Wem gehört die Stadt? Für eine solidarische Stadtpolitik in einer offenen Gesellschaft

1. Tagung7. Landesparteitag

Beschluss 1 / 1 / 7


Berlin ist keine Insel. Berlin ist eine Hauptstadt in einem Europa, das derzeit in vielen Ländern eine Richtungsauseinandersetzung führt. Es geht dabei um die Frage, ob wir eine moderne, fortschrittliche und solidarische linke Antwort geben können auf die Herausforderung, dass viele Menschen die Internationalisierung großer Bereiche unserer Gesellschaft als unübersichtlich und verunsichernd empfinden.  Eine Antwort, die an den Prozessen der Öffnung, der Liberalität und der Vielfalt anknüpft, die soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe für alle Menschen in den Mittelpunkt stellt und einer Politik der Schließung und Abschottung eine klare Absage erteilt. Eine Antwort, die an den realen Unterdrückungsverhältnissen in der Stadt und der Gesellschaft anknüpft und die Interessen der Ausgebeuteten, Unterdrückten, Diskriminierten zusammenbindet für gemeinsame Kämpfe um mehr soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden.

In vielen Ländern Europas beängstigt der Vormarsch rechtspopulistischer Positionen, Parteien und auch Regierungen.

Die Europawahlen am 26. Mai 2019 werden vor diesem Hintergrund zu einer Richtungsentscheidung für die Europäische Union werden. Umso notwendiger ist eine starke vereinte Linke, die dem fortgesetzten Kurs der Austerität, mit Kürzungen und Sozialabbau, sowie Abschottung und Militarisierung eine soziale Perspektive entgegensetzt: mit konkreten Forderungen, die die Lebensverhältnisse in der EU verbessern und angleichen.

Wir stehen ein für ein solidarisches Europa, das die Erpressungspolitik der EU-Technokratie und neoliberale Regierungen vor allem gegenüber den südeuropäischen Ländern beendet, das eine soziale Entwicklung ermöglicht und fördert, das sich demokratisch erneuert, das für Frieden und internationale Solidarität einsteht, das eine humanitäre Flüchtlingspolitik betreibt, sichere Fluchtrouten und sichere Häfen garantiert und gleichzeitig alles dafür tut, dass die Kriege in der Welt beendet werden, das seinen Beitrag zu Abwendung weiterer Klima-, Umwelt- und Hungerkatastrophen leistet Dafür kämpfen wir im Europawahlkampf im nächsten Jahr und nehmen uns als Berliner Landesverband vor, einen wichtigen Beitrag für ein gutes Ergebnis der LINKEn bundesweit zu leisten.

Wir sind überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen dann von einer offenen Gesellschaft überzeugt bleibt, wenn die Vision einer sozialen Einwanderungsgesellschaft sichtbar und praktisch erlebbar gestaltet werden kann. Es waren und sind die Städte, die mit den Herausforderungen der Globalisierung, mit den Verheerungen des marktradikalen Neoliberalismus zuerst konfrontiert waren. Deshalb werden in vielen Städten in ganz Europa und in der Welt Gegenmodelle zur Politik der Entsolidarisierung, Prekarisierung und Vereinzelung entwickelt. Traditionelle Parteienpolitik verknüpft sich neu mit Bewegungsaktivismus und mehr Demokratie.

Berlin verarbeitet als Ost-West-Metropole überdies völlig unterschiedliche geschichtliche Erfahrungen. Wenn soziale und libertäre Politik Mehrheiten überzeugt, strahlt sie über die Grenzen der Städte hinaus und kann auch die Kämpfe um die Werte in ländlicheren Regionen unterstützen.

1. Solidarische Stadt – mit #r2g im Kampf um die stadtpolitische Wende

In den vergangenen zwei Jahren hat DIE LINKE. Berlin gemeinsam in der rot-rot-grünen Koalition die Probleme der schnell wachsenden Stadt, der kapitalistischen Metropolenentwicklung in Angriff genommen. Wir wollen eine Stadt für alle, unabhängig vom Geldbeutel. Als LINKE haben wir in den letzten beiden Jahren bereits wegweisende Schritte für eine offene und solidarische Gesellschaft gehen können. Ein Berlin für alle heißt für uns, dass wir nicht unterscheiden woher jemand kommt, in welchem Teil der Stadt er lebt, welche Sprache er spricht oder wen oder wie er liebt. Wir beschreiten transformatorische Wege und schaffen Verbesserungen, die nicht ohne weiteres wieder rückgängig gemacht werden können. Wir erstreiten auch gemeinsam mit vielen stadtpolitischen Initiativen erlebbare Veränderungen, die Spuren hinterlassen sollen.

Dabei haben wir in vielen Bereichen Fortschritte erzielt:

  • Mobilität für alle: Wir verbilligen das Sozial- und Schülerticket, wir weiten den Berlin-Pass auf Wohngeldbeziehende aus. Mit dem Mobilitätsgesetz bringen wir ÖPNV, Rad- und Fußverkehr voran. Wir schaffen die Verkehrswende und sorgen dafür, dass der ökologisch notwendige Abschied von der autofixierten Gesellschaft allen die zum Leben notwendige Mobilität gewährt.
  • Bildung für alle: Im Rahmen der Berliner Schulbauoffensive investieren wir mehr als 5 Mrd. EUR in die Sanierung der Berliner Schulen und werden 60 neue Schulen planen und bauen. Wir führen die Lernmittelfreiheit an den Grundschulen wieder ein und schaffen die Gebühren in der Kita und schrittweise im Hort ab. Wir erhöhen die Gehälter für Lehrkräfte und verbessern die Arbeitsbedingungen sowie die Ausbildungssituation. Die Gemeinschaftsschule ist endlich Regelschule.
  • Wohnen für alle: Wir begrenzen die Mieten bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, wir erhöhen mit der AV Wohnen den Wohnkostensatz für Transferleistungsbeziehende. Wir haben mittlerweile über 50 Gebiete mit Milieuschutz, nehmen dort das Vorkaufsrecht offensiv wahr und entziehen so Häuser der privaten Spekulation. Wir beschleunigen den Wohnungsbau und bevorzugen den Bau preiswerten Wohnraums. Die Wohnungsbauförderung wurde zugunsten von mehr familiengerechten und günstigen Wohnungen umgestellt. Jeder Eigentümer, der für die Realisierung von Wohnraum Planungsrecht benötigt muss 30 Prozent der Wohnfläche verbilligt anbieten. Wir beenden den Ausverkauf städtischer Grundstücke und haben die Regelungen zur Zweckentfremdung von Wohnraum deutlich verschärft. Offene Mieterberatungen wurden in fast allen Bezirken für alle eingeführt. Die Kosten einer Mitgliedschaft in einem Mieterverein werden für Transferleistungsbeziehende übernommen. Nach dem Motto »Mieter*innen aller Bezirke versichert Euch« sagen wir denjenigen den Kampf an, die Mieter*innen quälen.
  • Gesundheitsversorgung für alle: Wir ermöglichen die Versorgung von nicht-versicherten Kranken und die offensive Beratung von schwangeren Frauen (§ 219a).
  • Eine funktionierende Stadt für alle: Wir verbessern die Bezahlung im Öffentlichen Sektor und erreichen bis 2021 den Durchschnitt der Länder. Wir digitalisieren die Berliner Verwaltung für gute öffentliche Dienstleistung und fördern offene Daten.
  • Gute Arbeit für alle: Wir erhöhen den Landesmindestlohn weiter, und beenden die sachgrundlose Befristung im öffentlichen Dienst und den Landes-Unternehmen. Öffentliches Geld und Aufträge werden an Gute Arbeit gekoppelt.
  • Solidarische Ökonomie für alle: Genossenschaften als Orte und Instrumente selbstorganisierten und –verwalteten Wirtschaftens und Wohnens werden in die stadtentwicklungspolitische Strategie eingebunden.
  • Rechte für Pfoten, Flügel und Co.: Wir setzen uns dafür ein, dass in unserer Stadt Tiere nicht leiden müssen. Mit einer neuen Tierschutzbeauftragten, Bemühungen zum Verbot von Pferdekutschen in der Innenstadt und von Wildtieren im Zirkus sowie mit Initiativen zur Vermeidung von Tierversuchen reduzieren wir konsequent tierquälerische Praxis.
  • Berlin als Stadt der erlebbaren Zukunft: Vor dem Hintergrund der bisher ungebremst heranrollenden Klimakatastrophen entwickeln wir wirksame Gegenmaßnahmen zur Ersetzung der dreckigsten Ölheizungen-, Kohle und Holzöfen. Wir arbeiten an einem Kohleausstieg noch vor 2030 und setzen die Energiewende durch Ausbau der solaren Kapazitäten auf den städtischen Dächern um.
  • Kultur für alle: Mit der Entscheidung für neuen Standort der Zentral- und Landesbibliothek und für einen neuen Bibliotheksentwicklungsplans haben wir ein Signal für eine moderne, der Stadtgesellschaft verpflichtende Kultur- und Bildungseinrichtung, die alle Schichten der Bevölkerung erreicht, gesetzt.
  • Ein Willkommen für alle: Geflüchtete werden in Gemeinschaftsunterkünften aufgenommen, Notunterkünfte gehören der Vergangenheit an. Wir konzipieren Modulare Unterkünfte als Wohnungen und setzen auf eine dezentrale Unterbringung.  Priorität bleibt, dass Geflüchtete selbstbestimmt in Wohnungen leben können. Wir schaffen ein Landesaufnahmeprogramm für Syrer*innen und Iraker*innen sowie jetzt neu für besonders schutzbedürftige Geflüchtete und erleichtern den Zugang zu Sprache, Bildung und Ausbildung. Anders als vom Bund gefordert, richtet Berlin keine Ankerzentren ein.
  • Wir treiben die Rekommunalisierung von in der Vergangenheit privatisierter öffentlicher Daseinsvorsorge voran. Jetzt besteht die Chance, dass das Stromnetz zurück in die öffentliche Hand zu nehmen.
  • Wir haben aber in den zwei Jahren r2g auch die Erfahrung gemacht, dass notwendige Veränderungen zum Beispiel in der Mieten-, der Gesundheits- und Krankenhaus-, der Flüchtlings- und Partizipationspolitik immer wieder an Grenzen stoßen, die von der bundespolitischen Gesetzgebung einer großen Koalition gesetzt werden, die auf Repression, Abschottung und durch die Union auf die weitere neoliberale Durchdringung der Gesellschaft orientiert.

Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass notwendige Veränderungen Zeit brauchen, bis sie in der Dreier-Koalition von Linken, Grünen und SPD ausgehandelt werden können, bis sie die Gremien von Land und Bezirken durchlaufen haben und sie dann bei den Berlinerinnen und Berliner ankommen. Viele Entscheidungen z.B. im Bereich der Mieten- und Liegenschaftspolitik wenden sich direkt gegen die Verwertungsinteressen großer privater Investoren. Umso notwendiger ist es, über alle Prozesse des Regierungshandelns höchstmögliche Transparenz herzustellen und auf Dialog und Einbeziehung zu setzen.

2. #Unteilbar – Berlin für Alle

Es gibt bereits ein internationales Netzwerk solidarischer Städte, die sich einer sozialen Politik für die gesamte Stadtbevölkerung und einer humanitären Flüchtlingspolitik verpflichtet haben. Dazu zählen Städte wie Barcelona, Neapel, Palermo, Athen, aber auch Leipzig und Zürich.

Internationaler Austausch von guter Politik auf stadtpolitischer Ebene ist wichtig, um die eigenen Erfahrungen einzubringen und neue Ideen für die eigene Politik mitzunehmen. DIE LINKE. Berlin unterstützt daher den Senat in dem Bemühen, Teil des Netzwerks von »solidarity cities« zu werden und dort aktiv mitzuarbeiten, wie es Berlin schon in anderen fortschrittlichen Städtenetzwerken wie den »mayors für peace«, »Metropolis« oder cities for adequate housing« und ICORN (International Cities of Refuge Network ) tut. Wer in Berlin lebt, ist Berlinerin oder Berliner. Der Zugang zu Bildung, Bibliotheken, Kultur, Arbeit, Gesundheit und Wohnen darf nicht am Aufenthaltsstatus hängen.

Um den Zugang zu diesen Ressourcen zu verbessern soll ein von den Landesinstitutionen anerkannter städtischer Ausweis, der für die Betroffenen als Ersatzdokument wirkt, beispielsweise dem New Yorker Vorbild entsprechend, erarbeitet werden. Zudem sollen alle Spielräume einer Landesregierung ausgeschöpft werden, um Berlinerinnen und Berlinern ein Bleiberecht und vollständige soziale und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, was den Zugang zu Wohnraum, Arbeit, Sozialleistungen und Bildung mit einschließt.

Berlin als solidarische Stadt bedeutet, dass wir den eingeschlagenen Weg konsequent weiter gehen müssen:

  • Alle Berlinerinnen und Berliner, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des S-Bahnrings leben, müssen die gleichen Möglichkeiten haben, auf die Geschicke der Stadt, ihrer Bezirk und Kieze Einfluss zu nehmen und am städtischen Leben teilzuhaben. Wir wollen in Ost wie West eine gute Ausstattung mit Ärztinnen und Ärzten und mit einer hochwertigen Krankenhausversorgung. Verkehrsinfrastruktur muss nicht nur die Außenbezirke besser mit der Innenstadt verbinden, sondern auch innerhalb und zwischen den äußeren Kiezen ausgebaut werden. Nicht nur die Mitte, sondern Berlin als Ganzes ist Kulturstadt. Wir setzen uns für Theater, Galerien und Musiksäle in der ganzen Stadt, für die ganze Vielfalt der Berlinerinnen und Berliner ein. Überall, wo neue Wohnungen entstehen, wollen wir lebenswerte Stadtquartiere entwickeln.
  • Ausbau von Demokratie und Teilhabe: die Bürgerhaushalte in den Bezirken sind wichtige Foren der Mitbestimmung und Beteiligung. Auch die Stadtentwicklung, Bebauungsplanung und Gestaltung der Kieze muss mit den Berlinerinnen und Berlinern weiter entwickelt werden. Kritik von Unternehmen und politischer Konkurrenz an demokratischer Beteiligung als Zeitverzögerung bei wichtigen  Bau- und Entwicklungsvorhaben weisen wir zurück. Demokratische Teilhabe ist ein wichtiger Schlüssel, damit sich die Berlinerinnen und Berliner ihre Stadt zurückholen können.
  • Kunst und Kultur können ein zentrales Mittel des Austauschs und der Selbstverständigung der (Stadt-)Gesellschaft zu sein. Voraussetzung dafür ist eine gleichberechtigte Teilhabe aller am kulturellen Leben. Mehr kulturelle Bildung, moderne Bibliotheken als  Kultur- und Begegnungsstätten, eintrittsfreie Museumstage, attraktive Musik- und Jugendkunstschulen  bleiben unser Auftrag.
  • Im Kampf um Mobilität für alle sind wir mit dem kostenlosen Schülerticket für die Kinder, die Transferleistungen bekommen, schon einen wichtigen Schritt gegangen. Mit dem Nachtragshaushalt wird die Kostenfreiheit im ÖPNV für alle Schüler*innen unabhängig vom Einkommen der Eltern eingeführt. Als nächsten Schritt zum fahrscheinlosen ÖPNV setzen wir und für ein 365 Euro Ticket für alle ein, verknüpft mit einem deutlichen Kapazitätsausbau im ÖPNV.
  • Gute Arbeit für alle: Der Landesmindestlohn wird ebenso wie der Vergabemindestlohn auf armutsfeste 12,63 Euro angehoben. Der öffentliche Dienst wird weiterentwickelt im Interesse der Beschäftigten an Zeitsouveränität, Vereinbarkeit von Arbeit und Familie und guter Entlohnung.
  • Die deutlich bessere Bezahlung der Fachkräfte in den Sozial- und Erziehungsberufen in Kitas, der Jugendhilfe, in Schulen und in unseren Jugendämtern ist überfällig. Dies ist nicht nur den gewachsenen qualitativen Anforderungen und dem akuten Fachkräftemangel in diesen Bereichen geschuldet sondern auch unseren Ansprüchen an gute Qualität in der Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Wir kämpfen für den Erfolg der kommenden Tarifverhandlungen zum Tarifvertrag der Länder, wo in einem ersten Schritt der Lückenschluss zur Bezahlung im TVÖD erfolgen muss. Wir sehen darüber hinaus das Land Berlin in der Pflicht auch unabhängig vom Ausgang der Tarifverhandlungen, eine angemessene Vergütung umzusetzen.
  • Prekäre Beschäftigung bekämpfen wir auf allen landespolitisch möglichen Ebenen: sachgrundlose Befristungen im öffentlichen Dienst und den landeseigenen Unternehmen und Beteiligungen sind unterbunden. Projektträger bekommen zusätzliche Landesmittel, um ihre Beschäftigten tarifgerecht zu entlohnen. Künstlerinnen und Künstler bekommen zusätzliche Unterstützung
  • Solidarität mit den Beschäftigten in Arbeitskämpfen: wir haben den Kampf der Beschäftigten von Siemens, Ledvance, Knorr-Bremse um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze nach Kräften unterstützt. Wir unterstützen die Beschäftigten der Dumping-Flug-Linie Ryanair im Kampf um einen Tarifvertrag, die Bildung von Betriebsräten und  weitere verbriefte Arbeitsrechte. Das ist ein Gebot europäischer Solidarität. Der erste Schritt ist die Streichung der im Flugwesen existierenden Besonderheit, dass Betriebsräte nur gebildet werden können, wenn es auch Tarifverträge gibt. Dazu hat der Senat eine Bundesrats-Initiative auf den Weg gebracht, die einen deutlich früheren Wegfall dieser Sonderregelung vorsieht.
  • Neue Chancen für Langzeiterwerbslose. Mit einem neuen Modellprojekt bekommen Langzeiterwerbslose neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt, freiwillig in gesellschaftlich sinnvoller Arbeit bei gemeinnützigen Trägern, landeseigenen Unternehmen oder im öffentlichen Dienst zu Tariflöhnen,  mindestens aber zum Landesmindestlohn, voll sozialversichert, unbefristet und unter der Maßgabe, dass dadurch reguläre Arbeit nicht verdrängt werden kann.
  • Ausbau solidarischer Ökonomie: Berlin als Metropole avanciert zur Start-Up Hauptstadt und Digitalkonzerne wollen die Hauptstadt erobern. Mit dem erfolgreichen Protest gegen den Google-Campus in Kreuzberg ist heute klar: Berlin wehrt sich, wenn digitale Industrien drohen die Bevölkerung vor Ort zu verdrängen, und diesem nicht z.B. durch Milieuschutzgebiete entgegengewirkt wird. Alternativen sind da und Berlin ist Hauptstadt der Plattformgenossenschaften, Hack-Spaces und Fablabs und damit der gemeinwohlorientierten und solidarischen Digitalwirtschaft.
  • Flüchtlinge sind willkommen. Berlin wird weiter seine Landesaufnahmeprogramme auflegen und auf Bundesebene dafür streiten, dass das rigide Grenzsystem der Europäischen Union aufgelöst wird. Das Mittelmeer darf nicht weiter das Massengrab Europas sein. Wir brauchen sichere Häfen und sichere Fluchtwege. Seenotrettung ist kein Verbrechen. Berlin muss weiter bereit sein, Geflüchtete aus humanitären Gründen aufzunehmen.
  • Berlin führt keine Abschiebungen nach Afghanistan, nach Syrien und in den Irak durch. Berlin lehnt jegliche Erwägung ab, die Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen.
  • Ein hungriger Bauch lernt nicht gut. Wir wollen ein qualitativ hochwertiges, kostenloses Mittagessen für alle Kinder an allen Schularten.
  • Berlin als Stadt der Älteren und der Menschen mit Behinderungen: Auch wenn Berlin als junge hippe Metropole gilt, wird die Stadt gleichzeitig immer älter. Wir sichern soziale Infrastruktur für umfassende demokratische Teilhabe aller. Wir meinen, dass barrierefreies Bauen Standard werden und insbesondere die wohnortnahe Nahversorgung erhalten bleiben muss. Wir werben für  Patenschaftsmodelle von jung und alt, mit und ohne Einwanderungsgeschichte, denn Geschichte und Erfahrungen der Älteren sind  wichtig für die weitere Entwicklung einer solidarischen Gesellschaft.
  • Gute Pflege – gute Gesundheitsversorgung: wir unterstützen das Anliegen des Volksbegehrens Gute Krankenhäuser und prüfen alle dem Land zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, um die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern zugunsten von Beschäftigten und Patient*innen zu verbessern. Die ungleiche ärztliche Versorgung zwischen den Bezirken muss schrittweise aufgehoben werden. Die Chance, in Lichtenberg schnell einen Facharzttermin zu bekommen muss genauso hoch werden wie in Wilmersdorf. Mit der Anhebung der investiven Mittel bei den öffentlichen Krankenhäusern ergeben sich auch neue Spielräume zur tariflichen Besserstellung der Beschäftigten und zur Rückholung der Tochtergesellschaften.
  • Ausbau von Infrastruktur für Frauen*: die Zahl der Frauenhausplätze wurde erhöht. Die Mittel für Beratung von gewaltbetroffenen Frauen werden ebenso angehoben wie für die Beratung geflüchteter Frauen und Mädchen, für weibliche Opfer von Stalking und Internethetze.  – Nach 25 Jahren soll es 2019 wieder einen Frauenstreik geben: immer noch unbezahlte Arbeit von Frauen soll sichtbar werden. Wir unterstützen den Streik um gleiche Rechte, gleiche Bezahlung, selbstbestimmte Sexualität und Lebensführung. Der 8. März wird Feiertag und bleibt Kampftag gegen patriarchale Machtverhältnisse und für die Befreiung der Frauen hier und überall.
  • Obdachlosigkeit ist in Berlin zunehmend ein internationales Problem. Neben der akuten Not- und Kältehilfe, die von den Bezirken zu leisten ist, braucht es mehr bezahlbaren Wohnraum und die Bereitschaft von Vermieterinnen und Vermietern, Obdachlosen einen Neustart zu ermöglichen. Das Projekt »housing first«, das jetzt Wohnungslosen schnell eine Wohnung vermittelt, um sie aus dem Kreislauf von Jobverlust, Obdachlosigkeit, Sucht und Krankheit herauszulösen und ihnen schnell Perspektiven zu eröffnen, ist ein guter Ansatz. Viele der Obdachlosen auf den Straßen Berlins sind Menschen aus den osteuropäischen EU-Ländern, die unter falschen Voraussetzungen nach Berlin gekommen sind, ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen unterworfen wurden und Gegenwehr mit dem Verlust der Unterkunft bezahlen müssen. Sie brauchen genauso Unterstützung wie alle anderen Obdachlosen in einer solidarischen Stadt.
  • Niemand soll in unserer Stadt auf der Straße leben müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir alle an einem Strang ziehen. Das betrifft nicht nur die unzähligen Initiativen und Projekte, Abgeordnetenhaus, Senat oder Bezirke, sondern auch und gerade die landeseigenen Betriebe und Unternehmen. Die Berliner Landesunternehmen sind dem Gemeinwohl verpflichtet, nicht maximaler Gewinnerzielung. Wir erwarten daher auch von ihnen, dass sie ihrer sozialen Verantwortung nachkommen und ihren Beitrag zur Verbesserung der Lage wohnungsloser Menschen in Berlin leisten.
  • Alle Berliner_innen, ob alteingesessen oder neu hinzugezogen, brauchen Wohnraum und eine funktionierende Stadt. Die Stadt ist nicht für Investoren da, sondern braucht bezahlbaren Wohnraum, soziale Infrastruktur und lebenswerte Stadtquartiere – auch und gerade in den neuen Stadtquartieren, die derzeit entwickelt werden. Deswegen wollen wir den Anteil des bezahlbaren Wohnraums im Rahmen des Berliner Modells weiter erhöhen.
  • Freiräume für alle: Wir kämpfen um den Erhalt von Kleingärten. Sie sind wichtige Bestandteile eines gesunden Stadtklimas für alle und leisten einen wichtigen Beitrag für sozialen Zusammenhalt und als Orte des Zusammenkommens jenseits von Konsumzwang. Wir verteidigen das Stadtgrün und die städtischen Freiräume. Eine Bebauung des Tempelhofer Feldes lehnen wir weiterhin ab, denn das Tempelhof-Gesetz gilt.

3. Der Landesparteitag beauftragt den neu zu wählenden Landesvorstand:

  1. Die bundesweite Kampagne zur Europawahl 2019 mit den Bezirken in Berlin umzusetzen und gemeinsam für eine exzellentes Ergebnis der Linken in Berlin zu kämpfen. Wir wollen unser Ergebnis von 2014 (16,4 %) dieses Mal übertreffen
  2. Nach den Europawahlen einen breiten partizipativen Prozess zur Erarbeitung der Wahlstrategie und des Wahlprogramms 2021 aufzulegen. Die bereits erfolgte Bildung der AG21 ist dazu ein erster geeigneter Schritt.
  3. Die regelmäßigen Basiskonferenzen zu den verschiedenen Berliner Landespolitik fortzusetzen und dabei verstärkt Vertreterinnen und Vertreter der Berliner Stadtgesellschaft einzubinden. Diese sollen durch regionale Vor-Ort-Konferenzen in der ganzen Stadt ergänzt werden.
  4. Mit Blick auf die LINKE Woche der Zukunft 2019 in Zusammenarbeit mit interessierten Genossinnen und Genossen und der Abgeordnetenfraktion eigene Zukunftswerkstätten insbesondere zu den Themen Solidarische Ökonomie im Digitalen Zeitalter und Alternativen zu Tech-Konzernen einzubringen
  5. Mit Blick auf die Dringlichkeit der Umsetzung einer energetischen und sozialökologischen Wende, beschäftigt sich der Landesvorstand mit der Frage, wie die Themen Verkehrswende, Agrarwende, Naturschutz und Biodiversität in Wahlkampf Partei und Stadtgesellschaft verankert werden können.