Im Gedenken an Samuel Paty – den säkularen Staat gegen Terror verteidigen

Die folgende Erklärung wurde am 23. Oktober 2020 an den Parteivorstand der LINKEN und an die Presse gesendet.

Wir sind zutiefst entsetzt über den islamistischen Terroranschlag im französischen Conflans-Sainte-Honorine, bei dem der Geschichtslehrer Samuel Paty auf barbarische Weise ermordet wurde. Seinen Angehörigen, Freund:innen, Kolleg:innen und Schüler:innen wünschen wir viel Kraft in dieser Stunde und trauern mit ihnen.

Als LINKE stehen wir fest für Säkularismus, Meinungs-, Rede- und Kunstfreiheit und die Ideale der Aufklärung. Diese bilden das Fundament eines friedlichen Zusammenlebens zwischen Gläubigen und Unreligiösen sowie zwischen unterschiedlichen Konfessionen und Weltanschauungen in einer pluralistischen Gesellschaft. Der Staat muss diese Werte und Prinzipien verkörpern, er muss weltanschauliche und religiöse Neutralität wahren. Insbesondere die Schule, in der junge Heranwachsende ihre Persönlichkeit, ihre Wertvorstellungen und kritisches Denken entwickeln, muss ein Ort freier Entfaltung und des Gedankenaustauschs ohne religiöse Angstmacherei, Einschränkungen und Drohkulisse sein.

Auch in Deutschland haben wir es mit gefährlichen islamistischen Kräften zu tun. Sie sind auf ähnliche Art organisiert, haben ähnliche Finanzierungsstrukturen und Vorgehensweisen wie in Frankreich. Auch mit gewaltlosen, legalen Mitteln versuchen sie, eine Atmosphäre der Einschüchterung zu erzeugen, um der Gesellschaft ihre religiösen Dogmen und Verhaltensregeln aufzuzwingen. Ihnen werden wir entschieden entgegentreten, gemeinsam mit allen demokratischen Parteien und fortschrittlichen gesellschaftlichen Akteuren, darunter auch säkular eingestellten Muslim:innen.

Der Kampf gegen rechts muss für uns als Linke auch den Kampf gegen islamistische Extremisten beinhalten, die ihre religiösen Befindlichkeiten höher werten als die Freiheit und das Leben derer, die sie als »Ungläubige« verdammen. Wir werden nicht zulassen, dass bei uns eine Situation entsteht, in der eine Selbstverständlichkeit wie das Zeigen von Karikaturen von Religionsstiftern zur Gefahr für Leib und Leben führt.

Wir bekräftigen erneut die Worte unseres Erfurter Grundsatzprogramms: »Wir wenden uns gegen jeglichen politischen Missbrauch von Religion. [...] Der Unterricht ist im Rahmen des Bildungsauftrags des Staates durch staatlich anerkannte Lehrkräfte zu leisten, unabhängig von kirchlicher oder religionsgemeinschaftlicher Einflussnahme.«

Von unserer Parteiführung erwarten wir, dass sie in diesem Sinne klar die Freiheit von Forschung, Lehre, Rede und Kunst gegen religiösen Terror verteidigt und sich mit dessen Opfern solidarisiert.