Mit den Berlinerinnen und Berlinern zusammen

Rede von Katina Schubert
Landesvorsitzende


[ Manuskript – es gilt das gesprochene Wort

Liebe Genossinnen und Genossen,

vorneweg wünsche ich euch allen eine gesundes und trotz alledem ein gutes neues Jahr. Ich sehe euch nicht, ihr mich hoffentlich schon. Und damit ist schon viel gesagt. Das wird der merkwürdigste Parteitag, den wir bisher miteinander erlebt haben. Digital und dezentral. Aber es wird gehen, wenn wir alle zusammenhalten. Für eure Bereitschaft, das mitzumachen schon mal vielen vielen Dank.

Wir leben jetzt seit zehn Monaten in der Pandemie und das hat gravierende Auswirkungen, auf uns ganz persönlich, unsere Familien, Freundinnen und Freunde, auf die Gesellschaft, das gesellschaftliche Miteinander, die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt, die Kultur, auf Weltoffenheit, auf Freiheitsrechte.  Wir alle sehnen uns nach einem Leben ohne Corona. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig der gesellschaftliche Zusammenhalt, das solidarische Miteinander – gerade in einer Großstadt wie Berlin – ist.

Und die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig das Öffentliche, die öffentliche Infrastruktur ist, wie wichtig ein starker öffentlicher Gesundheitsdienst und leistungsfähige öffentliche Krankhäuser sind. Sie hat gezeigt, welche Verheerungen die jahrzehntelange neoliberale Doktrin von Staatsabbau und Privatisierung des Gesundheitssektors angerichtet haben. Ein Krankenhaus muss sich nicht rechnen, es muss Kranke gesund machen. Schon deshalb brauchen wir dringend einen Kurs- und Politikwechsel auf der Bundesebene, ganz egal, wer da heute zum CDU-Vorsitzenden gewählt wird.

Die Stärkung des Öffentlichen, der Aufbau krisenwiderständiger Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft, die Bekämpfung und Zurückdrängung von Niedriglohn und prekären Arbeitsverhältnissen, der Ausbau des Arbeitsschutzes, eine expansive Finanzpolitik – all das sind jetzt schon Lehren aus der Pandemie und original linke Politik und linke Programmatik.

Uns öffnet sich hier also ein Möglichkeitsfenster, unsere Positionen und Forderungen zu popularisieren, mehrheitsfähiger zu machen, gesellschaftliche Bündnispartner für einen Politikwechsel zu organisieren.

Lernen aus der Pandemie heißt: Schluss mit Deregulierung und Privatisierung, heißt gute Arbeit, sichere Arbeit, heißt, dass es soziale Garantien geben muss für alle diejenigen, die jetzt beruflich und sozial von den Lockdowns betroffen sind.

Bis die groß als Bazooka angekündigten Hilfen für die kleinen Unternehmen, die Kulturwirtschaft, die Soloselbständigen ankommen, droht schon etlichen die Insolvenz und den Soloselbständigen der Gang zum Jobcenter, wenn sie nicht schon dort sind. Wir brauchen endlich einen Corona-Zuschlag auf Sozialleistungen. Es kann nicht sein, dass man am Essen sparen muss, um sich Masken kaufen zu können.

Große Unternehmen wie Lufthansa und TUI bekommen Milliardenhilfen, ohne dass daran Bedingungen wie eine Beschäftigungssicherung und ökologisch vertretbare Reisekonzeptionen gekoppelt sind. Die kleinen ächzen dagegen unter explodierenden Gewerbemieten, ohne dass diese Bundesregierung auch nur daran denkt, endlich den Deckel drauf zu legen oder wenigstens einen krisenbedingen Mietenschnitt vorzunehmen.

Und wir sind ja noch lange nicht durch. Die Rufe nach noch härteren Maßnahmen im Lockdown werden vor allem aus dem Kanzleramt immer lauter, aber bleiben konsequent einseitig. Die individuellen Rechte, die private Lebensführung soll immer weiter reglementiert und eingeschränkt werden, gegenüber den Unternehmen beschränkt sich die Bundesregierung auf Appelle und der Bundeswirtschaftsminister freut sich über hohe Wachstumsraten.

Eine Strategie jenseits der Gängelung des Privatlebens ist nicht erkennbar. Nun wissen wir alle, dass das Corona-Virus hochansteckend ist und möglicherweise durch Mutationen noch ansteckender wird. Und dass jede und jeder von uns schon aus eigenem Interessen Kontakte minimieren muss, um sich nicht zu infizieren.

Doch dafür braucht es Voraussetzungen und die schafft diese Bundesregierung viel zu wenig oder gar nicht.

Vorschläge, das Fallpauschalen-System in den Krankenhäusern abzuschaffen und endlich gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung für die Pflege zu ermöglichen, werden brüsk abgelehnt. Es fehlt uns in den Krankenhäusern nicht an Betten oder Beatmungsgeräten, es fehlt uns an Personal, und es wird auch aktuell nicht mehr, sondern weniger, weil es null Bewegung in Sachen Arbeitsbedingungen und Bezahlung gibt. Klar stehen wir an der Seite der Beschäftigten, versuchen zumindest in Berlin durch mehr Geld für die Krankenhäuser gegenzusteuern, aber das System ist falsch – auch deshalb brauchen wir einen grundlegenden Politikwechsel im Bund.

Und auch ganz aktuell brauchen wir eine Dreifachstrategie in der Pandemie und gegen künftige Pandemien:

  • Wir müssen unsere Gesellschaft krisenfester aufstellen, und zwar jetzt und nicht irgendwann später. Das heißt
  • Luftfiltergeräte in die Schulen und Kitas, in die Arbeitsorte, die für homeoffice nicht geeignet sind, so schnell und so viel wie möglich.
  • Entzerrung des öffentlichen Nahverkehrs
  • Die Popup-Radwege waren richtig und das muss weitergehen
  • Entzerrung der Gemeinschaftsunterbringungen (Geflüchtete, Obdachlose), die 24/7 Einrichtungen für Obdachlose sind richtig, das muss bleiben
  • Stärkung des Öffentlichen. Über die Krankenhäuser sprach ich schon.
  • Impfen, Testen, Impfen, Testen – alle müssen die Chance haben, sich regelmäßig testen zu lassen. Für die Schulen kann das zum Gamechanger werden, wenn es endlich die Möglichkeit zu Selbsttests gibt. Dafür muss der Bund den Weg frei machen. Wir wollen, dass Kinder und Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher angstfrei in die Schulen und Kitas gehen können und zwar so schnell wie möglich, spätestens nach den Winterferien
  • Und wir brauchen soziale Garantien, ein Kurzarbeitergeld von mindestens 90% , eine Arbeitsplatzgarantie von allen Unternehmen, die Hilfen beziehen, einen Aufschlag auf Sozialleistungen, ein Kündigungsmoratorium für alle Mieterinnen und Mieter, wie es die  landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hier in Berlin machen.

Ein solidarischer Lockdown soll das Virus zurückdrängen und beherrschbar machen, aber nicht die Demokratie zerstören. Deshalb ist es richtig und notwendig, dass das Versammlungs- und Demonstrationsrecht unangetastet bleiben, dass jede und jeder immer noch selbst entscheidet, wann sie wohin geht. Wir können und wir wollen die Menschen nicht einsperren. Aber wir müssen sie gewinnen, weiter mitzumachen bei der Bekämpfung der Pandemie.

Der Corona-Blues hat viele von uns gepackt, aber jetzt heißt es Nerven behalten, arbeiten und kämpfen für einen sozialen und demokratischen Umgang mit der Pandemie und weiter Politik machen. Und das machen wir, das machen wir in den Bezirken, im Land, im Bund, in den Initiativen, Vereinen, im Wohnumfeld, im homeoffice und am Arbeitsplatz – das alles unter erschwerten Bedingungen, aber wir tun es. Und dafür allen vielen Dank.

Ihr könnt euch vorstellen unter welchem Druck im Moment unsere Senator*innen, Staatssekretärinnen und -sekretäre arbeiten müssen, noch mehr als sonst, und wie schwer es ist, gegen den Druck aus dem Kanzleramt auf sinnvolle und akzeptable Maßnahmen zu drängen. Klaus, Elke und Sebastian haben hier Dinge geschaffen, die es anderswo so nicht gibt. Berlin hat ganz schnell Hilfen für den Kulturbereich, für die Soloselbständigen bereit gestellt, da hat der Bund noch überlegt, Klaus hat mit den Kultureinrichtungen Schutz- und Hygienekonzepte entwickelt, die beispielhaft sind und die bleiben können, auch nach Corona. Elke hat schnell Quarantäne-Stationen für Obdachlose und Geflüchtete bereitgestellt, damit nicht ganze Einrichtungen abgeriegelt werden, die Kältehilfe ausgebaut und ist mit etlichen 24/7 Unterkünften am Start, auch das müsste bleiben, bis wir alle Menschen hier mit regulären Wohnungen versorgen können. Der Senat hat auf Vorlage von Sebastian die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften angewiesen, in der Corona-Zeit keine Kündigungen von Mietverhältnissen auszusprechen. Auf unseren massiven Druck hin hat Berlin die Pflegeheime nicht ganz geschlossen, noch immer bleiben Besuche möglich, auch wenn es die Gesundheitssenatorin immer wieder versucht und grade jetzt wieder eine unabgesprochene Verschärfung angeordnet hat.

Ich weiß, vielen Genossinnen und Genossen gehen die Einschränkungen des persönlichen Lebens zu weit, andere können sich noch viel härtere Maßnahmen vorstellen. Die richtige Balance zu finden unter den gegebenen Kräfteverhältnissen ist harte Arbeit und bestimmt nicht immer gelungen. Aber dass unser Regierungsteam da alles gibt, steht für mich außer Frage und dafür vielen Dank an Klaus, Elke und Sebastian und ihre Leute und an unsere BezirksbürgermeisterInnen und StadträtInnen, an Dagmar, Sören Michael, Knut, Julia, Ramona, Katrin und Gernot, die in den Bezirken mit ihren Teams Großes leisten.

Genossinnen und Genossen, natürlich ist es nicht nur Corona, das uns beschäftigt. Der Sturm von Faschisten auf das amerikanische Capitol angefeuert vom noch amtierenden US-Präsidenten Trump, auch der Angriff auf den Bundestag im letzten Jahr zeigen uns, wie verletzlich die Demokratie ist, wie wichtig es ist, jede Form von Neofaschismus, Rassismus und Antisemitismus entschieden zu bekämpfen, wie zentral es ist, dass diese Kämpfe auch vor dem Hintergrund einer Pandemie nicht ausgesetzt, sondern fortgesetzt werden.

 Wie wichtig es ist, internationale Solidarität nicht nur zu proklamieren, sondern auch zu leben. Es ist richtig, dass es bei der Beschaffung der Impfstoffe ein europäisches Vorgehen gibt, dass Impfnationalismus zumindest im EU-Rahmen unterbunden wird, denn rechtspopulistische Regierungen wie die in Ungarn oder Polen hätten davor nicht zurückgescheut.

Aber für viele Länder dieser Welt wird der wenige Impfstoff, den es gibt, dennoch lange nicht erreichbar und finanzierbar sein. Deshalb müssen die Patente auf die mit viel öffentlichem Geld entwickelten Impfstoffe sozialisiert und Lizenzproduktionen gerade in den ärmeren Ländern dieser Welt ganz schnell ermöglicht werden. Ich bin froh, dass sich das Berliner Abgeordnetenhaus diese Forderung auf Antrag von r2g zu Eigen gemacht hat.
 

Liebe Genossinnen und Genossen,
wir gehen auf das Ende der Legislaturperiode zu, diesmal zeitgleich im Bund und im Land. Und ich denke, wir können nach über vier Jahren beginnen, mal vorsichtig zu bilanzieren.

Wichtig für die Bewertung unserer Arbeit in der r2g-Koalition ist für mich: ist es uns gelungen, Schritte zu gehen, Entwicklungen einzuleiten, um die Stadt Stück für Stück wieder in Hände, in die Verfügungsgewalt der Berlinerinnen und Berliner zu geben und eine sozial-ökologische Transformation einzuleiten. Da haben wir viel erreicht, manches angestoßen, viele Konflikte gefahren und mussten manche Rückschläge hinnehmen. Wir haben dieser Koalition eine linke Handschrift verpasst.

Natürlich haben wir die Lebenssituation vieler Berlinerinnen und Berliner erleichtert, indem wir das Sozialticket günstiger gemacht, das Schülerticket und das Schulmittagessen umsonst gestellt haben.

Wir haben im Wohnen und Mietenbereich einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Der Mietendeckel sorgt nicht ohne Grund bundesweit und international für Aufsehen und hat in London und Barcelona bereits Nachahmung gefunden. Mit dem Mietendeckel werden die Mieten nicht nur eingefroren, sie sinken zum ersten Mal seit vielen Jahren und viele Menschen müssen keine Angst mehr haben, ihr zu Hause zu verlieren. Die Berlinerinnen und Berliner merken, dass Politik verändern kann. Das es eben nicht egal ist, wer regiert. Das treibt uns an, diesen Weg werden wir weitergehen.

Natürlich ist der Mietendeckel nur ein Instrument von vielen Und gleichzeitig wird in Berlin – allen Unkenrufen zum Trotz unter Katrin Lompscher und Sebastian Scheel durch die kommunalen WBG so viel gebaut und so viel gekauft wie viele Jahre vorher nicht. Grade gestern wieder in Friedrichshain und Neukölln. Und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mussten – wenn auch unter Schmerzen – lernen, dass sie einen öffentlichen Auftrag haben, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen.

Da ist die Berufung des SPD-Mannes Härtig in die Wohnraumversorgung Berlin durch den Finanzsenator nicht nur ein unglaublicher Affront gegenüber der Mieterinnen- und Mieterbewegung und auch gegen uns, sondern auch inhaltlich richtig falsch.

Der Mann steht für das genaue Gegenteil einer Wohn- und Mietenpolitik, die das Gemeinwohl vor das Profitinteresse setzt. Und der Finanzsenator war sich ja auch nicht zu fein, auf facebook mitzuteilen, dass die Berufung Härtigs ein strategischer Winkelzug war, um das Stadtentwicklungsressort für die SPD zurück zu gewinnen. Das ist ein glatter Missbrauch der Wohnraumversorgung Berlin und jedem Versuch, unsere Wohn- und Mietenpolitik zu torpedieren, sagen wir jetzt schon mal erbitterten Widerstand an. 

Über die Verteilung von Ressorts wird nach Wahlen und nach Koalitionsverhandlungen entschieden.

Und eines will diese Stadt bestimmt nicht: die Rückkehr des SPD-Filzes in entscheidende Positionen in der Wohnungspolitik.

Und so viel wir auch auf dem Feld erreicht haben, so viel ist noch zu tun, um ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen für alle Berlinerinnen und Berliner, die ihn brauchen und für all diejenigen, die neu hierherziehen.

Deshalb bleiben wir bei unserem Sechsklang:

  • Mietendeckel,
  • Neubau bezahlbaren Wohnraums,
  • intelligente Nachverdichtung, da wo es möglich und sozialverträglich ist,
  • Ankauf von Wohnungen,
  • Sicherung von Grund und Boden in Landeshand und
  • die Vergesellschaftung der großen Wohnungsunternehmen wie die Deutsche Wohnen.

Das wird ab Ende Februar die erste große Herausforderung in diesem Jahr. Wir haben es geschafft, dass  das Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co, enteignen«  jetzt in die zweite Stufe gehen kann. Wir konnten alle Trickversuche abwehren. Aber jetzt wird es ernst: 200.000 Unterschriften unter Pandemiebedingungen zu sammeln wird hardcore und wir müssen alle zusammen anpacken, damit wir der Ini zum Erfolg verhelfen.

Liebe Genossinnen und Genossen: Ich bin mir sicher, dass wir das schaffen und die Berlinerinnen dann im September die Gelegenheit bekommen, über die Frage abzustimmen, wie Wohnen in unserer Stadt zukünftig eigentlich organisiert sein soll, ob wir das Instrument der Vergesellschaftung dem Profitstreben der Großinvestoren entgegen stellen können.   

Eine weitere Herausforderung, aber unser Ziel, Elke hat es angekündigt: bis 2030 wollen wir keine Obdachlosigkeit in Berlin mehr. Das wird eine Herkulesaufgabe, klar. Aber auch auf dem Feld haben wir viel bewegt: es gibt erstmals eine mit vielen Akteuren gemeinsam entwickelte Strategie gegen Wohnungslosigkeit, konkrete Projekte wie housing first und eine deutlich bessere Infrastruktur zur Versorgung von Wohnungslosen, was unter Pandemiebedingungen noch wichtiger ist.

Zu einer lebenswerten Stadt gehört aber mehr als ein Dach über dem Kopf. Wir haben etliches hinbekommen auf dem Feld guter Arbeit. Der Landes- und Vergabemindestlohn steht jetzt bei 12,50 Euro, sachgrundlose Befristungen im öffentlichen Dienst in Berlin und den landeseigenen Unternehmen sind verboten. Mit dem SGE haben wir zusätzliche gemeinwohlorientierte Arbeit geschaffen, die vielen Menschen das Leben erleichtert. Aber natürlich ist hier noch extrem viel zu tun, weil der Bund die genau gegenteilige Strategie fährt. Und durch die Krise gibt es  noch mehr zu tun. Umso besser ist es, dass auch hier Berlin beispielgebend ist. Das Ausbildungshotel ist voll besetzt, in den nächsten Tagen geht das nächste an den Start. Gut so, Bildung, Ausbildung, Studium sind die Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben und wir setzen alles dran, dass in der Krise niemand zurückbleibt.

Wir sind es, die immer wieder darauf gedrängt haben, dass Berlin seiner internationalen Verantwortung gerecht wird, solidarity city wird und bereit ist, Geflüchtete aus Seenot und aus menschenverachtenden Verhältnissen wie die auf den griechischen Inseln aufzunehmen. Es ist kein Wunder, dass es einzig die Länder Berlin, Thüringen und Bremen sind, die Landesaufnahmeanordnungen beschlossen haben, die jetzt von Seehofer blockiert werden. Auch hier macht die Linke den Unterschied. Da ist es gut, dass Berlin jetzt per Klage gegen den Bundesinnenminister vorgeht. Und natürlich brauchen wir auch ein Aufnahmeprogramm für die Menschen in Bosnien-Herzegowina, die dort unter den erbärmlichsten Verhältnissen ausharren müssen. Dazu habe ich letzte Woche Kontakt mit den Koalitionspartnern aufgenommen. Einfach wird das nicht. Aber wir werden den Druck (im Land und im Bund) aufrechterhalten, wir lassen nicht nach. Menschen sterben lassen ist keine Option. Niemals.
 

Liebe Genossinnen und Genossen,
wir leben nicht nur einfach in Berlin. Wir leben auch oder vor allem in unseren Kiezen. Hier erleben wir, ob die Stadt lebenswert ist, ob es genug Grün gibt, Kultur, Kneipen, kleine Geschäfte oder ob es nur seelenlose Einkaufsmalls gibt. Hier erleben wir, ob wir auch ohne Auto oder Motorrad schnell von A nach B kommen, mit öffentlichen, zu Fuß oder per Fahrrad. Hier erleben wir, ob die Menschen miteinander gut auskommen, sich die Stadt als Freiraum erobern oder ob sich alle in ihren Wohnungen verbarrikadieren und es wenig Nachbarschaft gibt.

Lebenswerte Kieze – auch das ist ein ganz zentraler Bestandteil unseres Kurses, den Berlinerinnen und Berlinern ihre Stadt zurück zu geben. Kiezorientierte Kultureinrichtungen werden seit dieser Wahlperiode massiv gefördert. Bezirksbibliotheken sind längst mehr als Bücherausleihen, sie sind kulturelle Orte, Wissensvermittler, Treffpunkte. Wie wichtig Kultur ist, haben viele Menschen erst in der Pandemie gemerkt, als die Kultur plötzlich nur noch aus der Dose kam. Umso wichtiger ist, dass wir die Strukturen, die Einrichtungen erhalten und Künstlerinnen und Künstler ordentlich abgesichert werden. Für all das steht Klaus.

Und wir tragen den Klimaschutz nicht als Plakat vor uns her, wir machen ernst. Dass das Stadtwerk das Stromnetz übernehmen konnte, ist ein wichtiger Erfolg im Rahmen der Strategie zur Stärkung des Öffentlichen, zur Rekommunalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ist aber auch ein wichtiger Bestandteil, um zu einer klimaneutralen Energieversorgung zu kommen. Übrigens ein später Erfolg des Energievolksbegehrens.

Und auch mit der Energiewende machen wir ernst. Kein Wunder, dass der Tagebau Welzow 2 jetzt doch nicht ausgebaut wird. Berlin verstromt seit r2g keine Braunkohle mehr und bis 2030 sind wir auch aus der Steinkohle raus.

Und wir machen auch ernst mit der Verkehrswende: wir haben als r2g  das erste Mobilitätsgesetz überhaupt auf den Weg gebracht. Wir brauchen den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, damit jede und jeder schnell und mit freier Wahl des Verkehrsmittels bezahlbar und sicher hin kommt wo er oder sie hin will, egal ob man in Kreuzberg, Hermsdorf oder Müggelheim wohnt. Das ist die Herausforderung. Da brauchen wir keine ideologischen Schlachten um U-Bahnen, sondern schnelle Planungen zur Verdichtung von Takten, weiteren Straßenbahnstrecken, weitere Fahrradwege und sichere Fußwege. Das ist die Herausforderung. Und nur dann werden Menschen freiwillig aufs Auto verzichten

Rückgrat unseres öffentlichen Nahverkehrs im gesamten Metropolenraum Berlin-Brandenburg ist natürlich die S-Bahn. Und ja, die Deutsche Bahn hat die S-Bahn viel zu lange gemolken, als sie von den Bundesverkehrsministern zur Aktiengesellschaft getrimmt werden sollte – zulasten der Fahrgäste und der Beschäftigten. Vielleicht bringt die Corona-Krise endlich auch in den anderen Parteien die Erkenntnis, dass der öffentliche Personenverkehr sich so wie Krankenhäuser nicht »rechnen« müssen, sondern dass sie einen öffentlichen Auftrag haben, der Geld kostet und die öffentliche Hand Geld kostet, wenn sich alle Menschen Mobilität leisten können sollen.

Deswegen sagen wir auch: mehr Wettbewerb, wie es die Grünen und ihre Verkehrssenatorin wollen und vorschlagen, ist die falsche Antwort für die Zukunft der S-Bahn.  Wir wollen keine Zerschlagung der S-Bahn, wir wollen keine Schlechterstellung der S-Bahnerinnen und S-Bahner, wir wollen eine leistungsfähige S-Bahn. Deshalb heißen unsere Antwort und unser Vorschlag: Kommunalisierung der S-Bahn. Dazu muss es schnellstmöglich Verhandlungen  mit der Deutschen Bahn geben. Wenn es eine Beteiligung der Länder Berlin und Brandenburg an der S-Bahn GmbH gibt, braucht es keine vermaledeiten Ausschreibungen mehr. Dafür kämpfen wir.

Und so gut es ist, dass wir im Innenpolitischen Bereich massive Verschärfungen des ASOG verhindern konnten, dass wir es geschafft haben, dass es endlich einen oder eine Polizeibeauftragte geben wird, dass ein besseres Versammlungsrecht gibt, so schlecht ist es, dass die Polizeipraxis grade bei eher linken Projekten und Demonstrationen von äußerster Härte gekennzeichnet ist, während Nazis die Bannmeile stürmen. Und es ist schlecht, dass wir den Paradigmenwechsel in Sachen Abschiebung nicht hinbekommen haben. Klar, es gelten Bundesgesetze, die binden auch uns. Aber natürlich gibt es Spielräume. Und die müssen besser genutzt werden. Viele Einzelfälle konnten wir im direkten Gespräch lösen, aber viele eben auch nicht. Und deshalb ist es so wichtig, dass wir auch auf Bundesebene zu einem Paradigmenwechsel kommen weg von der Ausgrenzungs- und Abschottungslogik hin zum Prinzip, dass Menschen in Not hier Schutz und Zuflucht bekommen.

Auch in der Finanzpolitik haben wir eine Menge erreicht, aber noch nicht alles. Die Auseinandersetzung um die Aufstellung des neuen Haushalts und die Frage, wieviel Kredite wir aufnehmen, um uns finanziellen Gestaltungsspielraum auf Landes- und Bezirksebene zu verschaffen, wird eine ganz harte. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass es keiner Schuldenbremse bedarf, dass sie nur hinderlich ist. Nutzen wir die Chance, über eine starke Linke im Bund und im Land Mehrheiten zu organisieren, um die Schuldenbremse auszuhebeln und abzuschaffen.

Wir brauchen eine starke Linke, damit sich das Land nicht in die Krise spart. Jede andere Konstellation mit CDU oder FDP wird unweigerlich zu Sozialabbau und Privatisierung führen. Das kann diese Stadt nicht vertragen.
 

Liebe Genossinnen und Genossen,
wir gehen in ein Superwahljahr: Bundestags-, Abgeordnetenhaus, BVV-Wahl. Und selbstverständlich wollen wir besser werden als vor fünf und vor vier Jahren. Wir wollen unsere Direktwahlkreise natürlich verteidigen mit Gregor, Petra, Gesine und Udo, wir wollen Friedrichshain-Kreuzberg mit Pascal dazu gewinnen. Das geht, bei den Zweitstimmen lagen wir 2017 schon vorne. Wir wollen auch wieder Genossinnen und Genossen über die Liste in den Bundestag schicken.

Vieles was wir erreichen wollen auf Landesebene braucht die Unterstützung und den Druck  von der Bundesebene. Nur mit einer starken Linken im Bund bekommen wir einen Wechsel der Politik hin zu Frieden, sozialer und ökologischer Gerechtigkeit, internationaler Solidarität, mehr Demokratie. Wir wollen auch auf Landesebene unsere Direktwahlkreise verteidigen, neue gewinnen und unser Ergebnis verbessern, um in der nächsten Wahlperiode weiter an der Strategie zu arbeiten, die Stadt zurück zu holen in die Hände der Berlinerinnen und Berliner. Vermutlich sind wir die einzige Partei, die eine Koalition mit CDU oder FDP definitiv ausschließt. Aber wofür wir stehen ist ein offenes, freies, solidarisches Berlin, in dem grade diejenigen, die anderswo ausgegrenzt und abgehängt werden, einen guten Platz haben.

Und wir wollen in den Bezirken wieder überall mit starken Fraktionen in die BVVen einziehen, unserer Bürgermeistereien verteidigen, neue hinzugewinnen und auch im Westteil der Stadt Stadträtinnen und Stadträte stellen. Nicht um der Posten willen, sondern um die Stadt konkret und vor Ort mit den Berlinerinnen und Berlinern zusammenzu gestalten.

Auf dem nächsten Parteitag werden wir unser Wahlprogramm beraten. Pandemiebedingt sind wir noch nicht so weit, wie wir sein wollten. Aber: es haben sich sehr viele Genossinnen und Genossen mit Zuarbeiten und Ideen beteiligt. Das ist großartig und zeigt, dass unsere Partei trotz oder grade wegen Corona weiter aktiv ist, alle Möglichkeiten nutzt, um vor Ort, auf der Straße, im Netz, in den Wohngebieten präsent zu sein, um mit den Menschen zu sprechen, sie zu unterstützen wo es möglich ist und um die Anliegen, Sorgen und Nöte der Menschen aufzugreifen und in Politik umzumünzen.

Liebe Genossinnen und Genossen, natürlich wollen wir die drei Wahlkämpfe und die Kampagne Deutsche Wohnen und Co enteignen auch nutzen, um weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu gewinnen, um unsere Partei noch bunter und diverser aufzustellen als sie es jetzt ist. Deshalb lasst uns grade Linke mit Einwanderungsgeschichte, von Rassismus betroffene Menschen, abhängig Beschäftigte genauso wie Soloselbständige oder click worker, Azubis oder Professorinnen ermutigen, bei uns mitzumachen und natürlich auch für Ämter und Mandate zu kandidieren.
 

Liebe Genossinnen und Genossen,
vor uns liegt ein Hammerjahr, das uns allen sehr viel abverlangen wird. Wir werden nachher unter diesen Umständen einen neuen Landesvorstand wählen, der uns in diese drei Wahlauseinandersetzungen führen wird.

Ich möchte, dass wir erfolgreich sind, nicht um unserer selbst willen, sondern weil es weiter Zeit ist für starke linke Politik. Deshalb werde ich erneut als Landesvorsitzende kandidieren und ich freue mich, dass die bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden und unser Landesgeschäftsführer auch wieder kandidieren. Wir haben in den letzten Jahren vertrauensvoll zusammengearbeitet und Dissense, die es natürlich in einer pluralen Linken immer gibt, versucht, dynamisch nach vorne aufzulösen. Wir haben versucht, diesen Landesverband so zu führen, dass wir unsere Pluralität als Gewinn begreifen, in dem wir in der Sache um die beste Lösung ringen und dann geschlossen auftreten.

Natürlich wird diese LaVo-Wahl eine Zäsur. Nach 29 Jahren hört Sylvi als Schatzmeisterin auf, wir kommen nachher nochmal darauf zurück. Aber ich möchte schon jetzt sagen, dass dieser Landesverband Sylvi sehr viel zu verdanken hat und dass wir froh sind, dass sie uns als Genossin und Ratgeberin erhalten bleibt.

Wir haben gute Kandidaturen und ich freue mich auf einen Landesvorstand mit vielen Genossinnen und Genossen, die fest in ihren Arbeitsgemeinschaften und Bezirken verankert sind, die verschiedene Erfahrungen und Vorstellungen mitbringen. Gemeinsam wollen wir unseren Tanker Linke Berlin mit über 7.600 Genossinnen und Genossen in den nächsten zwei Jahren führen und gute linke Politik in Berlin entwickeln, machen und durchsetzen.

Wir sind trotz aller pandemiebedingten Einschränkungen gut aufgestellt für das Superwahljahr und haben mit  Klaus Lederer einen der beliebtesten Politiker der Stadt. Einen Bürgermeister, der jetzt und hier ständig in die Verantwortung geht, während die anderen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten von der Seitenlinie aus zugucken. Klaus hat gezeigt, dass er Bürgermeister kann. Dass er Senator kann, dass er Menschen begeistern und überzeugen kann. Dass er das kulturelle sozial denkt und das soziale kulturvoll. Dass für ihn alle Berlinerinnen und Berliner wichtig sind, dass sie hier gut leben können. Deshalb kann er auch Regierender Bürgermeister. Und das scheinen nicht nur wir so zu sehen. Wir haben uns auch mal in der Stadt dazu umgehört.