rot. radikal. realistisch. – Unser Programm für die soziale Stadt
Wahlprogramm 2021
9. Klimaschutz, Umwelt und Energie
Klimaschutz und Klimagerechtigkeit
Die weltweite Klimakrise als Folge der kapitalistischen Wirtschaftsweise bedroht das Zusammenleben auf der ganzen Welt. Auch in Berlin sind wir vom Klimawandel betroffen. Das zeigt die sich weiter erhitzende Stadt, das zeigen Trockenheit und Wasserknappheit. Auch wenn wir in Berlin allein nicht die Klimakrise werden lösen können, müssen wir auch hier einen wichtigen Beitrag für mehr Klimaschutz leisten und uns anpassen. Unter der Klimakrise leiden diejenigen am meisten, die am wenigsten zu ihr beigetragen haben. Auch für Berlin bringt der Klimawandel eine Verschärfung sozialer Ungerechtigkeiten mit sich. Wir machen Klimapolitik für und mit den Berliner:innen und für den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt. Wir ringen darum, dass alle Menschen selbstbestimmt in Würde, solidarischem Miteinander, intaktem Klima und intakter Natur leben können. Wir wollen, dass Berlin bis spätestens 2040 zu einer klimaneutralen Stadt wird und seinen Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens leistet.
Nach der Feststellung der Klimanotlage auch durch das Abgeordnetenhaus müssen nun daraus resultierende Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Zusätzlich zur Festsetzung des Zieldatums für Klimaneutralität brauchen wir die Festlegung eines mit dem Pariser Klimaschutzabkommen kompatiblen verbleibenden CO2-Budgets. Außerdem wollen wir das Reduktionsziel für das Jahr 2030 auf mindestens 70 Prozent gegenüber 1990 erhöhen. Ebenfalls notwendig wird die Festlegung von Sektorzielen für die Bereiche Energie, Verkehr, Gebäude, Industrie und Ernährung sein. Die Ziele wollen wir vor allem durch Energieeinsparung und Verkehrsvermeidung, Steigerung der Energieeffizienz, Verkehrsverlagerung und den Übergang zur vorrangig dezentralen Produktion und Nutzung von erneuerbaren Energien erreichen. Wir wollen, dass Klimaschutz als Ziel in der Berliner Landesverfassung verankert wird. Wir wollen die Klimafolgenabschätzung ausweiten zu einem Klimavorbehalt, sodass bei allen Gesetzes- und Senatsvorlagen im Zweifel klimafreundlichere Alter-nativen zu wählen sind.
Alle landeseigenen Unternehmen und die Berliner Bezirke erstellen eigene Klimakonzepte.
Das Mandat des Berliner Klimaschutzrates muss gestärkt werden. Daneben fordern wir die Schaffung eines Klimabürger:innenrats für Berlin. Bei weiteren Beteiligungsverfahren muss darauf geachtet werden, dass für alle Zugang zur Mitbestimmung besteht. Es ist uns wichtig, dass Bürger:innen konkret an der Gestaltung von lokalen Klimaschutzmaßnahmen teilhaben können.
Viele der dringend notwendigen Maßnahmen können nur auf Bundesebene getroffen werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Berlin über den Bundesrat Forderungen nach wirksamen Maßnahmen für mehr Klimaschutz an den Bund richtet. Die Zusammenarbeit mit Brandenburg in Bezug auf klimapolitische Maßnahmen und insbesondere im Hinblick auf die Produktion von Wind- und Solarenergie wollen wir verstärken. Wir unterstützen das zeitnahe Ende des Kohleabbaus in Brandenburg und den Strukturwandel in der Lausitz und setzen uns dafür ein, dass die negativen Auswirkungen des Braunkohletagebaus auf die Berliner Wasserversorgung reduziert werden. Für die Folgekosten hoher Sulfateinträge aus dem Braunkohletagebau muss das Verursacherprinzip gelten.
Sozialverträgliche und klimagerechte energetische Gebäudesanierung
Der Gebäudesektor ist für etwa die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich, das ist eine zentrale Herausforderung. Wir wollen die Sanierungsrate von Gebäuden in Berlin auf mindestens zwei Prozent pro Jahr erhöhen.
Öffentliche Gebäude sollen eine Vorreiterrolle bei der energetischen und ökologischen Sanierung spielen. Grundsätzlich soll bei öffentlichen Neubauten der Passivhausstandard gelten, bei Sanierungen öffentlicher Gebäude sollen die verschärften Anforderungen (KfW 55) gelten. Dazu wollen wir verbindliche Sanierungsfahrpläne entwickeln und die Haushaltsmittel für die energetische ökologische Sanierung öffentlicher Gebäude deutlich erhöhen.
Wir wollen, dass keine weiteren Kohle- und Ölheizungen bei öffentlichen Gebäuden verbaut und bestehende Kohle- und Ölheizungen möglichst schnell ersetzt werden. Auch Gaseinzelheizungen sollen in öffentlichen Gebäuden nicht mehr eingebaut werden. Wir wollen für Berlin ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das verbindliche Vorgaben für die Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudebestand festlegt.
Für die energetische Sanierung sind zuschussbasierte Förderprogramme auszubauen, deren Mittel nicht auf die Miete umgelegt werden dürfen. Die zusätzlichen Förderprogramme sollen zielgerichtet auf die Sicherung von Sanierungen ausgerichtet werden, nach denen die Warmmiete nicht steigt.
Bei Inanspruchnahme von Landesförderprogrammen sollen Vermieter:innen zur Erstellung eines Sanierungsfahrplanes, zur Vorlage von Modernisierungsvarianten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie zu begleitender Mieter:innenberatung verpflichtet werden.
Wo dies rechtlich möglich ist, sollen Vermieter:innen zur Inanspruchnahme der Förderprogramme verpflichtet werden (z.B. in Milieuschutzgebieten), um die Modernisierungsumlage abzusenken. Klimaschutz soll nicht auf Kosten der Mieter:innen umgesetzt werden und darf nicht zu deren Verdrängung führen.
Daneben schlagen wir die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle vor, die Mieter:innen hilft, reale Energieeinsparungen nachzuvollziehen und Kosten-Nutzen-Analysen zu erstellen. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass die Modernisierungsumlage abgeschafft wird und dafür der energetische Zustand im Mietspiegel stärker berücksichtigt wird.
Dekarbonisierung der Fernwärme; Kohle- und Gasausstieg
Wir setzen uns für einen Ausbau des Fernwärmenetzes in verdichteten Gebieten und den Ausbau von Nahwärmenetzen, beispielsweise im Umfeld öffentlicher Gebäude, ein. Unser Ziel ist dabei Dekarbonisierung der Wärmelieferungen durch Nutzung erneuerbarer Wärme.
In einem eigenen Landesgesetz wollen wir Vorgaben für die Nutzung erneuerbarer Energien sowie CO2-Grenzwerte bei der Fernwärme und ein Einspeiserecht für dezentrale Wärme-versorger regeln. Wir wollen den Kohleausstieg in Berlin beschleunigen und dafür das Kraftwerk Moabit spätestens 2025 und das Kraftwerk Reuter-West spätestens 2028 abschalten bzw. umrüsten. Zur Verhinderung von Monopolpreisen für Fernwärme wollen wir alle Möglichkeiten zur Preiskontrolle im bislang unregulierten Fernwärmemarkt nutzen.
Auch wenn für den zeitnahen Kohleausstieg zunächst die vermehrte Nutzung von Gaskraft-werken erforderlich ist, müssen wir, um Lock-in-Effekte zu vermeiden, bereits heute auf die Reduzierung des fossilen Gasverbrauchs orientieren. Daher wollen wir Wärmeanwendungen durch erneuerbare Wärmelösungen fördern und auch eine Machbarkeitsstudie für den Erdgasausstieg bis 2040 durchführen lassen.
Ziel ist ein detaillierter langfristiger Fahrplan für den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern im Wärmesektor, um die Planungssicherheit für andere Marktteilnehmer:innen, die regenerative Wärme anbieten, zu erhöhen.
Erneuerbare Energien im Strombereich
Der schlechte Status quo Berlins bei den erneuerbaren Energien muss überwunden werden. Wo es technisch möglich ist, möchten wir eine Solarpflicht für Neubauten und für die Dachsanierung von Bestandsgebäuden durchsetzen. Wir streben den umfassenden Zubau von Windenergieanlagen an, vor allem im Berliner Umland durch Stadtwerke und unter Beteiligung der Anwohner:innen und Kommunen, und wir wollen den Mieter:innenstrom ausbauen.
In Berlin soll nur grüner Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien produziert wird, zum Einsatz kommen. Dieser ist kostbar, denn er muss mit Ökostrom aufwendig hergestellt werden und hat hohe Umwandlungsverluste. Er soll deshalb nur dort genutzt werden, wo es keine direkte elektrische Alternative gibt, z.B. als Treibstoff für Schiffe und Flugzeuge oder in der Industrie. Die Ausrüstung von landeseigenen Schiffen sowie auch Schiffen im Berlin-Tourismus mit emissionsfreien Antrieben ist finanziell zu fördern. Die Entwicklung von Speichertechnologien für erneuerbare Energien in Berlin soll weiter gefördert werden.
Energiearmut bekämpfen
Wir wollen Zuschüsse zur Anschaffung energieeffizienter Geräte für einkommensschwache Haushalte ausweiten. Die schon bestehenden Beratungsangebote auch aufsuchender Art sollen weit-er ausgebaut werden. Strom- und Gassperren wollen wir dadurch, sowie durch Einwirken auf die Energieversorger, weitgehend verhindern. Wir werden uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass Stromsperren in der europäischen Richtlinie für den Strombinnenmarkt verboten werden.
Energienetze rekommunalisieren
Als zentrale Infrastrukturen der Stadt wollen wir die Energienetze für eine vollständig auf erneuerbaren Energien basierende Versorgung umbauen und ertüchtigen. Sie haben eine große Bedeutung für die Umsetzung der Energiewende und die Erreichung der Klimaziele. Nur mit öffent-licher Kontrolle können Versorgungssicherheit und Investitionen für die Energiewende sichergestellt werden. Unser Ziel ist deshalb die vollständige Rekommunalisierung des Strom-, Gas- und Fernwärmenetzes in Berlin. In rekommunalisierten öffentlichen Energienetzen orientiert sich die Geschäftspolitik an den energie-, wirtschafts-, sozial- und demokratiepolitischen Zielen des Landes und nicht an einer höchstmöglichen Rendite. Die Mitbestimmungsrechte von Bürger:innen sollen verankert werden.
Gewinne der Energienetze könnten für Investitionen in die Netze, zum Ausbau ökologischer Energieproduktion oder zur Verhinderung von Energiearmut verwendet werden. Bei einer Übernahme der Netze müssen die Arbeitsplätze und Beschäftigtenrechte gesichert und Mitbestimmungsrechte erweitert werden. Um die Berliner Stadtwerke zu stärken, wollen wir sie finanziell und personell ausbauen. Bei der energetischen Sanierung von Wohnungen sollen sie eng mit den städtischen Wohnungsunternehmen zusammenarbeiten. Als kommunale Netzbetreiberin soll Berlin Energie-Netzdaten als offene Daten zur Verfügung stellen, um Transparenz über den Ausbau und den Zustand des Netzes gegenüber Bürger:innen und Wissenschaft herzustellen.
Trinkwasserqualität und Grundwassermanagement
Wir wollen die hohe Qualität des Berliner Wassers und der Trinkwasserversorgung ebenso wie die natur- und stadtverträgliche Regulierung des Wasserhaushalts langfristig sichern. Dazu gehört auch die Festlegung von Mindestgrundwasserständen im Rahmen der Genehmigungsverfahren für die Grundwassernutzung.
Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) zur Erreichung eines guten Wasserzustands muss in der Wahlperiode 2021 bis 2026, auch um EU-Sanktionen zu vermeiden, abschließend umgesetzt werden.
Um Wohnhäuser und öffentliche Gebäude vor Schäden durch steigendes Grund- und Schichtenwasser zu schützen, die zum Teil nach Änderungen in der öffentlichen Wasserwirtschaft entstehen, wollen wir temporäre Grundwasserabsenkungen zur Realisierung von Baumaßnahmen gegen Gebäudevernässung als Pilotprojekte durchführen. Zum Gebäudeschutz vor Grund- und Schichtenwasserschäden sollen Maßnahmen zur Pflege und Erneuerung von Drainagen eingeleitet werden.
Das Regenwassermanagement wollen wir durch die Versickerung von Regenwasser vor Ort und den Ausbau von Zwischenspeichern für spätere Regenwassernutzung erweitern. Im Gebiet der Mischwasserkanalisation sind Untersuchungen von Flächen zur Abkopplung der Regen-wassereinleitung vom Abwassersystem und damit zur Überführung der Gebiete in das Trennsystem durchzuführen. Dabei sollen vorrangig solche Gebiete untersucht werden, die Notabwasserüberläufe in offenen Gewässern haben. Bei der Abwasserbehandlung sind Projekte zur Mischwasserzwischenlagerung zu planen und umzusetzen.
Ein sparsamer Wasserverbrauch und die verstärkte Nutzung von Grauwasser sind auch künftig Schwerpunkte des Wassermanagements für Berlin. In enger Zusammenarbeit mit Brandenburg und auch Sachsen ist die Wasserversorgung Berlins durch die Spree zu sichern. Die Bereitstellung von Trinkwasserbrunnen in der Stadt ist auszuweiten und auch in öffentlichen Gebäuden vorzusehen.
Ernährungswende möglich machen
Wir wollen die Verschwendung von Lebensmitteln beenden. Food-Sharing und Lebensmittelspenden jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatums helfen bei der nachhaltigen, verantwortungsvollen Nutzung von Nahrungsmitteln. Wir setzen uns für die Entkriminalisierung des sogenannten Containerns ein. In allen Gemeinschaftseinrichtungen (Schulen, Kitas, Altenheime, Hochschulen, Betriebe, Krankenhäuser) soll die Ernährung gesünder, nachhaltiger und regionaler werden und in angemessenen Räumlichkeiten stattfinden können. Wir wollen mehr Orte der Gemeinschaftsverpflegung in Berlin und ein Berliner Monitoring zu Ernährungsarmut einführen.
Berlin wird sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Mehrwertsteuer für nachhaltige und gesunde Lebensmittel auf sieben Prozent gesenkt wird. Wir fordern die kostenlose Bereitstellung von Leitungswasser (durch Trinkspender) im öffentlichen Raum und in öffentlichen Gebäuden. Die Förderung von Leitungswasserangeboten soll ebenfalls in der Gastronomie und im Einzelhandel erfolgen, auch um dadurch das Angebot zuckerhaltiger Getränke zurückzudrängen. Wir streben eine neue ernährungs-politische Allianz mit Brandenburg an, um die Berliner:innen stärker an Produkten aus regionaler Erzeugung zu interessieren.
Umwelt- und Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit verbinden
Die gesundheitlichen Belastungen als Folge der Umweltprobleme sind räumlich und sozial ungleich verteilt. Wer arm ist, lebt häufiger in einer Umwelt, die krank macht, ist mehr Lärmbelastungen und schlechterer Luft ausgesetzt, muss oft höhere Energiekosten aufbringen und hat weniger Grün im Wohnumfeld. Wir wollen Defizite in besonders belasteten Stadtgebieten abbauen, um allen Berliner:innen ein gutes Leben in der ganzen Stadt zu ermöglichen. Um sozial gerechte Anpassungsmaßnahmen entwickeln zu können, soll das Land eine Studie zu den sozialen Auswirkungen des Klimawandels in Auftrag geben.
Stadtgrün schützen und biologische Vielfalt fördern
Die Lebensqualität in einer Metropole wird insbesondere von ausreichend Stadtgrün bestimmt. Ausreichend Parks, Grünstreifen, Bäume und Kleingärten sind nicht nur für die Berliner:innen, sondern auch für den Schutz des Artenreichtums von Flora und Fauna unerlässlich. In einer wachsenden Stadt muss ausreichende Stadtbegrünung berücksichtigt und müssen wertvolle Naturflächen verteidigt und geschützt werden. Beteiligungsprozesse für die Umgestaltung von Quartieren sollen gefördert werden. Die Charta für das Berliner Stadtgrün ist daher durch einen Zeitplan zu konkretisieren. Zu diesem Themenkomplex gehören z.B. Fassaden- und Dachbegrünung von Bestands- und Neubauten, extensive Gartenpflege der landeseigenen Grün- und Parkflächen sowie Schutz des Artenreichtums.
Wir wollen die fach- und klimagerechte Pflege von Park- und Gartenanlagen sowie von Stadtbäumen mit Priorität auf Biodiversität konsequent absichern und ausbauen. Es ist ein Kataster für Ausgleichs- und Ersatzpflanzungen zu erstellen.
Für eine kostenfreie Nutzung des Spreeparks unter Einbindung kultureller Projekte wollen wir gemeinsam mit der Stadtgesellschaft die notwendigen Planungen organisieren.
Zu Berlin gehören auch die vielen Waldgebiete. Für deren Erhalt wollen wir die Berliner Forsten personell und finanziell stärken. Notwendigen Maßnahmen zum Erhalt, zur Sicherung des Wald-bestands und zur Erhöhung der Waldqualität sind beispielsweise Bewässerungsanlagen sowie die Pflanzung naturnaher und klimaangepasster Mischwälder.
Kleingärten und Urban Gardening
Kleingärten leisten als Bestandteil des Berliner Stadtgrüns einen unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und für ökologische Werte. Im Rahmen des Klimaschutzes sind sie durch die hohe Speicherung von organischem Kohlenstoff im Boden und in der Vegetation bedeutende Kohlenstoffsenken im Berliner Stadtgebiet.
Kleingartenflächen tragen zudem durch Kaltluftentstehung zur Kühlung der Innenstadt bei und dienen so der Verbesserung des Stadtklimas. Für die Bevölkerung Berlins ist die gärtnerische Nutzung dieser Flächen auch ein wichtiger Faktor für die Gesunderhaltung: Sie bieten die Möglichkeit zur Erholung und zur Betätigung in der Natur. Kleingärten haben eine wichtige soziale Bedeutung und sind generationsübergreifend Begegnungs- und Bildungsorte.
Wir wollen Kleingartenflächen daher beispielsweise durch Flächennutzungsplan-Änderungen sowie die Aufstellung und den Beschluss von weiteren Bebauungsplänen in den Bezirken dauerhaft erhalten. Durch die zügige Umsetzung des Kleingartenflächensicherungsgesetzes für Berlin gehören sogenannte Schutzfristen der Vergangenheit an. Die Flächen sollen statt als Bauland auch zukünftig der Bevölkerung für die gärtnerische Nutzung zur Verfügung stehen und die Selbstversorgung mit gesundem Obst und Gemüse fördern.
Nachhaltiger Bodenschutz
Für einen nachhaltigen Klima- und Umweltschutz ist die Versiegelung von Bodenflächen zu vermeiden. Bei Großprojekten und in Stadtentwicklungsgebieten ist ein flächensparendes Bauen prioritär. Bei unabwendbarer Flächeninanspruchnahme sollen verpflichtend Ausgleichsflächen geschaffen werden. Außerdem ist bei Baumaßnahmen nach Möglichkeit das Ausmaß der Bodenversiegelung zu verringern. Ebenso wollen wir in der nächsten Wahlperiode die Erstellung eines Entsiegelungsplans vorantreiben.
Saubere Luft und weniger Lärm
Wir wollen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans unverzüglich umsetzen und diesen aktualisieren und qualifizieren. Dem Verkehrslärm werden wir durch ein Maßnahmenpaket begegnen, zu dem auch die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, Temporeduzierungen sowie der lärmmindernde Umbau von Straßen und Bahntrassen gehören sollen. Straßenbahnlärm wollen wir durch zielgerichtete Sanierungsmaßnahmen reduzieren. Der Umgebungslärm in besonders ausgewiesenen, touristisch stark genutzten Stadtgebieten soll gemindert werden.
Wir setzen uns für konkrete Verbesserungen für von Fluglärm betroffene Menschen am neuen Flughafen BER ein. Im Lärmminderungsplan sind weitere Maßnahmen darzustellen. Gegenüber den Gesellschafter:innen der Flughafengesellschaft treten wir für die Ausweitung des Nachtflugverbots auf 22 bis 6 Uhr ein. Unabhängig davon wollen wir jede Möglichkeit zur Minderung der Lärmbelastung durch den Flughafen nutzen. Einen weiteren Ausbau des Flughafens BER mit einer dritten Start- und Landebahn lehnen wir ab.
Abfall vermeiden, wiederverwenden und verwerten
In der Abfallpolitik gilt der Grundsatz: vermeiden – wiederverwenden – verwerten – beseitigen. Eine Zero-Waste-Agentur als landeseigene Einrichtung ist zu gründen und aufgabengerecht auszustatten, um den Grundsätzen der Abfallvermeidung und Wiederverwendung von Produkten mehr Möglichkeiten zu eröffnen, stadtweite Kompetenzen zu bündeln, Abfallberatung und Bildungsangebote zu erweitern und Fördermittel auszureichen. Die Recyclingquote für Kunststoff, Glas, Papier, Kleidung und Elektroschrott ist zu erhöhen. Bei der Beschaffung langlebiger Produkte in den Berliner Verwaltungen sind Best Practices öffentlich zu machen.
Der Ausbau von Reparaturnetzwerken ist zu unterstützen, und es sind weitere Secondhand-Kaufhäuser in Berlin – mindestens ein Kaufhaus je Bezirk – einzurichten. Zur klimaschonenden Verwertung erhöhter Bioabfallmengen wird eine zweite Biogasanlage gebaut. Pilotprojekte für alternative Bioabfallnutzung, wie z.B. die energetische Verwertung von Grasschnitt und Laub, sind zu planen und zeitnah durchzuführen. Bei der Klärschlammverbrennung ist die Reduzierung von Lachgasemissionen voranzubringen.
Umweltbildung stärken
Der Schutz unseres Klimas und der Erhalt unserer natürlichen Umwelt ist eine Querschnittsaufgabe. Wir wollen daher auch die Umwelt-Bildungsmaßnahmen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ausbauen, beispielsweise in Schulgärten. Dazu gehören etwa die Stadtnatur-Ranger, die in einem Modellprojekt in Berlin eingesetzt wurden und deren Verstetigung wir prüfen wollen. In Kitas und Schulen sollen verstärkt Inhalte zur Umweltbildung vermittelt werden. Die Angebote von Waldschulen spielen dabei eine wichtige Rolle.
Wir wollen die Projekte der »Essbaren Stadt« und der »grünen Lernorte« sowie den »Langen Tag der Stadtnatur« weiter fördern.
Tierschutz und Tierrechte stärken
Das Schicksal der Tiere in einer Großstadt wie Berlin hängt unmittelbar vom Menschen ab, unabhängig davon, ob die Tiere in Freiheit, im Zoo, im Zirkus, im Versuchslabor oder im Privathaushalt leben. Wir setzen uns deshalb konsequent für den Schutz und die Rechte von Tieren ein.
Mit dem Beschluss des Tierschutzverbandsklagegesetzes sowie der Einsetzung einer hauptamtlichen Tierschutzbeauftragten und eines Tierschutzbeirates in der letzten Wahlperiode wurden die Rechte der Tiere in Berlin gestärkt. Außerdem wurden deutlich mehr Gelder für die Förderung von Alternativmethoden zu Tierversuchen bereitgestellt. Dies wollen wir weiterführen, darüber hinaus aber zusammen mit Vertreter:innen aus Forschung, Wissenschaft, Industrie und Tierschutzorganisationen einen Plan zum Ausstieg aus Tierversuchen entwickeln. Ähnlich wie in den Niederlanden soll es konkrete Maßnahmen und Zeitpläne zur Reduzierung und Beendigung von Tierversuchen in den unterschiedlichen Bereichen geben.
Wir wollen eine wirksamere Durchsetzung des Tierschutzes. Zu oft fehlt es an konkreten Ansprechpartner:innen, um bestehende Gesetze und deren Einhaltung wirksam zu kontrollieren, durchzusetzen, aber auch Verstöße entsprechend zu ahnden. Daher bedarf es der weiteren Stärkung der Veterinärämter und der Einrichtung einer Fachstaatsanwaltschaft für Tierschutz.
Eine der häufigsten Todesursachen von Vögeln ist die Kollision mit Glasfassaden an Gebäuden. Bereits während der Bauplanung müssen dieser Aspekt sowie der Schutz von Gebäudebrütern und Fledermäusen berücksichtigt werden. Bei Sanierungen und Abrissen sind Ornitholog:innen hinzuzuziehen. Das Land Berlin soll ein Taubenmanagement für eine nachhaltige und tierschutzgerechte Populationskontrolle der Stadttauben umsetzen, das vor allem auf dem bereits in zahlreichen deutschen Städten erfolgreich angewendeten Konzept betreuter Taubenschläge mit Gelegeaustausch beruht und durch Senat und Bezirke gemeinschaftlich gefördert werden soll. Wir wollen das Tierheim Berlin und Initiativen wie die Berliner Tiertafel stärker finanziell unter-
stützen.
Rasselisten haben in der Vergangenheit keinen effektiven Beitrag zum Schutz der Bevölkerung vor gefähr-lichen Hunden leisten können. Wir lehnen die Vorverurteilung von Hunden aufgrund ihrer Rasse ab und wollen deshalb auch in Berlin die Rasseliste abschaffen. Eine geeignete Strategie zur Gefahrenabwehr muss bei den Hundehalter:innen ansetzen, die ihre Eignung zur Hundehaltung nachweisen müssen. Zur Hundehaltung gehört Freilauf. Wir streben deshalb die Erhaltung bestehender und die Schaffung weiterer Freilaufflächen für Hunde an geeigneten Standorten an und stellen Mittel dafür bereit.
Unser Jagdrecht ist veraltet. Es braucht eine grundsätzliche Jagdreform, die den Fokus auf Tier- und Naturschutz legt. Sie soll sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren und nicht an Traditionen. Dementsprechend fordern wir ein vollständiges Verbot der Verwendung bleihaltiger Munition sowie die Beendigung der Jagd auf Beutegreifer wie Fuchs und Marder. Im Sinne des Artenschutzes fordern wir ein Nachtangelverbot, um den Erhalt heimischer Fischpopulationen zu sichern. Wir setzen uns auch dafür ein, die sogenannte Weißfischbefischung schnellstmöglich zu beenden.
Auf Bundesebene setzen wir uns weiterhin für höhere Standards bei der Haltung von Heim- und sogenannten Nutztieren ein.