Flächenfreihaltung Westkreuz / Grunewald

Positionspapier als PDF

Unser Ziel ist, im städtebaulichen Entwicklungsgebiet Westkreuz / Grunewald

  • den Regionalbahnhof Westkreuz
  • eine S-Bahn-Station zwischen Grunewald und Westkreuz und
  • einen Güterumschlagplatz

einzuplanen und dafür zunächst die Flächen freizuhalten.

1. Städtebauliche Planung

Der Senat arbeitet an einem städtebaulichen Konzept für ein gemischtes Quartier aus Wohnen und Arbeiten – genannt „Stadteingang West“ – im Gebiet zwischen den S-Bahnhöfen Grunewald und Westkreuz und nordöstlich von Westkreuz. Zum Planungsgebiet gehört auch das Gelände des ehemaligen Rangier- und Güterbahnhofs Grunewald. Der wettbewerbliche Dialog mit eingeladenen Architekturbüros läuft und soll Anfang 2024 abgeschlossen werden.

Den Vergabeunterlagen vom Dezember 2022 ist die Abbildung A des Planungsgebiets entnommen.

Durch das Planungsgebiet und am Rand verlaufen die S-Bahnstrecken Grunewald / Messe Süd – Westkreuz – Charlottenburg und Messe Nord – Westkreuz – Halensee, die Fernbahnstrecken von Wannsee (direkt und über den Abstellbahnhof Grunewald) und Spandau zur Stadtbahn, der für Güterzüge und Betriebsfahrten genutzte Innenring und die Verbindungskurve vom nördlichen Innenring (Abzweig Halensee Nordkopf) nach Grunewald. An den in Betrieb befindlichen Eisenbahnstrecken sind aktuell keine Veränderungen geplant.

Das Planungsgebiet grenzt an den Schnittpunkt des Innenrings mit den Fern- und Regionalgleisen der Stadtbahn. An diesem Schnittpunkt kreuzen sich die beiden Strecken, ohne dass Bahnsteige vorhanden sind. Dies ist seit längerer Zeit als Mangel im Berliner Verkehrswegenetz und Regionalliniennetz erkannt, aber beim Wettbewerb zur Neugestaltung des Geländes bisher nicht berücksichtigt worden.

Ebenso wurde der Flächenbedarf für den stadtverträglichen Güterverkehr der Zukunft und für mögliche andere betriebliche Nutzungen bisher nicht berücksichtigt.

Auch im östlich angrenzenden „Westkreuzpark“, der umgestaltet werden soll, müssen Flächen für den Regionalbahnhof freigehalten werden.

Das Autobahndreieck wird vom Senat als sanierungsbedürftig eingeschätzt. Aus Anlass der Sanierung wäre es zeitgemäß, die versiegelten Fahrstreifen gegenüber dem heutigen Stand zu reduzieren. Auch damit könnten Flächen für Eisenbahnzwecke freigesetzt werden. Darauf wird hier nicht näher eingegangen.

2. Grundlegende Forderung: Keine Bahnflächen mehr entwidmen oder umwidmen

Jahrzehntelang waren derzeit betrieblich nicht benötigte Bahnflächen für Kommunen willkommene Entwicklungsgebiete – und willkommene Geldquelle für die Deutsche Bahn AG, die mehr als einmal mit fragwürdigen Grundstücksverkäufen ihr Wirtschaftsergebnis auf Kosten der Zukunft verbesserte. An vielen Stellen in Deutschland, auch in Berlin, ist bereits jetzt absehbar, dass diese Entscheidungen in der Vergangenheit die zur Verkehrs- und Energiewende dringend notwendige Entwicklung des Schienenverkehrs behindern werden.

Die Bahnflächen im Bereich von Westkreuz sind im Berliner Bahnnetz (Fernbahn, S-Bahn, Güterverkehr) für betriebliche Zwecke ideal gelegen: an der westlichen Einfahrt zur Berliner Stadtbahn, an der Hauptstrecke nach Potsdam – Magdeburg und Dessau, über den Innenring an alle anderen von und nach Berlin führenden Bahnstrecken perfekt angebunden.

Derzeit gibt es keinen langfristigen Ausbauplan für den Bahnknoten Berlin einschließlich der für die Verkehrswende langfristig nötigen Zugbildungs- und Umschlaganlagen. Solange es einen solchen Plan nicht gibt, wäre es fahrlässig, vorhandene Bahnflächen umzuwidmen für andere Nutzung. Neue Flächen für Bahnnutzung zu erschließen, ist sehr zeitaufwändig und zerstört möglicherweise bisher unberührte Landschaft.

Bundesweit muss die Forderung lauten, Bahnflächen nicht zu entwidmen, solange nicht hinreichend geprüft ist, ob sie in den nächsten 50 bis 100 Jahren für den Personen- oder Güterverkehr in einem künftig klimaneutral organisierten Verkehrssystem nicht doch wieder benötigt werden.

3. Regionalverkehr

Auf der Stadtbahn verkehren im Fahrplan 2023 in der Hauptverkehrszeit 9 stündliche Zugpaare ohne Halt am Westkreuz vorbei, davon 3 Richtung Spandau und 6 Richtung Wannsee. Umsteigen zur Ring-S-Bahn ist nicht möglich.

Die Verbindungskurve vom nördlichen Innenring (Abzweig Halensee Nordkopf) nach Grunewald ist zweigleisig elektrifiziert und wird für Betriebsfahrten und Güterzüge genutzt. DB Netz hatte sich bisher vergeblich darum bemüht, für diese Zwecke auch den südlichen Innenring zu elektrifizieren. Die i2030-Projektpartner konnten sich bisher nur auf die Elektrifizierung des südöstlichen Innenrings ab Schöneberg im Zusammenhang mit der Potsdamer Stammbahn einigen. Eine weitere, noch nicht beschlossene Etappe muss auch die Elektrifizierung Westkreuz (Halensee Nordkopf) – Schöneberg sein, um den gesamten südlichen Innenring als Umleitungsstrecke für den Regional- und Fernverkehr während Bauarbeiten und Störungen auf der Stadtbahn nutzen zu können. Dann gewinnt das Umsteigen in alle S-Bahn-Linien am Westkreuz an Bedeutung.

Das Konzept der IG Nahverkehr der LINKEN Berlin vom August 2018 enthält – wenn auch mit der niedrigsten Prioritätsstufe 3 – den Ausbau von Westkreuz zum Umsteigeknoten zwischen beiden Regionalbahnstrecken und beiden S-Bahnstrecken. Westkreuz soll in fernerer Zukunft ein ähnlicher Verknüpfungspunkt zwischen den Linien der S-Bahn und des Regionalverkehrs werden wie Ostkreuz, Südkreuz und Gesundbrunnen.

Der Umsteigeknoten Westkreuz wurde in das Zielkonzept des Bündnisses Schiene Berlin-Brandenburg vom März 2021 aufgenommen, und zwar als Infrastrukturmaßnahme für die dritte Etappe mit angestrebter Realisierung um 2035. Um konkrete Linienführungen auf dem Innenring vorzuschlagen, ist es noch zu früh. Gut vorstellbar ist eine Regionallinie Spandau – Westkreuz (Ringbahnsteig) – Südkreuz – Schöneweide mit Verlängerung zu geeigneten Endstationen. Das Zusammenwirken der Halte von Regionallinien in Westkreuz (Stadtbahnsteig) und Charlottenburg ist noch zu klären.

Die Fertigstellung des Stadtquartiers ist laut Ausschreibung „nicht vor 2045“ vorgesehen. Also ist noch genügend Zeit, den Regionalbahnhof Westkreuz und andere Maßnahmen zur Nutzung der vorhandenen Eisenbahnanlagen in das Stadtentwicklungsprojekt einzubeziehen. Der Regionalbahnhof ist zwar recht teuer. Aber wenn er zum Beispiel 2040 gebaut wird, ist das Kreuzungsbauwerk von 1993 voraussichtlich verschlissen, und die Kosten fallen weniger ins Gewicht.

4. Eisenbahnseitige Forderungen an das Stadtentwicklungsprojekt

4.1 Umsteigeknoten Westkreuz

Am Schnittpunkt der Regionalstrecken verlaufen fünf Streckengleise in der oberen Ebene (Stadtbahn), davon innen zwei Richtung Spandau, außen zwei Richtung Wannsee und südlich davon ein Betriebsgleis Richtung Reisezug-Abstellbahnhof Grunewald. Zweckmäßigerweise sollten zwei Mittelbahnsteige gebaut werden. Der Bahnkörper einschließlich Brückenüberbauten muss verbreitert werden. Der Abstand der Stützwände („Lichte Weite“ der unteren Ebene) muss für den Ringbahnsteig vergrößert werden. Der Platz für diese Erweiterungen ist freizuhalten, ohne dass schon ein konkretes Bauprojekt vorliegt.

An der zweigleisigen Regionalstrecke der Ringbahn in der unteren Ebene ist ein Mittelbahnsteig zweckmäßig. Dieser muss so angelegt werden, dass der Umsteigeweg zum Regionalbahnsteig der Stadtbahn möglichst kurz ist, also südlicher als der Ring-S-Bahnsteig. Dafür und für den parallel erforderlichen Fußweg von den Stadtbahn-Regionalbahnsteigen zum Ring-S-Bahnsteig muss der Platz freigehalten werden.

Die Prinzipskizze (Abbildung B) verdeutlicht die ungefähre Lage der heutigen S-Bahnsteige und der künftigen Regionalbahnsteige.

Zurzeit besteht nur ein Zugang vom nordwestlichen Quadranten zum Ring-S-Bahnsteig, über den die S-Bahnsteige der Stadtbahn erreicht werden. Künftig muss der Umsteigeknoten auch von den anderen drei Quadranten Zugänge bekommen: im Nordosten von der Dernburgstraße und dem neu zu planenden Wohngebiet, im Südosten von der Lützenstraße und im Südwesten von der Bornstedter Straße und vom Entwicklungsgebiet, das bis an den Schnittpunkt der Regionalstrecken reicht.

Die Aufgabenstellung des städtebaulichen Konzepts könnte um die Ausgestaltung des künftigen Kreuzungsbahnhofs samt Umfeld (zum Beispiel mit Fahrrad-Parkhaus) und möglichst fußgänger- und fahrradfreundlichen Zugangswegen sowie günstigen Anschlussmöglichkeiten für den Busverkehr ergänzt werden. Oder zunächst werden nur die Flächen gesichert, und die Ausgestaltung bleibt einem späteren städtebaulichen Wettbewerb vorbehalten.

4.2 Neue S-Bahn-Station zwischen Grunewald und Westkreuz

Es wäre widersinnig, ein neues Stadtquartier zu errichten und die unmittelbar daneben vorbeifahrende S-Bahn nicht halten zu lassen. Die Entfernung zwischen den S-Bahnstationen Grunewald und Westkreuz beträgt 2,0 km. Das neue Stadtquartier sollte mit einer weiteren S-Bahnstation der S7 in Höhe des Fußgängertunnels Cordesstraße erschlossen werden. Die meisten in der Nähe befindlichen S-Bahnstationen haben auch rund 1 km Stationsabstand. Andernfalls wären Buslinien als Zubringer erforderlich, die aber wegen der komplexen Straßenverkehrsplanungen noch nicht mal den Bahnhof Westkreuz erreichen würden.

4.3 Güterumschlagplatz (City-Logistic)

Ein umweltpolitisches Ziel ist, den Eisenbahn-Hauptlauf der Gütertransporte so weit wie möglich in die Nähe der Absender und Empfänger zu verlängern und den Straßenvorlauf und -nachlauf so kurz wie möglich über lokale Güterumschlagplätze abzuwickeln.

Das Entwicklungsgebiet am ehemaligen Güterbahnhof Grunewald ist eine der wenigen in Berlin verbliebenen Flächen, auf denen der öffentliche lokale Güterumschlag zwischen Schiene und Straße organisiert werden kann. Das Integrierte Wirtschaftsverkehrskonzept des Senats vom August/September 2021 zählt unter anderem Grunewald als Potenzialstandort für einen „bimodalen Umschlagknoten“ auf. Dieser ist im städtebaulichen Entwicklungskonzept im Einklang mit dem geplanten „autoarmen Wohngebiet“ zu berücksichtigen.

Die Container und Wechselaufbauten, eventuell auch Sattelauflieger (Trailer), sollen im Hauptlauf mit der Eisenbahn gefahren, mit fahrzeuggebundenen Umladevorrichtungen auf Lkw umgeladen und örtlich über die Straße verteilt werden. Benötigt werden dazu keine ortsfeste Krananlage, sondern zwei Ladegleise und ein Umfahrgleis, je 800 m lang, sowie ein Zuführungs- und Ausziehgleis mit entsprechenden Weichen. Außerdem werden zwei Ladestraßen mit je einer Ladespur und einer Überholspur und ein Abstellplatz für Straßenfahrzeuge gebraucht. Das beansprucht eine Fläche von etwa 1000 m x 40 m. Der größere Teil der Gesamtfläche des Entwicklungsgebiets verbleibt also für Wohnungsbau oder Gewerbestätten.

Der Umschlagplatz kann entweder parallel zur Reisezug-Abstellanlage oder parallel zur Regionalstrecke Richtung Wannsee angeordnet und über die ohnehin geplanten Erschließungsstraßen erreicht werden.