Wohnen ist ein Grundrecht – Programm für bezahlbares Wohnen und Berlin für alle

Beschluss 2 / 3 / 4

 

 

Wohnen ist ein Grundrecht – Programm für bezahlbares Wohnen und Berlin für alle

Wohnen ist ein Grundrecht! Ein Dach über dem Kopf und ein geschützter Raum sind elementar für ein selbstbestimmtes Leben und für das friedliche Zusammenleben in der Gesellschaft. Berlin ist klassische Mieterinnen- und Mieterstadt. Und gerade die Mieterinnen und Mieter geraten immer mehr unter Druck, ihre Wohnungen weiter bezahlen zu können oder sich eine neue suchen zu können. Die steigenden Mietpreise führen dazu, dass immer mehr Berlinerinnen und Berliner aus ihren Wohnungen vertrieben werden, dass sie ihre angestammten Kieze verlassen müssen. Die Berliner Mischung von Menschen mit guten und mit geringen Einkommen, mit unterschiedlichen Herkünften und Lebensstilen ist in akuter Gefahr.

Gut organisierte, selbstbewusst und kenntnisreich agierende Mieterinitiativen sind ein wirksames Mittel gegen soziale Verdrängung. Die Mitglieder und Organisationen der LINKEN Berlin unterstützen diesen Widerstand von Mieterinitiativen gegen soziale Verdrängung.

Die Wohnung darf nicht auf ihren Marktwert reduziert werden. Niemand soll Angst haben, gekündigt und verdrängt zu werden. Berlin braucht mehr bezahlbare Wohnungen – im Bestand, aber auch im Neubau.

Wohnungspolitik ist deshalb auch Stadtentwicklungs- und Gesellschaftspolitik. Die Berliner Freiräume und Grünflächen sind ein hohes Gut, sie stellen Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten für alle bereit, unabhängig von Einkommen, Status und Herkunft. Gleichzeitig brauchen Neubauten auch Flächen. Kleingartenanlagen sind akut bedroht oder bereits geschleift, manche weithin unbekannte und dennoch geliebte Brache soll Bauland werden. Das Tempelhofer Feld und der Mauerpark sind die bekanntesten Beispiele, bei denen auch wir vor der Frage stehen, auf der einen Seite notwendige Freiräume für das gesellschaftliche Zusammenleben, für Natur und Umwelt, für das Stadtklima verteidigen und ausweiten zu wollen und auf der anderen Seite gleichzeitig Flächen für Neubau finden zu müssen. Dieser Widerspruch ist in jedem Einzelfall neu und vor allem mit der Bevölkerung zu diskutieren und zu entscheiden. Wir wollen bei allen Bauvorhaben auf solchen Freiflächen, dass nicht maximale Verwertung das Ziel ist. Wohnungen müssen für alle Berlinerinnen und Berliner bezahlbar sein und öffentlicher Grund muss öffentlich bleiben.

In diesem Sinne schlagen wir ein wohnungspolitisches Programm für Berlin vor. Berlin braucht einen wohnungspolitischen Kurswechsel mit folgenden Schwerpunkten: Stopp der Mietenexplosion und Bekämpfung der Immobilienspekulation, Erhalt bezahlbarer Wohnungsbestände, Nutzung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften für eine soziale Wohnungspolitik und Neustart im sozialen Wohnungsbau, ohne in die Fehler des alten Systems zurückzufallen.

 

Ausgangslage

Steigende Mieten, Umwandlung, Verdrängung, Spekulation, exklusiver Neubau, zunehmende Wohnungsknappheit: Berlin ist zum Eldorado für Immobilienspekulanten und Investoren geworden. Wenn die einst städtische Wohnungsbaugesellschaft GSW von der ebenfalls börsennotierten Deutschen Wohnen übernommen werden sollte, befürchten Mieterinnen und Mieter zu Recht, dass ihr Zuhause noch stärker zum Spekulationsobjekt wird und ihre Rechte dem Renditestreben zum Opfer fallen.

Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware. Das stellt insbesondere Menschen mit geringen und mittleren Einkommen vor enorme Probleme. Vor allem Menschen, die Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II, Erwerbsminderungsrente oder Grundsicherung im Alter, beziehen haben genauso wie Wohnungslose und Flüchtlinge kaum noch eine Chance auf dem Wohnungsmarkt.

Der Senat redet über eine andere Wohnungspolitik, macht viel Wind um kleine Schritte und setzt vor allem auf teuren Neubau – getan hat er bisher wenig, was weiterhilft. Mehr denn je braucht es gesellschaftlichen Druck, um soziale Wohnverhältnisse und eine lebenswerte Stadt zu verteidigen bzw. zu schaffen.

 

 

I. Forderungskatalog für bezahlbares Wohnen und soziale Stadtentwicklung

Bezahlbares Wohnen sichern – Mieten und Betriebskostenerhöhungen bremsen

1. Alle landesrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und konsequent anwenden:

Bezirke und vor allem der Senat müssen mehr tun, um den bezahlbaren Wohnungsbestand zu schützen und Spekulation entgegenzutreten. Die LINKE fordert die CDU auf, ihre Blockade gegen die Umwandlungs-VO aufzugeben.

Die erweiterte Kündigungsschutzklausel-VO muss breit bekannt gemacht werden, damit betroffene Mieter/innen ihre Rechte wahrnehmen können. Das wieder eingeführte Zweckentfremdungsverbot ist nicht ausreichend. Vor allem sind Ferienwohnungen für weitere zwei Jahre Übergangszeit vom Verbot ausgenommen. Zudem sind die Bezirke nicht ausreichend finanziell und personell ausgestattet, damit es wirken kann. Das gleiche gilt für das Vorgehen gegen Mietpreisüberhöhung.

Der Senat soll die Bezirke dazu anhalten und ggf. dabei unterstützen, Milieuschutz- bzw. Umstrukturierungs-VO zu erlassen und mietdämpfende öffentlich-rechtliche Vereinbarungen bei Bau- und Modernisierungsvorhaben abzuschließen. Bei städtebaulicher Aufwertung im Rahmen von Stadtumbau oder Sanierung muss zugleich die Wohnbevölkerung vor Verdrängung geschützt werden. Deshalb soll die Vergabe von Städtebaufördermitteln an bezirkliche Aktivitäten zur Mietdämpfung geknüpft werden.

Um Spekulation entgegenzuwirken, ist ein Modell mit einer differenzierten Grunderwerbssteuer zu entwickeln. Für Immobilieninvestoren und –verwerter soll dabei ein stark erhöhter Steuersatz gelten, für Selbstnutzer ein deutlich geringerer. Gegen die Umgehung der Steuerpflicht muss der Senat mit bundespolitischen Initiativen aktiv werden.

Betriebskosten bilden schon lange die zweite Miete und steigen oft schneller als die Grundmiete. Auf einige Betriebskosten hat das Land direkten Einfluss. Wir erwarten, dass der Senat alle Möglichkeiten prüft und nutzt, die mietpreisdämpfend wirken – von der Senkung der Grundsteuer über kostengünstigeren Strom bis zur Einflussnahme auf die Wasserpreise.

Landeseigene Liegenschaften sind für den sozial-ökologischen Umbau der Stadt ein wichtiges Potenzial und sollen, mit Ausnahme der städtischen Wohnungsunternehmen, im Erbbaurecht mit klar definierten und vertraglich geregelten Auflagen vergeben werden. Der Erbbaurechtszins für soziale und kulterelle Einrichtungen soll entsprechend ihrer Ausrichtung mit Abschlägen versehen werden können. 

2. Angemessene Richtwerte für die Kosten der Unterkunft festlegen – Zwangsumzüge vermeiden:

Berlin braucht eine Neuregelung für die Kosten der Unterkunft für Transferleistungsbeziehende Auch nach der letzten Änderung der Wohnaufwendungen-Verordnung [WAV] fehlt eine bedarfsgerechte Regelung. Die Anpassung an den Mietspiegel 2013 entspricht keinesfalls den Anforderungen, in zahlreichen Mietspiegelfeldern sind die Mieten höher als die Richtwerte. Der Senat hat die Richtwerte künstlich niedrig gerechnet. Das führt zu mehr Verdrängung, die Zahl der Zwangsumzüge steigt an. Gleichzeitig gibt es aber kaum mehr angemessenen Ersatzwohnraum, schon gar nicht im angestammten Kiez. Selbst für Menschen, die ihre Miete nicht mehr zahlen konnten und deshalb wohnungslos wurden, gibt es nicht ausreichend Wohnungen im geschützten Marktsegment. Aufforderungen zur Senkung der Wohnkosten dürfen nur erfolgen, wenn im Wohnumfeld der Betroffenen den festgelegten Mietobergrenzen entsprechender bzw. bei Festlegung auf Wohnungsgrößen dem Bedarf entsprechender freier Wohnraum vorhanden ist. Den Nachweis hierüber haben die Jobcenter (bzw. andere kommunale Stellen) zu erbringen. Dafür sind die entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen zu schaffen.

Die Jobcenter müssen über den Richtwerten liegende Wohnkosten übernehmen und auf Sanktionen verzichten. Transferleistungsbeziehenden muss im Streitfall eine Mieterberatung zugänglich sein, z.B. durch Finanzierung von Beratungsgutscheinen bzw. Mitgliedschaften in Mietorganisationen. Wir fordern, dass alle Wohnungen in einfacher und mittlerer Wohnlage sowie im alten sozialen Wohnungsbau als angemessen gelten müssen, für besonders nachgefragte kleine Wohnungen bzw. für begehrte Stadtteile müssen die Richtwerte der WAV höher liegen. Nur so wird es uns gelingen, die Vielfalt in den Kiezen zu erhalten und Zwangsumzüge zu verhindern.

3. Lösungen für den alten Sozialen Wohnungsbau finden:

Berlin braucht eine sozial verträgliche Lösung für die rd. 150.000 Wohnungen des alten Sozialen Wohnungsbaus. Dieser hat vor allem die Bauherren gefördert, nicht die Mieterinnen und Mieter. Nach Auslaufen der alten Regelungen sind jetzt in etlichen Objekten die Mieten explodiert. Mieterinnen und Mieter müssen vor untragbaren Mietsteigerungen geschützt werden. Nötig sind Mietausgleichszahlungen für betroffene Mieter/innen, die ansonsten nicht in ihren Wohnungen bleiben könnten, sowie die schnelle Novelle des Wohnraumgesetzes mit Einführung einer sozialen Richtsatzmiete und Präzisierung der Regelungen zur Kostenmiete. Private Sozialwohnungsbestände sollen gezielt von Landesgesellschaften angekauft und nicht weiter ohne sozialen Effekt subventioniert werden. Ergänzend sind vertragliche Regelungen mit privaten Eigentümern zur Mietbegrenzung notwendig.

4. Auf Bundesebene für bezahlbares Wohnen aktiv werden:

Über Miethöhe und Mieterrechte wird zum großen Teil durch Bundesgesetze entschieden. Die sich daraus ergebende Mietpreisspirale muss auf der Bundesebene gebrochen werden.

Dort haben sich CDU und SPD auf eine vermeintliche Mietpreisbremse geeinigt. Diese sieht vor, dass die Miete bei Neuvermietungen maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen dürfen. Das gilt aber nur für Städte und Gemeindem mit amtlich festgestelltem angespanntem Wohnungsmarkt. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Regelung nicht um eine Mietpreisbremse, im Gegenteil: auch die erlaubte Mieterhöhung treibt die ortsübliche Vergleichsmiete weiter nach oben.

Berlin hat im Bundesrat seit dem Regierungsantritt von Rot-Schwarz 2011 nichts für soziales Wohnen unternommen. Im Gegenteil: Die Chance, das unsoziale Mietrechtsänderungsgesetz im Bundesrat zu stoppen, hat der Senat Anfang 2013 ungenutzt verstreichen lassen. Wenn der Senat es ernst meint mit einer neuen Wohnungspolitik, muss er entsprechende bundespolitische Initiativen (z.B. Abschaffung der Modernisierungsumlagen und der erleichterten Räumungsmöglichkeiten, Kappung von Neuvertragsmieten, Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts, Wohnraumförderung, Beschränkung des SCHUFA-Auskunftsrechts, Übernahme von Maklerkosten ausschließlich durch den Auftraggeber) ergreifen oder zumindest unterstützen. Das gilt auch für die Debatte um die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in Deutschland.

Modernisierung und energetische Sanierung dürfen nicht länger zur Renditemaximierung dienen und zur Verdrängung führen. Sie müssen als nicht umlagefähige Anpassung an den zeitgemäßen Standard gelten. Energetische Sanierung und barrierefreier Umbau müssen stärker öffentlich gefördert werden.

Wir fordern eine Initiative des Landes Berlin zum Verbot von sogenannten »Share-Deals«, bei denen Investoren mit legalen Tricks die Zahlung von Grunderwerbssteuer vermeiden können.

5. Mieterrechte ausbauen – Vermieterprivilegierung beenden:

Wenn Wohnungen knapp sind, wird es für Mieter/innen noch schwerer, ihre Rechte zu behaupten. Der Senat muss mehr tun, um Mieterrechte zu schützen und zu stärken. Über Regelungen zum Mieterschutz muss offensiv informiert werden. Von den Bezirksämtern und Jobcentern sollen unabhängige, offene Mieterberatungen angeboten werden, ggf. auch durch Beratungsgutscheine für Mieterorganisationen. Bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften muss die Mietermitbestimmung, z.B. durch Mieterbeiräte und baubegleitende Gremien, ausgebaut werden. Mieterinitiativen sollten aus öffentlichen Mitteln zur Förderung des Ehrenamts und durch fachliche Beratung unterstützt werden. Wir treten entschieden der Praxis von Vermieter/innen entgegen, Mieter/innen bei Streit um Mietminderungen oder Zahlungsrückstände aus der Wohnung zu drängen.

6. Zwangsräumungen verhindern

Zwangsräumungen in die Obdachlosigkeit, zumal in sozialen Härtefällen, müssen verboten werden. Die einseitige Privilegierung von Vermieterinteressen, z.B. durch Amtshilfe bei Räumungen, muss abgebaut werden. Räumungen per einstweiliger Verfügung sind bis zum ordentlichen Gerichtsverfahren auszusetzen. Insbesondere polizeiliche Großeinsätze, deren Kosten den Streitwert übertreffen, lehnen wir ab.

7. Kriterien für Mietspiegel 2015 verändern:

Ob preiswerter Wohnungsbestand, zum Teil mit einfachen Standards, erhalten bleibt, hängt auch vom Mietspiegel ab. Auf Bundesebene muss sich Berlin dafür einsetzen, dass alle Bestandsmieten in die Erhebung einbezogen werden. Für den Mietspiegel 2015 müssen die Kriterien neu festgelegt werden. Berlin hat hier Spielraum, der mietdämpfend wirken kann. Die wohnwerterhöhenden und -mindernden Merkmale sowie Sondermerkmale bilden ein weit auslegbares Sammelsurium und gehen bei Rechtsstreitigkeiten meist zulasten der Mieterinnen und Mieter. Im Mietspiegel brauchen wir aber eindeutige Kriterien. Die Arbeitsgruppe Mietspiegel aus Vertreter/innen von Vermieter- und Mieterorganisationen sowie vom Senat muss transparent arbeiten. Mieter/innen müssen, insbesondere bei Änderungen der Wohnlageneinordnung, frühzeitig und umfassend informiert und einbezogen werden.

Städtische Wohnungswirtschaft sozial ausrichten, ausweiten, wirtschaftlich stärken und demokratisieren

8. Die wegen der Haushaltsnotlage 2003 mitgetragene Privatisierung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW war ein politischer Fehler, der DIE LINKE Berlin viel Vertrauen gekostet hat. 2006 hat DIE LINKE im Koalitionsvertrag einen Privatisierungsstopp des städtischen Wohnungsbestandes durchgesetzt. Stattdessen soll der Bestand an städtischen Wohnungen durch Zukäufe und Neubau größer werden, das ist jetzt ein parteiübergreifendes Anliegen. Inzwischen ist der Bestand um rd. 14.000 auf rd. 285.000 Wohnungen gestiegen.

Statt eines für die Mietendämpfung wirkungslosen Mietenbündnisses braucht Berlin eine Neuausrichtung der Städtischen Wohnungsbaugesellschaften als zentrale Instrumente für eine soziale Wohnraumversorgung. Dafür muss der Senat die Eigentümerrolle anders wahrnehmen, die Gesellschaften müssen umgebaut und demokratisiert werden.

DIE LINKE. setzt sich für ein mindestens fünfjähriges Mietenmoratorium der Bestandsmieten bei landeseigenen Wohnungsgesellschaften ein. Bei Neuvermietungen durch die Gesellschaften ist maximal eine Miete in Höhe des Mietspiegels zulässig.

Die Unternehmensziele müssen entsprechend präzisiert werden, die Unternehmenssteuerung muss transparent erfolgen: Nötig sind klare Vorgaben zur sozialverträglichen Modernisierung, zur Sicherung der Mieterpartizipation bei Bauvorhaben und darüber hinaus. Privater Sozialmietwohnungs-Bestand soll gezielt angekauft und als bezahlbarer Wohnraum sowie teilweise als geschütztes Marktsegment gesichert werden.

Konkret fordern wir:

  • Mieten an den Mittelwerten des Mietspiegels auszurichten, auch nach Modernisierungen und bei Neuvermietungen;
  • die Bruttowarmmiete generell bei 30% des Haushaltsnettoeinkommens zu kappen;
  • Modernisierungsmaßnahmen nur im Einvernehmen mit den Mieterinnen und Mietern und bei Anspruch auf Modernisierungsvereinbarungen für jede und jeden;
  • Konflikte mit Mieterinnen und Mietern sozial und einvernehmlich zu lösen, Räumungsklagen grundsätzlich auszuschließen;
  • Mieterinnen und Mietern einen Umzug oder Tausch in eine angemessenere, geeignetere freie Wohnung innerhalb des Bestandes der Wohnungsbaugesellschaften ohne Nachteile (auch hinsichtlich der Miethöhe je Quadratmeter) und Beschränkungen zu ermöglichen (Wohnungseintausch).

Um diese Ziele zu erreichen, brauchen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine kontinuierliche Eigenkapitalstärkung. Dafür fordern wir jährlich 100 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt. Auf eine Gewinnabführung an den Landeshaushalt soll dauerhaft verzichtet werden. Die von der SPD-CDU-Koalition geplante Neuverschuldung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften für den Wohnungsneubau lehnen wir ab. Diese führt zwangsläufig zu hohen Mieten und Mieterhöhungen im Bestand, weil anders die Rückzahlung der Kredite nicht möglich ist.

Für DIE LINKE Berlin hat der Ankauf von Wohnungsbeständen einen besonderen Stellenwert. Das gilt insbesondere für Wohnanlagen, die in den letzten Jahrzehnten privatisiert worden sind. Über bezahlbares Wohnen entscheiden vor allem die Miethöhen im Bestand. Hier kann mit effektivem Mitteleinsatz der öffentliche Einfluss auf den Wohnungsmarkt insgesamt erhöht werden. Diese Bestände können dauerhaft einer profitorientierten Mietpreisbildung und Bewirtschaftung entzogen werden.

Ausreichend Wohnraum bereitstellen – sozial, ökologisch, bedarfsgerecht – und finanzieren

9. Berlin braucht eine neue soziale Wohnraumförderung:

Eine neue soziale Wohnraumförderung ist auf bezahlbare Mieten und dauerhafte Mietpreis- und Belegungsbindungen auszurichten und soll von städtischen Gesellschaften, Genossenschaften sowie innovativen und sozial orientierten Trägern getragen sein. Dafür soll neben dem Eigenkapitalzufluss an die städtischen Wohnungsunternehmen ein Wohnungsbaufonds für den Neubau, den Ankauf und die bauliche Ertüchtigung von Wohngebäuden mit einem Volumen von jährlich zunächst 30 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt eingerichtet werden.

Rekommunalisierung von Wohnraum allein reicht nicht aus. Deshalb wird die Debatte über die Einrichtung eines kommunalen Sondervermögens zum Bau und zum Ankauf preiswerter Wohnungen als dritte Säule der sozialen Wohnraumförderung zielgerichtet weitergeführt. Ziel ist die Entwicklung eines alternativen Finanzierungs- und Trägermodells des sozialen Wohnungsbaus unabhängig von privaten Banken und Steuerabschreibungsmodellen. Die LAG Städtebau und Wohnungspolitik wird gebeten, an der stadtöffentlichen Debatte aktiv mitzuwirken und dem Landesparteitag einen Beschlussvorschlag zu unterbreiten. Dabei sollen die von Mieterinitiativen entwickelten Vorschläge einbezogen werden.

Neben der Schaffung und dem Erhalt von preiswertem, der Renditelogik entzogenem Wohnungsbestand geht es auch um Strukturen, die eine demokratische Mitbestimmung bzw. Selbstverwaltung der Mieter/innen ermöglichen.

Den Wohnungsbaugenossenschaften messen wir hier eine besondere Bedeutung bei, da sie vom Ansatz her der Profitlogik entgegen stehen und das genossenschaftliche Prinzip einer Selbstverwaltung gegeben ist. Das begründet eine besondere Beachtung im Rahmen eines zu entwickelnden Finanzierungskonzepts.

Das Land Berlin soll aktiv von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, um Wohnhäuser dem spekulativen Immobilienhandel zu entziehen und einer sozialen Bewirtschaftung zuzuführen. Dazu ist ein Fonds aufzubauen, der sich aus Haushaltsmitteln, Rückflüssen aus der Wohnungsbauförderung und den Erlösen des Weiterverkaufs erworbener Wohnimmobilien an Träger einer sozialen Wohnungswirtschaft speist.

Auch durch gezielte und kurzfristige Bereitstellung städtischer Liegenschaften soll ein sozial ausgerichteter Wohnungsbau unterstützt werden. Geeignete Grundstücke sollen vorrangig an städtische Wohnungsbaugesellschaften übertragen werden, Genossenschaften und Projekte mit sozialem Anspruch sollen in Konzeptverfahren zum Zuge kommen, die Vergabe soll grundsätzlich in Erbbaurecht erfolgen.

10. Stadt ist mehr als Wohnen:

Wenn Berlin gemäß den Prognosen und Planungen des Senats ein weiteres Bevölkerungswachstum erwartet, kann die Verantwortung des Landes nicht bei der Wohnungspolitik enden. Es geht mehr denn je um die zukünftige Lebensqualität der Menschen, um das Miteinander von Wohnen und Arbeiten, um integrierte Stadtentwicklung statt monofunktionaler Großprojekte. Deshalb ist es dringend notwendig, dem Stadtentwicklungsplan Wohnen einen, mit diesem abgestimmten, Stadtentwicklungsplan zur sozialen und kulturellen Infrastruktur hinzuzufügen. Nur in diesem Einklang kommt die Stadt zu einem soliden »Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030«.

Es geht um die quantitative und qualitative Entwicklung der Kinderbetreuungsangebote ebenso wie um den Neubau und die Instandsetzung von Schulen und deren materielle und personelle Ausstattung. Dafür brauchen die Bezirke auch geeignete Liegenschaften. Es geht um Spielplätze, die sich vielfach in schlechtem Zustand befinden oder in vielen Wohngebieten ganz fehlen und um ein vielfältiges Angebot für die Freizeitgestaltung von Kinder und Jugendlichen.

Auch in Berlin werden die Menschen immer älter. Auch die Zahl der Menschen mit Behinderung und mit Mobilitätseinschränkungen wird weiter wachsen. Der Erhalt und Ausbau der wohnortnahen Infrastruktur ist für alle, aber vor allem für diese Menschen besonders wichtig.

Statt den Geldhahn für öffentliche Bibliotheken, Musikschulen, Volkshochschulen, Galerien und die einst so lebendigen lokalen Initiativen immer weiter zuzudrehen, fordern wir deren Erhalt und Ausbau. Statt auch die letzten Baulücken in der Innenstadt mit Beton zu füllen und den Bauherren zu erlauben, sogar Kleingartenanlagen zu bebauen, muss das Stadtgrün seine unverzichtbare Funktion für die Menschen ausfüllen können. Die bezirklichen Behörden für Naturschutz und Grünflächen materiell und personell immer weiter auszudünnen, ist unverantwortlich. Anstatt die Straßen mit immer mehr Autos zu verstopfen, geht es um eine Weiterentwicklung des ÖPNV. Nicht das Streben nach Rendite, sondern die Bedürfnisse der Menschen müssen darüber bestimmen, wie unsere Stadt aussieht. Verantwortlich dafür sind im Wesentlichen die Bezirke. Damit sie den wachsenden Planungs- und Bauaufgaben gerecht werden können, müssen sie personell und finanziell besser ausgestattet werden. Rot-Schwarz plant Prämien für erteilte Baugenehmigungen auszuloben und Personal in den Planungsämtern befristet aufzustocken. Das löst nicht das Problem. Für Modernisierungsvorhaben fordern wir die Einführung einer generellen Genehmigungspflicht ohne Genehmigungsfiktion nach Fristablauf.

11. Ausreichend Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen bereitstellen:

Die Kooperationsverträge des Landes zur Wohnungsversorgung besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen (geschütztes Marktsegment für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit Bedrohte, Wohnungen für Flüchtlinge) entsprechen nicht mehr dem Bedarf, die vereinbarte Wohnungsanzahl wird seit Jahren nicht erreicht. Mittlerweile reicht die noch von rot-rot vereinbarte Zahl auch nicht mehr aus. Das Controlling der Verträge und Vereinbarungen ist dringend verbesserungsbedürftig.

Betreute Jugendwohnungen sind ebenfalls kaum noch zu bekommen, diese müssen in die Kooperationsverträge des Senates mit den Wohnungsbaugesellschaften zusätzlich aufgenommen werden. Ein weiteres Problem stellt die Situation für von Gewalt betroffene Frauen dar. Es gibt immer mehr Frauen, oft mit kleinen Kindern, die keine Aufnahme mehr in Schutzräumen wie Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen finden können, weil diese überfüllt sind. Gerade in diesen Notsituationen sind jedoch kurzfristige Unterbringungslösungen dringend notwendig. Dazu kommt, dass Frauen, die geschützte Wohnungen wieder verlassen wollen, in Berlin kaum noch für sie bezahlbaren Wohnraum finden.

Hier muss der Senat schnell handeln.

Berlin ist für Studentinnen und Studenten bereits heute einer der teuersten Wohnungsmärkte in Deutschland. Studentisches Wohnen muss bei der Neuausrichtung städtischer Wohnungsunternehmen und in einem neuen Wohnungsbaufonds besonders berücksichtigt werden. Das Vorhaben des Senates, in den nächsten drei Jahren 5000 zusätzliche Wohnungen für Student/innen zu schaffen, ist weder hinsichtlich des geplanten Umfangs ausreichend noch hinreichend konzeptionell und finanziell konkret.

Notwendig ist ein starker Ausbau der Angebote für studentisches Wohnen durch eine Kooperation von Senat, Hochschulen, Wohnungsbaugesellschaften und dem Studentenwerk. Der Neubau von Studentenwohnhäusern und die Umgestaltung gewerblicher Bestandsimmobilien zu attraktiven Studentenwohnunterkünften entlastet zugleich bestimmte Segmente des Mietwohnungsmarktes, auf dem studentische Wohngemeinschaften größere Mehrzimmerwohnungen zu überhöhten Mietpreisen mieten und dabei mit Familien konkurrieren, die diese hohen Mietpreise oft nicht mehr bezahlen können.

Betreutes Wohnen und integrative Wohnprojekte für substanzabhängige oder ehemals substanzabhängige Menschen sollen insbesondere in der Innenstadt erhalten bleiben. Wir wollen niemanden aufgrund seiner bzw. ihrer Abhängigkeit oder ehemaligen Abhängigkeit ausgrenzen und an den Stadtrand drängen, sondern vielmehr in die Mitte der Gesellschaft integrieren. Wir fordern den Erhalt und Ausbau von Drogenkonsumräumen im Sinne einer guten Gesundheitsförderung und Schadensreduktion und wollen darauf hinwirken, dass solche Einrichtungen und ihre Nutzerinnen und Nutzer mehr Akzeptanz bei der Anwohnerschaft erfahren.

Ältere Menschen und auch Menschen mit Behinderung haben einen besonderen Wohnbedarf, der im bestehenden Wohnungsbestand nicht ausreichend gedeckt werden kann. Wir brauchen altersgerechte und barrierefreie Wohnungen – und das zu bezahlbaren Mieten. Im Neubau geht das nur, indem altersgerechte und barrierefreie Wohnungen gefördert und mietpreis- und belegungsgebunden vergeben werden. Bei Mieterumbauten, die das Leben in der eigenen Wohnung erleichtern, dürfen die Wohnungsunternehmen nicht länger darauf bestehen, dass bei einem Umzug der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen ist.

12. Diskriminierung abbauen – Gleichberechtigten Zugang zum Wohnungsmarkt gewährleisten:

Menschen mit Einwanderungsgeschichte, Menschen mit nicht-deutsch klingenden Namen und people of colour sind nach wie vor erheblichen Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt ausgeliefert. Deswegen braucht Berlin im Rahmen der sozialen Stadtentwicklung geeignete Maßnahmen gegen die Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Mit den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren der Berliner Wohnungswirtschaft, den Mieterorganisationen sowie Vertreterinnen und Vertretern von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt betroffener Gruppen soll ein Maßnahmenpaket entwickelt werden, das u.a. umfasst: Beauftragung einer empirisch fundierten Studie zu Formen und Ausmaß von Diskriminierungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt und Maßnahmen zur Unterstützung von wohnungswirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren und ihren Mitarbeitenden zum Erkennen von Diskriminierungen aufgrund bestimmter Merkmale und zur Stärkung ihrer Handlungskompetenz. Es soll geprüft werden, ob ein Landesantidiskriminierungsgesetz den Schutz vor Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt verbessern und wie ein Interventionssystem aufgebaut werden kann, das sowohl eine koordinierende und in Konfliktfällen vermittelnde Stelle als auch Anlaufstellen beinhaltet, an die sich die Betroffenen wenden können, die sich bei der Wohnungssuche bzw. in ihrem Wohnumfeld diskriminiert fühlen.

13. Gute Bedingungen für mehr Wohnungsbau schaffen

Wenn der Wohnungsbau in Berlin anziehen soll, darf gute Arbeit auf dem Bau nicht vergessen werden: Sichere Arbeitsbedingungen, tarifliche Bezahlung und Einhaltung der in Berlin geltenden Mindestlöhne für alle hier Beschäftigten sowie die Kontrolle öffentlicher Bauten nach dem Vergabegesetz gehören dazu. Eine Preisaufsicht soll konjunkturell steigenden Baupreisen, etwaigen Preisabsprachen und Kartellen entgegenwirken.

14. Stadtvertrag für bezahlbares Wohnen und soziale Stadtentwicklung initiieren:

Berlin braucht kein wirkungsloses Mietenbündnis mit seinen eigenen Gesellschaften, sondern Vereinbarungen mit Akteur/innen der Wohnungswirtschaft, Mieterorganisationen, Bürgerinitiativen und Bezirken. Es geht um verbindliche Verabredungen zur Ausgestaltung neuer sozial und funktional gemischter Baugebiete, zur Bereitstellung eines relevanten Anteils bezahlbarer Wohnungen auch bei Vorhaben von privaten Investoren, zur Beteiligung an den Investitionen für soziale Infrastruktur. Gegenstand können auch Modellvorhaben zur Um- u. Nachnutzung für Wohnen sowie zur sozialverträglichen energetischen Sanierung sein.

 
II. Positionen zu aktuellen stadträumlichen Schwerpunkten

Es ist das herausragende Merkmal Berlins als soziale Metropole und damit eine wichtige gesamtstädtische Aufgabe, in allen Stadtteilen eine soziale Mischung aufrecht zu erhalten oder zu fördern. Einer weiteren Entmischung muss aktiv entgegengewirkt werden. In sozial benachteiligten Gebieten müssen öffentliche Angebote und Räume besonders qualifiziert werden. Die betroffenen Bezirke müssen gestärkt werden. Wo Entmischung bereits stattgefunden hat, muss durch neuen sozialen Wohnungsbau oder Kauf von Belegungsrechten die soziale Mischung gezielt gefördert werden. Die Berliner Stadtentwicklung ist mehr denn je in Bewegung. Immer öfter formieren sich Bündnisse zum Widerstand gegen konkrete Vorhaben und für Alternativen. Hier bezieht die LINKE Berlin Position, unterstützt lokale Initiativen, trägt Vorschläge ins Parlament. Wir wollen der Entwicklung gemeinsam eine andere Richtung geben, Alternativen für eine soziale und lebenswerte Stadt entwickeln. Die Beispiele stehen dafür exemplarisch.

Alexanderplatz und östliche Innenstadt:

Wir wollen bezahlbares Wohnen auch in der Innenstadt erhalten und ausweiten: Da sich die östliche Innenstadt von westlichen Stadtzentren mit ihren Geschäfts- und Büroflächen durch großangelegten Wohnungsbau unterscheidet, existieren noch heute mehrere 1000 Wohnungen rund um den Alexanderplatz, die allesamt nicht zum Luxussegment zählen. Durch die bauliche Verdichtung, durch neue Bauprojekte und aufgrund historisierender Planungen zur Überbauung der Freifläche zwischen Alexanderplatz und Spree stehen diese Wohngebiete stark unter Druck. Grün- und Freiflächen werden vernichtet, der Nachkriegsstädtebau und damit die Wohnqualität in diesen Gebäuden entwertet.

DIE LINKE fordert, bei den aktuellen Planungen eine behutsame Integration des Bestehenden und bezahlbarer Wohnungen. Das Wohnen im Zentrum soll nicht ein Privileg der Reichen sein. Auch bei Neubauprojekten soll es Wohnungen mit bezahlbaren Mieten geben. Der Wohnungsbestand muss geschützt und qualifiziert werden. Mieterinnen und Mieter dürfen nicht verdrängt werden. Deswegen brauchen wir den Schutz aller Wohngebäude vor Abriss und Zweckentfremdung. Was in der Wilhelmstraße passiert, ist ein Skandal. Gebäude mit guten Wohnungen sollen, obwohl sie nicht einmal 30 Jahre alt sind, abgerissen werden, weil sie Luxusprojekten im Weg stehen. DIE LINKE fordert von Senat und Bezirk die Nutzung aller Möglichkeiten für deren Erhalt und den Neubau bezahlbarer Wohnungen.

Modernisierung von Altbaugebieten: Von Pankow bis Köpenick

Die notwendige bauliche Ertüchtigung von Altbauten darf nicht zu unbezahlbaren Mieten führen. Gerade öffentliche Wohnungsunternehmen sollten Vorbild sein. Die Realität sieht leider anders aus. Ähnlich privaten Wohnungsanbietern schöpft z.B. die städtische Wohnungsbaugesellschaft GESOBAU gesetzlich zulässige Mieterhöhungsspielräume aus. Sie plant in Pankow und Weißensee, Wohnungen zu modernisieren und nach Modernisierung Mieten weit über dem Mietspiegel zu verlangen. Somit trägt die GESOBAU zum Mietpreisanstieg bei, anstatt mietdämpfend zu wirken. Dagegen wendet sich der Pankower Mieterprotest und wird von der LINKEN aktiv unterstützt.

Das Mietenbündnis des Senats setzt solchen Vorhaben nichts entgegen, sie sind sogar Mietenbündnis-konform. Die städtischen Wohnungsunternehmen dürfen auf den Oberwert des Mietspiegels eine fiktive Betriebskosteneinsparung aufschlagen. DIE LINKE fordert auch deshalb eine Korrektur der wohnungspolitischen Vorgaben an die städtischen Wohnungsunternehmen. Wir wollen, dass Mieten nach Modernisierung innerhalb des Mietspiegels liegen und nicht darüber. Mietendämpfend sollen die städtischen Wohnungsunternehmen auch dadurch wirken, dass nur die Maßnahmen umgesetzt werden, die gesetzlich zwingend sind oder von Mieter/innen ausdrücklich gewünscht werden. Voraussetzung dafür ist eine wirksame Beteiligung der Mieter/innen an den Planungen.

Der Aufwertungsdruck ist überall in der Stadt spürbar, auch in den Außenbezirken. Durch Modernisierungsabsichten privater Eigentümer drohen erhebliche und vielfach untragbare Mieterhöhungen. So gibt es z.B. im denkmalgeschützten Märchenviertel in Köpenick, das von der GSW an private Investoren verkauft worden ist, noch bezahlbare Mieten unter dem Mietspiegeldurchschnitt. Die geplante Modernisierung würde erhebliche Mietsteigerungen, z.T. Verdopplungen, nach sich ziehen.

Spontan bildete sich eine Bürgerinitiative. Diese hat mit Unterstützung des Mietervereins durch eine Vielzahl von Aktivitäten die Eigentümer für Verhandlungen über eine Rahmenmodernisierungsvereinbarung gewonnen.

Mehrfach hat die BVV auf Antrag der Linken diese Verhandlungen befördert. Mit Erfolg. Inzwischen ist für einen Großteil der Wohnungen diese Rahmenmodernisierungsvereinbarung unterzeichnet. Satz eins der Vereinbarung lautet: Niemand muss aufgrund der Modernisierung seine Wohnung im Märchenviertel aufgeben.

Auch für das derzeit noch preiswerte Wohngebiet an der Wartenberger Straße in Hohenschönhausen existieren Modernisierungspläne der neuen privaten Eigentümer mit vergleichbaren Folgen. Auch hier haben die Bewohner/innen Verhandlungen mit dem Eigentümer und eine offene Mieterberatung durchgesetzt. Und das sind nur zwei Beispiele von vielen, wo sich Mieter/innen wehren. In Pankow, Köpenick und anderswo protestieren sie und schließen sich zusammen. Sie wollen bleiben und die Mieten nach Modernisierung bezahlen können. Sie wenden sich an die Politik in Bezirken und auf Landesebene mit der Bitte und um Unterstützung.

DIE LINKE unterstützt aktiv die Mieterinnen und Mieter. Sie fordert für derartige Gebiete die Aufstellung von Milieuschutzverordnungen und eigentümerunabhängige Mieterberatungen. Die Bezirke sollen öffentlich-rechtliche Vereinbarungen mit den Eigentümern schließen. Ziel soll dabei sein, dass Mietermitbestimmung z.B. durch Baubeiräte ermöglicht wird, dass Modernisierungsmaßnahmen nur mit Zustimmung der Mieterinnen und Mieter durchgeführt werden und dass kostengünstige Modernisierungsvarianten zur Abstimmung gestellt werden. Öffentliche Förderprogramme von KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und IBB (Investitionsbank Berlin) sollen verpflichtend sein, um die umlagefähigen Kosten zu senken.

Zukunft Großsiedlung Ost: Beispiel Thälmann-Park

Der Thälmann-Park ist eines der wenigen Gebiete im Prenzlauer Berg, wo Wohnen für Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen noch bezahlbar ist. Die große Vermieterin vor Ort, die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG, plant eine Modernisierung ihrer Hochhäuser, wodurch starke Mietsteigerungen drohen. Geplant ist außerdem eine bauliche Verdichtung, in Kooperation mit dem Bezirk und privaten Investoren. Der Kiez mit seinen noch bezahlbaren Mieten, mit seinem öffentlichen Raum und Grün steht unter Druck.

DIE LINKE unterstützt die Bewohnerinitiative und erwartet von der GEWOBAG eine kooperative und sozialverträgliche Modernisierungsplanung. Sie setzt sich dafür ein, dass für solche großen Vorhaben in Bezirken vorsorglich Bebauungspläne aufgestellt werden, mit denen Grünflächen gesichert werden und Baugenehmigungen ohne demokratische Beteiligung unmöglich sind. Die Entwicklung eines Kiezes soll in Bewohnergremien zusammen mit der Bezirks- und Landesebene frühzeitig öffentlich beraten und transparent begleitet und dokumentiert werden. Bürgerbeteiligung ist das A und O. Wenn Veränderungen anstehen, sollen Bürgerwerkstätten einberufen oder andere partizipative Planungsformen angewandt werden, deren Ergebnisse bindend sind.

Herausforderungen für Großsiedlungen am Stadtrand: Beispiel Marzahn Nord und Hellersdorf Nord

Bisher weniger nachgefragte Gebiete in einigen Außenbezirken werden zunehmend zum Zielort für aus der Innenstadt verdrängte Menschen. Zum einen bestehen bei Zuziehenden Vorbehalte gegen diese Stadtteile, obwohl auch hier die Wohnzufriedenheit und Lebensqualität hoch ist. Zum anderen bestehen Befürchtungen und Hinweise darauf, dass eine sich verändernde Sozialstruktur zu neuen Problemen führt oder bestehende verschärfen kann.

In Marzahn-Hellersdorf sind in einigen Quartieren beispielhaft die sozialen Auswirkungen der Verdrängung von Mieter/innen aus aufgewerteten Stadtteilen zu erkennen. Eine soziale Durchmischung ist für einige Quartiere nicht mehr gegeben, das bestätigen auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Der Wohnungsleerstand ist in den beiden Großsiedlungen von Marzahn-Hellersdorf jedoch so weit zurückgegangen, dass auch hier kaum noch bezahlbarer Wohnraum angeboten wird. Umso wichtiger ist es, dass der derzeitige Bestand an bezahlbaren Wohnungen erhalten bleibt. Die Eignung von Milieuschutzverordnungen zur Erreichung dieses Ziels muss geprüft werden. Bei der gesamtstädtischen Planung für neue Wohnungen müssen auch Standorte für Geschosswohnungsbau im Bezirk Marzahn-Hellersdorf berücksichtigt werden.

Zukunft Großsiedlung West: Beispiel Kottbusser Tor

Rund um das Kottbusser Tor befinden sich über 6.000 Sozialwohnungen. Die Mieten liegen wegen des Förderabbaus größtenteils über dem Mietspiegeldurchschnitt. Die Folge ist: Die Mieterinnen und Mieter müssen einen immer höheren Anteil ihres niedrigen Einkommens für die Miete aufbringen oder zahlen die Miete bereits aus den Regelsätzen ihres Transfereinkommens, weil die Kosten der Unterkunft nicht mehr voll übernommen werden.

Seit Anfang 2012 protestiert die Mietergemeinschaft Kotti & Co engagiert und kreativ gegen Mietenanstieg und Verdrängung. Die Mieterinnen und Mieter brauchen schnelle Lösungen für ihr Problem. Die individuelle Unterstützung von Mieter/innen mit geringem Einkommen aus Landesmitteln muss bedarfsgerecht aufgestockt und unbürokratisch gewährt werden, um Zwangsräumungen und Wohnungslosigkeit zu verhindern. Aufforderungen zur Kostensenkung vom Jobcenter müssen ausgesetzt, die Mietkosten übernommen werden. Mieterhöhungsverlangen und die Betriebskostenhöhe müssen auf Rechtmäßigkeit überprüft und ggf. zurückgewiesen werden. Mangelnde Instandhaltung muss geahndet werden.

DIE LINKE tritt für den gezielten Ankauf von insbesondere innerstädtischen Objekten des alten sozialen Wohnungsbaus durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ein. Dadurch würden auch die Kosten für die Nachförderung Privater entfallen. In einem von Kotti & Co vorgeschlagenen Modellprojekt soll in Kreuzberg der Ankauf privater Sozialwohnungen durch städtische Gesellschaften erfolgen, vorzugsweise durch diejenigen, die bereits Bestände im Umfeld haben und diese gemeinsam mit den neu hinzu kommenden optimaler bewirtschaften kann. Im Gegenzug sollen den städtischen Wohnungsbaugesellschaften Rückzahlungsforderungen des Landes aus alten Förderprogrammen erlassen werden.

Potentielle Aufwertungsgebiete – Beispiel Nord-Neukölln

Für Aufwertungsgebiete oder solche, für die eine Aufwertung in nächster Zeit zu erwarten ist, müssen von den Bezirken Milieuschutzverordnungen erlassen werden. Das beste Beispiel ist Nord-Neukölln, wo die Mieten überdurchschnittlich ansteigen. Mit der Schließung des Flughafens Tempelhof war klar, dass der Druck auf den Schillerkiez steigen wird. Die Verdrängung, die derzeit stattfindet, ist durch bezirkliches Nichthandeln erst ermöglicht worden. Neukölln ist einer der Bezirke, die den Erlass derartiger Satzungen ablehnen. Die Verweigerungshaltung des Bezirkes folgt der zynischen Logik des SPD-Bezirksbürgermeisters, dass ein Bevölkerungsaustausch hier wünschenswert sei.

Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen. Die Instrumente sind vorhanden, müssen verbindlich in allen Bezirken genutzt und um einen stadtweiten Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ergänzt werden. Nur so kann die Struktur aus bezahlbaren, durchschnittlich ausgestatteten Wohnungen samt ihrer Bewohnerinnen und Bewohner erhalten bleiben. Neben Nord-Neukölln sind derzeit v.a. Moabit und Wedding Gebiete, die eines besonderen Schutzes bedürfen.

Tempelhofer Feld:

Das Tempelhofer Feld als großartigen Freiraum für alle möchten wir erhalten. Es ist eine einzigartige Freifläche, die allen Berlinerinnen und Berlinern für vielfältige Freizeitaktivitäten und Muße zur Verfügung steht, und zwar unabhängig von Einkommen, Status und Herkunft.

Wir fordern deshalb weiter ein Moratorium für die weitere Planung des Tempelhofer Feldes. Damit soll einer breiten stadtpolitischen Debatte und breiter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in den anliegenden Wohngebieten und Bezirken, aber auch der ganzen Stadt der Weg zur Mitgestaltung geöffnet werden.

Der Senat treibt ungeachtet dessen seine Planungen, das Tempelhofer Feld zu bebauen voran, ohne deren Folgen zu diskutieren. Mietsteigerungen und Verdrängung in den umliegenden Gebieten finden bereits heute statt.

Deshalb lehnen wir den Masterplan des Senats ab, weil die vorgesehenen Bauflächen viel zu umfangreich sind und den einmaligen Charakter des Ortes zerstören.

Um die Planung des Senats zu stoppen, unterstützen wir das Ansinnen des Volksbegehrens 100% Tempelhofer Feld.

Berlin braucht für den Neubau von bezahlbaren Wohnungen geeignete Bauflächen. In der Abwägung von Erschließungskosten, ökologischen Eingriffen und der Nutzung vorhandener Infrastruktur von der Kanalisation bis zur Kita ist nur eine Bebauung entlang des Tempelhofer Damms vertretbar, um den Wohnungsneubau von bis zu 1000 Wohnungen durch städtische, genossenschaftliche oder gemeinwohlorientierte Wohnungsbaugesellschaften zu ermöglichen, die dauerhaft mietpreis- und belegungsgebunden sein müssen, das heißt vor allem für Menschen mit geringen Einkommen bezahlbar sind; um gedeckte Sportflächen als Ergänzung zum bisherigen Sportangebot zur Verfügung zu stellen; um Kitas, Schulen und Sozialeinrichtungen Erweiterungsflächen bzw. neue Flächen zur Verfügung zu stellen und um die Ansiedlung der ZLB zu ermöglichen.

Alle anderen Bauflächen, ob am Schillerkiez, am Südrand des Feldes oder am Columbiadamm, lehnen wir ab, weil eine weitere bauliche Verdichtung auf Kosten von Grünflächen, Frischluftschneisen und Erholungsraum für Anwohnerinnen und Anwohner geht.

Die Funktion als Naherholungsfläche für die Bewohner/innen der näheren und ferneren Umgebung und auch als Zielort für Tourist/innen erfordert die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die verkehrliche Erschließung muss von Anfang an mitgeplant werden. Die ÖPNV-Erschließung und die Erreichbarkeit zu Fuß und mit dem Rad müssen verbessert werden.

Wir wollen das Tempelhofer Feld als öffentliche Freifläche erhalten und Orte zum Gedenken an die Zwangsarbeit während der NS-Zeit schaffen.

Tausende Wohnungen in Lichterfelde Süd – oder Landschaftsschutz?

Der Berliner Baulöwe Klaus Groth (Groth Gruppe) will in Lichterfelde Süd 2.200 – 2.700 Wohnungen auf dem Gelände des ehemaligen militärischen Übungsplatzes bauen. Dies wurde ihm durch einen »Letter of Intent« vom Bezirksamt zugesichert. Diese Zusicherung ist gleichbedeutend mit einem Freibrief für Groth und eine korrekte Bürgerbeteiligung ist dadurch nicht mehr möglich.

DIE LINKE fordert den Senat auf, das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) für das ehemalige Militärgelände in Lichterfelde Süd einzuleiten, mit dem der FNP an die mittlerweile fortgeschrittene Entwicklung zu einem Landschaftsraum angepasst wird. Die seit langem vorgesehene Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet muss endlich erfolgen. Der Senat wird aufgefordert, bei Festlegungen im Rahmen des Änderungsverfahrens insbesondere die Expertisen und Studien von Fachleuten zu berücksichtigen,die die hohen ökologischen Wert belegen und eine geringere Bebauung empfehlen. Eine Bebauung in dem von Groth geplanten Ausmaß (ca. 40%) würde auch die übrige Fläche, die als »grüne Mitte« bezeichnet wird, erheblich beeinträchtigen. Das Kleinklima sowie der Wasserhaushalt des Biotops würden grundlegend gestört. DIE LINKE schlägt deshalb vor, lediglich 500 Wohneinheiten als Randbebauung zu genehmigen. Des Weiteren setzen wir uns dafür ein, eine Gewerbeinsel einzurichten, damit die 200 wohnortnahen Arbeitsplätze erhalten werden können. Landschaftsschutz, Wohnungsbau und Gewerbe in Lichterfelde Süd müssen konfliktfrei miteinander verbunden werden.