Erhalt und ordentliche Ausstattung kämpften. Wir waren diejenigen, die sagten, wir halten unseren Ausstattungsvorsprung auf diesem Gebiet gegenüber anderen aufrecht. Das ist ein wichtiges Potential, eine Investition in die Zukunft der Stadt. Wir haben das schon erklärt, bevor eine Bundesregierung zu dieser Erkenntnis kam. Heute wird uns das in Standortstudien als großer Vorteil angerechnet und empfohlen das weiter zu stärken.
Oder die Schule: noch in der ersten Legislaturperiode hat sich die SPD hartnäckig geweigert, mit uns über das Thema Schulstrukturreform ernsthaft zu reden. Schaut in die Koalitionsvereinbarung. Dort steht nur unser Einstieg in die Gemeinschaftsschule als Modellprojekt drin. Trotzdem haben wir in dieser Legislaturperiode die Hauptschulen abgeschafft und die größte Schulreform in der jüngeren Geschichte Berlins vollzogen. Und selbst wenn diese formal gesehen noch immer eine Gliederung in zwei Schularten, in Gymnasien und Sekundarschulen enthält, so führen beide Schulen doch zum Abitur und damit zur Hochschulreife. Kein Kind wird in Berlin mehr in eine Restschule abgeschoben, jedes Kind kann sich auch nach der Grundschule immer noch für das Abitur entscheiden, ohne sich dafür an einem Gymnasium bewerben und die Schule wechseln zu müssen. Das ist wichtig, bescheinigen doch mittlerweile alle seriösen Untersuchungen der Bundesrepublik einen Mangel an gut qualifizierten Fachkräften und eine viel zu geringe Abiturquote.
Oder die Studiengebühren: Heute bedankt sich Hannelore Kraft bei der SPD, dass wir in Berlin keine Studiengebühren eingeführt haben. Studiengebühren, die sie in NRW gerade wieder abschaffen will. Aber es waren wir und nicht die SPD, die das zu einer Bedingung in den Koalitionsverhandlungen gemacht hat. Es war unser Landesparteitag, also ihr liebe Delegierte, die 2004 gesagt haben: Nein, wir wollen keine Studiengebühren, auch nicht für länger Studierende und deshalb haben wir das dann auch nicht gemacht. Hannelore Kraft müsste sich also bei euch bedanken.

Einen wichtigen Mentalitätswandel hat es auch in Sachen öffentlicher Daseinsvorsorge und Rekommunalsierung gegeben. Wieder nach dem gleiche Muster. Wir waren zunächst die einzige Partei, die sich gegen Privatisierungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge ausgesprochen hat. 2006 gelang es uns dann, das als Konsens in der Koalitionsvereinbarung zu verankern, vor allem aber auch, das als politische Linie dieser Koalition durchzuhalten. Von Rekommunalisierung war da aber noch kaum die Rede. Wir waren es, die in dieser Legislaturperiode begonnen haben ernsthaft darüber zu sprechen. Unser Parteitag hat dazu bereits vor einem halben Jahr einen grundlegenden Beschluss gefasst. Jetzt zieht die SPD nach und das ist auch gut so. Und ich hoffe, dass es auch noch andere tun. Wir werden allerdings noch weitere Schritte gehen. So wie es Harald Wolf vor zwei Wochen getan hat, als er mit zusammen mit BSR, Wasserbetrieben und der Berliner Energieagentur die Entwicklungs-Plattform BERLIN ENERGIE unterschrieb. Damit wurde der Grundstein für ein neues Berliner Stadtwerk gelegt, das ein besonderes sein wird: es wird das erste Berliner Ökostadtwerk sein und es soll als ein Bürger-Stadtwerk entwickelt werden, also eines, das über unterschiedliche Beteiligungsformen verschiedene Möglichkeiten zur Erzeugung regenerativer Energien zusammenfasst und somit Bürgerinvestments wie auch Bürgerbeteiligung von Anfang an als Optionen mit einbezieht.

Aber ich sage euch auch voraus: Das wird noch ein langer, harter Kampf werden. Nicht nur weil die Industrie- und Handelskammer und CDU und FDP jetzt dagegen mobil machen. Sondern, weil SPD und Grüne mitnichten so fest dahinterstehen, wie sie jetzt tun. Herr Nussbaum legt ja schon los und erklärt, dass das zwar alles schöne Ideen sind, aber leider, leider nicht zu finanzieren. Nachtigall ich hör dir trapsen. Da ahnt man doch schon wie nach der Wahl geredet werden wird. Das riecht verdammt nach einer Beerdigung erster Klasse.
Und die Grünen sind da noch wackliger. Volker Ratzmann hat ja schon im schönsten Landowsky-Slang davor gewarnt, dass Rot-Rot den Eindruck erwecken als wollten sie demnächst auch noch die kleinen Bäcker verstaatlichen.
Bei der S-Bahn wünschen sich die Grünen am Liebsten irgendeinen Privaten, weil der Wettbewerb im Verkehrssektor so eine prima Sache ist. Ich empfehle da dringend mal einen Besuch in Großbritannien. Da hat der Wettbewerb das Eisenbahnwesen und den Nahverkehr ruiniert. Jetzt versuchen die Kommunen, das wieder zurückzukaufen. Nein, liebe Grüne, nicht der fehlende Wettbewerb ist das Problem. Das Problem bei der S-Bahn ist der Renditedruck des Bahnkonzerns, der für den Börsengang hübsch gemacht werden soll. Der steht da nämlich auch im Wettbewerb. Nur wenn die Aktien eine anständige Rendite versprechen, lassen sie sich zu einem guten Preis verkaufen. Das Problem ist also, dass man den öffentlichen Nahverkehr für den Wettbewerb um die besten Renditen öffnet. Und genau das wollen wir verhindern. Weil wir im vergangenen Winter erlebt haben, wohin das führt.

Und auch in Sachen Wasserbetriebe, wo die Grünen sich gerade als Rächer der Enterbten aufspielen, ist ihre Position keineswegs eindeutig. Im Parlament darf Frau Kosche für den Wassertisch verkünden, dass man die Privatisierung auf dem Klagewege rückgängig machen würde. Auf den Personalversammlungen, vor den Beschäftigten dagegen erzählt dann Frau Kubala, dass die Eigentumstitel nicht so wichtig seien, man würde das alles per Gesetz regeln. Hallo? Wenn es so simpel ist, weshalb haben die Grünen dann bisher noch keinen solchen Gesetzentwurf vorgelegt?

Wen wundert es eigentlich, wenn angesichts solch schwammiger Aussagen, die Privaten erst mal auf Zeit spielen? Ist doch logisch, dass die sagen: warten wir erst mal die Wahlen im nächsten Jahr ab. Dann gibt es vielleicht Rot-Grün oder auch Grün-Rot und da schauen wir mal, wie ernst es denen mit der Forderung nach einer Rekommunalisierung wirklich ist. Die wissen doch auch, dass wir die einzige Partei sind, die wirklich mit ganzem Herzen und Überzeugung hinter diesem Ziel steht. Und deshalb wird es wichtig sein, dass wir auch nach den nächsten Wahlen im Senat und im Aufsichtsrat der BWB sitzen. Denn nur dann wissen die privaten Investoren, dass sie jetzt ernsthaft über die Rekommunalisierung reden müssen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

als wir Anfang 2002 in Berlin damals noch als PDS Regierungsverantwortung übernommen haben, hat das in der gesamten Bundesrepublik, vor allem aber in den West-Bundesländern, für einen ziemlichen Aufschrei gesorgt. Ausgerechnet die Alt-Kommunisten regieren die Hauptstadt des vereinigten Deutschlands. Kapitalflucht und Auswanderungen wurden uns vorausgesagt, nix davon geschah. Im Gegenteil: heute steht Berlin besser da als vor zehn Jahren – ich will mich da nicht wiederholen. Aber: es gab schon damals auch andere Stimmen: Möglicherweise könne nur die PDS in der Regierung mit ihrer sozio-kulturellen Verankerung, mit ihrer Geschichte und ihrer historischen Verantwortung die Integration dieser beiden Stadtgesellschaften bewirken.
Ob uns das schon gelungen ist, lass ich mal dahin gestellt. Mir präsentiert sich ein widersprüchliches Bild. Denn natürlich werden Ost- und West-Biografien noch immer unterschiedlich bewertet. Wieviele Akademikerinnen und Akademiker aus dem Osten haben auf dem Arbeitsmarkt nie mehr Fuß gefasst? Wir haben noch immer Diskriminierungen von Ostdeutschen im Rentenrecht und vielen anderen Bereichen.
Und seien wir mal ehrlich: Es ist doch noch heute ein bisschen so, dass viele im Westen sozialisierte Politiker, wenn sie nach Marzahn, Hellersdorf oder Lichtenberg kommen, sich dort bewegen, als wären sie gerade auf dem Mars gelandet. Da hat der Marzahn-Hellersdorfer CDU-Stadtrat Gräff doch recht, wenn er warnt: »Rot-Grün wäre eine Koalition aus einer zutiefst westlich geprägten SPD und Grünen aus den neubürgerlichen In-Bezirken. Wir hier draußen im Osten wären dann ohne Lobby.«
Wer stellt denn in diesem Senat das Personal aus dem Osten? Das sind doch wir! Die SPD hat da gerade mal noch ein Staatssekretärin im Angebot. Und die grüne Fraktion ist nahezu eine reine Westfraktion. (2 von 23 Abgeordneten haben eine Ostsozialisation) Wo soll's denn herkommen, wenn nicht von uns?
Deshalb sind wir als Linke auch nach wie vor, bundesweit und in Berlin als die authentische Vertretung ostdeutscher Lebenserfahrungen und Interessen zwingen notwendig. Auch und gerade weil wir längst keine Ost-Partei mehr sind, sondern eine große gesamtdeutsche Partei, in der der Osten kein Anhängsel, sondern der Motor der konzeptionellen und programmatischen Erneuerung ist.
Auf der anderen Seite erleben wir aber auch, dass die Ressentiments alter westberliner Prägung in der Stadt nicht mehr wirklich ziehen. Nehmt nur die Auseinandersetzungen um das ICC, die Deutschlandhalle oder – viel augenfälliger – die Stilllegung des Flughafens Tempelhof. Den Untergang des  Westens und seiner freiheitlichen Traditionen malten die Initiatoren des Volksbegehrens an die Wand. Mit wenig Erfolg. Und sieht man sich heute auf dem Tempelhofer Feld um,  drängt sich der Eindruck auf, als hätten sich die Berlinerinnen und Berliner ganz neue Freiheiten erobert. Die windkyter und -skater zeigen – unter den Wolken muss die Freiheit grenzenlos sein – in Tempelhof und das nicht nur für die umliegenden Tempelhofer, Neuköllnerinnen und Kreuzberger, sondern vermutlich für sehr viele Berlinerinnen und Berliner, die diesen neuen Ort der Weite, der Ruhe und des Events Tag für Tag genießen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

Und damit komme ich zum Thema direkte Demokratie – auch das ein Ausweis für den  Mentalitätswandel, den wir als Regierung in Berlin vorangetrieben haben. Berlin war in dieser Hinsicht in der Zeit der großen Koalition das Schlusslicht im Ländervergleich. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die Sozialdemokraten hier lange Zeit wenig Begeisterung an den Tag legten, zu mehr als kosmetischen Änderungen zu kommen. Es ist uns trotzdem gelungen und heute feiern sich alle dafür. Sogar die CDU gibt sich mittlerweile begeistert. Dabei war sie es, die noch 2005 (?) den All-Parteien-Konsens nicht mitmachen wollte. Wir dagegen sind drangeblieben und haben auch in dieser Legislaturperiode noch mal reale Verbesserungen angeschoben, bspw. die Sammlung von Unterschriften auf der Straße.
Wie wichtig dieses Thema ist, erleben wir dieser Tage, wenn wir nach Stuttgart schauen. Gäbe es dort die Möglichkeiten, die wir hier in Berlin haben, müssten die Bürgerinnen und Bürger dort nicht auf die nächste Wahl hoffen. Sie könnten auch gegen den Willen der Landesregierung einen Volksentscheid erzwingen. Ich finde, das ist ein gutes Argument für unsere Genossinnen und Genossen in Baden-Württemberg, mit dem sie dort im Wahlkampf ordentlich wuchern sollten.

Die Mittel der direkten Demokratie sind mittlerweile aus der Berliner Politik nicht mehr wegzudenken. Und sie werden von allen demokratischen Kräften genutzt. Auch das ist Teil des Mentalitätswechsels in Berlin. Die Bürgerinnen und Bürger nehmen ihre Interessen selber in die Hand, in die eine wie die andere Richtung. Beim Volksentscheid zum Ethikunterricht haben die Berlinerinnen und Berliner sich klar positioniert. Sie wollen den gemeinsamen Ethikunterricht für alle. Sie wollen, dass sich die vielfältige, bunte, multireligiöse, multi-Weltanschauliche, multikulturelle Gesellschaft auch in den Unterrichtsstoffen in der Schule widerspiegelt. Und das ist gut so. In Berlin leben Menschen aus über 180 Ländern. Das macht viel von Berlin und seiner Attraktivität aus. Aber: Wir haben in den letzten Monaten eine abstoßende, zum Teil tief rassistisch aufgeladene Debatte über »Kopftuchmädchen«, »Integrationsverweigerer« und Leitkulturen gehabt. Alle gehen an den gesellschaftlichen Realitäten vorbei und reduzieren Menschen mit Migrationshintergrund auf »Probleme«, auf religiöse Eiferer. Natürlich gibt es auch Probleme. Aber dazu bedarf es keiner Sondergesetze und keiner Sonderbehandlung für Migrantinnen und Migranten, keiner neuen Wortschöpfungen. Grundlage unseres Zusammenlebens in der Gesellschaft sind das Grundgesetz und die Grund- und Menschenrechte, die für alle gleichermaßen Geltung haben. Doch nicht alle der Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund haben gleiche Rechte und gleichen Anteil am gesellschaftlichen Leben. Rassismus und Vorurteile gibt es auch hier in der Stadt und die strukturelle Diskriminierung, die Migrantinnen und Migranten auf dem Wohnungsmarkt, bei Versicherungen, im Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt immer wieder begegnet, ist nach wie vor tief verankert. Viele dieser Benachteiligungen sind bundesgesetzlich festgeschrieben, im Aufenthaltsrecht, im Staatsbürgerschaftsrecht, im Asylverfahrens- und Asylbewerberleistungsgesetz. Das können wir auf Landesebene angreifen, tun dies auch mittels der scharfen Waffe der Bundesratsinitiative (kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer, Streichung der Optionspflicht…)

Aber vieles können wir auch auf Landesebene regeln und tun auch das. Dazu gibt es zwei Integrationskonzepte, dazu gehört die Strategie der interkulturellen Öffnung von Verwaltung und landeseigenen Unternehmen. Dazu gehören die Kitas, die Gemeinschafts- und die Sekundarschulen, weil sie die gesellschaftliche Integration fördern, indem sie Bildungsbenachteiligung abbauen. Und: Berlin ist das erste Bundesland, das in knapp zwei Wochen ein Partizipations- und Integrationsgesetz verabschieden wird. Und damit setzen wir Zeichen – gegen den gesellschaftlichen mainstream der Ausgrenzung und Problematisierung von Migrantinnen und Migranten. Wir setzen ein Zeichen für die Demokratisierung der Gesellschaft, denn dieses Gesetz schreibt vor allem mehr Teilhaberechte für Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund fest. Es ist ein Demokratiegesetz – und schon deshalb sehr wichtig auch für die bundesweite Debatte.

Und Genossinnen und Genossen, wir sind in der Bekämpfung des Rechtsextremismus weiter gekommen. Gemeinsam mit vielen Bürgerinnen und Bürgern, mit der Zivilgesellschaft lassen wir kaum mehr eine Aktion von Neonazis und Rechtspopulisten unbeantwortet. Ob es um den Moscheebau in Heinersdorf, die alljährlichen Dezember-Aufmärsche, die Blockaden in Dresden und am ersten Mai hier in Berlin, die Nazi-Proteste gegen das Partizipationsgesetz, die rassistische Propaganda von Pro Deutschland und der sogenannten Freiheitspartei geht – wir lassen ihnen keinen öffentlichen Raum. Das hat auch damit zu tun, dass wir die zivilgesellschaftlichen Strukturen über das Berliner Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus gezielt stärken und finanziell ausreichend ausstatten. Das haben wir in den Haushaltsberatungen durchgesetzt. Und so erfreulich es sein mag, dass sich der Bund nicht völlig aus der Finanzierung von Projekten gegen Rechtsextremismus zurück gezogen hat, umso empörender ist es, dass er jetzt von diesen Projekten Unterwerfungserklärungen verlangt, auf dem Boden der FDGO zu stehen. Das ist kein Ausdruck von lebendiger Demokratie, von Stärkung der Zivilgesellschaft. Damit versucht die Bundesregierung, unabhängige Träger und Projekte zu Handlangern eines im Kern autoritären Staatsverständnisses zu machen. Das ist der falsche Weg, Frau Bundesministerin Schröder!

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir haben viel erreicht in den vergangenen Jahren, worauf wir mit Recht stolz sein können. Dazu gehört, dass es ein Kennzeichen der Politik dieses Senats ist, die Lage und die Interessen derjenigen nicht zu vergessen, die am unteren Ende der Einkommensskala in dieser Gesellschaft stehen. Menschen die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, Menschen, die obwohl Vollzeit arbeitend, kaum mehr als den Hartz-IV-Satz haben, Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und deren Rente trotzdem kaum für das Notwendigste reicht. Nirgendwo sonst in diesem Land ist deren Zahl so hoch wie in Berlin. Aber es ist beileibe kein Berliner Phänomen, sondern das Ergebnis einer seit vielen Jahren anhaltenden Politik auf Bundesebene, die die soziale Schere in diesem Land immer weiter aufgehen lässt. Die sogenannte Mitte driftet in vieler Hinsicht auseinander: das zeigen empirische Befunde von Armutsforschern und Wirtschaftswissenschaftlern. Dem Aufstieg weniger in die Oberklasse steht eine wachsende Zahl von Mittelschichtsangehörigen gegenüber, die massive Statusverlust- und Abstiegsängste haben. Und diesen Abstieg z.T auch schon erlebt haben. Nicht immer erfolgt dann eine Solidarisierung mit jenen, die bereits sozial benachteiligt sind, auf Hartz IV und andere Transferleistungen angewiesen sind. Im Gegenteil: im Moment beobachten wir eine eher zunehmende Stigmatisierung. Das wird bewusst geschürt. Thilo Sarrazin ist ja nicht erst durch Ausfälle gegenüber MigrantInnen bekannt geworden. Als Guido Westerwelle vor »spätrömischer Dekadenz« warnte, ging das noch vielen zu weit. Als aber die Bundesregierung bei der Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze das Zigaretten- und Biergeld strich, fand das mehrheitlich Zustimmung. Was ist das für eine Gesellschaft, die einem Menschen nicht mal mehr ein kleines Bier gönnt? Was wird hier denn für ein Bild von den Armen in dieser Gesellschaft gezeichnet?

DIE LINKE hat dem immer widersprochen, aber das allein reicht ja noch nicht. Wir brauchen auch hier einen Mentalitätswechsel! Wir müssen dafür kämpfen, dass die Stärkung des sozialen Zusammenhalts, das die Solidarität zwischen denen, die am unteren Rand der Gesellschaft leben und jenen, die Angst davor haben, dass sie bald dazu gehören könnten, wieder hergestellt und erhalten wird. Oder mit den Worten von Wolfgang Engler: »Die Bereitschaft der Mitte der Gesellschaft, mit den viel zu Vielen, die man oft geringschätzig ›Verlierer‹ nennt, zusammenzuleben, hat in der jüngsten Vergangenheit deutlich gelitten; sie wieder herzustellen, ist der springende Punkt des sozialen Gegenwartsgeschehens.« Der springende Punkt, liebe Genossinnen und Genossen!

Sozialer Zusammenhalt, gesellschaftliche Integration vollzieht sich nur, wenn Ausgrenzung bekämpft wird, wenn wir Mechanismen verankern, solche Ausgrenzungsprozesse zu minimieren. Dazu gehört auf Landesebene z.B. der Berlin-Pass, den wir auch für Menschen einführen wollen, die zu viel verdienen, um Transferleistungen zu bekommen und zu wenig, um vernünftig leben zu können. Dazu gehört wieder das Bildungswesen, das allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft gleiche Chancen einräumt.

Dazu gehört eine Wohnungs- und Mietenpolitik, die den Menschen die Möglichkeit schafft, in ihrem Umfeld und Kiez wohnen zu bleiben. Das wird eine der wichtigen Auseinandersetzungen im Wahlkampf. Und wir werden alle Register ziehen müssen, um der wachsenden Wohnungsnot durch steigende Mieten zu begegnen. Denn wenn ich Ingeborg Junge-Reyer höre, dann weiß ich, dass wir hier weit mehr schaffen müssen als einen Mentalitätswechsel. Hier werden wir erst mal dafür sorgen müssen, dass endlich mit der Realitätsverweigerung Schluss ist.
Und da werden wir auch darüber reden müssen, dass unsere kommunalen Wohnungsbaugesellschaften neue und bezahlbare Wohnungen kaufen und bauen müssen. Ihre originäre Aufgabe ist es, ausreichenden und vernünftigen Wohnraum gerade für die Berlinerinnen und Berliner bereit zu stellen, die auf dem freien Markt an den Rand und aus ihren Kiezen gedrängt werden. Wir müssen darüber reden, wie wir Genossenschaften unterstützen, die preiswerte Wohnungen bauen und unterhalten. Wir werden uns etwas einfallen lassen, damit nicht immer mehr Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt oder als Hostelzimmer zweckentfremdet werden. Und wir werden uns darum kümmern, dass die 160.000 Belegungsbindungen über die Berlin verfügt, den Menschen zu Gute kommen, die es nötig haben. – wir wollen keine Segregation in der Stadt und Wohnen darf nicht zum Luxusgut verkommen. Deshalb erwarte ich von der SPD, dass sie in dieser Hinsicht endlich aus dem Knick kommt. Seit Jahren fordern wir, dass die Stadtentwicklungssenatorin endlich mal aktiv wird. Und wenn Frau Junge-Reyer das nicht will, dann muss Klaus Wowereit sie anweisen. Dafür hat er ja schließlich die Richtlinienkompetenz bekommen.

Und wenn ich gerade bei Wowereit und Junge-Reyer bin, dann sage ich auch, dass wir einen Mentalitätswechsel in Sachen Verkehrspolitik brauchen. Die A 100 ist ein Projekt aus dem vergangenen Jahrtausend. Sie ist unökologisch und sie ist auch unsozial. Man kann nicht versuchen, die Verkehrsprobleme dadurch zu lösen, dass man den Stau einfach von einem Kiez in den anderen verlagert. Darüber kann man auch nicht hinwegreden, indem man platte Witze über hüpfende Solardächer macht. Wir brauchen intelligente Lösungen, die nicht noch mehr Autoverkehr in die Stadt holen.
Liebe Genossinnen und Genossen,

Es gibt noch einen Mentalitätswechsel, den wir angehen müssen.
Der hängt vor allem mit der Art und Weise, wie wir Politik machen zusammen. Dieser Herbst ist geprägt von großen Protesten. Gegen die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke, gegen den Bau von Stuttgart 21. Auch in Berlin gibt es Proteste. Gegen die Flugrouten des künftigen Flughafens und die damit verbundene Lärmbelästigung. Oder auch gegen die media spree-Planung. Sie alle haben etwas gemeinsam. Sie betreffen langfristig angelegte Investitionsentscheidungen. Entscheidungen, die auf viele Jahre hin das Leben in diesem Land oder in einer Stadt prägen und beeinflussen. Es ist kein Zufall, dass viele dieser Entscheidungen im Grundsatz schon vor Jahren getroffen wurden. Nicht immer unumstritten, aber doch zumeist ohne Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit. Das war damals so üblich, erzeugt aber für uns heute ein großes Dilemma. Denn mit diesen Entscheidungen sind Bedingungen geschaffen worden, die sich nicht mehr einfach zurückdrehen lassen. Es macht wenig Sinn, jetzt den Flughafen nochmal an einen anderen Ort verlegen zu wollen. Und auch am Spreeufer wurden den Investoren Rechte überlassen, die wir nicht einfach mit einem Federstrich wieder rückgängig machen können.
Und trotzdem bringt es uns nicht weiter, auf die Proteste mit Basta-Manier zu reagieren und nur zu erklären, dass wurde mal so entschieden und deshalb wird es jetzt auch so gemacht. Es geht nicht an, dass es zum Beispiel auf bezirklicher Ebene einen Volksentscheid zu media spree gibt und die zuständige Senatorin signalisiert, mir doch egal. Wenn ihr das macht, dann zieh ich das alles an mich. Das fördert nicht Politik-, aber Parteien- und Institutionenverdrossenheit. Und das wiederum nagt an den demokratischen Fundamenten dieser Gesellschaft. Direkte Demokratie ist nichts just for fun, sie ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit, auch wenn einem die Ergebnisse im Einzelnen nicht gefallen.
Wir müssen das ernst nehmen und wir müssen mit den Menschen zumindest nach Kompromissen suchen.

Vor allem aber muss die Politik daraus lernen. Es ist doch offensichtlich, dass die Art und Weise, wie solche Entscheidungen getroffen wurden und werden, zwar formal demokratisch ist, real aber nicht den notwendigen Konsens schafft. Es gibt ein großes Misstrauen in diesem Land und eine Entfremdung gegenüber der etablierten Politik. Bürgerinnen und Bürger fühlen sich oftmals hintergangen und nicht ernst genommen. Was nutzt denn eine Bürgerbeteiligung bei einem Planfeststellungsverfahren, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass das alles nur pro forma erfolgt und auf die eigentliche Entscheidung keinen Einfluss hat. Wenn der Eindruck entsteht, dass die Politik selbst nicht mehr unabhängig in ihren Entscheidungen ist, sondern von der großen Wirtschaft, den Finanzriesen und Lobbyisten gesteuert wird.

Liebe Genossinnen und Genossen,

ich habe hierfür auch noch nicht die fertigen Antworten, aber ich glaube, dass es notwendig werden wird, diese zu finden. Das mag manche Entscheidungsfindung komplizierter gestalten als bisher und ich höre schon all die Einwände: Die Investoren werden sich abwenden, wenn das hier immer alles so lange dauert. Politik muss auch mal Entschlusskraft zeigen usw. usf. Politik ist aber nicht nur für Investoren da, sondern für die Menschen, die hier leben.
Und auch Investoren brauchen vor allem eines: Sie brauchen verlässliche Entscheidungen, die auch bei den Menschen auf Akzeptanz stoßen. Es nutzt ihnen wenig, wenn eine Entscheidung irgendwie durchgedrückt wird und sie dann Jahre später mit Klagen und Protesten überzogen werden. Deshalb wird es notwendig werden, solche Entscheidungen künftig auf Grundlage eines breitestmöglichen Konsenses herzustellen.
Dabei kann am Ende eines solchen Prozesses auch mal ein Volksentscheid stehen, der durch das Parlament angesetzt wird. Der darf dann aber nicht lediglich zur Absegnung staatlicher Politik dienen und den Zweck haben Kritik mundtot zu machen.

Eine Kultur des aufeinander Zugehens, des Zuhörens und des Beteiligens der Menschen. Wir haben es uns schon als PDS und später dann als Linke zum Grundsatz gemacht, keine bloße Stellvertreterpolitik zu machen, sondern auf Partizipation – auf Beteiligung möglichst vieler Menschen, Organisationen, Initiativen bei der Politikentwicklung und auch -durchsetzung zu orientieren. Demokratie ist keine Schönwetterveranstaltung. Demokratie ist eine ständige Auseinandersetzung und Herausforderung, in der Transparenz und Aufrichtigkeit, auch bei Widersprüchen und Konflikten die Basis für Vertrauen und Kooperation sind – und das ist unser Pfund, mit dem wir auch in diesen Wahlkampf ziehen können.


Liebe Genossinnen und genossen,

Und damit komme ich zu unserem Antrag A1: DIE LINKE kämpft darum, ihr Wahlergebnis von 2006 deutlich zu verbessern. Wir wollen gewinnen und wir wollen regieren – weil ohne uns diese Stadt kalt, ungerechter und weniger demokratisch würde, weil wir verändern wollen!

Die taz war vor einigen Wochen sehr überrascht, dass das nicht nur ein Slogan der Parteiführung ist, sondern auch in den Bezirksverbänden, selbst in denen, die als regierungskritisch gelten, geteilt wird. Das hat mich sehr gefreut, denn das zeigt, dass wir bei allem Differenzen, die wir in einzelnen Fragen haben, in den Grundlinien übereinstimmen. Das ist gut so. Denn diese Geschlossenheit werden wir im kommenden Jahr brauchen, wenn wir gemeinsam erfolgreich sein wollen.

Und selbst wenn ich mir so rein persönlich manchmal auch gut vorstellen kann, ohne den ganzen Stress zu leben, den man als Regierungsparteivorsitzender so auszuhalten hat: Es ist nicht nur richtig, sondern auch notwendig dass wir um diese Option kämpfen und am besten gar keine andere Option möglich werden zu lassen.
Denn schauen wir mal, was die Alternativen sind. Da kommen nach derzeitigen Stand nur zwei in Frage: rot-grün oder schwarz-grün.

Was rot-grün bedeutet, muss ich eigentlich auf einem LINKEN-Parteitag nicht länger ausführen. Es gäbe unsere Partei heute gar nicht so, wenn diese beiden Parteien im Bund nicht so versagt hätten. Auch damals hatten sie vorher vollmundig eine sozial gerechte Politik versprochen. Herausgekommen ist etwas anderes.
Das bestätigt nicht zuletzt, was wir bereits 2006 im Wahlkampf gesagt haben: Man kann der SPD nicht trauen. Aber wenn sie mit uns zusammen regiert, dann traut sie sich gelegentlich mal was. Nichts anderes haben wir in den vergangenen Jahren erlebt. Unsere Bilanz spricht da Bände. Auch wenn die SPD jetzt in zentralen Fragen versucht, die Erfolge dieser Koalition rhetorisch für sich zu reklamieren. Wir werden im Wahlkampf deutlich machen, wer die Rezepte hat und das Feuer im Herd macht und wer hier nachkocht.

Und wir werden auch sagen müssen, welche Suppe hier serviert werden wird, wenn wir nicht mehr in der Küche stehen. Was das in Bezug auf den Umgang mit der öffentlichen Daseinsvorsorge heißt, habe ich schon gesagt. Aber das ist ja nicht alles:

1.        Der ÖBS:
Auf Bundesebene schreiben die Grünen unsere Position und Ideen zum ÖBS ab und bringen sie in den Bundestag ein. Hier in Berlin ist ihnen der ÖBS zu teuer und die Gehälter der Beschäftigten zu hoch – was ist das anderes als sozialer und arbeitsmarktpolitischer Zynismus.

2.        der öffentliche Dienst
Klaus Wowereit hat sich lange gegen die Rückkehr in die Tarifvereinigung der Länder und die Angleichung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Dienst an die Bundesentwicklung gewehrt. Wir waren es, die dafür gesorgt haben, dass das Versprechen gegenüber den Beschäftigten erfüllt wird, in dieser Legislaturperiode eine Perspektive zur Angleichung der Tarife an das bundesweite Niveau zu verabreden. Die Grünen dagegen haben diese Entscheidung scharf kritisiert und verlangt, dass der Solidarpakt verlängert werden müsse. Was meint ihr wohl, wie sich Wowereit entschieden hätte, wenn er nicht mit uns, sondern mit den Grünen regiert hätte?
Und was meint ihr, wie die das in der Zukunft aussehen wird? Die Grünen haben mehr als einmal in den vergangenen Jahren gesagt, dass in diesem Bereich weiter konsolidiert werden muss. Jetzt kommt Renate Künast und versucht das zu überdecken. Ich wette mit euch, dass das genauso ausgehen wird, wie wir das in vergangenen Wochen jetzt mehrfach erlebt haben: Heute erklärt Frau Künast, dass 100.000 Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst notwendig sind und morgen erklärt der grüne Sender Jerewan auf die Frage, ob das stimme: Im Prinzip ja, aber…

Drittes Beispiel:
Die Finanzpolitik. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes war die SPD schwankend, was sie tun soll. Wir haben damals gesagt, dass wir keine weiteren Einschnitte mehr mitmachen. Die Grünen haben im Verein mit CDU und FDP genau das Gegenteil verlangt. Und das tun sie bis heute. Wir waren es, die angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise gesagt haben: Wir sparen der Krise jetzt nicht hinterher, das wäre Irrsinn. Was taten die Grünen in dieser Zeit? Sie kämpften für die Schuldenbremse! Eine Schuldenbremse, die uns auch in Berlin viel politischen Bewegungsspielraum rauben wird, wenn es nicht gelingt, diesen gesellschaftspolitischen Unsinn wieder zu kippen.
Die Berliner Grünen dagegen wollen die in die Landesverfassung aufnehmen. So wie jetzt in Hessen. Da verhandelt grade eine ganz ganz große Koalition, nämlich CDU, Grüne, SPD und FDP über den Einbau der Schuldenbremse in die Landesverfassung. Alle vier – auch SPD und Grüne – wollen sie, wollen den eigenen Landeshaushalt in Fesseln legen und sich das auch noch in einer Volksabstimmung am 27. März bestätigen lassen. Nur unsere Fraktion votiert dagegen und sie wird es, gemeinsam mit Verbänden und Initiativen sein, die versuchen wird, diesen Wahnsinn mit der Volksabstimmung noch zu stoppen und für möglichst viele Nein-Stimmen zu werben. Wo wir unterstützen können in unserem eigenen Wahljahr, werden wir das auch tun.


Und schwarz-grün?
Schauen wir nach Hamburg: die Energiewende ist ausgeblieben, das Kraftwerk Moorburg wird gebaut. In Berlin dagegen ist nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes unserer Umweltsenatorin Katrin Lompscher das neue Vattenfall-Kohlekraftwerk beerdigt worden. Die Schulreform: In Hamburg gescheitert, in Berlin Wirklichkeit.
Kitagebühren: in Berlin abgeschafft, in Hamburg gerade erhöht worden.
Studiengebühren: in Berlin keine. In Hamburg: unter schwarz-grün fortgeführt.
Kulturetat: in Berlin moderat erhöht. In Hamburg konnten gerade Pläne verhindert werden, die eines der renommiertesten deutschen Theater in eine Provinzbühne verwandelt hätten. Ich will mir gar nicht ausmalen, was Frau Ströver hier in Berlin anstellen würde, wenn wir Vergleichbares vorschlagen würden. Aber dafür wird sich Hamburg mit grünem Segen eine Elbphilharmonie leisten, die die öffentliche Hand mittlerweile über 300 Millionen Euro an Zuschüssen kosten wird. Dreimal mehr als ursprünglich geplant. Das hätte die alte Große Koalition hier in Berlin nicht schlimmer versemmeln können.
Und jetzt hab ich noch nicht mal über Elbvertiefung und HSH Nordbank gesprochen. Nein, liebe Genossinnen und Genossen, es reicht auch so. Das kann kein Modell für Berlin sein.

Das soziale Berlin, das vielfältige und demokratische Berlin – das gibt es mit der Linken. Wir sind hier das Original. Wir sind die, die vorangehen. Und wer das immer noch nicht glaubt, der schaue sich einfach mal die Wahlkampfslogans an:
Die Grünen werben mit: Eine Stadt für alle. Der Wahlkampfslogan der PDS lautete 1999: Berlin für alle
Die SPD titelt heute: Berlin miteinander – Unser PDS-Slogan 2001 war: Miteinander für Berlin.
Jetzt ist doch wohl klar, wer Berlin bewegt, wer Motor ist und wer im Kofferraum reist.

Liebe Genossinnen und Genossen,

Es ist jetzt oft von Visionen die Rede, die die Parteien von der Stadt haben sollen. Wir bewegen uns im strategischen Dreieck von Protest gegen die Abbruchpolitik vor allem der Bundesregierung, von realen Gestaltungsansprüchen im Hier und Jetzt und unseren Vorstellungen, wohin wir mit Berlin wollen. Unser Berlin 2016 und Berlin 2021 ist die soziale, die vielfältige, die starke und die demokratische Stadt. Wir haben mit unserer Wirtschaftspolitik die Transformationsphase von der Industrie- über die reine  Dienstleistungsorientierung hin zu einer zukunftsfähigen Mischstruktur geschafft. Berlin steht nicht umsonst an der Spitze der Bundesländer, wenn es darum geht, neue Beschäftigung zu schaffen. Berlin wird 2021 zu den wirtschaftsstärksten Bundesländern gehören und das nicht zulasten der Beschäftigten. Wir setzen, wo immer uns das möglich ist, die Rahmenbedingungen so, um prekäre Beschäftigung zurück zu drängen und gute Arbeit durchzusetzen. Wir werden 2021 ein leistungsfähiges und durchlässiges Bildungs- und Schulsystem haben, in dem alle Kinder, egal aus welchen Familien sie kommen, Erfolg haben werden und die Grundsteine für eine erfüllte Zukunft legen können. Die Frage Gymnasium oder nicht ist pure Ideologie. Entscheidend ist, dass alle die gleichen Chancen und Möglichkeiten bekommen, dass nicht die soziale Stellung der Eltern entscheidet – und das geht nur mit uns.

Wir werden eine Infrastruktur öffentlicher Daseinsvorsorge haben, die nicht nur leistungsfähig, sondern auch für alle zugänglich ist. Das gilt für den öffentlichen Nahverkehr, für das Wasser, die Stadtreinigung, für Bildung und das öffentliche Gesundheitswesen!

Und wir werden diese Stadt weiter demokratisieren. Berlin ist die Hauptstadt nicht nur des ganzen Landes, sondern auch der demokratischen Erneuerung. Die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 ist ein weiterer Schritt dorthin. Wirksame Antidiskriminierungspolitik soll dazu führen, dass homophobe und rassistische Gewalt 2021 kaum noch eine Rolle spielen und die Berlinerinnen und Berliner ihre vielfältige Stadtgesellschaft in Lebensformen, sexueller Orientierung, Herkunft und Weltanschauung als ihre Bereicherung annehmen. Ich könnte jetzt noch viele Punkte aufzählen, was wir bis 2021 oder wenistens 2016 alles geschafft haben wollen – das werden wir bei der Diskussion des Wahlprogramms noch vertiefen. Voraussetzung für die praktische Umsetzung alles visionären ist jedoch, dass die Kräfteverhältnisse in der Stadt und auch im Bund dies auch zulassen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, wie sich die Linke im nächsten Jahr positioniert.

Wir gehen als starke Linke ins Super-Wahljahr 2011.
Den Auftakt machen die Genossinnen und Genossen am 20.3. in Sachsen-Anhalt. Sie haben jetzt ihre Liste aufgestellt. Auch sie setzen auf Sieg und wollen den ersten linken Ministerpräsidenten stellen – dazu muss die SPD springen. Das gehört eigentlich zur gesellschaftlichen Normalität vor allem im Osten. Wir kämpfen in Baden-Württemberg, Bremen und Rheinland-Pfalz um den Einzug in die Landtage – Genossinnen und Genossen, wenn das gelingt, fehlt uns nur noch Bayern. Und wir wollen auch in Mecklenburg-Vorpommern wieder regieren. Die große Koalition der letzten fünf Jahre dort war ein einziges Abbruchunternehmen. Dort wird 14 Tage vor uns gewählt und wir hoffen auf einen starken Impuls auch für uns. Um im Bund die Kräfteverhältnisse zu verschieben, brauchen wir die Länder, richtig rot regierte Länder. Nur dann werden wir den Weg für einen wirklichen Politikwechsel im Bund öffnen
Und Genossinnen und Genossen, gleichzeitig haben wir eine Programmdebatte zu stemmen. Hier geht es nicht um  ewige und eiserne Wahrheiten. Der Programmkonvent hat gezeigt, dass wir eine diskussionsfreudige und im Kern auch diskursfähige Partei sind. Wenn es uns gelingt- und das ist trotz Wahlkampf auch unsere Aufgabe – diese Debatte spannend zu gestalten, auch für Linke außerhalb unserer Partei, dann kann uns die Programmdebatte sogar in den Wahlkämpfen unterstützen… Denn dann zeigen wir: wir sind die Linke, die um die besseren Konzepte und umsetzbare Programmatik ernsthaft ringt, die in und mit der Gesellschaft Argumente austauscht und zuhört und die letztlich nicht nur redet, sondern handelt, um dieses Land gerechter, lebenswerter, friedlicher und demokratischer zu machen.