Immer wieder Drugstore und Potse gegen politisch motivierte Schließungspläne verteidigt

7. Parteitag, 1. Tagung

Rede von Carsten Schulz


[ Manuskript – es gilt das gesprochene Wort! ]

Liebe Genossinnen und Genossen,

heute Mittag um 14:00 Uhr demonstrieren vor dem Rathaus Schöneberg viele Freunde und   Nutzerinnen und Nutzer der beiden selbstverwalteten Jugendzentren Drugstore und Potse gegen die nun am Ende des Monats erzwungene Schließung ihrer Einrichtungen.

Selbstkritisch ist zu vermerken, dass wir nach mehreren Jahren Engagement es im Zusammenspiel unserer BVV Fraktion  mit unserer Landesebene und trotz einer kommunalpolitischen Vereinbarung mit SPD und Grünen nicht vermocht haben, den Erhalt der weg gentrifizierten Jungendeinrichtungen zu sichern.

In den vergangenen 3 Jahren gab es immer wieder vom Bezirksamt ins Spiel gebrachte Scheinalternativen für Räumlichkeiten, die sich als nicht tragfähig, - da nicht für den Konzertbetrieb und den Betrieb von Bandproberäumen geeignet-, erwiesen haben oder bei denen es  andere konkurrierende Nutzerinteressen gab.

Gerade jetzt wäre eine Parteinahme nicht nur unserer Landesvorsitzenden Katina Schubert, was bereits geschehen,  sondern auch unserer Senatsmitglieder für eine tragfähige Lösung wichtig.

Bei dem zuletzt vom Bezirksamt in Spiel gebrachten und  von der Berliner Immobilienmanagementgesellschaft BIM verwalteten  Alternativstandort Potsdamer Str. 140 stehen wieder einmal andere Nutzerinteressen, diesmal der Berliner Verwaltung, im Wege.

 In dem Gebäude sollen nach Aussage des Finanzsenators Kollatz Büros des Finanzamtes untergebracht werden.

Seine Staatssekretärin Sudhof behauptet, dass der Standort Potsdamer Str. 140 nicht mehr möglich wäre, da es an einem zweiten Fluchtweg mangele, der nicht durch das dort ansässige Finanzamt führen könne, auch wenn das Bezirksamt wiederum sich gegenüber den Jugendlichen äußerte, dass hinsichtlich des 2. Fluchtweges  eine Lösung hätte gefunden werden können.   

Die Entscheidung der BIM wird schließlich auch damit begründet, dass das Finanzamt wegen Personalaufwuchs selbst Bedarf für die entsprechende Fläche habe und somit diese  Entscheidung endgültig sei.

So positiv es ist, dass die Zentren jetzt auf Intervention unserer Senatorin Katrin Lompscher für eine beschränkte Übergangszeit 1-2 Konzerte pro Monat als Gäste   auf dem Gelände des Flughafens Tempelhof ausrichten dürfen, und somit der Kontakt zu ihrem Publikum nicht völlig abreißt,  so notwendig ist die intensive Suche nach einem geeigneten eigenen Standort.

Das 2. In Aussicht gestellte Objekt der Gewobag in der Potsdamer Str. 134, in dem die »ruhigen Angebote« der beiden Zentren untergebracht werden sollen, ist nach einem Umbau frühestens Juni 2019 bezugsfertig.

Nicht nur stadtweit in der linken Szene, sondern auch im Bezirk wachsen Solidarität und Widerstand mit Drugstore und Potse.

Wir hoffen, dass die Verantwortlichen erkennen, dass es erheblichen Ärger  gibt, wenn Drugstore und Potse ihre seit Jahrzehnten betriebenen Konzerte und ihre Unterstützung vieler Jugendbands mit Technik, Fachleuten und Proberäumen nicht mehr fortführen können.

Der Quartiersrat Schöneberger Norden fordert in einem Offenen Brief an den Finanzsenator, die Verhandlungen über neue Räume »unverzüglich« weiterzuführen. »Potse und Drugstore müssen bleiben!«, endet der Brief.

Die ansässige Interessengemeinschaft Potsdamer Straße schreibt, Berlin nehme die Verdrängung beider Clubs »billigend in Kauf«.

Wir Linke haben die letzten Jahrzehnte immer wieder Drugstore und Potse gegen politisch motivierte Schließungspläne verteidigt. CDU und AfD frohlocken jetzt im  Jugendhilfeausschuss, dass endlich der »linke Sumpf« mit dem langersehnten Aus der Zentren trocken gelegt werden könne.

Zwei wichtige,  über Jahrzehnte arbeitende antifaschistische Projekte, die auch in der Arbeit mit von Obdachlosigkeit bedrohten und betroffenen Jugendlichen  eine wichtige Rolle spielen, dürfen nicht aufgegeben werden.

Sind Büros für Finanzbeamte in Nordschöneberg wichtiger als die bedrohte Jugendkulturarbeit? Wir im Bezirksverband  meinen Nein!