Im Namen der LAG Netzpolitik

6. Parteitag, 1. Tagung

Wortmeldung von Shaked Spier

[Manuskript – es gilt das gesprochene Wort.]

 

Liebe Genossinnen und Genossen,

im März stand ich hier und habe –im Namen der LAG Netzpolitik– unser Wahlprogramm für die vielen guten netz- und digitalpolitischen Inhalte gelobt. Gleichzeitig habe ich kritisiert, dass trotz dieser Inhalte, die Digitalisierung in der Präambel unseres Wahlprogramms mit keinem Wort erwähnt wird. Und letztendlich, haben wir als LAG mit teilweisem Erfolg dafür plädiert, die Inhalte über das gesamte Programm, in den jeweils passenden Kapitel zu verteilen.

Unser Ansatz war – und ist –, dass Netzpolitik/Digitalisierung ein Querschnittsthema ist, das in allen Lebens- und Politikbereichen zum Ausdruck kommt. Dass wir die Menschen und die Probleme, nicht die Technik, in den Mittelpunkt stellen.

Deswegen ist es besonders erfreulich, dass all diese – Inhalte, Erwähnung im Präambel, Querschnittsthema – sich im Koalitionsvertrag wiederfinden.

Ich kann in der Kürze der Zeit gar nicht auf alles in Detail eingehen:

  • Digitalisierung in der Bildung und Wissenschaft
    o Offene und freie digitale Lehrmaterialien
  • Medienkompetenz
  • Schutz vor Gewalt, Hate-Speech und Kriminalität im Internet
    o Und das, im Gegensatz zur Union, nicht als Vorwand für Zensur
  • Digitale Infrastruktur, Breitbandausbau und Glasfaser
  • eGovernment – also, Verwaltungsvorgänge online verfügbar machen
  • Online Bürgerbeteiligung
  • Industrie 4.0 – also, Digitalisierung der Wirtschaft, Smart City, grüne IT
  • Mehr Open Source fördern – im Vertrag leider zu abstrakt und im Vergleich mit unserem Wahlprogramm und Forderungen von Open Source Initiativen gibt es noch Luft nach oben. Aber, das sind erste Schritte in die richtige Richtung und in Bezug auf die Realitäten der Berliner Verwaltung und des Vergaberechts, durchaus realistisch.
  • Offenes WLAN in der Stadt ausbauen (und zwar mit der Freifunk-Initiative statt kommerziellen Anbietern)
  • Wir werden uns auch für die Abschaffung der Störerhaftung einsetzen
  • Mehr noch: Es wird erkannt, dass der Internetzugang gerade in Unterkünften für Geflüchtete zur Grundausstattung gehört.
    o Der konsequente nächste Schritt wäre übrigens, ein gesetzliches Recht auf kostenlosen Internetzugang als Teil der Grundversorgung zu verankern.

Auch Grundrechte kommen im Vertrag nicht zu kurz:

  • Kein weiteren Ausbau von Videoüberwachung
  • Besseren Whistelblower-Schutz
  • Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung
  • Der Staatstrojaner wird nur unter der strengen Vorgaben des Verfassungsgerichtes eingesetzt
    o Leider keine klare Ablehnung (Thüringen)

Aber es gibt noch einiges zu verbessern, was Grundrechte angeht. Zum Beispiel haben Body Cameras für Polizisten ihren Weg in den Vertrag gefunden und die Funkzellenabfrage wird nicht abgeschafft

Unterm Strich tragen viele der guten Punkte im Vertrag eine Erkennbare LINKE –nicht grüne und nicht sozialdemokratische– Unterschrift. Aber, wie ich bereits erwähnt habe, ein Blick in unser Wahlprogramm lässt einiges Wünschen. Außerdem sind viele der guten Forderungen noch recht unkonkret. Was wären die konkreten Projekte, die daraus entstehen? Das bleibt noch offen.

Netzpolitik.org haben in ihrer Auswertung des Koalitionsvertrages geschrieben:

  • »Es geht auch anders: Berliner Koalition setzt auf Netzpolitik und Grundrechte«
  • »Rot-rot-grün legt die Latte erfreulich hoch«
  • Und »aus netzpolitischer Sicht ist der Koalitionsvertrag der umfangreichste bislang in Deutschland bekannte: So viel Netzpolitik stellte eine Landesregierung noch nie in Aussicht. Genau richtig für das digitale Berlin.«

Übrigens, lieber Landesvorstand, diese Auswertung hat Netzpoilitik.org geschafft, ohne dass die Inhalte in einem Kapitel untergebracht wurden.

Unser Fazit als LAG Netzpolitik:

  • Wir finden, dass aus netz- und digitalpolitischer Sicht der Vertrag seine Zustimmung verdient hat
  • Wir begrüßen, dass Berlin mit gutem Beispiel vorangeht
  • Und wir werden den Senat und der insbes. unsere Fraktion in der Umsetzung dieser Projekte kritisch begleiten

Vielen Dank!