Rebellische Stadtpolitik: in Berlin und in einem europäischen Netzwerk der Metropolen

Beschluss 1 / 2 / 7


DIE LINKE Berlin für eine starke linke Fraktion im Europäischen Parlament

Die Wahl zum Europäischen Parlament am 26. Mai 2019 markiert in bisher ungekannter Weise eine Richtungsentscheidung. Rechte Regierungen treiben die Entsolidarisierung zwischen den Mitgliedsstaaten genauso wie innerhalb ihrer Gesellschaften voran. Nationalisten und Rassisten sind europaweit auf dem Vormarsch und bedrohen das friedliche Zusammenleben aller Europäer*innen.

Wir als LINKE stellen uns dieser Entwicklung entgegen. Während die Rechtsextremen die Europäische Union zerstören und zurück in die Zeit der Nationalstaaten wollen, präferieren andere ein »Weiter so« der marktgetriebenen und wirtschaftsliberalen Entwicklung der Europäischen Union. Dabei ist es ihre Politik des neoliberalen Umbaus gewesen, die die Spaltungen in den Gesellschaften vorangetrieben hat.

Gemeinsam mit Bewegungen in anderen Städten in Europa gehen wir als LINKE in der Metropole Berlin einen anderen Weg. Die Europäische Union muss verändert werden – in ihren Institutionen, aber auch durch solidarische Bewegung von unten. Wir teilen die Probleme der Verkehrs-, Wohnungs- und Mietenpolitik mit anderen Metropolen Europas, wir teilen auch die hoffnungsvollen Bewegungen gegen soziale Spaltung und Verdrängung, gegen den Verkehrs- und Klimakollaps, für einen anwohnerfreundlichen Tourismus, für eine Politik der gemeinwohlorientierten Digitalisierung und einer offenen Datenpolitik.

Berlin ist Teil der »Solidarity Cities« in Europa – gemeinsam mit Barcelona, Athen, Zürich, Leipzig und weiteren Städten. In den großen Metropolen unseres Kontinents stellen sich Menschen der Entwicklung von Entsolidarisierung und Abschottung entschieden entgegen und arbeiten aktiv für eine offene und solidarische Gesellschaft. Gerade in den Städten kulminieren die Widersprüche und Verwerfungen des globalen Kapitalismus, zugleich werden Alternativen sichtbar. In rebellischen Städten wird eine Politik entwickelt, die die Verfügungsgewalt über die urbane Entwicklung den Marktgesetzen entzieht und in die Hände demokratischer und partizipativer Prozesse legt und Menschenrechte auf Teilhabe in den Mittelpunkt rückt. Diese Haltung tragen wir in die Wahlen zum Europäischen Parlament.

Unsere zentralen Aufgaben sind dabei:

  • Der Kampf für gemeinsame Rechte von Menschen in Europa – sozial wie politisch: Die Freizügigkeit muss durch vergleichbare Bedingungen in den Sozialversicherungs- und Fürsorgesystemen, bei Mindestlöhnen, beim Arbeitsschutz und Tarifbindung abgesichert werden. Zugleich wollen wir eine grenzübergreifende Verfolgung von Steuerflucht und Steuerdumping, und treten für eine Vermögens-, eine Digital- und eine Transaktionssteuer ein.
  • Die Demokratisierung der Europäischen Union: Wir wollen eine europäische Bürgergesetzgebung, die diesen Namen verdient. Das Europäische Parlament muss gestärkt werden, um auf Augenhöhe mit Rat und Kommission agieren zu können.
  • Die Stärkung der europäischen Integration: Wir glauben nicht, dass Nationalismus bzw. die Rückbesinnung auf das Nationalstaatliche Antworten auf die Fragen der Zukunft sind. Der Brexit ist ein warnendes Beispiel. Der aufkeimende völkische Nationalismus in vielen Ländern Europas erinnert zudem an dessen dunkelste Zeiten. Wir stehen für ein Ende der Austeritätspolitik und streiten für ein anderes, für ein soziales Europa. Die europäische Integration muss gestärkt, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten intensiviert werden. Dabei geht es um den Erhalt des Friedens in Europa, aber auch um die Demokratie. Presse- und Meinungsfreiheit sind Teil der europäischen Grundrechte und müssen überall in der Europäischen Union geschützt und durchgesetzt werden.

Unsere neue Fraktion der Europäischen Linken im EU-Parlament wird die Möglichkeiten nutzen, die eine europäische Öffentlichkeit, die europäische Netzwerke sozialer Bewegungen bieten. Die Diskussion um die europäische Copyright Direktive samt Upload-Filtern und die Bewegung »Fridays For Future« zeigen, dass gerade für jüngere Menschen Europa ein wichtiger, vielleicht der wichtigste politische Handlungsraum ist. Wir als LINKE nehmen dies zum Ansporn, unsere europäischen Politikansätze auszubauen und die Zusammenarbeit mit der Europäischen LINKEN und den europaweiten Bewegungen zu intensivieren.

Bezahlbarer Wohnraum ist in sehr vielen europäischen Städten knapp. Seit der Wirtschaftskrise die Investitionen in bezahlbaren und sozialen Wohnraum halbiert worden, während durch Spekulation mit Grund, Boden und Immobilien hohe Profite erzielt werden. Dagegen hat sich die Europäische Bürgerinitiative »Housing for all« gebildet, die jetzt für eine Million Unterschriften in den EU-Mitgliedsstaaten wirbt.

DIE LINKE. Berlin unterstützt »Housing for alle« und ruft ihre Mitglieder und Sympathisant*innen auf, die Bürgerinitiative zu unterschreiben.

 

Der Mietpreisspirale den Kampf ansagen

Berlin ist Mieter*innenstadt, rund 85 Prozent der Menschen wohnen zur Miete. Die Sorge vor Verdrängung, dem Verlust der eigenen Wohnung und den immer weiter steigenden Mieten ist längst das zentrale Problem für die Menschen in unserer Stadt. Die großen privaten Wohnungsunternehmen bauen am Bedarf vorbei, es entstehen vor allem Eigentums- und überteuerte Mietwohnungen. Sie nutzen alle Instrumente, um Profite zu steigern und Mieter*innen mit geringen und mittleren Einkommen zu verdrängen.

Immer mehr Berliner*innen wehren sich nun gegen diese Praktiken und schließen sich zu Mieten-Initiativen zusammen. Ein breites Bündnis aus verschiedenen Berliner Initiativen strebt ein Volksbegehren an: »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«.

Das Volksbegehren bringt die Wut und Entschlossenheit der Menschen in Berlin zum Ausdruck, die Frage »Wem gehört die Stadt?« offensiv zu beantworten. Berlin darf keine Stadt für das große Geld und nur für Reiche werden. Wir stehen  auf der Seite der Mieter*innen: Wir wollen die noch bezahlbaren Mieten in bestehenden und neuen Mietverträgen sichern, die Anzahl der öffentlichen Wohnungen durch Neubau und Ankauf massiv erhöhen und die Marktmacht der großen Immobilienunternehmen zurückdrängen. Wohnen ist ein Grundrecht, welches nicht länger dem Markt überlassen werden darf. 

Wir arbeiten als LINKE aktiv im Bündnis für das Volksbegehren mit und rufen alle Berliner*innen auf, dafür zu unterschreiben. 

Nur öffentliche und gemeinwohlorientierte Wohnungsakteure können bezahlbare Mieten und Mitbestimmung von Politik und Gesellschaft auf Dauer garantieren. Ihre Stärkung steht im Fokus unserer Wohnungspolitik im Senat und in den Bezirken.

Wir sagen der Mietpreisspirale den Kampf an. Dabei darf sich die Politik nicht nur auf ein bestimmtes Instrument beschränken. Nur mit einem Mix aus verschiedenen Maßnahmen können wir den Mietenwahnsinn wirksam bekämpfen:

  • Wir stehen für eine Bodenpolitik, die den Verkauf öffentlicher Grundstücke ausschließt und zusätzlich Grund und Boden in öffentliche Hand zurückholt. Dies ist die Voraussetzung für preisgünstigen Wohnungsneubau in öffentlicher und gemeinwohlorientierter Hand.
  • Wir treiben den Wohnungsneubau weiter voran. Der Fokus muss dabei eindeutig auf öffentlichen Wohnungen zu bezahlbaren Mieten liegen. Es kommt auf die Qualität des Neubaus an, hochpreisige Wohnungen nur um des Neubaus willen gehen an den Bedürfnissen der Berliner*innen vorbei.
  • Wir wollen den Wohnraum unter öffentlicher Kontrolle deutlich ausweiten. Wir entziehen Wohnungen durch Ankauf dem privaten Markt und weiten Milieuschutzgebiete aus. Allerdings sind wir nicht bereit, dafür Mondpreise zu zahlen und die privaten Spekulationsgewinne und Wetten auf steigende Preise mit öffentlichen Geldern zu finanzieren.
  • Wir setzen, dort wo es möglich und vertretbar ist, auch auf die Möglichkeit von Nachverdichtung in den Kiezen. Diese muss unter Beteiligung der Anwohner*innen geschehen und die Lebensqualität vor Ort erhalten.
  • Wir wollen den Mietendeckel für Berlin so schnell als möglich umsetzen. Die genaue Ausgestaltung dieses neuen Instruments wird im Senat gemeinsam erfolgen. Der Mietendeckel muss langfristig wirksam sein und auch Bestandsmieter*innen helfen.
  • DIE LINKE. Berlin unterstützt darüber hinaus das Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«. Die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen ist einer von vielen Bausteinen einer linken Wohnungs- und Mietenpolitik. Uns ist bewusst, dass ein möglicher erfolgreicher Volksentscheid nur ein Zwischenschritt auf dem Weg hin zu einer rechtssicheren Vergesellschaftung der großen Wohnungsbestände ist. Eine Umsetzung wird nur gelingen, wenn alle politischen Akteure wie Senat, Fraktionen, Parteien und stadtpolitische Initiativen ihre gesammelte Expertise einbringen.