Staatstrojaner in Berlin

Um den Staatstrojaner war es seltsam still geworden. Auch in Berlin scheint man durch Nichtstun einer Debatte auszuweichen. Ein Antrag der Koalition (Drucksache 17/0729) von ende 2012, der das Thema Staatstrojaner aufgreift, wurde bis heute nicht beschlossen. Auf unserem letzten LAG-Treffen war Niklas Schrader (Referent u.a. für Datenschutz der LINKEN im Berliner Abgeordnetenhaus) zu Gast. Wir vermuten, dass der Antrag deshalb nicht bearbeitet wird, weil er dem Trojanereinsatz “zu große” Hürden aufbürden würde. Die Software müsse durch einen Datenschutzbeauftragten zertifiziert oder eine zu schaffende Rechtsgrundlage legitimiert werden. Ohne Beschluss des Antrags bleibt Raum für Spekulationen, dass der Trojanereinsatz in Berlin schon jetzt praktiziert werden könnte. Ein Artikel von Netzpolitik.org gibt wider, dass nach der Beschaffung 2011 laut Frank Henkel eine “neue” Trojanersoftware besorgt worden sei, wahrscheinlich im Sommer letzten Jahres.

https://netzpolitik.org/2014/lka-bayern-trauert-dem-verfassungsbrechenden-staatstrojaner-hinterher-lka-berlin-auch/

Egal ob der Trojaner wirklich schon angewendet wird oder nur beschafft wurde – Wir halten allein die politische Haltung für vollkommen rechtswidrig und skandalös! Für einen Trojanereinsatz im Rahmen der breit angewendeten TKÜ fehlt jegliche rechtliche Grundlage! Trojanereinsatz fußt auf der naiven Annahme, man könne diesen durchführen, und dabei nur die laufende, verschlüsselte Kommunikation abgreifen. Wie schon verschiedenste IT-Experten darlegten, ist das keine Frage technischen Fortschritts, sondern es handelt sich um ein prinzipiell unlösbares, da paradoxes Problem! Ein Trojaner verändert immer auch das System, außerdem ist es nicht kontrollier- und bedingt steuerbar, das Nachladen von tools für erweiterte Systemausspähungen zu unterbinden. Dennoch finden sich Formulierungen etwa im BKA-Gesetz wider, die behaupten es sei möglich, ausschließlich verschlüsselte Kommunikation zu überwachen, ohne das System zu manipulieren. Uns beunruhigt, dass so falsche Behauptungen bereits Einzug in Gesetztestexte gefunden haben. Sie zeugen von gefährlicher Unwissenheit. Die prinzipielle Unmöglichkeit einer rechtmäßigen Quell-TKÜ wird immerwieder abgestritten.

Der manipulative Eingriff in die Privatssphäre durch Staatstrojaner ist unvereinbar mit Recht und Grundrecht, und wir als LINKE haben keinerlei Verständnis dafür, diese Rechte aufzuweichen!

Niklas Schrader wird im Berliner Abgeordnetenhaus eine Anfrage zum Thema Staatstrojaner veranlassen. Vielleicht erfahren wir dann etwas mehr.