Für eine linke EU-Kritik

4. Parteitag, 3. Tagung

Rede von Stephan Jegielka


[ Manuskript – es gilt das gesprochene Wort

 

Liebe GenossenInnen,

Im Kontext der Bundestagswahl, der EU-Wahl und der Krise möchte ich das Wort für eine linke EU-Kritik ergreifen. Viele Stimmen sind von der Linken vor allem im Osten wegen der Europafrage zur AfD gegangen. Denn neben der wirtschaftlichen Krise haben wir längst eine politische Krise in Europa. Angesichts dessen ist unsere EU-Kritik vielfach zu weichgespült und überlagert von einer angeblich »emanzipatorischen« EU. Geschichte und Gegenwart beweisen jedoch das Gegenteil. Auf zwei Aspekte möchte ich hinweisen. Zum einen der militaristische Aspekt. Die Vorgängerorganisationen der EU, Ruhrstatut , Schumann-Plan und Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl waren vor allem Organisationen zur Bildung der Schwerindustrie Westeuropas insbesondere des Ruhrgebietes zu einem Rüstungstrust. Damals gegen die Sowjetunion gerichtet ist sind diese Bestrebungen bis heute Rüstungsbasis der Armeen der EU und NATO-Länder für den weltweiten Einsatz für die Erlangung von Rohstoffen und Absatzmärkten.

Somit komme ich zu dem zweiten , den wirtschaftlichen Aspekt. Die EU ist vor allem ein Mittel für die Schaffung des grenzenlosen Absatzmarktes Europa. Davon profitieren die Großmächte und Konzerne auf Kosten der kleinen Nationen und arbeitenden Menschen. Und diese Ungleichgewichte nehmen rasant zu, wobei Deutschland eine unrühmliche Rolle spielt. So mußte das Handelsblatt schreiben: das »Deutschland und andere Nordländer...mit ihrer Politik Länder wie Portugal, Spanien und Irland ... unnötiges Leid angerichtet haben«, der deutsche Staat und die deutschen Unternehmen zu wenig investieren und ihre Mitarbeiter schlecht bezahlen. Das führe »zu globalen Ungleichgewichten und bringt andere Länder in Schwierigkeiten.« Der Spiegel schreibt: »Die ungewöhnlich scharfe Kritik« der USA gegenüber Deutschlands Wirtschaftspolitik »dürfte die ohnehin gestörten Beziehungen zwischen Washington und Berlin zusätzlich belasten. »Das Exportland Deutschland belaste mit seinem Rekordhandelsüberschuss die gesamte EU.«

Bei unserem Nachbarn in Frankreich, in der Bretagne, brennt bereits die Luft, Barrikaden werden aufgebaut: Die FAZ schreibt darüber »Betriebe sterben, ... die Wut richtet sich auch gegen Europa und gegen Deutschland« . Europa steht für viele Franzosen für einen »unfairen Wettbewerb. Gerade die Werksvertragsarbeiter ... an deutschen Schlachthöfen ... seien dabei die bretonischen Schlachtbetriebe zu ruinieren, ja den ganzen Agrarzweig«. Man wolle »aus der Bretagne ein Ferienidyll mit ein paar Kleinbauern wie im Museum entwickeln«. Ein Standort mit intensiver moderner Viehwirtschaft werde systematisch kaputt gemacht. Das sollte gerade uns an die Zeit in Ostdeutschland in den 90igern erinnern. Als »Blitzableiter« sehen viele Franzosen die Wahl von Marine Le Pen. Eine ähnliche Funktion hat die AfD bei uns mit ihrer EU-Kritik. Dahinter steckt die Möglichkeit für die Herrschenden bei einem absehbaren Zusammenbruch von EU und Euro die Stimmung in ihre Kanäle zu lenken. Ich denke wir als Linke müssen das verhindern.

In der Europäischen Linken beginnt bereits ein Umdenken. Unsere Schwesterpartei in der EL die PCE hat auf dem letzten Parteitag beschlossen, das »die Auflösung der EU und des Euro« strategisch »die einzige Alternative im Interesse der Völker ist«. Das sollte uns nachdenklich stimmen. Dabei möchte ich uns an unser Programm erinnern, in dem wir ein Europa fordern das »die Demokratie und nationalstaatliche Souveränität nicht den Finanzmärkten opfert« und wir für eine vollständige Revision jener Grundelemente sind die militaristisch, undemokratisch und neoliberal sind.

Danke für Eure Aufmerksamkeit.