Bilanz gezogen

3. Parteitag, 3. Tagung

Rede von Nurda Tazagül


[Manuskript – es gilt das gesprochene Wort.]

Liebe Genossinnen und Genossen,

ich freue mich über den heutigen Berliner Parteitag, weil wir hier und jetzt gemeinsam die Zukunft unserer Partei solidarisch, konstruktiv, politisch und zielgerichtet noch besser gestalten können und wollen. Wir alle kennen die Wahlauswertungen, Erklärungen, Forderungen zu den AGH Wahlen im September dieses Jahres.

Seit September diskutieren wir Alle über die Ursachen und Folgen des Wahlergebnisses vor allem auf unsere Partei hier in Berlin. Jeder und Jede von uns hat für sich eine Bilanz gezogen, auf der sie bzw. er die zukünftige politische Arbeit gestalten wird.

Für die einen war das Ergebnis wie erwartet, für manche überraschend, für einige unverständlich, für viele von uns aber war das Ergebnis der Wahl enttäuschend.

Einige sagen, dass dieses Ergebnis eine Ohrfeige der Wählerinnen und Wähler für die Fraktion und den Landesvorstand ist. Ich persönlich sehe es nicht als eine Ohrfeige, sondern eher für ein legitimes Recht der Bevölkerung auf demokratische Art und Weise ihre Wahl getroffen zu haben. Mit dieser können wir nicht gerade glücklich sein. Wir müssen und haben dieses Ergebnis akzeptiert.

Und nun ist die Zeit gekommen, gemeinsam unsere Defizite, Schwächen, Mängel und Lücken zu beheben, zu schließen. Aus den Wahlergebnissen und der Auswertung der Projektgruppe Linke 2020 ist bekannt, dass wir als Partei einen Verlust insbesondere an Wählerinnen und Mitglieder haben. Nach den Wahlen sind wir:

  1. in der Verpflichtung, unsere Wählerinnen und Mitglieder zurück- und Neue dazu zugewinnen. Und
  2. müssen wieder attraktiver für die Berlinerinnen werden. Sie sollen Lust haben, gemeinsam mit uns für eine soziale, tolerante und lebenswerte Stadt Berlin zu kämpfen.

Dazu ist es notwendig, dass wir aus unseren Sitzungssülen herauskommen und wieder dahin gehen, wo die Menschen leben und arbeiten. Konkret heißt das ja für uns alle, in die Kieze, die Nachbarschaftshäuser, Vereine, Projekte und an viel mehr Orte zu gehen. Die Berlinerinnen, sollen uns als ihre verlässlichen PartnerInnen und MitstreiterInnen wahrnehmen können. Wir waren und werden auch weiterhin auf der Straße sein, aber ohne den Anspruch zu haben die Proteste zu dominieren. Natürlich werden wir auch dort sein, wo wir Positionen oder Lösungen haben und diese auch selbstbewusst vertreten.

 
Liebe Genossinnen und Genossen,

gerade Frauen beklagen sich häufig über die Umgangs- und Arbeitsweisen in Parteien. Sie finden diese langatmig und labernd. Was oft nachvollziehbar ist! Die Kritik von Ihnen ist oftmals eher auf Personen als auf Positionen gerichtet. Weiterhin beklagen sich die Frauen über konkrete Verhältnisse und Zustände, die sie allein nicht ändernd können. Sie sind nicht zu Unrecht der Meinung, dass unsere Parteiarbeit mitunter mehr von Formalien als von Inhalten geprägt ist. All diese Kritik und das Bedürfnis nach Veränderung haben wir Berliner Frauen vom Landesvorstand zu Herzen genommen. Und wir sind dabei, diese Zustände zu ändern. Seit einem Jahr haben wir ein monatliches Forum geschaffen, in dem sich Genossinnen und Sympathisantinnen treffen.

Wir tauschen uns über unsere Arbeit in den verschiedenen Strukturen der Partei aus, erarbeiten uns Positionen, haben gemeinsam Wahlkampf gemacht, diskutieren Konzepte- und dass alles ohne übermäßigen Stress miteinander zu haben. Wir haben uns in der Berliner Linken und darüber hinaus damit einen Raum geschaffen, in dem Frauen aus allen Bezirken, Erfahrene und Neue zur Linken kommen und miteinander arbeiten. Nur eines spielt bei uns keine Rolle, die Zugehörigkeit zu einer Strömung! Diese Unabhängigkeit wollen wir uns bewahren. Unser Treffen ist für alle, die daran teilnehmen, einer der wenigen Termine im Politikalltag, zu dem wir gerne gehen, wo es Spaß macht auch kontroverse Positionen zu diskutieren. Aber auch für uns steht an, gemeinsam herauszufinden, was eigentlich den Gebrauchswert der LINKEN ausmacht. Oder mit anderen Worten gesagt, nutzt es z.B. der Erzieherin oder Mieterin oder Minijobberin oder Studierenden, dass Frauen in der Linken engagiert Politik machen? Die andere Frage ist, ob es uns gelingt, gemeinsam mit Frauen außerhalb der Linken für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für Frauen in Berlin zu kämpfen?

Persönlich liegt mein Schwerpunkt weniger auf den Spitzenpositionen. Auch wenn es ohne Zweifel richtig und wichtig ist, dass mehr Frauen in Führungspositionen an den Treffen teilnehmen. Aber mein Schwerpunkt liegt darin, in den Kiezen und Bezirken die Linke wieder sichtbarer zu machen. Das betrifft auch die BVVen und vor allem die außerparlamentarische Arbeit. Ihr alle seid herzlich eingeladen, uns bei diesem Anliegen zu unterstützen.

Wir freuen uns auf jede einzelne von Euch!