Tangentialverbindung Ost (TVO)
IG Nahverkehr
Unter TVO (Tangentialverbindung Ost) verstehen die meisten eine neue Straßenverbindung von Biesdorf in Fortsetzung der Märkischen Allee entlang dem Eisenbahn-Außenring bis zur Spindlersfelder Brücke in Köpenick.
Wir verstehen unter TVO die Schienen-TVO, nämlich im engeren Sinne den Eisenbahn-Außenring selbst vom Karower Kreuz über das Biesdorfer Kreuz bis zum Grünauer Kreuz und im weiteren Sinne auch die innere Eisenbahn-TVO über Lichtenberg – Ostkreuz – Schöneweide und die beiden Straßenbahnachsen Hohenschönhausen – Karlshorst – Schöneweide und Hellersdorf – Mahlsdorf – Köpenick. Diese vier Achsen müssen ausgebaut und für einen leistungsfähigen Nahverkehr mit dichtem Takt nutzbar gemacht werden. Wie das im einzelnen geschehen soll, enthält unsere Standpunkt-Darstellung „Die Verkehrslösung im Südosten und Osten liegt auf der Schiene“ vom Mai 2011.
Wir leben im Zeitalter der schon begonnenen Klima- und Umweltkatastrophe, die zur fortschreitenden Unbewohnbarkeit der Erde führen wird, wenn wir so weitermachen. Darum ist es widersinnig, in Mitteleuropa noch im großen Stil neue Straßen zu bauen. Viel zu viel Natur und Lebensraum ist schon mit Asphalt und Beton versiegelt, viel zu viel wertvolle Rohstoffe werden unwiederbringlich verbrannt, viel zu viel schädliche Gase und Teilchen wirbeln in unserer Luft, viel zu viel Menschen sterben durch den Autoverkehr oder werden verletzt. Auch Berlin braucht keine neuen Straßen, von Ausnahmen wie Busverknüpfungen an neuen Eisenbahnstationen mal abgesehen. Jede neue Straße würde den Autoverkehr zunächst vermehren, solange er sich noch vermehren lässt. Früher oder später werden die Unbenutzbarkeit der Stadtluft und die versiegenden Rohstoffquellen dafür sorgen, dass der Autoverkehr wieder abnimmt. Dann werden wir massenhaft Straßen beseitigen, verschmälern und in Rad-, Fuß- und Schienenwege umbauen müssen. Damit haben die heute lebenden Generationen ihren Kindern und Enkeln schon zuviel aufgebürdet.
Es ist eine Illusion zu glauben, die umliegenden Wohngebiete würden mit der TVO von Straßenverkehr entlastet und ruhiger werden. Der Verkehr würde sich nur von der Nord-Süd-Durchgangsrichtung in die Ost-West-Zubringerrichtung zur Schnellstraße drehen. Das ist bei der A 113 und den querenden Straßenzügen deutlich zu beobachten. Die Autoanwohner, die selbst für einen großen Teil des Straßenverkehrs sorgen, würden infolge der besseren Bedingungen mehr Auto fahren als heute.
Als LINKE müssen wir auf allen Politikfeldern Vordenker sein und weit über die Befriedigung heutiger augenblicklicher Bedürfnisse hinausdenken. Da wir auch keinen Zwang in der Verkehrsmittelwahl ausüben wollen, müssen wir uns für solche Bedingungen und Infrastrukturen einsetzen, die den öffentlichen Personen- und Güterverkehr für die Benutzer anziehend machen und den umweltschädlichen Pkw- und Lkw-Verkehr eingrenzen. Ja, wir müssen ganz bewusst den motorisierten Individualverkehr mit seinen tatsächlich verursachten Kosten belasten, damit die Menschen von selbst sehen, dass Schienen-, Rad- und Fußverkehr besser, gesünder und billiger ist.
Nun zu den Kompromissen, zu denen wir gezwungen sein könnten, solange der Erhalt einer bewohnbaren Erde und demzufolge der Straßenbaustopp noch nicht mehrheitsfähig ist. Wenn wir die Wahl hätten - A 100 oder Straßen-TVO - und uns für eins von beiden entscheiden müssten, wäre die Straßen-TVO das kleinere Übel, weil sie als weiträumig neue Straße zeitweilig einen rationalen Zweck erfüllen könnte, während die A 100 eine Parallel- oder Ersatzstraße zu schon vorhandenen darstellt.
Wenn wir die Straßen-TVO nicht verhindern können, dann müssen wir vor allem für eine gesamthafte Planung mit dem Ausbau der Eisenbahnstrecke eintreten, und zwar für einen dichten öffentlichen Nahverkehr und für den Wiederanschluss des ehemaligen Rangierbahnhofs Wuhlheide als kranloser Containerumschlagplatz. Ebenso müssen wir versuchen, die Anwohner vor den negativen Auswirkungen bestmöglich zu schützen. Die Trassenführung westlich des Eisenbahn-Außenrings ist weiter von den Siedlungen entfernt und daher weniger schädlich. Die Eisenbahn müsste im Bereich des Tierparks und am Eichgestell gequert werden. Das Biotop Biesenhorster Sand muss für den notwendigen Eisenbahnausbau ohnehin etwas verkleinert werden.