Hart aber fair
Dreiste Vermieter in die Schranken weisen
Berlin hat ein Problem mit dreisten Vermietern und einem Senat, der nichts dagegen unternimmt. Über 3.000 Meldungen von Mietpreisüberhöhungen und Mietwucher sind an die Bezirksämter ergangen und mehr als 50.000 weitere Verdachtsfälle wurden durch die Linke-Mietwucher-App seit November 2024 bekannt. Doch trotz dieser Vielzahl an Fällen wurde in ganz Berlin bislang lediglich eine einzige Personalstelle eingerichtet, die sich mit der Verfolgung von Mietwucher beschäftigt.
Auch in anderen Bereichen erleben Mieter*innen überforderte Behörden und ein Defizit in der Rechtsdurchsetzung: In der ganzen Stadt sind die Bau- und Wohnungsaufsichtsbehörden sowie die Wohnungsämter personell überlastet – das hat zur Folge, dass illegale Ferienwohnungen oder Verstöße von Vermietern etwa durch Überbelegung oder bei Schimmel kaum geahndet werden. Geisterhäuser und jahrzehntelange spekulative Leerstände bleiben ungeahndet. Auch die Ankündigungen der Bezirksämter Charlottenburg-Wilmersdorf, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg, die möblierte Kurzzeitvermietung in Milieuschutzgebieten zu untersagen, blieb bislang folgenlos. Der Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne bleibt auch im vierten Jahr ohne Umsetzung.
Während es Mieter*innen unnötig schwer gemacht wird, ihre Rechte durchzusetzen, werden Tricksereien bei Vermieter selten verfolgt. Das wollen wir ändern. Recht und Gesetz müssen endlich auch für Vermieter gelten! Wir unterstützen Mieter*innen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
1. Taskforce Wohnen aufbauen
Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen wird ein Landesamt mit 100 Personalstellen aufgebaut, dass seine Arbeit dem Schutz von Mieter*innen widmet. Dazu gehört neben der Durchsetzung unseres Sicher-Wohnen-Gesetzes, die Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen nach § 5 WiStG sowie von illegalen Ferienwohnungen und möbliertem Kurzzeitwohnen in Milieuschutzgebieten.
Nachdem das Wohnungsamt Frankfurt am Main seit Jahren erfolgreich gegen Mietwucher vorgeht, vermeldete zuletzt auch das Wohnungsamt in Leipzig erste erfolgreiche Fälle von abgesenkten Wuchermieten. Die wichtigsten Stellschrauben für ein erfolgreiches Vorgehen der Behörden sind die Zentralisierung der Aufgaben in einem Amt mit einer ausreichenden Personalausstattung sowie nachvollziehbare und eng begleitete Verfahren für die Betroffenen.
- Das Verfahren zur Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen wird nach Vorbild des Wohnungsamtes Frankfurt am Main berlinweit vereinheitlicht. Die Mitarbeiter*innen der Taskforce setzen sich nach Meldungen zeitnah mit den Mieter*innen in Kontakt und führen eine engmaschige Betreuung über den gesamten Prozessverlauf durch. Sanktionen und Bußgelder gegen Mietpreisüberhöhungen werden effektiv durchgesetzt.
- Bevor Fälle von Mietwucher nach § 291 StGB an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden, prüfen die Mitarbeiter*innen der Taskforce, ob die Miete bei mehr als 50% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, sowie ob Anhaltspunkte für die zusätzlichen Merkmale des § 291 StGB vorliegen. Erhärtet sich der Verdacht und der Vermieter lenkt nicht ein, werden die Fälle an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
- Die gängigen Online-Plattformen werden mithilfe digitaler Tools ausgewertet, um illegale Ferienwohnungen und möbliertes Kurzzeitwohnen zu identifizieren. In Verdachtsfällen werden bei Bedarf Vorortbesuche durch die Mitarbeiter*innen durchgeführt, um gerichtsfeste Beweise zu sammeln. Nach Vorbild der Stadt Freiburg werden außerdem überhöhte Mietangebote mittels eines digitalen „Mietenscans“ identifiziert, Anbieter mit Wucherangeboten kontaktiert und Verfahren eröffnet.
- Damit auch die Bezirke künftig effektiver gegen Verstöße vorgehen, sollen die Mitarbeiter*innen der bezirklichen Ordnungsämter künftig auch für die Beweisermittlung (etwa bei illegalen Ferienwohnungen) bei Verstößen von Vermietern eingesetzt werden.
2. Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Mietkriminalität einrichten
Bei der Staatsanwaltschaft wird bei der Hauptabteilung für Wirtschaftskriminalität eine Schwerpunktabteilung eingerichtet, die für Immobilien-, Wohn- und Mietkriminalität zuständig ist, um Mietwucher und andere strafrechtsrelevante Verstöße schnell und effektiv zu ahnden. Diese wird tätig, wenn vorgeprüfte Verdachtsfälle von Mietwucher nach § 291 StGB von der Taskforce Wohnen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden.
Aktuell leiten die Bezirksämter Verdachtsfälle von Mietwucher nach § 291 StGB zum Teil ungeprüft an die Staatsanwaltschaft weiter. Voraussetzung zur Ermittlung von Wucher ist der Nachweis einer Ausnutzung der individuellen Zwangslage von Mieter*innen. Diese aufwendigen Ermittlungen werden aktuell über alle Abteilungen der Staatsanwaltschaft verteilt – mit Ausnahme ausgerechnet der Abteilung für Wirtschaftskriminalität – bearbeitet. Wir bündeln die Fälle in der dafür zuständigen Hauptabteilung und schaffen Personal und Ressourcen in einer Schwerpunktabteilung für kriminelle Vermieter.
Mit einer überlasteten Justiz geben wir uns nicht zufrieden. Erst recht nicht, wenn sich einige wenige auf Kosten der Mehrheit der Mieter*innen in Berlin bereichern.
3. Mietpreisprüfstelle auf alle Bezirke ausweiten
Nur wenn Mieter*innen ihre Rechte kennen, können sie auch durchgesetzt werden. Dazu werden in Bezirken Mietpreisprüfstellen eingerichtet und die bezirklichen Mieterberatungen gestärkt.
- Die Mietpreisprüfstellen werden eng mit der Taskforce und der Schwerpunktstaatsanwaltschaft verknüpft, Fälle von Mietreisüberhöhungen werden an die Taskforce bzw. die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
- Durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit werden die Angebote von Mietpreisprüfstellen und bezirklichen Mieterberatungen bekannter gemacht, damit mehr Mieter*innen ihre Rechte wahrnehmen.
- Mittelkürzungen für bezirkliche Mieterberatungen oder Beratungsangebote in Milieuschutzgebieten werden zurückgenommen.
Die im März eingerichtete Mietpreisprüfstelle und die bezirklichen Mieterberatungen sind niedrigschwellige Erstberatungsangebote für Mieter*innen. Den allermeisten Berliner*innen sind diese Angeboten jedoch nicht bekannt. Die Mietpreisprüfstelle des Senats wurde bislang lediglich in 95 Fällen genutzt, von denen 93 eine kriminell hohe Miete und Überschreitungen der zulässigen Miete um bis zu 150% aufwiesen. Gleichzeitig wurden die Mittel für Mieterberatungen in einigen Bezirken gekürzt oder, wie die Mieterberatung für Milieuschutzgebiete in Mitte, sogar komplett gestrichen.
4. Vergesellschaftungsbehörde einrichten
Von der systematischen Abzocke bei den Heizkosten bis hin zu Tricksereien mit erfundenen Wohnungsmerkmalen für noch höhere Mieterhöhungen, von Schimmel in der Wohnung und dem chronisch kaputten Fahrstuhl bis zum systematischen Mietwucher bei der Neuvermietung – das Repertoire der großen Immobilienunternehmen in Berlin scheint unerschöpflich wie mieter*innen-feindlich.
Die Berliner*innen haben am 26.09.2021 mit großer Mehrheit für eine Lösung dieses Problems gestimmt. Um die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheides jetzt zügig und rechtssicher anzugehen, wird in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung umgehend eine Abteilung für Vergesellschaftung aufgebaut, die die Umsetzung der Vergesellschaftung zwischen allen zuständigen Senatsverwaltungen und Behörden koordiniert. Die Abteilung übernimmt folgende Aufgaben:
- Erfassung und Bewertung der betroffenen Wohnungsunternehmen.
- Ausarbeitung des Vergesellschaftungsgesetzes und des Errichtungsgesetzes für die AöR unter Einbeziehung der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen, Vorbereitung von Enteignungs- bzw. Überführungsbescheiden und Vollstreckung.
- Entwicklung von Entschädigungsmodellen und Vorbereitung entsprechender Gesetzesinitiativen und Koordination von Finanzierungs- und Haushaltsentscheidungen zur Umsetzung der Vergesellschaftung.
- Erarbeitung eines Konzepts für die demokratische Selbstverwaltung der AöR (Mitbestimmung von Mieter*innen, Beschäftigten und Stadtgesellschaft)
Die Arbeit wird eng mit der Initiative Deutsche Wohnen & Co abgestimmt und durch einen unabhängigen wissenschaftlichen Expert*innenkreis begleitet.
5. Treuhänder einsetzen, Geisterhäuser reaktivieren
Wir wollen jahrzehntelang leerstehende Geisterhäuser endlich wieder dem Wohnungsmarkt zuführen und spekulativen Leerstand beenden. Dazu wollen wir die Bezirke befähigen, die landeseigenen Wohnungsunternehmen mit der Ausführung und Umsetzung von Ersatzvornahmen sowie der Treuhänderregelung zu beauftragen. Der Senat stellt zur Unterstützung entsprechende Mittel für die landeseigenen Unternehmen bereit.
Zur Ermittlung von illegalen Leerständen wird die sogenannten „Stromzählermethode“ eingeführt. Um spekulativen Leerständen besser Einhalt zu gebieten und das Zweckentfremdungsverbot durchzusetzen, werden die Kontrollen, z.B. von Bau- und Modernisierungsarbeiten, ausgeweitet und illegale Leerstände schärfer sanktioniert.
